Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext

Christian Knoth*

A. Einführung in die Problemstellung

Die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft und des Handels sorgt dafür, dass grenzüberschreitende Formen der Kreditsicherung, insbesondere die Abtretung von Forderungen, erhebliche praktische Bedeutung erlangen.1 Forderungen werden aber nicht nur zur Sicherung, sondern vielmehr auch zur schnelleren Finanzierung der Wirtschaftstätigkeit, meist gemindert um einen Abschlag, verkauft.2 Die formellen und materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen einer solchen Abtretung sind jedoch in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgestaltet. Während das deutsche Recht beispielsweise zwischen dem Verpflichtungsgeschäft, welches die causa für die Abtretung darstellt, und dem Verfügungsgeschäft in Form der Abtretung unterscheidet, erfolgt etwa in der französischen, spanischen und englischen Rechtsordnung die Abtretung nach dem Konsensprinzip.3 Danach wird die Übertragung einer Forderung durch einen einheitlichen Rechtsakt bewirkt, es wird somit nicht zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft getrennt. Ferner ordnen diese Rechtsordnungen die Einhaltung spezieller Publizitätserfordernisse an, um damit der Abtretung Wirksamkeit zu verleihen, während nach dem deutschen Recht eine Abtretung mit Wirkung erga omnes formlos möglich ist.4 Um diesen Differenzen in den einzelnen Rechtsordnungen vorzubeugen, sahen sich die Mitgliedstaaten der EU bereits in dem Römischen Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht von 1980 (EVÜ)5 dazu berufen, mit Art. 12 und 13 EVÜ Normen bezüglich des rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Forderungsübergangs zu schaffen.6 Die Gerichte der Mitgliedstaaten legten diese Artikel jedoch nicht im Lichte des EVÜ, sondern nach nationalem Verständnis aus, was zur Folge hatte, dass entgegen des Art. 18 EVÜ eine Vereinheitlichung der Regelung über die Abtretung ausblieb.7 Mit Inkrafttreten der Rom I-VO8 wurde mit Art. 14 I Rom I-VO eine Regelung geschaffen, die an Art. 12 I EVÜ anknüpft, allerdings auch einige Veränderungen gegenüber dem Vorgängerrechtsakt aufweist.9

Der vorliegende Aufsatz soll eine kollisionsrechtliche Betrachtung hinsichtlich der Bestimmung des Zessions- als auch des Forderungsstatuts darstellen. Darüber hinaus wird erörtert, welchem Sachrecht etwaige Abtretungsverbote hinsichtlich der abgetretenen Forderung unterliegen bzw. die Frage unterliegt, ob Leistungen des Schuldners an den Zedenten auch dem Zessionar gegenüber befreiende Wirkung entfalten. Den Schluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse sowie ein Ausblick de lege ferenda.

B. Das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar – Verpflichtungsgeschäft und dingliche Wirkung der Abtretung

Aufgrund der Tatsache, dass mindestens drei Personen an der rechtsgeschäftlichen Übertragung einer Forderung beteiligt sind – in der Regel sind dies Zedent, Zessionar und Schuldner – erscheint eine Qualifikation jener Forderung im internationalen Kontext als komplex.10 Die Abgrenzung zwischen Forderungsstatut, Zessionsstatut zwischen Zedent und Zessionar und Verfügungsstatut, sofern eine Rechtsordnung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft trennt, kann sich im Einzelnen als schwierig erweisen.11 Im Bereich des internationalen Abtretungsrechts spielt Art. 14 Rom I-VO eine entscheidende Rolle. Während Abs. 1 das auf das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar anzuwendende Recht bestimmt, regelt Abs. 2 das Forderungsstatut hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Zessionar und Schuldner. Da Art. 14 Rom I-VO aus Art. 12 EVÜ hervorgeht und im Wesentlichen dessen Bestimmungen übernommen hat,12 sind zunächst Ausführungen zu letzterem Artikel essentiell, um den Regelungsgehalt des Art. 14 I Rom I-VO umfangreich bestimmen zu können.13

I. Der Regelungsgehalt des Art. 12 EVÜ – Historische Entwicklung der kollisionsrechtlichen Anknüpfung

Ausweislich des Berichts zum EVÜ von Giuliano und Lagarde14 sollte Art. 12 II EVÜ, den der deutsche Gesetzgeber mit Art. 33 I EGBGB a.F. in das deutsche Recht transferierte, ursprünglich anders gefasst werden. Statt von einer Verpflichtung zwischen Zedent und Zessionar sollte vielmehr von der Übertragung einer Forderung durch Vereinbarung ausgegangen werden, anhand dessen sich sodann das auf die Beziehung zwischen Zedent und Zessio-


* Der Autor ist stud. iur. LL.M.(Leipzig/Split) und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Anwaltskanzlei Hogan Lovells LLP.

1 Einsele, WM 2009, 289, 297; dies., RabelsZ 74 (2010), 91, 92; Hausmann, in: Staudinger (Begr.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, EGBGB/IPR, 2011, Art. 14 Rom I-VO Rn. 1; Mankowski, IHR 2008, 133, 149.

2 Labonté, Forderungsabtretung International, 2006, S. 2.

3 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 15.

4 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 15; Rosch, in: jurisPK-BGB8, 2017, Art. 14 Rom I-VO Rn. 10.

5 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Übereinkommen von Rom), BGBl. 1986 II S. 809.

6 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2.

7 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2.

8 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.06.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. EU L 309, S. 87.

9 Freitag, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht4, 2015, Art. 14 Rom I-VO Rn. 10; Rosch, in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 1; Staudinger, in: HK-BGB10, 2019, Art. 14 Rom I-VO Rn.1.

10 Rauscher, Internationales Privatrecht, 2017, § 10 Rn. 1293.

11 Rauscher (Fn. 10), § 10 Rn. 1293.

12 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10.

13 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 6.

14 Giuliano/Lagarde, Report on the Convention on the law applicable to contractual obligations, 1980.

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext87

nar anwendbare Recht ermittelt.15 Aufgrund der Tatsache, dass einige Rechtsordnungen zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft trennen, hatte man jedoch Bedenken, dass es in jenen Rechtsordnungen zu Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich der Formulierung der Übertragung einer Forderung durch Vereinbarung hätte kommen können.16 Nach deutschem Verständnis hätte dies sodann zu einem Widerspruch zu Art. 12 II EVÜ geführt, der das Forderungsstatut im Interesse des Schuldnerschutzes dem Recht unterwirft, dem die Forderung untersteht.17 Denn der abstrakte Verfügungsvertrag zwischen Zedent und Zessionar gem. § 398 BGB, der die Übertragung einer Forderung durch Vereinbarung darstellt, berührt auch Schuldnerinteressen, die in jenem Abs. 2 geregelt werden sollten.18 Um diesen Widerspruch zu vermeiden, wurde der Wortlaut des Art. 12 I EVÜ dahingehend geändert, dass nunmehr von der Verpflichtung zwischen Zedent und Zessionar die Rede war.19 Damit wurde in jenen Rechtsordnungen, in denen das Trennungsprinzip vorherrschte, eine klare Aussage getroffen, dass das Vertragsstatut für die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abtretung gegenüber dem Schuldner keine Geltung beanspruchte.20 Allerdings führte die Fassung des Art. 12 EVÜ insgesamt zu Regelungslücken.21 Zum einen blieb eine Qualifikation der dinglichen Wirkungen der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar außer Betracht.22 Zum anderen blieb die Frage hinsichtlich der Anknüpfung der Abtretung gegenüber Dritten unbeantwortet.23 Sodann wurden auch verschiedene Auslegungsergebnisse hinsichtlich der Qualifikation der Verfügung über eine Forderung unter Art. 12 EVÜ erzielt. So wurde teilweise aufgrund der ausdrücklichen Beschränkung des Wortlauts des Abs. 1 auf Verpflichtungen zwischen Zedent und Zessionar (obligations) vertreten, dass das EVÜ hinsichtlich der Anknüpfung der dinglichen Wirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar insgesamt schweige.24 Zum Teil wurde diese Regelungslücke in Einklang mit den Schuldnerschutzvorschriften des Art. 12 II EVÜ durch einen Rückgriff auf das Recht am Wohnsitz des Schuldners geschlossen (so z.B. in Frankreich).25 Auf der anderen Seite wurde aber auch im Interesse der Gläubiger des Zedenten auf jenes Wohnsitzrecht abgestellt.26 Die herrschende Meinung in Deutschland27 nahm jedoch einen anderen Standpunkt ein. Ausgangspunkt für diese Ansicht war die Anknüpfung sämtlicher dinglicher Aspekte einer Abtretung, wie etwa die Wirkung des Kausalgeschäfts auf das Verfügungsgeschäft, an ein Verfügungsstatut, welches akzessorisch an das Statut der zedierten Forderung gem. Art. 12 II EVÜ angeknüpft wurde.28 Somit wurde in Fällen, in denen eine Rechtsordnung zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Rechtsgeschäft trennte, die dingliche Wirkung der Zession insgesamt unter Art. 12 II EVÜ gefasst.29 Als Begründung für diese Auslegung wurde die Änderung in Art. 12 II EVÜ gegenüber dem Art. 16 I des Vorentwurfs des EVÜ angeführt.30 Da nunmehr von der Verpflichtung zwischen Zedent und Zessionar die Rede sei, könne etwa der abstrakte Verfügungsvertrag gem. § 398 BGB in der deutschen Rechtsordnung nicht unter Abs. 1 qualifiziert werden, sondern müsse vielmehr als Voraussetzung angesehen werden, unter der die Abtretung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, mit der Folge, dass Abs. 2 des Art. 12 EVÜ einschlägig sei.31 Die Regelung in Art. 12 II EVÜ sei insofern zu eng gefasst und müsse um jene Aspekte der Verfügung einer Forderung erweitert werden, um Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der Rechtsanwendung zu erreichen.32 Unstreitig war jedoch das Forderungsstatut gem. Art. 12 II EVÜ dann maßgeblich, wenn es um Fragen hinsichtlich des Schuldnerschutzes ging.33 Da für jene Fragen somit das Forderungsstatut Maß gab, konnte sich der Schuldner auf die ihm vertraute Rechtsordnung einstellen.34 Zuletzt könnte noch die Auslegung des Art. 12 EVÜ in den Mitgliedstaaten, in denen das Konsensprinzip gilt, wie beispielsweise in den Niederlanden, Frankreich und Spanien, berücksichtigt werden, sodass ein drittes Auslegungsergebnis zu erzielen wäre, denn Art. 12 II EVÜ allein auf das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar zu beschränken, erscheint keineswegs zwingend.35 So könnte nämlich die Einteilung des Art. 12 EVÜ nicht nur anhand der verpflichtenden und verfügenden Rechtsgeschäfte vorgenommen werden.36 Es wäre vielmehr auch eine Grenzziehung derart möglich, dass Art. 12 II EVÜ sämtliche Aspekte des Verhältnisses zwischen Zedent und Zessionar, somit auch die dingliche Wirkung der Abtretung zwischen diesen Parteien regele, während Art. 12 II EVÜ auf das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner begrenzt sei.37 Zwar mag vor dem Hintergrund, dass dem deutschen Recht das Trennungs- und Abstraktionsprinzip zugrunde liegt, eine Einteilung des Art. 12 EVÜ, wie sie die herrschende Meinung in Deutschland propagierte, einleuchtend sein. So würde das Verpflichtungsgeschäft zwischen Zedent und Zessionar unter Art. 12 II EVÜ und das Verfügungsgeschäft getrennt davon unter Art. 12 I EVÜ angeknüpft werden.38 Für die letztgenannte Auslegung spricht allerdings die Tatsache, dass die Regelung des Art. 12 EVÜ der Rechtsauffassung derjenigen Mitgliedstaaten zugrunde lag, die nicht zwischen


15 BT-Drucks 10/503, 66 f.; Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 95; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 8; von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302, 303.

16 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 95; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 8.

17 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2.

18 Giuliano/Lagarde (Fn. 14); Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 8; von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302, 303.

19 von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302, 303.

20 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 8.

21 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3.

22 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 9.

23 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom \I-VO Rn. 9.

24 Kieninger, RabelsZ 62 (1998), 678, 689; Stoll in: FS Sonnenberger, 2006, S. 695, 709.

25 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10.

26 Kieninger, RabelsZ 62 (1998), 687, 702 f..

27 BGHZ 125, 196, 204 f.; BGHZ 111, 379; BGH NJW 1991, 1414, 1414.

28 Doehner, in: NK-BGB, Band 63, 2016, Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 94; Rauscher (Fn. 10), § 10 Rn. 1299.

29 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 94.

30 von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302, 303.

31 von Hoffmann/Höpping, IPRax 1993, 302, 303.

32 BGH, NJW 1991, 1414, 1415; von Bar, Internationales Privatrecht, Band 2, 1993, Rn.564.

33 Einsele, WM 2009, 289, 297.

34 Einsele, WM 2009, 289, 297.

35 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 14.

36 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 14.

37 Kaiser, Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession im IPR, 1996, S. 219 f.; Keller, Zessionsstatut im Lichte des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.06.1980, 1985, S. 145 ff., 161 f.; Stadler, IPRax 2000, 104, 104 ff.

38 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 94.

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext88

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft trennten.39 Da somit in diesen Rechtsordnungen auch eine Einordnung des verfügenden Teils der Abtretung aufgrund des Konsensprinzips unter Abs. 1 des Art. 12 EVÜ, mit Ausnahme der Aspekte des Schuldnerschutzes, erfolgte, lag ausweislich des Art. 18 EVÜ eine diesbezügliche Auslegung auch in den Rechtsordnungen nahe, die nicht dem Konsensprinzip unterstanden.40

II. Die Neuregelung des Art. 14 I Rom I-VO

Die Neuregelung des Art. 14 I Rom I-VO lässt im Wesentlichen eine Trennung in zwei Aspekte zu, zum einen die Qualifikation des Verpflichtungsgeschäfts der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar und zum anderen die dingliche Wirkung der Abtretung zwischen diesen Parteien, sofern eine Rechtsordnung, wie etwa die deutsche, nicht dem Konsensprinzip, sondern dem Trennungs- und Abstraktionsprinzip unterliegt.

1. Qualifikation des Verpflichtungsgeschäfts zwischen Zedent und Zessionar

Anknüpfend an das bereits Erörterte ist zunächst festzustellen, dass Art. 14 I Rom I-VO einige Unterschiede gegenüber Art. 12 II EVÜ aufweist.41 Es ist nicht mehr von einer Verpflichtung zwischen Zedent und Zessionar, sondern vielmehr von der Übertragung einer Forderung die Rede.42 Das kann damit begründet werden, dass der Abs. 3 des Art. 14 Rom I-VO nunmehr eine Erweiterung der in Betracht kommenden Übertragungsvarianten einer Forderung vorsieht. Die wichtigere Änderung gegenüber Art. 12 II EVÜ dürfte jedoch die Formulierung hinsichtlich der Verpflichtungen zwischen Zedent und Zessionar betreffen, denn Art. 14 I Rom I-VO spricht nun von dem Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar.43 Demnach ist festzuhalten, dass Art. 14 I Rom I-VO als maßgebliche Kollisionsnorm im Hinblick auf die rechtsgeschäftliche Übertragung von Forderungen das maßgebliche Statut zunächst bezüglich des der Abtretung zugrundeliegenden Kausalverhältnisses bestimmt.44 Diesbezüglich ist auch eine Rechtswahl zwischen Zedent und Zessionar nach Art. 3 Rom I-VO möglich.45 Bei einem Kaufvertrag, welcher in der Regel die causa für die Abtretung darstellt, bestimmt sich folglich das Zessionsstatut anhand der Art. 3 ff. Rom I-VO und nicht nach dem Recht der abgetretenen Forderung.46 Vor dem Hintergrund, dass die Rom I-VO gem. Art. 1 I Rom I-VO ausschließlich auf vertragliche Schuldverhältnisse Anwendung findet, erscheint fraglich, ob der Gegenstand der Zession vertraglicher Natur sein muss. Dafür könnte zunächst jene Beschränkung des Anwendungsbereichs der Rom I-VO auf vertragliche Schuldverhältnisse sprechen.47 Zum anderen könnte der Aspekt Beachtung finden, dass Art. 19 Rom II-VO im Gleichklang mit Art. 15 Rom I-VO eine Regelung hinsichtlich des gesetzlichen Forderungsübergangs statuiere.48 Um diesen Gleichlauf aufrechtzuerhalten, müsste sodann eine Ausklammerung außervertraglicher Forderungen aus Art. 14 Rom I-VO erfolgen.49 Es ist jedoch zu konstatieren, dass unabhängig davon, ob der Zession eine vertragliche oder außervertragliche Forderung zugrunde liegt, die Verpflichtung des Zedenten zur Übertragung dieser Forderung eine vertragliche ist.50 Zudem käme es ansonsten zu einer Regelungslücke hinsichtlich der Anknüpfung der rechtsgeschäftlichen Übertragung außervertraglicher Forderungen, denn die Rom II-VO beinhaltet keine Regelung für die Anknüpfung einer Forderungsabtretung.51 Zu beachten ist ferner Erwägungsgrund 7 Rom I-VO. Hiernach sollte eine einheitliche Auslegung der Kollisionsnormen mit der Rom II-VO52 und der Brüssel Ia-VO53 erfolgen. Dass Erwägungsgrund 7 Rom I-VO auf die Brüssel I-VO verweist, ist insofern unschädlich, als dass Art. 80 Brüssel Ia-VO Verweise auf den Vorgängerrechtsakt als solche auf die neue Regelung ansieht. Damit geht sodann eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs des Art. 14 I Rom I-VO einher.54 Somit kann festgehalten werden, dass die abgetretene Forderung auch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis, etwa aus Delikt oder einer ungerechtfertigten Bereicherung, resultieren kann.55

2. Dingliche Wirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar

Um das zuvor aufgeworfene Problem der Qualifikation der dinglichen Wirkung der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar näher betrachten zu können, muss zunächst ein Blick auf den Wortlaut des Art. 14 I Rom I-VO geworfen werden. Dieser spricht entgegen Art. 12 II EVÜ nunmehr von dem Verhältnis (relationship, relations) zwischen Zedent und Zessionar, somit nicht mehr von der Verpflichtung zwischen diesen Parteien.56 Das könnte dafür sprechen, dass die zu Art. 12 EVÜ in Deutschland vertretene herrschende Meinung57 mit der Neuregelung in Art. 14 I Rom I-VO


39 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 95.

40 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 95; Kaiser (Fn. 37),S. 218 f; Keller (Fn. 37), S. 145 ff., 156 ff.

41 Flessner, IPRax 2009, 35, 37.

42 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 15.

43 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 95; Flessner, IPRax 2009, 35, 37; Garcimartín Alférez, EuLF 08, 61, 77.

44 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3; Martiny, in: MüKoBGB, Band 106, 2015, Art. 14 Rom I-VO Rn. 22; Rauscher (Fn. 10), § 10 Rn. 1295.

45 Rauscher (Fn. 10), § 10 Rn. 1295.

46 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 11; Flessner, IPRax 2009, 35, 42; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 27; Staudinger, in: HK-BGB (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2; Thorn, in: Palandt78, 2019, Art. 14 Rom I-VO Rn.3.

47 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 28.

48 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 28.

49 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 28.

50 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3a; Hohloch, in: Erman BGB15, 2017, Art. 14 Rom I-VO Rn. 3; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 18.

51 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3a.

52 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.07.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II), ABl. EU L 310, S. 52.

53 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel Ia), ABl. EU L 351, S. 1.

54 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 93 (dortige Fn.9).

55 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 29; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3a; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 16; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 12; Thorn, in: Palandt (Fn. 46), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3.

56 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 29.

57 BGHZ 125, 196, 204 f; BGHZ 111, 379; BGH, NJW 1991, 1414:

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext89

nicht mehr vereinbar ist. Aufgrund dieser sprachlichen Erweiterung58 könnte sodann der Schluss gezogen werden, dass der europäische Gesetzgeber Klarheit hinsichtlich der Qualifikation der dinglichen Wirkung der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar schaffen wollte, indem er diese unter Art. 14 I Rom I-VO qualifiziert.59 Allerdings wurde nicht nur der Wortlaut des Art. 12 II EVÜ zugunsten dieser Ansicht geändert, vielmehr statuierte der europäische Gesetzgeber mit Erwägungsgrund 38 Rom I-VO eine wichtige Aussage, die einer gegenteiligen Auslegung wohl nicht zugänglich ist.60 Dieser Erwägungsgrund erläutert den Begriff des Verhältnisses im Zusammenhang mit der Übertragung einer Forderung näher. Danach sollen unter Art. 14 I Rom I-VO auch die dinglichen Aspekte des Vertrages zwischen Zedent und Zessionar (the property aspects, aspects de droit réel) fallen, sofern eine Rechtsordnung, wie z.B. die deutsche, dingliche und schuldrechtliche Aspekte einer Zession trennt.61 Fraglich erscheint jedoch, was unter dinglichen Aspekten des Vertrages zwischen Zedent und Zessionar zu verstehen ist. Rekurrierend auf den ursprünglichen Entwurf der deutschen Fassung des Art. 14 I Rom I-VO, der von einem dinglichen Vertrag zwischen Zedent und Zessionar sprach, könnte sodann der Schluss gezogen werden, dass mit der Formulierung dinglicher Aspekt in Erwägungsgrund 38 Rom I-VO eine Art aliud hinsichtlich des ursprünglichen Entwurfs gemeint sein könnte.62 Zu beachten bleibt dabei allerdings, dass in einigen Rechtsordnungen das Konsensprinzip vorherrscht. Demnach gibt es dort keinen eigenständigen Translationsakt in Form des Verfügungsgeschäfts einer Abtretung.63 Da allerdings eine harmonische, von allen Mitgliedstaaten einheitliche Auslegung der Erwägungsgründe der Rom I-VO zu erfolgen hat, ist die Auslegung hinsichtlich des Regelungsgehalts der dinglichen Aspekte nicht überzeugend.64 Dem folgend sind vielmehr mehrere Auslegungsmöglichkeiten des Erwägungsgrundes 38 Rom I-VO denkbar.65 Zunächst könnte Erwägungsgrund 38 Rom I-VO dahingehend ausgelegt werden, dass dieser die Verfügungswirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar insgesamt erfasse, mit der Folge, dass ein Verfügungsvertrag, etwa nach § 398 BGB, dem Art. 14 I Rom I-VO unterfiele.66 Somit könnte der Zessionar im Zusammenspiel mit Art. 14 III Rom I-VO als Erwerber der Forderung bezeichnet werden.67 Erwägungsgrund 38 Rom I-VO solle somit denjenigen Rechtsordnungen Rechnung tragen, die zwischen schuldrechtlichem Vertrag und dinglicher Wirkung der Abtretung unterscheiden.68 Dafür spreche, dass die Qualifikation des Verhältnisses zwischen Zessionar und Schuldner sowie jener Fragen, die das Interesse des Schuldners betreffen, unter Art. 14 II Rom I-VO erfolge. Der Schuldner könne sich somit, sofern seine Belange durch die Abtretung tangiert werden, auf die ihm vertraute Rechtsordnung einstellen.69 Vor diesem Hintergrund sei nicht einleuchtend, warum das Verfügungsgeschäft zwischen Zedent und Zessionar mit erga omnes Wirkung auch unter das Forderungsstatut qualifiziert werden solle, obschon der Schuldner aufgrund der Regelung des Art. 14 II Rom I-VO einen umfangreichen Schutz genieße.70 Vielmehr sei zu konstatieren, dass Aspekte, wie die Voraussetzungen, unter denen der Zessionar die Forderung erwirbt, gem. Art. 14 I Rom I-VO für das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner zunächst unberücksichtigt blieben.71 Gleichwohl obliege dem Zedenten die Verpflichtung, auch diejenigen Rechtshandlungen mit Wirkungen gegen den Schuldner vorzunehmen, die unter das Regime des Art. 14 II Rom I-VO fielen.72 Erwägungsgrund 38 Rom I-VO könnte allerdings auch dahingehend ausgelegt werden, dass dieser die dinglichen Aspekte der Abtretung nur inter partes zwischen Zedent und Zessionar regele mit der Folge, dass das dingliche Abtretungsgeschäft Art. 14 II Rom I-VO unterfiele.73 Damit erfasse Abs. 2 unter anderem die Fragen, ob es hinsichtlich der Zession eines gesonderten dinglichen Rechtsgeschäfts bedarf oder etwaige Publizitätserfordernisse eingehalten werden müssen.74 Das würde allerdings zu einem Wiederaufleben der zu Art. 33 EGBGB bzw. Art. 12 EVÜ vertretenen herrschenden Ansicht in Deutschland führen.75 Dieser Ansicht kann jedoch aufgrund der Neuregelung des Art. 14 I Rom I-VO i.V.m. dem Wortlaut des Erwägungsgrundes 38 Rom I-VO nicht mehr gefolgt werden.76 Eine weite Auslegung des Erwägungsgrundes 38 Rom I-VO, um einen für alle Rechtsordnungen gleichwertigen Ansatz zu erhalten, führt zu dem Ergebnis, dass Art. 14 I Rom I-VO das gesamte Innenverhältnis zwischen Zedent und Zessionar, mithin sowohl die schuldrechtlichen Verpflichtungen der Parteien als auch die dingliche Wirkung insgesamt, erfasst.77 Aus diesen Gründen erscheint eine Beschränkung der dinglichen Wirkung der Abtretung auf die inter partes Beziehung zwischen Zedent und Zessionar als zu eng. Daraus ergibt sich, dass das Vertragsstatut nicht nur Maß gibt für das Zessionsstatut, sondern auch einschlägig ist für das Verfügungsgeschäft zwischen Zedent und Zessionar.78 Zu beachten ist allerdings, dass dadurch gem. Art. 14 I Rom I-VO nunmehr der Bestand des Schuldverhältnisses betroffen ist, wenn das Forderungsstatut von dem Zessionsstatut divergiert,


58 Garcimartín Alférez, EuLF 08, 61, 78; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 5.

59 Flessner, IPRax 2009, 35, 37.

60 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; Einsele, WM 2009, 289, 298; dies., RabelsZ 74 (2010), 91, 96.

61 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; Einsele RabelsZ 74 (2010), 91, 96; Flessner, IPRax 2009, 35, 38; Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 21; Rauscher (Fn. 10), § 10 Rn. 1294; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 22; Staudinger, in: HK-BGB (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2; Thorn, in: Palandt (Fn. 46), Art. 14 Rom I-VO Rn. 1.

62 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 23.

63 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 23.

64 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 23.

65 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 24.

66 Flessner, IPRax 2009, 35, 37; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 4a.

67 Flessner, IPRax 2009, 35, 38.

68 Flessner, IPRax 2009, 35, 38.

69 Einsele, WM 2009, 289, 297.

70 Einsele, WM 2009, 289, 298; Flessner in: FS Kühne, 2009, 703, 706 ff.; Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 6; Hausmann, , in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 31; Stadler, IPRax 2000, 104, 106.

71 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 31.

72 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 30.

73 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 25.

74 Thorn, in: Palandt (Fn. 46), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3.

75 Staudinger, in: HK-BGB (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2.

76 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 96; Flessner, IPRax 2009, 35, 38; Staudinger, in: HK-BGB (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 2.

77 Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 24.

78 Flessner, IPRax 2009, 35, 38; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 29.

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext90

denn mit einem Parteiwechsel in einem solchen Fall müsste der Schuldner nach seiner Rechtsordnung eventuell nicht rechnen.79 Ungeachtet dieses Nachteils ergibt sich aufgrund der konzeptionellen Neuerung eine Reihe von Vorteilen. Zum einen wird die Problematik, der die Ansicht begegnete, die die dingliche Wirkung einer Zession zwischen Zedent und Zessionar nach Art. 12 II EVÜ anknüpfte, bei einer Globalzession gelöst.80 Unterlagen mehrere Forderungen einer Abtretung mehreren Rechtsordnungen, so musste gem. Art. 12 II EVÜ jede Forderung separat an das der Forderung unterliegende Recht angeknüpft werden. Das führte dazu, dass alle möglichen Rechtsordnungen, denen die Forderungen unterlagen, zumindest hypothetisch mit einbezogen werden mussten.81 Aufgrund der Neuregelung in Art. 14 I Rom I-VO im Zusammenspiel mit Erwägungsgrund 38 Rom I-VO ist nunmehr eine einheitliche Anknüpfung der einzelnen Forderung deshalb möglich, weil das der Zession zugrundeliegende Schuldverhältnis sowohl für das Zessionsstatut als auch für die dingliche Wirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar Maß gibt.82 Eine weitere Schwierigkeit ergab sich hinsichtlich der Qualifikation einer antizipierten Abtretung, denn bei dieser wäre das Forderungsstatut noch gar nicht bestimmbar.83 Außerdem müsste für jede Forderung wiederum hypothetisch jedes in Betracht kommende Forderungsstatut beachtet werden.84 All diese Konflikte werden vermieden, wenn das Verfügungsgeschäft zwischen Zedent und Zessionar nicht an das Forderungsstatut gem. Art. 14 II Rom I-VO, sondern vielmehr an das Zessionsstatut gem. Art. 14 I Rom I-VO angeknüpft wird. Weil andere Rechtsordnungen nicht zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft trennen und die Zession im Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar in diesen Staaten insgesamt Art. 14 I Rom I-VO unterfällt, sofern keine Schuldnerinteressen tangiert sind, wird durch diese Auslegung auch eine harmonische Anwendung der Rom I-VO erreicht.85 Trotz dessen wird zum Teil vertreten, dass Art. 14 I Rom I-VO, ebenso wie Art. 12 II EVÜ, lediglich das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar erfasse, während abweichend von der vormals in Deutschland herrschenden Auffassung das Verfügungsgeschäft der Abtretung anhand des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Inhabers der Forderung beurteilt werde.86 Aufgrund der zuvor genannten Vorteile, der Änderung des Wortlauts und der Statuierung des Erwägungsgrundes 38 Rom I-VO, kann diese Auslegung jedoch nicht überzeugen. Es bleibt ferner festzuhalten, dass nicht nur der Anwendungsbereich der objektiven Anknüpfung gem. Art. 4 ff. Rom I-VO, sondern auch derjenige einer Rechtswahl zwischen Zedent und Zessionar bezüglich der dinglichen Wirkung der Abtretung gem. Art. 3 Rom I-VO eröffnet ist.87 Da Erwägungsgrund 38 Rom I-VO zu einer Teilrechtswahl gem. Art. 3 I 3 Rom I-VO nichts sagt, erscheint eine Einschränkung der Rechtswahl bezüglich des Statuts des Verfügungsgeschäfts nicht zulässig.88 Aufgrund einer einheitlichen Anknüpfung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft wird allerdings ebenfalls vertreten, dass eine diesbezügliche Teilrechtswahl i.S.d. Art. 3 I 3 Rom I-VO deswegen nicht für sinnvoll erachtet werde, da ansonsten die Vorteile, die diese einheitliche Anknüpfung mit sich bringe, wieder aufgegeben würden.89 Für die erstgenannte Ansicht spricht jedoch zum einen, dass der Wortlaut des Erwägungsgrundes 38 Rom I-VO anders gefasst wäre, wenn sich der europäische Gesetzgeber gegen die Möglichkeit einer Teilrechtswahl aussprechen wollte. Zum anderen bietet die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl den Vorteil, dass die Parteien eine Rechtsordnung bestimmen können, die die Zession anerkennt. Vorteilhaft ist das insofern, als dass viele Rechtsordnungen Europas sich etwa einer Wirksamkeit der Sicherungszession verschließen.90 Aufgrund der Möglichkeit der Teilrechtswahl kann dieses Hindernis nunmehr überwunden werden. Eine starre Anknüpfung an das Forderungsstatut gem. Art. 14 II Rom I-VO erscheint demnach wenig praktikabel. Vielmehr sorgt die Einräumung von Parteiautonomie diesbezüglich zur besseren Verwirklichung der europäischen Grundfreiheiten.91 Allerdings ist zu beachten, dass eine Rechtswahl zwischen Zedent und Zessionar dann unzulässig ist, wenn der Anwendungsbereich der speziellen Vorschriften gem. Art. 3 III, IV, 5-9 Rom I-VO eröffnet ist.92 Im Einzelfall kann eine klare Trennung zwischen Abs. 1 und 2 des Art. 14 Rom I-VO schwierig sein, da die Übergänge fließend sind. Diese Grenzziehung zwischen Übertragbarkeit bzw. Schuldnerschutz auf der einen (Abs. 2) und der Zession als Rechtsgeschäft zwischen Zedent und Zessionar (Abs. 1) auf der anderen Seite kann durch eine Einteilung der Zession in einen Innen- und einen Außenbereich erfolgen.93 Der Innenbereich tangiert im Wesentlichen Schuldnerinteressen im Verhältnis zu Zedent und Zessionar, während der Außenbereich das Verhältnis der Zessionsparteien selbst und ihre Beziehung zur Außenwelt darstellt. Somit ist hinsichtlich der Qualifikation des Forderungsstatuts gem. Art. 14 II Rom I-VO der Innenbereich und hinsichtlich der Qualifikation des Zessionsstatuts gem. Art. 14 I Rom I-VO der Außenbereich berührt.94 Demzufolge geht es bei der Bestimmung des Innenbereichs im Wesentlichen um Schuldnerschutzinteressen, während im Außenbereich die Vermögensinteressen sowohl der Zessionsparteien als auch derjenigen von Dritten eine Rolle spielen.95 Mit Hilfe dieser Auslegungsgrundsätze kann mithin eine trennscharfe Einordnung, vornehmlich im Hinblick auf Zessionsvarianten wie die Globalzession, die Sicherungszession oder die Vorauszession, erfolgen.96


79 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10.

80 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 30.

81 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 9; Einsele, WM 2009, 289, 298; Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 6.

82 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10.

83 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 99.

84 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 99; dies., WM 2009, 289, 298.

85 Einsele, WM 2009, 289, 298.

86 Bauer, Die Forderungsübertragung im IPR: Schuld- und zuordnungsrechtliche Anknüpfungen , 2008, S. 292 f.

87 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 30.

88 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 14.

89 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 40; Stadler, IPRax 2000, 104, 108.

90 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 96; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 30.

91 Flessner in: FS Canaris II, 2007, 545, 551 ff.; Stadler, IPRax 2000, 104, 108.

92 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 40.

93 Bauer (Fn. 86), S. 131 ff., 199 ff.; Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

94 Bauer (Fn. 86), S. 131-198; Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

95 Bauer (Fn. 86), S. 199-300; Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

96 Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext91

C. Dingliche Wirkung der Zession im Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner

I. Die Ermittlung des Forderungsstatuts

Für die dinglichen Wirkungen der Zession im Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner greift Art. 14 II Rom I-VO, welcher unverändert aus Art. 12 II EVÜ übernommen wurde, Platz.97 Damit wird der gesamte Inhalt der zedierten Forderung samt etwaiger auf Seiten des Schuldners bestehender Einreden dem Schutz der Rechtsordnung unterstellt, welche nach Art. 14 II Rom I-VO zu ermitteln ist.98 Ausweislich des zuvor Gesagten wird das Verfügungsgeschäft der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar – entgegen der zu Art. 12 EVÜ in Deutschland vorherrschenden Ansicht – ebenso wenig von Art. 14 II Rom I-VO erfasst, wie die Frage, ob eine kausale Verknüpfung zwischen der Abtretung und dem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft besteht oder diese vielmehr abstrakt Wirkung entfaltet.99 Der Anwendungsbereich des Abs. 2 wurde somit auf die Aspekte des Schuldnerschutzes reduziert.100 Art. 14 I und II Rom I-VO stehen folglich in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Das kann damit begründet werden, dass es Zedent und Zessionar in ihrem Verhältnis zueinander grundsätzlich frei steht, welchen Inhalt sie der Zession zugrunde legen. Die Ausnahme von dieser Regel tritt jedoch dann ein, wenn Schuldnerinteressen berührt werden. Eine etwaige Rechtswahl zwischen Zedent und Zessionar soll die Rechte des Schuldners nicht zu seinen Lasten beeinträchtigen.101 Der Schuldner soll vielmehr hinsichtlich des Bestehens von Einreden oder der Zahlungsmodalitäten auf seine ihm bekannte Rechtsordnung vertrauen dürfen.102 Damit bleibt zunächst festzuhalten, dass Art. 14 II Rom I-VO sämtliche Fragen hinsichtlich des Schuldnerschutzes erfasst, gleichgültig, ob die Forderung vertraglicher oder außervertraglicher Natur ist.103 Zu beachten ist ferner, dass das Forderungsstatut auch nach erfolgter Abtretung für das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner Maß gibt, um den Bestand des Schuldverhältnisses, auf dem die Forderung beruht, nicht zu Lasten des Schuldners zu modifizieren.104 Art. 14 II Rom I-VO erklärt somit dasjenige Sachrecht bezüglich des Forderungsstatuts und damit für die dinglichen Wirkungen der Zession im Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner für anwendbar, welchem die zu übertragene Forderung unterliegt.105 Demnach sind bei Forderungen aus einem Vertragsverhältnis die Art. 3 ff. Rom I-VO berufen.106 Bei einer außervertraglichen Forderung hingegen erfolgt die Ermittlung des maßgeblichen Statuts zuvörderst gem. Art. 14 Rom II-VO.107 Mangels Rechtswahl erfolgt subsidiär eine objektive Anknüpfung gem. Art. 4 Rom II-VO, sofern keine Sonderkollisionsnormen gem. Art. 5-9 Rom II-VO vorrangig eingreifen.108

II. Vertragliche und gesetzliche Abtretungsverbote

Aufgrund der Tatsache, dass es der Mitwirkung des Schuldners hinsichtlich des Forderungsübergangs zwischen Zedent und Zessionar grundsätzlich nicht bedarf, erlangt der Schuldnerschutz große Bedeutung.

1. Vertragliche Abtretungsverbote

Zunächst können Gläubiger und Schuldner ein Abtretungsverbot vereinbaren. Solche Abtretungsverbote werden im internationalen Wirtschaftsverkehr häufig geschlossen, um den Interessen des Schuldners gerecht zu werden.109 Um dem Schuldnerschutz ausreichend Rechnung zu tragen, unterfallen diese rechtsgeschäftlichen Abtretungsverbote dann Art. 14 II Rom I-VO, sofern sie nicht nur vermögensrechtliche Aspekte der Vertragsparteien, sondern gerade auch Interessen des Schuldners tangieren.110 Das wird in der Regel allerdings schon dann der Fall sein, wenn ein Abtretungsverbot zwischen Gläubiger und Schuldner vereinbart wird, weil so einem dem Schuldner unwillkommenen Gläubigerwechsel begegnet wird.111 Aber nicht nur das Abtretungsverbot als solches wird von Art. 14 II Rom I-VO erfasst, sondern vielmehr auch Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit und der Schranken eines solchen Abtretungsverbots.112 Bei der Einordnung eines Abtretungsverbots mit dinglicher Wirkung erga omnes, wie etwa § 399 Alt. 2 BGB nach deutschem Recht, wird zum Teil vertreten, dass dieses ebenfalls Art. 14 II Rom I-VO unterfiele.113 Dass das Forderungsstatut gem. Art. 12 II EVÜ zugleich auch Abtretungsstatut war und etwaige Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit von Abtretungsverboten regelte, könne nicht dazu führen, dass sich nunmehr die Maßgeblichkeit von Abtretungsverboten aufgrund der Neuregelung in Art. 14 I Rom I-VO nach jener Vorschrift beurteile.114 Vielmehr sei die Veränderung der Forderungszuständigkeit eher dem Forderungsstatut gem. Art. 14 II Rom I-VO und nicht dem Zessionsstatut gem.


97 Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 96; Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10; Garcimartín Alférez, EuLF 08, 61, 78.

98 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 19.

99 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 15; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 42.

100 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 15; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 42; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 6; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 26a.

101 Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 4.

102 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 42.

103 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3a; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 5; Thorn, in: Palandt (Fn. 46), Art. 14 Rom I-VO Rn. 4.

104 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 47; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 31.

105 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 16; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 52; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50),Art. 14 Rom I-VO Rn. 5.

106 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 52; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 5; Staudinger, in: HK-BGB (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 3; zu Art. 33 II EGBGB: BGHZ 108, 353, 362.

107 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 16; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 5.

108 Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

109 Bette, WM 1994, 1909; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 44; Mummenhoff, JZ 1979, 425, 426.

110 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 32; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 44; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 30.

111 Bauer (Fn. 86), S. 139 f.; Flessner, IPRax 2009, 35, 42; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 28.

112 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 17; Flessner, IPRax 2009, 35, 42; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 44.

113 Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 7.

114 Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 7.

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext92

Art. 14 I Rom I-VO zuzuordnen.115 Überwiegend werden Abtretungsverbote mit erga omnes Wirkung allerdings unter Art. 14 I Rom I-VO angeknüpft.116 Dafür kann ins Feld geführt werden, dass ein diesbezügliches Abtretungsverbot nunmehr nicht in erster Linie den Schutz des Schuldners bezweckt, sondern vielmehr im Wesentlichen Interessen des Zessionars berührt.117 Zum anderen erscheint eine Anknüpfung diesbezüglicher Abtretungsverbote unter das Zessionsstatut gem. Art. 14 I Rom I-VO harmonischer. So wird nämlich lediglich ein Statut hinsichtlich der Zession und etwaiger Zessionsverbote berufen. Mithin lässt sich festhalten, dass rechtsgeschäftliche Abtretungsverbote, sofern sie eine schuldnerschützende Funktion haben, dem Forderungsstatut gem. Art. 14 II Rom I-VO unterfallen. Sind diese allerdings mit erga omnes Wirkung ausgestaltet, wird das maßgebliche Statut nach der hier vertretenen Ansicht nach Art. 14 I Rom I-VO ermittelt.

2. Gesetzliche Abtretungsverbote

Ungeachtet des Eingreifens etwaig vereinbarter Abtretungsverbote zwischen Gläubiger und Schuldner, können darüber hinaus auch gesetzliche Abtretungsverbote einschlägig sein. Bedeutung erlangen diese insbesondere dann, wenn sie den Inhalt der Leistung, wie etwa § 399 Alt. 1 BGB, modifizieren.118 Gleichwohl ist zu beachten, dass Art. 14 II Rom I-VO wiederum nur dann einschlägig ist, wenn der Schuldnerschutz den Grund für den Ausschluss der Abtretung bildet.119 Werden zunächst die bisher unter Art. 33 II EGBGB a.F. qualifizierten gesetzlichen Zessionsverbote in Betracht gezogen, wird deutlich, dass es bei jenen allerdings meist an dem erforderlichen Kriterium des Schuldnerschutzes mangelt. Als Beispiel hierfür kann etwa das Verbot der Abtretung einer unpfändbaren Forderung, nach deutschem Recht gem. § 400 BGB, genannt werden, bei dem der Gläubigerschutz eindeutig im Vordergrund steht.120 § 400 BGB schließt deswegen die Zession einer unpfändbaren Forderung aus, um dem Gläubiger dasjenige zu erhalten, was er zum Leben benötigt.121 Demnach soll nicht das Forderungsstatut gem. Art. 14 II Rom I-VO, sondern vielmehr das Zessionsstatut gem. Art. 14 I Rom I-VO berufen werden.122 Es wird in diesem Fall aber auch vertreten, dass eine Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Zedenten zu erfolgen habe.123 Begründet wird das mit der engen wirtschaftlichen Verflechtung der jeweiligen Pfändungsfreigrenzen mit den örtlichen Einkommensverhältnissen und Lebenserhaltungskosten, die aus Sicht des Erlassstaates unbedingt durchzusetzen seien.124 Eine andere Ansicht knüpft jene Zessionsverbote gleichwohl an Art. 14 II Rom I-VO an, um eine ausweitende Veränderung der Forderungszuordnung zu vermeiden.125 Insbesondere die praktischen Schwierigkeiten einer diesbezüglichen Differenzierung anhand des Schutzzwecks des gesetzlichen Zessionsverbots sprächen dafür, solche Zessionsverbote einheitlich unter Art. 14 II Rom I-VO zu subsumieren.126 Zuzugeben ist dieser Ansicht, dass der Wortlaut in Art. 14 II Rom I-VO nicht zwischen dem Grund des Zessionsverbotes differenziert.127 Aufgrund des zuvor erörterten Schutzzwecks des Abs. 2, der ausschließlich den Schuldnerschutz im Blick hat, ist jedoch nicht ersichtlich, warum gesetzliche Zessionsverbote, die einer Zession aufgrund des Gläubigerschutzes entgegenstehen, gleichwohl an Art. 14 II Rom I-VO oder an das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Zedenten angeknüpft werden sollten.128 Im Einklang mit der Qualifikation vertraglicher Abtretungsverbote, die nicht unter Art. 14 II Rom I-VO qualifiziert werden, weil sie keine schuldnerschützende Wirkung entfalten, sollten jene gesetzlichen Abtretungsverbote ebenfalls unter Art. 14 I Rom I-VO subsumiert werden.

III. Leistung des Schuldners mit befreiender Wirkung gegenüber dem Zessionar

Art. 14 II Rom I-VO entscheidet nicht nur über die Übertragbarkeit der Forderung aufgrund etwaiger Zessionsverbote, sondern auch über eine Leistung des Schuldners mit befreiender Wirkung gegenüber dem Neugläubiger.129 Wichtig wird diese Anknüpfung dann, wenn der Schuldner die ihm obliegende Leistung nicht gegenüber dem Zessionar, sondern vielmehr dem Zedenten gegenüber erbringt.130 Nach Art. 14 II Rom I-VO werden die maßgeblichen Schuldnerschutzvorschriften desjenigen nationalen Rechts berufen, dem die Forderung unterliegt. Unterliegt die Forderung beispielsweise deutschem Recht, greift zum Schutz des Schuldners § 407 BGB mit der Folge, dass seine Leistung gegenüber dem Zedenten dann befreiende Wirkung auch gegenüber dem Zessionar entfaltet, wenn er bisher keine Kenntnis von der Zession erlangt hat.131 Darüber hinaus entscheidet Art. 14 II Rom I-VO auch über die Frage, ob der Schuldner gegenüber dem Zedenten mit befreiender Wirkung aufrechnen kann.132


115 Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50), Art. 14 Rom I-VO Rn. 7.

116 Bauer (Fn. 86), S. 147 ff.; Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

117 Bauer (Fn. 86), S. 147-149; Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

118 Flessner, IPRax 2009, 35, 42; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 45; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 29; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 5), Art. 14 Rom I-VO Rn. 30.

119 Flessner, IPRax 2009, 35, 42; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 45; Thorn, in: Palandt (Fn. 46), Art. 14 Rom I-VO Rn. 5.

120 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 45.

121 Bauer (Fn. 86), S. 150 f.; Flessner, IPRax 2009, 35, 42.

122 Bauer (Fn. 86), S. 149 ff.; Flessner, IPRax 2009, 35, 42; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 45.

123 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 33.

124 Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 10.

125 Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 29.

126 Garcimartín Alférez, in: Ferrari/Leible (Hrsg.), Rome I Regulation, 2009, 217 (229 f.).

127 Garcimartín Alférez, in: Ferrari/Leible (Fn. 126), 217, 229 (dortige Fn. 21).

128 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 17; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 45.

129 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 21; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 51; Hohloch, in: Erman BGB (Fn. 50),Art. 14 Rom I-VO Rn. 7a.; Martiny, in: MüKoBGB (Fn. 44), Art. 14 Rom I-VO Rn. 35; Rosch in: jurisPK-BGB(Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 33.

130 Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 51.

131 Doehner, in: NK-BGB (Fn. 28), Art. 14 Rom I-VO Rn. 21; Freitag, in: Rauscher (Fn. 9), Art. 14 Rom I-VO Rn. 31; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 51; Rosch in: jurisPK-BGB (Fn. 4), Art. 14 Rom I-VO Rn. 33.

132 Basedow, ZEuP 1997, 615, 622; Hausmann, in: Staudinger (Fn. 1), Art. 14 Rom I-VO Rn. 51.

Knoth, Die rechtsgeschäftliche Zession im europäischen Kontext93

D. Fazit

Im Lichte dieser Arbeit kann resümierend festgehalten werden, dass das Zessionsstatut im europäischen Kontext hinsichtlich des Verpflichtungsgeschäfts zwischen Zedent und Zessionar nach Art. 14 I Rom I-VO ermittelt wird. Dieses Statut gibt i.V.m. Art. 20 Rom I-VO Aufschluss darüber, welches Sachrecht auf jenes Geschäft anwendbar ist. Aufgrund der Erweiterung des Wortlauts des Art. 14 I Rom I-VO im Vergleich zum Art. 12 II EVÜ und des Regelungsgehalts des Erwägungsgrundes 38 Rom I-VO ist der zum EVÜ vertretenen herrschenden Meinung in Deutschland hinsichtlich der dinglichen Wirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar eine Absage zu erteilen. Entgegen dieser Ansicht hat vielmehr eine Einordnung der dinglichen Wirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar ebenfalls unter Art. 14 I Rom I-VO zu erfolgen. Demnach wird ein Gleichlauf zwischen Verpflichtungsgeschäft und dinglicher Wirkung in diesem Verhältnis erreicht. Ferner sollte die Einordnung der dinglichen Wirkung der Zession zwischen Zedent und Zessionar nicht bloß dann unter Art. 14 I Rom I-VO erfolgen, wenn der Translationsakt inter partes wirkt, sondern vielmehr auch dann, wenn eine erga omnes Wirkung wie beispielsweise im deutschen Recht nach § 398 BGB erfolgt. Hinsichtlich der dinglichen Wirkung der Zession im Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner ist zu konstatieren, dass Art. 14 II Rom I-VO die einschlägige Kollisionsnorm darstellt. Danach ist das Recht berufen, dem die abgetretene Forderung unterliegt. Dieses gibt grundsätzlich auch Maß sowohl für rechtsgeschäftlich vereinbarte als auch für gesetzliche Zessionsverbote. Allerdings hat diesbezüglich immer ein Blick auf den Schutzzweck jener Zessionsverbote zu erfolgen. Ist nicht der Schuldner-, sondern vielmehr der Gläubigerschutz bezweckt oder entfaltet das Verbot dingliche Wirkung erga omnes, sollte das maßgebliche Sachrecht nach Art. 14 I Rom I-VO ermittelt werden. Für die Beurteilung, ob eine Leistung des Schuldners auch dem Zessionar gegenüber befreiende Wirkung entfaltet, ist ferner Art. 14 II Rom I-VO maßgeblich. De lege ferenda sollte der europäische Gesetzgeber bzw. der EuGH, sofern er Gelegenheit dazu bekommt, den Begriff des dinglichen Aspektes in Erwägungsgrund 38 Rom I-VO näher konkretisieren, um eine divergierende Auslegung in den Mitgliedstaaten zu vermeiden. Zudem sollte geklärt werden, ob Art. 14 I Rom I-VO die dingliche Wirkung der Abtretung zwischen Zedent und Zessionar erga omnes erfasst, oder ob nicht vielmehr eine Beschränkung zwischen Zedent und Zessionar inter partes zu erfolgen hat. Gleiches gilt für die Einordnung rechtsgeschäftlich vereinbarter Abtretungsverbote mit erga omnes Wirkung.