Grundlagen und rechtliche Folgen der Einstufung eines Staates als sog. sicherer Herkunftsstaat

Birga Teigelack*

A. Einleitung

Eines der Schlagworte der flüchtlingspolitischen Debatten der letzten Zeit ist der sog. sichere Herkunftsstaat. Dieser Begriff ist oft mit der Erwartung schnellerer Asylentscheidungen und Abschiebungen verbunden. Aktuell sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.1 Immer wieder wird die Erweiterung dieses Kreises diskutiert. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode sieht vor, dass Algerien, Marokko und Tunesien sowie weitere Staaten mit einer regelmäßigen Anerkennungsquote von unter fünf Prozent zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt werden.2 Dazu könnten etwa Tansania, die Ukraine, Pakistan, Benin, Guinea-Bissau, die Zentralafrikanische Republik, Tschad, Kolumbien, Kuba, Vietnam, Indien, Weißrussland, Kenia sowie Moldau gehören.3 Zuletzt hat der Bundestag am 18. Januar 2019 die Einstufung Georgiens sowie der drei Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten beschlossen.4 Allerdings hat der Bundesrat die eigentlich für den 15. Februar 2019 geplante Abstimmung über das entsprechende – zu­stimmungsbedürftige – Gesetz kurzfristig von seiner Tagesordnung abgesetzt.5

Dieser Beitrag soll die Grundlagen der Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat sowie die wesentlichen Folgen einer solchen gesetzgeberischen Entscheidung für die Angehörigen dieses Staates erläutern.

B. Grundlagen

Gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Dieser Grundsatz wird für Angehörige bestimmter Staaten durch Art. 16a Abs. 2 und Abs. 3 GG eingeschränkt.

I. Sichere Drittstaaten

Art. 16a Abs. 2 GG befasst sich mit den sog. sicheren Drittstaaten. Die Vorschrift beschränkt den persönlichen Geltungsbereich des Asylgrundrechts.6 Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG kann sich auf das Asylgrundrecht nach Art. 16a Abs. 1 GG nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die diese Voraussetzungen zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt (Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG). Hinter der Regelung steht die Überlegung, dass derjenige, der aus einem solchen sog. sicheren Drittstaat einreist, des Schutzes des Asylgrundrechts in der Bundesrepublik Deutschland nicht bedarf, weil er in dem Drittstaat Schutz vor politischer Verfolgung hätte finden können.7 Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer in dem Drittstaat objektiv vor Verfolgung sicher war oder dort seine Flucht zunächst beendet hat. Es genügt, dass er aus dem sicheren Drittstaat eingereist ist und deswegen die – normativ unterstellte – Möglichkeit gehabt hat, Schutz zu finden.8

Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union derzeit die in Anlage I zum Asylgesetz bezeichneten Staaten (§ 26a Abs. 2 AsylG), d. h. Norwegen und die Schweiz. Die Bundesrepublik Deutschland ist damit von sicheren Drittstaaten umgeben. In der Folge kann sich ein Ausländer, der auf dem Landweg in das Bundesgebiet einreist, grundsätzlich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen.9

II. Sichere Herkunftsstaaten

Mit den sog. sicheren Herkunftsstaaten befasst sich Art. 16a Abs. 3 GG. Anders als Art. 16a Abs. 2 GG enthält Art. 16a Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 GG keine Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs des Grundrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG, sondern eine Beschränkung seines verfahrensbezogenen Gewährleistungsinhalts.10

Nach Art. 16a Abs. 3 GG können durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet (Satz 1). Es wird vermutet, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird (Satz 2).

Auf dieser Grundlage sind derzeit nach § 29a Abs. 2 AsylG die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in


* Die Autorin ist Richterin am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Der Beitrag gibt ausschließlich ihre persönliche Meinung wieder.

1 Vgl. Anlage II zum Asylgesetz (AsylG).

2 Abrufbar z. B. unter https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf, dort S. 108 (abgerufen am 8. April 2019).

3 BT-Drucksache 19/6682, vgl. auch https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-10/migration-maghreb-staaten-sichere-herkunftslaender-asyl-bundesinnenministerium (abgerufen am 8. April 2019).

4 Vgl. Plenarprotokoll 19/75, S. 8775, BR-Drucksache 27/19.

5 Vgl. https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/19/974/974-node.html (abgerufen am 8. April 2019).

6 BVerfGE 94, 49, 87.

7 BVerfGE 94, 49, 87.

8 Günther, in: BeckOK Ausländerrecht, 2019, § 26a AsylG Rn. 4.

9 BVerwGE 105, 194 m. w. N.

10 BVerfGE 94, 115, 132 ff.

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Anlage II zum Asylgesetz bezeichneten Staaten – Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik, Montenegro, Senegal und Serbien – als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.

Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für diese gesetzgeberische Entscheidung sind durch das Bundesverfassungsgericht konkretisiert worden. Dem Bundesverfassungsgericht zufolge gibt Art. 16a Abs. 3 GG dem Gesetzgeber bestimmte Prüfkriterien vor, an denen er seine Entscheidung, ob ein Staat die Anforderungen für die Bestimmung zum sicheren Herkunftsstaat erfüllt, auszurichten hat. Hieraus lasse sich aber kein starrer, in jedem Gesetzgebungsverfahren gleichermaßen von Verfassungs wegen zu beachtender, etwa enumerativ darstellbarer Katalog von zu prüfenden Umständen ableiten. Vielmehr bestehe die Aufgabe des Gesetzgebers darin, sich anhand der von Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG vorgegebenen Prüfkriterien aus einer Vielzahl von einzelnen Faktoren ein Gesamturteil über die für politische Verfolgung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat zu bilden. Bei dem abschließenden Urteil könne zur Abrundung und Kontrolle des gefundenen Ergebnisses auch die Quote der Anerkennung von Asylbewerbern aus dem jeweiligen Land die Rolle eines Indizes spielen. Dabei seien die Entscheidungspraxis des Bundesamtes wie die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen; ferner könne ein Vergleich mit den Anerkennungsquoten anderer europäischer Staaten hilfreich sein. Eine eigenständige Prüfung der Verhältnisse in dem betreffenden Staat anhand der von der Verfassung vorgegebenen Prüfkriterien werde dadurch jedoch nicht ersetzt.11 Anhand dieser Kriterien wurden die bisherigen Entscheidungen des Gesetzgebers, Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen, nicht beanstandet.12

C. Rechtliche Folgen

Die Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat hat für dessen Staatsangehörige, die im Bundesgebiet um Asyl nachsuchen wollen, verschiedene rechtliche Folgen.13 Im Wesentlichen handelt es sich um Regelungen, die die materielle und verfahrensrechtliche Position während des eigentlichen Asylverfahrens sowie nach dessen negativem Ausgang im Vergleich zu Antragstellern aus anderen Herkunftsstaaten verschlechtern14 und eine Aufenthaltsverfestigung verhindern sollen.

I. Asylverfahren vor dem Bundesamt für

Migra\-tion und Flüchtlinge

Asylanträge von Angehörigen sicherer Herkunftsstaaten sind durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge15 grundsätzlich als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Etwas anderes gilt nur, wenn die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht (§ 29a Abs. 1 Satz 1 AsylG). Praktisch haben Antragsteller aus sicheren Herkunftsländern im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt (vgl. § 25 AsylG) die Möglichkeit, solche Tatsachen oder Beweismittel anzugeben. Wird dadurch die Nichtverfolgungsvermutung erschüttert, kommt eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet nicht mehr in Betracht. Stattdessen klärt das Bundesamt den Sachverhalt auf und erhebt die erforderlichen Beweise (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylG), wobei der Asylantragsteller zur Mitwirkung verpflichtet ist (§§ 15, 25 Abs. 2 AsylG).

Zudem kann das Bundesamt das Asylverfahren eines Antragstellers aus einem sicheren Herkunftsstaat beschleunigt durchführen (§ 30a Abs. 1 Nr. 1 AsylG). In diesem Fall entscheidet es innerhalb einer Woche ab Stellung des Asylantrags (§ 30a Abs. 2 Satz 1 AsylG).

Wird der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, beträgt die dem Ausländer durch das Bundesamt zu setzende Ausreisefrist eine Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG).

Ferner kann das Bundesamt, wenn der Asylantrag wegen der Herkunft des Antragstellers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen (§ 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes [AufenthG]).

Angehörige sicherer Herkunftsstaaten sind verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung als offensichtlich unbegründet bis zur Ausreise oder bis zur Abschiebung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu bleiben. Dies gilt sowohl im beschleunigten (§ 30a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b AsylG) als auch im „normalen“ Asylverfahren (§§ 47 Abs. 1a, 59a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AsylG). Dadurch soll eine abschließende und schnellere Bearbeitung der Asylverfahren sowie eine raschere Beendigung des Aufenthalts gewährleistet werden.16

Schließlich haben Angehörige sicherer Herkunftsstaaten während des Asylverfahrens grundsätzlich keine Möglichkeit, erwerbstätig zu sein und sich so wirtschaftlich im Bundesgebiet zu integrieren. Ihnen darf während des Asylverfahrens keine Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn der Asylantrag nach dem 31. August 2015 gestellt wurde (§ 61 Abs. 2 Satz 4 AsylG).17 Zudem sind sie regelmäßig von der Teilnahme an Integrationskursen sowie an berufsbezogener Deutschsprachförderung ausgeschlossen (§§ 44 Abs. 4 Satz 3, 45a Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Auch am Arbeitsmarktprogramm „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ dürfen sie nicht teilnehmen (§ 5a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG).


11 BVerfGE 94, 115, 139.

12 Vgl. etwa die Ausführungen und Nachweise bei Bergmann, in: Bergmann/Dienelt (Hrsg.), Ausländerrecht12, 2018, § 29a AsylG Rn. 6 sowie bei Heusch, in: Kluth/Heusch (Hrsg.), BeckOKAusländerrecht21, Stand: 1. Februar 2019, Anlage II zu § 29a AsylG Rn. 1 ff.

13 Eine Übersicht findet sich u. a. auch bei Hofmann, EuR 2018, 289, 290 ff. und Werdermann, ZAR 2018, 11, 12.

14 Zur Vereinbarkeit dieser Ungleichbehandlungen mit Art. 3 GG vgl. Werdermann, ZAR 2018, 11 ff.

15 Im Folgenden: Bundesamt.

16 BT Drucksache 18/6185, S. 33 f.

17 Zu Zweifeln an der Europarechtskonformität dieses Beschäftigungsverbots vgl. Hofmann, EuR 2018, 289, 295 ff.

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II. Nach (erfolglosem) Abschluss des

Asylverfahrens

Auch nach dem erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens soll eine wirtschaftliche Integration Angehöriger sicherer Herkunftsstaaten grundsätzlich verhindert werden. Daher darf ihnen auch dann die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht gestattet werden, wenn ein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde (§ 60a Abs. 2 Satz 4, Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG).18 Ebenso darf ihnen in diesem Fall grundsätzlich keine Ausbildungsduldung erteilt werden (vgl. § 60a Abs. 2 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG).

Ferner soll die soziale Integration durch die missbräuchliche Schaffung familiärer Beziehungen unterbunden werden, indem Vaterschaftsanerkennungen in bestimmten Fällen den Ausländerbehörden anzuzeigen sind. Bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft, hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson dies der Ausländerbehörde oder der deutschen Auslandsvertretung mitzuteilen und die Beurkundung auszusetzen. Ein Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte besteht nach § 1597a Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 BGB insbesondere, wenn der Anerkennende oder die Mutter oder das Kind einen Asylantrag gestellt hat und die Staatsangehörigkeit eines sicheren Herkunftsstaates besitzt.

III. Gerichtliches Verfahren

Auch der Rechtsschutz gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundesamts ist für Angehörige sicherer Herkunftsstaaten eingeschränkt.

Wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, beträgt die Frist zur Klage gegen den ablehnenden Bescheid lediglich eine Woche (§§ 74 Abs. 1, 2. Halbsatz, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Zudem hat die Klage keine aufschiebende Wirkung. Denn nach § 75 Abs. 1 AsylG hat sie dies nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 AsylG, d. h. wenn die dem Ausländer gesetzte Ausreisefrist 30 Tage beträgt. Das ist aber – wie oben ausgeführt – bei sicheren Herkunftsstaaten nicht der Fall, da dort die einwöchige Ausreisefrist des § 36 Abs. 1 AsylG gilt.

Auch ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in dem ablehnenden Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung ist innerhalb von einer Woche zu stellen, wenn der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Die gerichtliche Entscheidung über diesen Antrag soll grundsätzlich im schriftlichen Verfahren und binnen einer Woche nach Ablauf der Ausreisefrist ergehen (§ 36 Abs. 3 Satz 4 und 5 AsylG). Auch die inhaltliche Überprüfung durch das Gericht wird beschränkt. Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsalts bestehen (§ 36 Abs. 4 AsylG, vgl. auch Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG).

Eine weitere Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten ergibt sich aus § 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ist das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz als – u. a – offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, unanfechtbar. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist die Klage eines Asylbewerbers offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Abweisung der Klage sich geradezu aufdrängt.19 Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG, wonach grundsätzlich vermutet wird, dass ein Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat dort nicht verfolgt wird, legt die Abweisung einer entsprechenden Klage als offensichtlich unbegründet nahe, wenn der Kläger keine substantiierten Anhaltspunkt dafür vorträgt, dass er entgegen dieser Vermutung doch verfolgt wird.

IV. Ausblick

Aktuelle Gesetzgebungsvorhaben sehen weitere Einschränkungen für Angehörige sicherer Herkunftsstaaten vor.

Der Entwurf eines Gesetzes über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung vom 4. Januar 201920 soll besondere Fallgruppen der Duldung regeln, d. h. der Fälle, in denen die Abschiebung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Der Entwurf überarbeitet einerseits die bereits jetzt in § 60a Abs. 2 Sätze 4 ff. AufenthG vorgesehene Ausbildungsduldung und führt zum anderen die sog. Beschäftigungsduldung ein. Nach der derzeitigen Entwurfsfassung sollen Angehörige sicherer Herkunftsstaaten weiterhin keine Ausbildungsduldung und ebenfalls keine Beschäftigungsduldung erhalten können, wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde (vgl. § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG in der Fassung des Gesetzesentwurfs).21

Weitere, durchaus grundsätzliche Änderungen sieht der Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat für ein Gesetz zur verbesserten Durchsetzung der Ausreisepflicht („Geordnete-Rückkehr-Gesetz“)22 vor. Danach sollen vollziehbar ausreisepflichtige Angehörige eines sicheren Herkunftsstaats grundsätzlich keine Duldung, sondern lediglich eine Bescheinigung über die vollziehbare Ausreisepflicht, die sog. Ausreiseaufforderung, erhalten.23 Inhaber einer solchen Bescheinigung sind von „Integrationsangeboten und Angeboten, die zur Aufenthaltsverfestigung führen können, auszuschließen.“24

Als Alternative zur Stellung eines regelmäßig kaum Erfolg versprechenden Asylantrags hat der Gesetzgeber für Ange-


18 Ausführlich zum Begriff des Asylantrags sowie zum Umgang mit möglichen Missbrauchsfällen Wittmann, NVwZ 2018, 28 ff.

19 BVerfG 71, 276, 293; vgl. zuletzt etwa BVerfG, NVwZ 2018, 1563 ff. m. w. N.

20 BR-Drucksache 8/19.

21 Vgl. auch BR-Drucksache 8/19, S. 11.

22 Abrufbar etwa unter https://www.proasyl.de/news/das-geordnete-rueckkehr-gesetz-ignoriert-rechtsstaatliche-grundsaetze/ (abgerufen am 8. April 2019).

23 Vgl. § 60b AufenthG in der Fassung des Referentenentwurfs.

24 Vgl. § 60b Abs. 4 AufenthG in der Fassung des Referentenentwurfs.

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hörige sicherer Herkunftsstaaten die Möglichkeit der legalen Einreise mit dem Zweck der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geschaffen. Gemäß § 26 Abs. 2 BeschV können für Staatsangehörige von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien in den Jahren 2016 bis einschließlich 2020 Zustimmungen zur Ausübung jeder Beschäftigung erteilt werden, wenn der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels bei der jeweils zuständigen deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsstaat gestellt wurde und der Antragsteller in den letzten 24 Monaten vor Antragstellung grundsätzlich keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen hat. Kann der Angehörige eines sicheren Herkunftsstaats also einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot im Bundesgebiet nachweisen, steht ihm grundsätzlich die Möglichkeit einer legalen Einreise und anschließenden Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis offen. Allerdings ist dies aktuell aufgrund der hohen % Zahl von Anträgen bei den deutschen Auslandsvertretungen oft mit langen Wartezeiten von teilweise mehr als einem Jahr verbunden.25

Ob infolge der dargestellten Maßnahmen oder aus anderen Gründen – die Statistiken des Bundesamtes zeigen, dass die Zahl der Asylanträge insbesondere aus den sicheren Herkunftsstaaten in Europa seit mehreren Jahren sinkt. So stellten beispielsweise im Jahr 2016 knapp 15.00026 albanische Staatsangehörige einen Asylantrag, im Jahr 2017 etwa 6.00027 und im Jahr 2018 ungefähr 3.00028 (abgerufen am 8. April 2019). . Dennoch deutet das Zahlenwerk darauf hin, dass die Einstufung eines Landes als sicherer Herkunftsstaat jedenfalls nicht zu einer vollständigen Entlastung des Bundesamtes führt: Serbien, Mazedonien und Albanien gehören weiterhin zu den zehn Ländern, aus denen im Jahr 2018 die meisten Asylfolgeanträge entschieden worden sind.29, abgerufen am 8. April 2019).


25 Vgl. etwa die Auskunft auf der Homepage der deutschen Botschaft in Tirana (https://tirana.diplo.de/al-de/service/-/2014682, abgerufen am 8. April 2019).

26 Vgl. Das Bundesamt in Zahlen 2016, S. 19 (http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2016.html?nn=9121126, abgerufen am 8. April 2019).

27 Vgl. die Asylgeschäftsstatistik (01-12/17), http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/hkl-antrags-entscheidungs-bestandsstatistikl-kumuliert-2017.html?nn=9271904 (abgerufen am 8. April 2019).

28 Vgl. die Asylgeschäftsstatistik (01-12/18), http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/hkl-antrags-entscheidungs-bestandsstatistikl-kumuliert-2018.html?nn=9271904

29 Vgl. den Asylgeschäftsbericht für den Monat Dezember 2018, S. 7 (http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/201812-statistik-anlage-asyl-geschaeftsbericht.html?nn=7952206