Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer

Helena Sophia Spek*

A. Einführung

Gerade die ursprünglich inlandsbezogene Gewerbesteuer verursacht inzwischen viele Probleme im internationalen Steuerrecht. Entgegen ihrer ursprünglichen Konzeption erfasst die Gewerbesteuer auch grenzüberschreitende Sachverhalte. Trotz daraus folgender möglicher Doppelbelastung durch ausländische Steuer und Gewerbesteuer unterlässt der Gesetzgeber es weiterhin, die Gewerbesteuer in das deutsche Anrechnungssystem ausländischer Steuer zu integrieren. Dabei hat sich das Problem der fehlenden Gewerbesteueranrechnung inzwischen drastisch verstärkt. Dies liegt nicht nur an zunehmenden ausländischen Aktivitäten deutscher Unternehmen, sondern vor allem auch an der Unternehmensteuerreform 2008,1 die zu einem gesteigerten Bedürfnis nach einer Anrechnung ausländischer Steuer auf die Gewerbesteuer führte. Die Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt herauszuarbeiten, ob und gegebenenfalls wie eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer schon nach bestehendem Recht möglich ist.

B. Anrechnungsvorschriften im

nationalen Recht

Im deutschen Steuersystem ist nach § 34c EStG für die Einkommensteuer, und mit dem Verweis in § 26 KStG auch für die Körperschaftsteuer, eine Anrechnung ausländischer Steuern in Deutschland möglich. Neben der Voraussetzung, dass die anzurechnende ausländische Steuer gleichartig, festgesetzt und gezahlt worden ist, müssen ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d EStG vorliegen.2 Solche liegen beispielsweise dann vor, wenn Dividenden oder Zinsen von einem ausländischen Unternehmen an eine im Inland ansässige Person gezahlt werden. Auch Lizenzgebühren sind gemäß § 34d Nr. 7 EStG ausländische Einkünfte, wenn das Recht zur Nutzung im ausländischen Staat überlassen wird.3

Diese ausländischen Einkünfte können auch der Gewerbesteuer unterliegen. An sich gebietet zwar das in § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG normierte gewerbesteuerliche Inlandsprinzip ausländische Einkünfte aus dem Gewerbeertrag zu kürzen. Insbesondere für Zinseinkünfte, Lizenzgebühren sowie Dividenden aus Streubesitz (Anteile am ausschüttenden Unternehmen $<$ 15 %; in EU-Fällen $<$ 10 %) und von Tochtergesellschaften in Drittstaaten mit passiven Tätigkeiten sieht das Gewerbesteuergesetz keine Kürzung vor. Diese werden dem inländischen Betreib zugerechnet, nicht aus der inländischen Bemessungsgrundlage gekürzt und mithin der Gewerbesteuer unterworfen.

Dennoch gibt es keine vergleichbare, eigenständige Anrechnungsregelung wie § 34c EStG oder § 26 KStG im Gewerbesteuergesetz. Eine Anrechnung der ausländischen Steuer auf die Gewerbesteuer findet daher – mangels Anrechnungsmechanismus – praktisch auch nicht statt.4

C. Auswirkungen der fehlenden

Gewerbesteueranrechnung

Bemessungsgrundlage für einen Quellensteuerabzug im Ausland ist regelmäßig der Bruttobetrag der Zahlung. In Deutschland werden dagegen die ausländischen Einkünfte im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht als Nettoertrag ermittelt. Zum Beispiel finden Unterlizenzgebühren, Abschreibungen auf die überlassenen Rechte oder Refinanzierungszinsen bei Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage im Inland Berücksichtigung.5 Im Ergebnis kann die unterschiedliche Bemessungsgrundlage der in- und ausländischen Steuer dazu führen, dass die ausländische Steuer die inländische Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer betragsmäßig übersteigt. Es kommt zu sog. Anrechnungsüberhängen, welche auch nicht in andere Veranlagungszeiträume übertragen werden können sondern verfallen.6

I. Einkommensteuerpflichtige

Kommt es zu solchen Anrechnungsüberhängen, treten die Auswirkungen beim Einkommensteuerpflichtigen nicht oder nur gering in Erscheinung. Denn die Gewerbesteuer wird nach § 35 EStG7 bei der Einkommensteuer angerechnet, sodass es in Abhängigkeit vom jeweiligen gemeindlichen Hebesatz zu einer teilweisen bzw. vollständigen Berücksichtigung der Gewerbesteuer im Rahmen der Einkommensteuer kommt. Zwar gibt es auch hier sehr unterschiedliche Sachlagen, bei denen ein Anrechnungsüberhang verbleiben kann (z.B. bei Personengesellschaften mit Gesellschaftern, die in Verlustsituationen sind oder aus anderen Gründen die Gewerbesteuer nicht anrechnen können). Die Recht-sprechung8 und die herrschende Meinung in der Literatur9 sehen diese Anrechnungsüberhänge aber als verfassungs-gemäß an.

II. Körperschaftsteuerpflichtige

Eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftssteuer gibt es dagegen nicht. Zeitgleich mit Einführung des


* Die Autorin ist Studentin der Bucerius Law School, Hamburg.

1 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.08.2007, BGBl. I 2007, 1912.

2 Gosch, in: Kirchhof EStG17, 2017, § 34c Rn. 14;

Wagner, in: Blümich143, 2018, Band 3, § 34c EStG Rn. 27;

3 Gosch, in: Kirchhof EStG (Fn. 2), § 34d Rn. 15.

4 Vgl. Gosch, Außensteuerliche Aspekte der Gewerbesteuer, Hefte zur Internationalen Besteuerung, Heft 177, 2011, 22;

Schaumburg, Internationales Steuerrecht4, 2017, Rn. 19.554;

Haarmann, in: FS-Gosch, 2016, 123, 123.

5 Vgl. Rasch, in: BeckOK EStG1, 2018, § 34c Rn. 45.

6 Geurts, in: Frotscher/Geurts (Hrsg.), Kommentar zum EStG207, 2018, §34c Rn. 70.

7 § 35 EStG selbst ist verfassungsrechtlich umstritten, vgl. Wacker, in: Schmidt EStG, Kommentar37, § 35 Rn. 7.

8 BVerfG Urteil v. 21.04.2009 – 2 BvR 2523/08, Nichtannahme (juris).

9 Vgl. Wagner, in: Schmidt (Fn. 7), § 35 Rn. 7 EStG m.w.N.

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer49

§ 35 EStG wurde gemäß § 23 Abs. 1 KStG der Körperschaftsteuersatz von 25 % auf jetzt 15 % abgesenkt. Damit sollte die Gesamtsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften gesenkt und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland verbessert werden.

Mit der Absenkung des Körperschaftsteuertarifs hat sich das inländische Anrechnungspotential für Kapitalgesellschaften reduziert, sodass auch das Problem der fehlenden Anrechnung auf die Gewerbesteuer an Bedeutung gewonnen hat.10 Wenn beispielsweise der Quellensteuersatz im Ausland mehr als 15 % beträgt, der unbeschränkt steuerpflichtige Unternehmer Verluste erleidet, oder aufgrund einer unterschiedlichen Bemessungsgrundlage die ausländische Steuer betragsmäßig höher ausfällt als die inländische Körperschaftsteuer, entstehen Anrechnungsüberhänge.

Zwar kann der Steuerpflichtige statt der Anrechnung den Abzug der ausländischen Steuer von der Bemessungs-grundlage nach § 34c Abs. 2 EStG iVm § 26 KStG beantragen. Jedoch ist die Entlastung durch den Steuerabzug von der Bemessungsgrundlage meist wesentlich geringer als durch die Steueranrechnung. Um eine internationale Doppelbesteuerung vollständig zu verhindern, bedarf es einer Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Gewerbesteuer.

D. Dennoch Anrechnungsverpflichtung de lege lata?

Auch wenn die dargestellte Problematik eine Vorschrift über die Gewerbesteueranrechnung im nationalen Recht vermissen lässt, besteht womöglich dennoch eine Verpflichtung des deutschen Fiskus zur Anrechnung ausländischer Steuer auf die Gewerbesteuer de lege lata.

I. Doppelbesteuerungsabkommen

Eine Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer kann sich aus Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“)11 ergeben, die Deutschland mit anderen Ländern abgeschlossen hat.

DBA sind als speziellere Normen zum Ausgleich der Doppelbesteuerung vorrangig vor innerstaatlichen Recht anzuwenden (§ 2 AO).12 Dies bedeutet zum einen, dass die nationalen Anrechnungsregelungen keine Anwendung finden, wenn ein einschlägiges DBA eine vorrangige Vorschrift enthält.13 Zum anderen kann sich auch eine Anrechnung nach DBA richten, wenn das nationale Recht keine entsprechenden Regelungen enthält.

Für die Frage, ob eine Anrechnungsverpflichtung für den deutschen Fiskus auf die Gewerbesteuer besteht, ist nach den jeweiligen Regelungen des DBA zu unterscheiden.

1. Fallgruppe 1: Anrechnung nur auf

Einkommen- und Körperschaftsteuer

In einigen DBA sieht der jeweilige Methodenartikel vor, dass die Steuer lediglich „auf die deutsche Einkommensteuer und Körperschaftsteuer“ angerechnet werden darf.14 Dem Wortlaut nach besteht hier kein Recht auf Anrechnung auf die Gewerbesteuer.15

2. Fallgruppe 2: Anrechnung ausdrücklich

nicht auf Gewerbesteuer

Innerhalb der zweiten Fallgruppe, welche aus dem DBA mit der Schweiz und dem (früheren) DBA mit Australien besteht, ist eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer ausgeschlossen. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz ist die Anrechnung „auf den Teil der deutschen Steuer (mit Ausnahme der Gewerbesteuer)“ vorzunehmen. Durch den Klammerzusatz wird deutlich, dass in diesem Regelungsfall, kein Recht auf Anrechnung der Gewerbesteuer besteht. Im Verhältnis zu Australien war bis Ende 2016 in Abschnitt 10 (e) des Protokolls zum DBA-Australien (alt) geregelt, dass der Anrechnungsüberhang im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abgezogen werden kann. Dadurch wird ebenfalls deutlich, dass jedenfalls ein Recht auf Anrechnung auch nach diesem Abkommen nicht besteht. Das ab 2017 geltende DBA-Australien (neu) ist dagegen der dritten Fallgruppe zuzuordnen und beinhaltet keinen Zusatzabzug mehr.

3. Fallgruppe 3:

Anrechnung auf deutsche Steuer

In allen anderen DBA sehen die Methodenartikel eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf „die deutsche Steuer“ bzw. die „deutsche Steuer vom Einkommen“16 vor. Dies entspricht der Regelungsform der Deutschen Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen, welche wiederum an das OECD Musterabkommen („OECD-MA“) angelehnt ist. Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 der Deutschen Verhandlungsgrundlage sieht vor, dass die Steuer des anderen Vertragsstaats angerechnet wird auf die deutsche Steuer vom Einkommen unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts über die Anrechnung ausländischer Steuern.

Sehr umstritten ist, ob diese Art der Regelungsform („Fallgruppe 3“), welche in der deutschen DBA-Praxis tatsächlich die häufigste ist,17 zu einer Anrechnung auch auf die Gewerbesteuer führen kann bzw. muss.18 Der 1. Senat des BFH ließ diese Frage jüngst in einer Entscheidung über gewerbesteuerliche Einkünfte eines international tätigen Fußballschiedsrichters ausdrücklich offen.19 Darüber hinaus


10 Vgl. Kessler/Dietrich, IStR 2011, 108, 108; Becker/Loose, IStR 2012, 57, 58; M. Frotscher, in: FS Frotscher, 2013, S. 115, 117;

Haarman, (Fn. 4), S. 123; Prinz/Otto, DB 2017, 1988, 1988.

11 Zum derzeitigen Stand der DBA s. BMF Schreiben v. 17.01.2018, BStBl. I 2018, 239.

12 Vgl. BFH Urteil v. 23.06.2010 – I R 71/09, IStR 2010, 701 Rn. 15; Wassermeyer, in: Wassermeyer (Hrsg.), Kommentar zu allen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen142, 2018, Band 1, Art. 1 MA, Rn. 8.

13 Vgl. BFH, BStBl. II 1995, 580; Wagner, in: Blümich (Fn. 2), § 34c EStG, Rn. 134.

14 Zum Beispiel die deutschen Abkommen mit China und Italien.

15 Vgl. BFHE 260, 169 Rn. 42 (juris).

16 Vgl. statt vieler nur Art. 23 Abs. 1 Buchst. b DBA­Spanien.

17 Vgl. zum derzeitigen Stand der DBA Fn. 11.

18 Vgl. zum Meinungsspektrum Ismer, in: Vogel/Lehner (Hrsg.), Doppelbesteuerungsabkommen Kommentar6, 2015, Art. 23A Rn. 138 m.w.N.

19 BFHE 260, 169 Rn. 42 (juris).

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer50

lässt sich – soweit ersichtlich – nicht auf praktische Erfahrungen zurückgreifen, da eine solche Anrechnung durch betroffene Unternehmen kaum geltend gemacht wurde.20

a) Rückschlüsse aus dem Vergleich zu

anderen Regelungsformen?

Anders als in den Fallgruppen 1 und 2 schließt diese Regelungsform vom Wortlaut her eine Gewerbesteueranrechnung nicht explizit aus. Kann daraus schon geschlossen werden, dass eine gewerbesteuerliche Anrechnung im diesem Regelungsfall gelten muss? Ansonsten hätte es auch den expliziten Klammerzusatz im DBA-Schweiz nicht gebraucht, um eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer auszuschließen.21 Dagegen ist aber zum einen einzuwenden, dass der Klammerzusatz rein deklaratorische Bedeutung haben kann. Zum anderen ist zu beachten, dass man aus dem DBA-Australien (alt) auch den umgekehrten Schluss ziehen kann. Auch der Methodenartikel über die Steueranrechnung des DBA-Australien (Art. 22 Abs. 2b) hatte den Wortlaut „auf die deutsche Steuer vom Einkommen“. Der in 10 (e) des Protokolls zu Art. 22 DBA-Australien bis Ende 2016 geregelte Zusatzabzug bei einem Anrechnungsüberhang an australischer Steuer von den gewerbesteuerlichen Einnahmen wäre überflüssig bzw. nachteilig, wenn bei dieser Regelungsform von einer grundsätzlichen Anrechnung auch auf die Gewerbesteuer ausgegangen wird.22 Die Rückschlüsse aus der Formulierung anderer DBA auf die Formulierungsform der Fallgruppe 3 sind also aufgrund ihrer auch gegenteiligen Auslegemöglichkeit nicht aussagekräftig. Die Antwort auf die Anrechnungsfrage muss sich vielmehr aus den Regelungen der DBA der Fallgruppe 3 selbst ergeben.

b) Gewerbesteuer als Steuer vom Einkommen

Es gilt zunächst zu klären, ob die Gewerbesteuer eine Steuer vom Einkommen darstellt und somit vom Wortlaut der DBA erfasst ist. In Deutschland gehört die Gewerbesteuer aufgrund ihrer Historie zur Kategorie der sogenannten Realsteuern und Objektsteuern. Auf Grund dessen wird vertreten, Realsteuern seien in diesem Zusammenhang keine Steuern vom Einkommen.23 Es fehle zudem an der Vergleichbarkeit ausländischer Quellensteuer mit der deutschen Gewerbesteuer.24

Selbst wenn man nach deutschem Verständnis annehmen wollte, die Gewerbesteuer sei keine Steuer vom Einkommen, so ist dennoch zu beachten, dass nicht das nationale Verständnis auschlaggebend sein kann, sondern vielmehr die Definitionen der bilateralen Abkommen.25 Eine Definition der Steuer vom Einkommen findet sich zum Beispiel in Art. 2 Abs. 2 OECD-MA wie auch in Art. 2 Abs. 2 der Deutschen Verhandlungsgrundlage. Danach sind Steuern vom Einkommen alle Steuern, die vom Gesamteinkommen oder von Teilen des Einkommens erhoben werden. Art. 2 Abs. 3 der Deutschen Verhandlungsgrundlage führt die Gewerbesteuer ausdrücklich als Steuer auf, für die das Abkommen gilt. Tatsächlich ist die Gewerbesteuer in allen deutschen DBA entsprechend der Deutschen Verhandlungsgrundlage als unter das Abkommen fallende Steuer aufgeführt.26 Auch an der Gleichartigkeit der Steuern ist entgegen oben dargestellter Meinung nicht mehr zu zweifeln. Zwar stellt die Gewerbesteuer eine deutsche Besonderheit dar. Die Besonderheiten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage in Form von Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) ändern aber nichts an der Tatsache, dass es sich im Ergebnis bei der Gewerbesteuer um eine Besteuerung des wirtschaftlichen Ertrages eines Betriebes handelt.27 Es geht mithin um eine Anrechnung von Ertragsteuer auf Ertragsteuer, sodass sich zwei wechselseitig entsprechende Steuern gegenüber stehen.28 Ein zusätzliches Indiz dafür ist die Tatsache, dass ausländische Unternehmen, soweit bekannt, keine Probleme haben, deutsche Gewerbesteuer auf ihre heimische Ertragssteuer anzurechnen.29 Zusammenfassend sprechen also die besseren Argumente dafür, die Gewerbesteuer unter den Begriff der Steuer vom Einkommen zu fassen.

c) Gleichstellung der Freistellungs- und Anrechnungsmethode

Für die Ausdehnung der Anrechnungsmethode auf die Gewerbesteuer spricht darüber hinaus die Systematik, denn auch die Freistellungsmethode wirkt unstreitig bei der Gewerbesteuer.30. Dies gilt auch dann, wenn in den DBA keine ausdrückliche Regelung zur Freistellung für Gewerbesteuerzwecke enthalten ist. Denn die Freistellung führt dazu, dass die Bemessungsgrundlage (für Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerzwecke) verringert wird. Diese verringerte Bemessungsgrundlage wird gemäß § 7 Satz 1 GewStG für die Ermittlung des Gewerbeertrages genutzt. Eine Hinzurechnung der freigestellten Einkünfte erfolgt gemäß § 8 GewStG nicht. Insbesondere hat auch der BFH entschieden, dass Dividenden, die das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg nicht erfüllen, allerdings nach DBA freigestellt sind, nicht nach § 8 Nr. 5 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzurechnen sind.31 Nach dieser Rechtsprechung soll die Freistellung ausländischer Einkünfte nicht nur für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer wirken, sondern ausdrücklich auch für die Gewerbesteuer, unabhängig von den gewerbesteuerlichen Freistellungen nach nationalem Recht gemäß § 9 GewStG. Wenn die Freistellungsmethode als eine abkommensrechtliche Methode zur Vermeidung


20 Vgl. Wassermeyer, in: Wassermeyer (Fn. 12), Art. 23 A MA Rn. 104; Becker/Loose, IStR 2012, 59; Prinz/Otto, DB 2017, 1990.

21 Vgl. Wassermeyer, in Wassermeyer (Fn. 12), Art. 23 A MA Rn. 104. Kessler/Dietrich, IStR 2011, 954; Becker/Loose, IStR 2012, 60.

22 Grotherr, in: Gosch/Kroppen/Grotherr (Hrsg.), DBA Kommentar33, 2017, Art. 23 A/Art. 23 B Rn. 325; Eglmaier, IStR 2011, 955, 956; Becker/Loose, IStR 2012, 60 Fn. 34.

23 Eglmaier, IStR 2011, 958; IStR 2011, 951, 952.

24 Eglmaier, IStR 2011, 958; IStR 2011, 952.

25 Die Interpretationsklausel in Art. 3 Abs. 2 OECD MA bzw. Art. 3 Abs. 2 der Deutschen Verhandlungsgrundlage kommt nur bei nicht im Abkommen selbst definierten Begriffen zum Tragen, Dürrschmitdt, in: Vogel/Lehner (Fn. 8), Art. 3 Rn. 108.

26 Ismer, in: Vogel/Lehner (Fn. 8), Art. 23 A/ Art. 23 B 138.

27 Montag, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht23, 2018, § 12 Rn. 1.

28 Schmidt/Blöchle, in: Strunk/Kaminiski/Köhler (Hrsg.), Außensteuergesetz – Doppelbesteurungsabkommen49, 2017, Art. 23 A/B OECD MA, Rn. 195; Gosch, (Fn. 4), 22; M. Frotscher (Fn. 10), S. 115, 123;

Lichtblau, Anrechnung ausländischer Steuern im deutschen und internationalen Steuerrecht, 2015. S. 199.

29 Becker/Loose, IStR 2012, 61; Haarmann (Fn. 4), S. 123, 127.

30 Vgl. nur Wassermeyer, in: Wassermeyer (Fn. 12), Art. 23 A MA, Rn. 56

31 BFH, BStBl II 2011, 129, Rn. 11 ff. (juris).

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer51

der Doppelbesteuerung auch ohne ausdrückliche Nennung der Gewerbesteuer, faktisch aber auch für diese gilt, sollte gleiches bei der Anrechnungsmethode gelten.32 Denn die Anrechnungsmethode wird allgemein als gleichwertige Methode zur Verminderung der Doppelbesteuerung angesehen.33 Staaten können frei wählen, welche Methode sie vorrangig zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in den DBA anwenden.34 Diese Wahl darf aber nicht zu wesentlichen Unterschieden bei der Belastung der Steuerpflichtigen führen.35 Der systematische Vergleich zur Freistellungsmethode spricht daher für eine Erstreckung der Anrechnung auf die Gewerbesteuer.

d) Telos der DBA

Zuletzt lohnt der Blick auf Sinn und Zweck der Anrechnungsregeln in DBA. Dieser liegt darin, in- und ausländische Einkommensteile in gleicher Weise mit deutscher Steuer zu belasten, um eine Wettbewerbsneutralität im Hinblick auf inländische Unternehmen zu erreichen (sog. Kapitalexportneutralität).36 Nur wenn eine Anrechnung ausländischer Steuern auch auf die Gewerbesteuer vorgenommen werden kann, gelingt es, im Fall von Anrechnungsüberhängen, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden und die ausländische Geschäftstätigkeit gleich der inländischen zu behandeln. Zumal der deutsche Gesetzgeber ansonsten eine in den DBA vorgesehene Anrechnung vollständig unterlaufen könnte, indem er die Körperschaftsteuer weiter absenken oder sogar zugunsten der Gewerbesteuer aufheben würde.37 Somit spricht auch der Telos der Anrechnungsvorschriften der DBA für eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer.38

e) Einwände gegen die Anrechnung auf

Gewerbesteuer

Wortlaut, Systematik und Telos der Anrechnungsregelung der DBA der Fallgruppe 3 sprechen demnach für eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer. Den in der Literatur geäußerten Einwänden gegen eine Gewerbesteueranrechnung widmet sich die Arbeit nun im Folgenden.

aa) Beachtung der Vorschriften des

deutschen Steuerrechts

Gegen eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer wird angeführt, dass die deutschen DBA innerhalb des jeweiligen Methodenartikels regelmäßig die Formulierung „unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts“39 (entsprechend oben zitiertem Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 der deutschen Verhandlungsgrundlage) verwenden.40 Das Fehlen einer Anrechnungsvorschrift im deutschen Gewerbesteuerrecht zusammen mit der genannten Formulierung führe dazu, dass es nach diesen DBA keine Anrechnung auf die Gewerbesteuer gebe.41 Diese Interpretation verkennt aber die Bedeutung der Formulierung und würde im Ergebnis dem deutschen Gesetzgeber die Anrechnung insgesamt freistellen.42 Neben der Tatsache, dass eine solche Handhabung wohl kaum von beiden Parteien des DBA gewollt sein kann, ist die besagte Formulierung auf der Wortlautebene nicht gleichbedeutend mit „unter der Voraussetzung, dass eine bestimmte Anrechnungsvorschrift besteht“.43 Vielmehr ist die Formulierung als ein Rechtsfolgenverweis auf die nationalen Anrechnungsmodalitäten zu verstehen.44 Der deutsche Gesetzgeber ist somit in der Ausgestaltung des Anrechnungsverfahrens frei (also beim „Wie“ der Anrechnung). Das „Ob“ der Anrechnung findet sich dagegen in den DBA selbst und steht nach dem Sinn und Zweck der DBA nicht zur Disposition des jeweiligen Ansässigkeitsstaates.45 Nichts Anderes sagt auch die Regierungsbegründung zu § 34c EStG, welche ausführt, dass im Fall einer auf Basis eines Abkommens zu gewährenden Anrechnung (nur) „für die Anrechnungsmodalitäten“ die Regelungen des innerstaatlichen Rechts entsprechend gelten.46 Der Einwand, die Anrechnung auf die Gewebesteuer auf Grundlage der Formulierung „unter Beachtung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts“ zu versagen, überzeugt daher nicht.

bb) Territorialitätsprinzip

Bei der Nichtanrechnung auf die Gewerbesteuer könnte es sich um einen Ausfluss des – der Gewerbesteuer traditionell – inhärenten Territorialitätsprinzips handeln.47 Denn grundsätzlich hebt das Territorialitätsprinzip, bei konsequenter Durchführung, die Notwendigkeit für eine Anrechnung ausländischer Steuern auf.48

Zunächst kennen aber DBA das Argument eines „Territorialitätsprinzips“ nicht.49 Darüber hinaus ist inzwischen innerhalb der Gewerbesteuer kein durchgängiges System des Territorialitätsprinzips mehr erkennbar.50 Es werden vielfach ausländische Einkünfte gewerbesteuerlich erfasst. Dies resultiert in einer asymmetrischen Belastung, da das symmetrische Gegenstück der Anrechnung fehlt.51 Das Territorialitätsprinzip – oder vielmehr der Systembruch des Territorialitätsprinzips – stellt gerade einen weiteren Grund (und kein Gegenargument) dar, eine Anrechnung ausländischer Steuern bei gewerbesteuerlich erfassten, ausländischen Einkünften zu schaffen.52


32 Vgl. Schmidt/Boller, PIStB 2008, 270; Becker/Loose, IStR 2012, 60;

M. Frotscher (Fn. 10), S. 115, 120.

33 EuGH, Rs. C-298/05 – Columbus Container, Slg 2007, I-10451.

34 Vgl. Ismer, in: Vogel/Lehner (Fn. 8), Art. 23 Rn. 5.

35 Vgl. M. Frotscher (Fn. 10), S. 115, 121.

36 Vgl. Schaumburg (Fn. 4), Rn 17.29.

37 Becker/Loose, IStR 2012, 60.

38 So auch Becker/Loose, IStR 2012, 60; Prinz/Otto, DB 2017, 1991.

39 Vgl. beispielsartig Art. 23 Abs. 1 b DBA-Großbritannien.

40 Eglmaier, IStR 2011, 951 ff.; IStR 2011, 955 ff.

41 FG Niedersachsen Urteil, EFG 2015, 2200, Rn. 149 (juris); Lüdicke, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Außensteuerrecht Kommentar77, 2018, § 34c Rn 172; Eglmaier, IStR 2011, 957; wohl auch: Heurung/Seidel, IWB 2009, 697, 690 f.

42 Schönfeld/Hack, in: Schönfeld/Ditz (Hrsg.), DBA Kommentar1, 2013, Art. 23 A Rn. 111; Haarmann (Fn. 4), S. 123, 127.

43 Weitemeyer/Wiese/Schumacher, IStR 2016, 629, 697.

44 Vgl. BFH, BStBl. II 1996, 261; BStBl. II 1995, 580; Schönfeld/Hack, in: Schönfeld/Ditz (Fn. 42), Art. 23 A Rn. 111.

45 Schönfeld/Hack, in: Schönfeld/Ditz (Fn. 42), Art. 23 A Rn. 111.

46 Regierungsbegründung zu § 34c, BR-Drs. 511/79.

47 Schnitger, IStR 2013, 626, 628.

48 Prokisch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG Kommentar292, 2018, § 34c Rn. A 2.

49 Vgl. Haarman (Fn. 4), S. 123, 127.

50 Roser, in: FS-Gosch 2016, S. 351, 361.

51 Vgl. Roser (Fn. 50), S. 351, 361; Prinz/Otto, DB 2017, 1993.

52 Vgl. Roser (Fn. 50), S. 351, 361; Haarman, (Fn. 4), S. 123, 127; Prinz/Otto, DB 2017, 1991.

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer52

cc) Treaty Override

Womöglich könnte aber ein Treaty Override im nationalen Recht bestehen, der eine nach DBA grundsätzlich ermöglichte Anrechnung auf die Gewerbesteuer ausschließt.53 Ein Treaty Override liegt dann vor, wenn der nationale Gesetzgeber mit Wissen und Wollen eine Bestimmung erlässt, die in klarem Widerspruch zu den eingegangenen Verpflichtungen im DBA steht.54 Hinsichtlich der Anrechnung ausländischer Steuer könnte ein Treaty Override darin liegen, dass der Gesetzgeber sich dazu entschieden hat, keine explizite Anrechnungsvorschrift in das Gewerbesteuergesetz aufzunehmen. Dem wird wiederum in der Literatur entgegnet, dass es für einen Treaty Override eines expliziten Niederschlags im Gesetz bedarf (sog. Melford-Klausel: „ungeachtet der Vorschriften eines DBA“) wie beispielweise in § 50d Abs. 10 EStG.55 Hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Anrechnung könne somit die bloße Nichtregelung keinen Treaty Override darstellen, weil es an einem expliziten Niederschlag im Gesetz fehle.56 Inzwischen qualifizierte der BFH aber auch ein „verdecktes“ Treaty Overriding aufgrund seines Inhalt und seiner Wirkungsweise als ein solches.57

Die Wirkungsweise der fehlenden Anrechnung im nationalen Recht widerspricht der Anrechnungsvereinbarung, wenn man bei der Fallgruppe 3 von einer Anrechnungsmöglichkeit auch auf die Gewerbesteuer ausgeht. Fraglich ist aber, ob der Gesetzgeber diese Wirkungsweise wissentlich und willentlich entgegen der Vorschrift in den DBA der Fallgruppe 3 geregelt hat. Das Problem der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit hat seit 2008, als der Körperschaftsteuersatz gesenkt wurde, systematisch an Bedeutung gewonnen58 und ist wegen zunehmender Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen praktisch immer stärker hervorgetreten. Erst dann hat sich das Schrifttum in größerem Umfang mit der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit auseinandergesetzt. Zwar mag der Gesetzgeber nun – vermutlich fiskalisch und politisch motiviert – die Augen vor der Notwendigkeit einer solchen Regelung verschließen. Dass er sich aktiv gegen die Regelung in den DBA der Fallgruppe 3 in Form eines Treaty Overrides wenden will, wird aber nicht deutlich genug. Besonders wird dies belegt, wenn der Gesetzgeber, wie oben aufgezeigt, an anderen Stellen bei der Steuergesetzgebung die Melford-Klausel benutzt. Im hier gewonnen Ergebnis gelten also weiterhin vorrangig die Vorschriften der DBA der Fallgruppe 3, die eine Gewerbesteueranrechnung zulassen.

dd) Fehlender Anrechnungsmechanismus

Eine weiteres, von einigen Stimmen59 für die Nichtanrechnung vorgebrachtes Argument basiert auf der „normativen Kraft des Faktischen“. Da im deutschen Steuersystem kein Anrechnungsmechanismus auf die Gewerbesteuer geregelt ist, könne dieser auch nicht durch DBA eingeführt werden. DBA regelten, was anerkannt sei, nicht das „Wie“, sondern nur das „Ob“ der Anrechnung. Eine Anrechnung bedürfe eines Mechanismus. Wenn ein solcher nicht im nationalen Recht geregelt sei, könne eine Anrechnung auch nicht erfolgen, so diese Meinung.

Das Fehlen einer Anrechnungsmechanik führt aber nicht zu einem gesetzeslosen Zustand. Bestehende Lücken sind vielmehr durch entsprechende Anwendung anderer Vorschriften, ggf. ergänzt durch allgemeine Rechtsgrundsätze, zu schließen.60 Dem deutschen Steuersystem ist eine Anrechnungsmechanik hinsichtlich ausländischer Steuer bekannt, nämlich in § 34c EStG und in § 26 KStG. Die dort geregelte Mechanik kommt auch als Mechanik im Gewerbesteuerrecht in Form einer analogen Anwendung in Betracht.61 Selbst wenn sich keine analog anwendbare Vorschrift finden würde, so müsste dem Anwendungsvorrang der DBA zum Durchbruch verholfen werden, indem durch Auslegung des DBA eine passende Mechanik für die Durchsetzung des materiellen Rechts entwickelt wird.62 Ein tragfähiges Argument gegen das Bestehen eines Anrechnungsrecht kann die fehlende Mechanik also nicht darstellen.

ee) Nur einmalige Anrechnung

Zuletzt soll auf eine Kritik von Wassermeyer63 eingegangen werden. Diese basiert darauf, dass dem Wortlaut der DBA der Fallgruppe 3 nach nur eine Anrechnung auf die Steuer vom Einkommen vorgesehen ist. Die Anrechnung auf die Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer und die Gewerbesteuer würde eine zweimalige Anrechnung bedeuten, die in diesen DBA nicht vorgesehen sei. Da die Anrechnung auf die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer im vorangingen Interesse des Steuerpflichtigen liegt, komme es auf eine gewerbesteuerliche Anrechnung nicht mehr an.

Diesem Argument begegnen zweierlei Bedenken. Zum einen ist es seit der Unternehmensteuerreform 2008 stark anzweifelbar, ob die Anrechnung auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer tatsächlich das vorrangige Anliegen des Steuerpflichtigen ist.64 Bei Hebesätzen von über 450 % stellt die Gewerbesteuer mehr als die Hälfte der Steuerbelastung dar. Zum anderen geht es bei der gewerbesteuerlichen Anrechnungsmöglichkeit nicht darum, die selbe Steuer zweimal anzurechnen. Vielmehr soll eine Berücksichtigung möglicher Anrechnungsüberhänge durch eine Anrechnung bei der Gewerbesteuer ermöglicht werden. Die Steuer wird also – jedenfalls wirtschaftlich betrachtet – nur ein einziges Mal, dafür aber vollständig, angerechnet. Ansonsten könnte der jeweilige Vertragsstaat seine Steuer vom Einkommen auf verschiedene Steuerarten aufteilen und die nach DBA vereinbarte Anrechnung unterlaufen, was Sinn und Zweck


53 Zur Verfassungsmäßigkeit der Treaty Overrides vgl:

BVerfG, 2 BVL 1/12.

54 OECD Committee on Fiscal Affairs, Report on Tax Treaty Overrides,

Tax Notes International (TNI) 1990, 25.

55 Vgl. Boller/Eilinghoff/Schmidt, IStR 2009, 109, 111;

a.A. G. Frotscher, IStR 2009, 593, 597.

56 Vgl. Becker/Loose, IStR 2012, 61; Blumenberg, in: StBJB 2012/13, 479.

57 Vgl. BFH, BStBl. II 2014, 791 Rn. 38 (juris).

58 Becker/Loose, IStR 2012, 58; Haarmann (Fn. 4), S. 123, 128;

Prinz/Otto, DB 2017, 1998.

59 Vgl. Grotherr, in: Gosch/Kroppen/Grotherr (Fn. 22), Art. 23 A / 23 B Rn. 325; Heurung/Seidel, IWB 2009, 690 ff.; Schnitger, IStR 2013, 628.

60 Vgl. Ismer, in: Vogel/Lehner (Fn. 8), Art. 23 A / 23 B, Rn. 138.

61 Vgl. Schönfeld/Hack, in: Schönfeld/Ditz (Fn. 42), Art. 23 A Rn. 111; Haarmann (Fn. 4), S. 123, 129.

62 Becker/Loose, IStR 2012, 62; M. Frotscher (Fn. 10), S. 115, 123;

Haarmann (Fn. 4), S. 123, 129.

63 Vgl. Wassermeyer, in: Wassermeyer (Fn. 12), Art. 23 A MA Rn. 104.

64 Vgl. Herzig, in: DB 2007, 1541, 1541 ff.;

Kessler/Dietrich, IStR 2011, 110.

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer53

der Abkommen konterkarieren würde.65 Der Einwand der nur einmaligen Anrechnung überzeugt also nicht.

f) Zwischenergebnis

Wortlaut, Systematik und Telos der DBA-Regelung der Fallgruppe 3 sprechen deutlich für eine Gewerbesteueranrechnung. Überzeugende Einwände dagegen bestehen nicht. Es ergibt sich somit eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer nach solchen DBA, die eine Anrechnung auf die deutsche Steuer bzw. Steuer vom Einkommen vorsehen.

II. Unionsrecht

Für die nicht von einem solchen DBA erfassten Fälle ist anzumerken, dass nach dem gegenwertigen Stand der EuGH-Rechtsprechung keine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht.66 Eine daraus abgeleitete Anrechnungsverpflichtung ausländischer Quellensteuer von EU-Mitgliedsstaaten auf die Gewerbesteuer gibt es also nicht.67

III. Analoge Anwendung des § 34c EStG aufgrund Regelungslücke

Eine analoge Anwendung des § 34c EStG aufgrund einer planwidrigen Regelungslücke für solche Fälle, bei welchen entweder das DBA mit Deutschland die Gewerbesteueranrechnung ausschließt oder bei welchen gar kein DBA mit Deutschland besteht,68 ist nach hier vertretener Meinung abzulehnen. Denn aufgrund des aus historischer Sicht äquivalenzgestützten, objektorientierten Gewerbesteuerrechts wird man bei der vorzufindenden Nichtregelung von einem bewussten Regelungsverzicht ausgehen müssen.69 Zumindest weisen die mehr als 30 DBA, die eine Gewerbesteueranrechnung explizit ausschließen, darauf hin, dass der Gesetzgeber keine Anrechnung ausländischer Steuer bei der Gewerbesteuer wollte.

IV. Verfassungskonforme Auslegung des § 34c EStG

In der Literatur wird für die nicht von einem DBA der Fallgruppe 3 erfassten Fälle die Verfassungswidrigkeit der Nichtanrechnung behauptet und daraus die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 34c EStG hergeleitet.70

In der Tat deutet vieles auf einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und des Folgerichtigkeitsprinzips (beide in Art. 3 Abs.1 GG verfassungsrechtlich verankert) durch die Nichtanrechnung hin. Die Steuerzahlung im Ausland stellt eine Aufwendung dar, die vom Steuerpflichtigen nicht beeinflusst werden kann. Sie ist grundsätzlich nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip durch Anrechnung zu berücksichtigen.71 Ausländische Einkünfte können sowohl einer ausländischen Quellensteuer wie auch der deutschen Gewerbesteuer unterliegen. Die notwendige Konsequenz, um dem Folgerichtigkeitsprinzip Rechnung zu tragen, müsste daher eine Anrechnung der ausländischen Steuer auch auf die Gewerbesteuer sein. Die Prinzipen der Folgerichtigkeit und der Leistungsfähigkeit gelten freilich nicht immer uneingeschränkt. Rechtfertigungsgründe wie das fiskalische Aufkommen und ein möglicherweise hoher verwaltungstechnischer Aufwand dürfen aber keine tragende Rolle spielen.72 Eine Rechtfertigung der Nichtanrechnung könnte darin bestehen, dass die Gewerbesteuer den Gemeinden als Gegenleistung für deren Leistungen zusteht. Man könnte also argumentieren, dass die gemeindlichen Leistungen den gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen zu Gute kommen unabhängig davon, ob diese auch im Ausland tätig sind. Dieser, an die ursprüngliche Konzeption der Gewerbesteuer angelehnte, Begründungsansatz findet aber wenig Bezug zur Realität. Um das Beispiel des gewerbetreibenden Fußballschiedsrichters aufzugreifen, fällt es schwer nachzuvollziehen, welche Leistungen der Schiedsrichter für seine Tätigkeit von seiner Gemeinde bezieht, die es rechtfertigen würden, die Gewerbesteuer unabhängig davon zu erheben, ob er seine Tätigkeit im In- oder Ausland ausübt. Auch wenn dieses Argument gleichzeitig die Rechtfertigung der Gewerbesteuer generell in Frage stellt und dies ein weiterer der vielen Problembereiche der Gewerbesteuer ist, so erscheint es zumindest nicht tragfähig, eine Verwehrung des Abzugs der Aufwendungen im Ausland zu rechtfertigen. Anzumerken ist, dass die Auswirkungen der Nichtanrechnung beim Einkommensteuerpflichtigen bis auf Sonderfälle aufgrund von § 35 EStG nicht vorhanden bzw. nur gering sind. Weitere Rechtfertigungsgründe als die dargestellten sind allerdings nicht ersichtlich, sodass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zumindest bei Körperschaftspflichtigen angenommen werden kann.73

Nach hier vertretener Auffassung kann dieser Verstoß jedoch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 34c EStG geheilt werden. Die verfassungskonforme Auslegung ist ein Sonderfall.74 Ihr Anwendungsbereich ist aufgrund uneinheitlicher Rechtsprechung des BVerfG unklar.75 Fest steht aber, dass die verfassungskonforme Auslegung nicht zu einem Widerspruch mit dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift führen und der gesetzgeberische Wille nicht in sein Gegenteil verkehrt werden darf.76 Wie schon bei der diskutierten anlogen Anwendung des § 34c EStG deutlich geworden ist, spricht der gesetzgeberische Wille in den nicht von einem DBA der Fallgruppe 3 erfassten Fällen eindeutig gegen eine Gewerbesteueranrechnung, sodass die Grenze des Anwendungsbereichs der verfassungs-


65 Vgl. Ismer, in: Vogel/Lehner (Fn. 8), Art. 23 A / 23 B Rn. 138;

Haarmann (Fn. 4), S. 123, 129.

66 Vgl. EuGH, C-513/04 – Kerckhaert Morres, IStR 2007, 66.

67 Becker/Loose, IStR 2012, 58; Haarmann (Fn. 4), S. 123, 130;

Prinz/Otto, DB 2017, 1989.

68 Kein DBA besteht zum Beispiel im Verhältnis Deutschland mit Honkong oder Monaco.

69 So auch: Haarmann (Fn. 4), S. 123, 132; Prinz/Otto, DB 2017, 1989.

70 Vgl. insbesondere Haarmann (Fn. 4), S. 123, 130 ff.

71 Prokisch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Fn.48), § 34c Rn. A 28.

72 Prokisch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Fn.48),

§ 34c Rn. A 28 und A 159.

73 So Haarmann (Fn. 4), S. 123, 132.

74 Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar8, 2018,

Einführung Rn. 52.

75 Sachs, in: Sachs (Fn. 74), Einführung Rn. 54.

76 Vgl. nur BVerfGE 8, 28 Rn. 21 (juris);

Sachs, in: Sachs (Fn. 74), Einführung Rn. 54 m.w.N.

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer54

konformen Auslegung mit Blick auf die Gewaltenteilung überschritten ist. Somit lässt sich eine Verpflichtung des deutschen Fiskus zur Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung nach § 34c EStG ableiten. Ungeachtet dessen bleibt die Nichtanrechnung „systemwidrig“77 und stellt sich verfassungsrechtlich bedenklich dar,78 da sie im Ergebnis zur partiellen Doppelbesteuerung besonders bei Körperschaftsteuerpflichtigen führt.

V. Zwischenergebnis

De lege lata besteht eine Verpflichtung des deutschen Fiskus zur Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer (nur) hinsichtlich grenzüberschreitender Schachverhalte, die von einem DBA mit einer Anrechnungsregelung über die deutsche Steuer bzw. Steuer vom Einkommen erfasst werden.

E. Durchführung der Anrechnung

In den einschlägigen Methodenartikeln gibt es keine Details über einen entsprechenden Anrechnungsmechanismus, sodass die Durchführung der Anrechnung auf die Gewerbesteuer unklar ist. Folgende Aspekte sind aufgrund der Besonderheiten der Gewerbesteuer zu beachten.

I. Anrechnungsreihenfolge

Zunächst ist zu klären, in welchem Verhältnis die Gewerbesteuer zur Anrechnung auf die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer steht. Telos der Anrechnungsregeln ist es eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, aber keine niedrigere Besteuerung als im Inlandsfall herzustellen. Jedenfalls eine zweimalige Anrechnung der ausländischen Steuer in voller Höhe, sowohl auf die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer und auf die Gewerbesteuer ist somit auszuschließen.79 Darüber hinaus stehen sich drei Möglichkeiten über die Ausgestaltung des Anrechnungsverhältnisses zwischen den Steuerarten gegenüber. Zum einen ist eine Rangfolge möglich, nach welcher zuerst vollständig auf die eine Steuerart und lediglich nachrangig im Falle von Überhängen auf die andere Steuerart anzurechnen ist. Dabei wird nach wohl überwiegender Ansicht in der Literatur vorrangig auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und nachrangig auf die Gewerbesteuer anzurechnen sein.80 Neben einer Rangfolge erscheint auch eine anteilige Anrechnung auf die einzelnen Steuerarten möglich.81 Zuletzt könnte dem Steuerpflichtigen bezüglich der Reihenfolge ein Wahlrecht einzuräumen sein.82 Für letztere Möglichkeit spricht die Zwecksetzung der Anrechnungsregeln und die fehlende gesetzliche Reihenfolge.83 Gegen ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen spricht allerdings, dass dieser damit die Steuereinnahmen zugunsten oder zulasten der Gemeinden verschieben könnte, in denen die betroffenen Gewerbebetriebe ansässig sind. Dies könnte in erheblichem Maße in die Finanzierungsfreiheit der Gemeinden eingreifen.84 Eine proportional anteilige Anrechnung erscheint verwaltungsintensiv und schwer zu entwickeln, obwohl die fehlende gesetzliche Reihenfolgenregelung wohl am ehesten für eine solche „Gleichbehandlung“ beider Steuerarten spricht. Der Gesetzgeber hat die Anrechnung auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ausdrücklich geregelt. Daher sollte zuerst auf die nationale Anrechnungsregelung zurückgegriffen und erst subsidiär sollten die Anrechnungsüberhänge auf die Gewerbesteuer angerechnet werden. Damit würde der Haushalt der Gemeinden geschont und eine aufwändige, proportionale anteilige Anrechnung verzichtbar. Dies würde auch in der Praxis für den Steuerpflichtigen den günstigsten Weg darstellen,85 da so (nur) der Anrechnungsüberhang strittig ist. Wegen diesem wird der Steuerpflichtige aufgrund der in der Praxis allgemein geübten Nichtanrechnung den Rechtsweg bestreiten müssen.

II. Zerlegungsfälle

Verfügt das betroffene Unternehmen über mehr als eine Betriebsstätte in verschiedenen Gemeinden, so stellt sich die Frage, wie die anrechenbaren Steuern auf die einzelnen Gemeinden aufzuteilen sind. Denkbar wäre, im Einklang mit dem Verursacherprinzip, die Anrechnung auf die Gewerbesteuer nur in den Gemeinden vorzunehmen, deren Betriebsstätten ausländische Einkünfte erzielen.86 Teilweise wird auch vorgeschlagen, dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht über die Anrechnungsaufteilung auf die Gemeinden einzuräumen.87 Die Verwaltungsintensivität dieser Varianten wäre aber beachtlich.88 Es ist daher auch in Zerlegungsfällen von der effektiven Gewerbesteuerbelastung des Unternehmens des Steuerpflichtigen auszugehen, sodass im Endeffekt eine gleichmäßige Aufteilung auf alle Gemeinden, in denen das Unternehmen eine Betriebstätte unterhält, stattfindet. Wie die effektive Gewerbesteuerbelastung zu ermitteln ist, wird im nächsten Gliederungspunkt dargelegt.

III. Zuständigkeit für die Anrechnung

Die Gewerbesteuer wird in einem zweistufigen Verfahren festgesetzt und erhoben. Die Finanzämter ermitteln als Besteuerungsgrundlage den Gewerbesteuermessbetrag, auf dessen Grundlage die Gemeinde nach Anwendung ihres Hebesatzes den Steuerbetrag festsetzt. Logischerweise müsste die Anrechnung ausländischer Steuer auf den Steuerbetrag erfolgen, d.h. bei der Gemeinde. Problematisch hierbei ist, dass die Kommunen kaum in Lage sind, eine derartige Anrechnung zu administrieren.89 Auch die festgeschriebene Aufgabenverteilung bei der Erhebung der Gewerbesteuer lässt eine Durchführung bei den Gemeinden nicht zu.


77 Vgl. Prinz/Otto, DB 2017, 1989 u. 1993.

78 Sollte ein Verstoß aufgrund der Nichtanrechnung gegen Art. 3 Abs. 1 GG (vertretbar) bejaht werden, könnten die Vorschriften über die Besteuerung ausländischer Einkünfte im Gewerbesteuergesetz keinen Bestand haben. Vgl. dazu ausführlich Haarmann (Fn. 4), S. 123, 133.

79 Vgl. Becker/Loose 2012, 63; Kahle/Willner, Ubg 2017, 32.

80 Vgl. Ismer, in: Vogel/Lehner (Fn. 8), Art. 23A/23B Rn. 138;

Schmidt/Blöchle, in: Strunk/Kaminiski/Köhler (Fn. 28), Art. 23 A/B OECD MA, Rn. 197, 199; Schönfeld/Hack, in: Schönfeld/Ditz (Fn. 42), Art. 23 A/B Rn 111.

81 Vgl. M. Frotscher (Fn. 10), S. 115, 128.

82 Vgl. Becker/Loose, IStR 2012, 63; Haarmann (Fn. 4), S. 123, 134.

83 So auch: Prinz/Otto, DB 2017, 1991.

84 Vgl. M. Frotscher (Fn. 10), S. 115, 128.

85 Kahle/Willner, in: Ubg 2017, 32; Prinz/Otto, DB 2017, 1991.

86 Vgl. M. Frotscher (Fn. 10), 115, 127.

87 Vgl. Becker/Loose, IStR 2012, 63.

88 Kahle/Willner, in: Ubg 2017, 32.

89 Haarmann (Fn. 4), S. 123, 134; wohl auch: Becker/Loose, IStR 2012, 63.

Spek, Anrechnung ausländischer Steuern auf die Gewerbesteuer55

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist deswegen eine Anrechnung bei der Gemeinde nicht möglich; die Zuständigkeit liegt beim Finanzamt.90 Die Anrechnung ausländischer Steuern ist also bei der Festlegung des Steuermessbetrages vorzunehmen. Da eine direkte Anrechnung auf den Steuermessbetrag nicht möglich ist, ist ein Kürzungsbetrag im Wege einer Rückrechnung zu ermitteln. Um nicht jede Gemeinde mit ihrem autonomen Hebesatz einschalten zu müssen, bietet es sich an, als Basis für die Rückrechnung die effektive Gewerbesteuerbelastung des Unternehmens zu errechnen.91 Dabei wird mit dem gewichteten, durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz der Gemeinden begonnen, in denen der Steuerpflichtige gewerbesteuerpflichtig ist. Anschließend multipliziert man diesen durchschnittlichen Hebesatz mit der Steuermesszahl und erhält so den effektiven Gewerbesteuersatz. Die anzurechnende ausländische Quellensteuer ist dann mit dem effektiven Gewerbesteuersatz zu dividieren, um den finalen Kürzungsbetrag zu erhalten. Subtrahiert man diesen vom Steuermessbetrag, erfolgt eine indirekte Steueranrechnung der ausländischen Steuer auf die Gewerbesteuer.92

IV. Anrechnungsgrenzen

Weiterhin sind die im Bereich der Einkommens- bzw. Körperschafsteuer nach §§ 34c EStG, 26 KStG geltenden Anrechnungsgrenzen zu beachten, damit diese nicht unterlaufen werden.93 So ist die per-country-limitation nach § 68 EStDV i.V.m. § 34c EStG bei der Anrechnung auf die Gewerbesteuer entsprechend zu berücksichtigen.94 Der Anrechnungshöchstbetrag ergibt sich sinngemäß für die Gewerbesteuer, indem der effektive Gewerbesteuersatz des Steuerpflichtigen mit den Einkünften aus dem jeweiligen Land multipliziert wird.95

F. Exkurs: Steuerpolitische Fragen

Losgelöst von der Frage, ob schon jetzt ein Recht auf Anrechnung auf die Gewerbesteuer besteht, gibt es steuerpolitische Aspekte zu bedenken, die zu einer nationalen gesetzlichen Regelung über die Gewerbesteueranrechnung drängen. Mit Blick auf derzeitige internationale Herausforderungen (z.B. der Brexit) wird der steuerpolitische Aspekt der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland an Bedeutung gewinnen. Bereits 2008 wurde mit der Unternehmensteuerreform das Ziel der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeiten deutscher Kapitalgesellschaften verfolgt. Dieses Ziel wird nicht erreicht, wenn man einerseits den Steuerpflichtigen um inländisches Anrechnungspotential „beraubt“, andererseits aber keine Anrechnung auf die Gewerbesteuer ermöglicht. Die daraus resultierende Doppelbesteuerung schwächt die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Schon oft wurde im internationalen Kontext die Gewerbesteuerbelastung als „Stolperstein“ und Grund für eine fehlende Attraktivität Deutschlands als Holdingstandort im internationalen Kontext identifiziert.96

G. Ergebnis

Die Steueranrechnung im deutschen Steuersystem erstreckt sich nicht auf die Gewerbesteuer und wird praktisch auch nicht unternommen. Der deutsche Fiskus muss aber de lege lata die Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer dann vornehmen, wenn die ausländischen Einkünfte aus einem Land stammen, mit dem Deutschland bilateral eine Anrechnung auf die Steuer vom Einkommen verabredet hat.

Die gemeindliche Hebesatz- und Zerlegungsthematik verursacht dabei unter Umständen einen nennenswerten Verfahrensaufwand. Insgesamt erscheint aber die Durchführung realisierbar. Um die Anrechnungsmechanik rechtsicher zu klären, bleibt eine gesetzliche Regelung notwendig.

Eine eigenständige und praktikable Anrechnungsregelung im Gewerbesteuergesetz ist auch – folgend aus der gewerbesteuerlichen Erfassung ausländischer Tatbestände – aus systematischen Gründen erforderlich und für steuerpolitische Zwecke wie der Stärkung Deutschlands als Wirtschaftsstandort wichtig. Zu hoffen bleibt daher, dass der Gesetzgeber nicht weiterhin an Althergebrachtem festhält nach dem Grundsatz quieta non movere, sondern den in der Literatur schon vielfach geäußerten Appellen für eine Gewerbesteueranrechnung ausländischer Steuern Beachtung schenkt.


90 BVerwG, HFR 2014, 1117, Rn. 6 (juris).

91 Vgl. Haarmann (Fn. 4), S. 123, 135; Prinz/Otto, DB 2017, 1991;

Kahle/Willner, Ubg 2017, 32.

92 Haarmann (Fn. 4), S. 123, 135.

93 So auch: Haarmann (Fn. 4), S. 123, 135; Prinz/Otto, DB 2017, 1992.

94 Zur Unionsrecht- und Verfassungsrechtmäßigkeit der

per-country-limitation vgl. BFH, BStBl. II 2015, 361.

95 Haarmann (Fn. 4), S. 123, 135; Prinz/Otto, DB 2017, 1992.

96 Vgl. Lichtblau, 200; Haas, IStR 2011, 353, 354;

Schnitger, IStR 2012, 628 f.