Die Beteiligung des Bundestags bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge

von Dr. Frithjof Ehm, MLE

A. Einleitung

Im Verfahren wegen der vorzeitigen Auflösung des 15. Deutschen Bundestags1 hat der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio die Frage in den Mittelpunkt gestellt, ob wir in einer Kanzler- oder Parlamentsdemokratie leben.2 Diese Frage lässt sich auch in Bezug auf andere Sachverhalte stellen. So z.B. in Hinblick auf die Kündigung völkerrechtlicher Verträge. Diesbezüglich ist zu fragen, ob die seit Bestehen der Bundesrepublik angewandte Praxis, völkerrechtliche Verträge ohne Beteiligung des Bundestags zu kündigen, tatsächlich (noch) den Vorgaben des GG entspricht. Insofern könnte die von Udo Di Fabio gestellte Frage – etwas abstrakter und deutlich zugespitzter formuliert – auch lauten, ob wir in einer Exekutiv- oder einer Legislativdemokratie leben.

Nach Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG bedürfen „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, […] der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes“. Erst danach darf der Vertrag durch den Bundespräsidenten ratifiziert und damit die völkerrechtliche Verbindlichkeit herbeigeführt werden.

Die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrages ist eine einseitig empfangsbedürftige Erklärung einer Vertragspartei mit dem Ziel, die Geltung des Vertrages zu beenden.3 Sie

wird nach der Rechtsprechung des BVerfG und der überwiegenden Literatur nicht von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG erfasst.4 Die Regierung könne völkerrechtliche Verträge also selbständig kündigen. Dieser Ansicht folgend beansprucht die Bundesregierung in der Staatspraxis allein für sich selbst die Kompetenz zur Vertragskündigung.

Die politische Bedeutung der bisher gekündigten Verträge ist


* Der Autor ist Rechtsreferendar im OLG-Bezirk Celle. Der folgende Beitrag war die Grundlage für die mündliche Promotionsprüfung des Autors am 30. November 2011 an der Bucerius Law School Hamburg. Die von Professor Dr. Doris König betreute Doktorarbeit („Das völkerrechtliche Demokratiegebot – Eine Untersuchung zur schwindenden Wertneutralität des Völkerrechts gegenüber den staatlichen Binnenstrukturen“) erscheint demnächst bei Mohr Siebeck in der Schriftenreihe Jus Internationale et Europaeum (JusIntEu).

1 BVerfGE 114, 121, 121 ff.

2 Vgl. Leggewie, BdIP 10/2005, 1207, 1207 ff.

3 Vgl. nur Doehring, Völkerrecht, 2004, S. 158 ff.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 1984, S. 511 ff.

4 BVerfGE 68, 1, 83 ff.; 90, 286, 358. Zur Literatur vgl. nur Bayer, Die Aufhebung völkerrechtlicher Verträge im deutschen parlamentarischen Regierungssystem, 1969, S. 215 f.; Partsch, VVDStRL 16 (1958), 74 (98); Fastenrath, Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt, 1986, S. 238 f.; Butzer/Haas, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Kommentar zum GG, 2011, Art. 59, Rn. 80; Streinz, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum GG, 2011, Art. 59, Rn. 46; Schmahl, in: Sodan (Hrsg.), Kommentar zum GG, 2011, Art. 59, Rn. 13; Rojahn, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Kommentar zum GG, Bd. II, 2001, Art. 59, Rn. 47.

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insgesamt eher überschaubar.5 Unter ihnen sind allerdings auch solche, wie etwa das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit der Türkei,6 bei deren Kündigung es immerhin einige Irritationen gab. Insbesondere einige international engagierte Unternehmen sahen darin einen erheblichen Rückschlag für ihre Planungssicherheit.7 Unabhängig davon kann nie ausgeschlossen werden, dass eines Tages nicht doch ein hochpolitischer Vertrag gekündigt wird oder einer, der in großem Maße gesetzesinhaltlicher Natur ist.

Dieser Beitrag hinterfragt die h.M. und Praxis kritisch und versucht, Inkonsequenzen in deren Argumentation aufzuzeigen. Die völkerrechtliche Abgabe der Kündigungserklärung ist zweifelsfrei alleinige Aufgabe des Bundespräsidenten, bzw. der von ihm ermächtigten Bundesregierung. Streitig ist also nur, welches innerstaatliche Verfahren einer Kündigung vorauszugehen hat. Dabei soll zunächst die h.M. dargestellt (B.), sodann ein Gegenvorschlag für ein anderes Verständnis von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG erarbeitet werden (C.), bevor schließlich eine Betrachtung de constitutione ferenda erfolgt (D.).

B. Das herrschende Verständnis von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG

Die h.M. beruft sich insbesondere auf die Rechtsprechung des BVerfG im sog. Raketenstationierungsurteil vom 18. Dezember 1984.8 Im Zentrum dieses Urteils steht zwar nicht die Beteiligung des Bundestags bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge. Das Gericht hat jedoch in diesem Rechtsspruch eine umfassende Auslegung von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG vorgenommen. Dabei hat es in einem obiter dictum zum Ausdruck gebracht, dass es für einseitige völkerrechtliche Akte – wie der Vertragskündigung – eine Beteiligung des Bundestags nicht für erforderlich erachtet. Eine Leitentscheidung des BVerfG existiert zu dieser Frage jedoch nicht, da es in der Praxis zwischen Bundesregierung und Bundestag auch noch nie zum Streit über eine Kündigung gekommen ist.

I. Wortlaut

Das BVerfG hat zunächst beim Wortlaut von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG angesetzt. Dieser sagt über die Mitwirkung des Bundestags bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge unmittelbar nichts aus. Daher ist das BVerfG mit der überwiegenden Literaturmeinung zu der Ansicht gelangt, dass eine Ausdehnung des Zustimmungserfordernisses auf andere Akte als Vertragsabschlusserklärungen mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar sei.9

II. Historie

Einen breiten Raum für die Begründung, weshalb der Bundestag an einseitigen völkerrechtlichen Akten – also auch der Vertragskündigung – nicht beteiligt werden soll, nehmen in Rechtsprechung und Lehre historische Argumente ein. Dabei wird zum einen die bisherige Staatspraxis angeführt (1.), zum anderen wird auf die historischen Vorläufernormen aus der Reichsverfassung von 1871 (RV) und der Weimarer Reichsverfassung von 1919 (WRV) verwiesen (2.).

1. Die bisherige Staatspraxis

Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass in der deutschen Staatspraxis seit jeher einseitige völkerrechtliche Willenserklärungen im Rahmen von zwei- oder mehrseitigen Verträgen keinem Zustimmungserfordernis durch die Legislative unterworfen worden seien. Das gleiche gelte für sonstige einseitige völkerrechtliche Willenserklärungen, wenn man von Sonderregelungen – wie völkerrechtlichen Erklärungen über das Bestehen des Verteidigungsfalles gemäß Art. 115a Abs. 5 GG – absehe. So seien z.B. die Anerkennung zahlreicher fremder Staaten,10 der Abbruch diplomatischer Beziehungen zu fremden Staaten, die Inanspruchnahme des deutschen Festlandsockels, die Beanspruchung von Fischereizonen in der Nord- und Ostsee oder die Kündigung völkerrechtlicher Verträge allein von der Bundesregierung vorgenommen worden.11

2. Verfassungsgeschichtliche Argumente

Hinzu kommen verfassungsgeschichtliche Argumente aus der Zeit des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.

a) Kaiserreich

Art. 11 Abs. 1 S. 2 RV regelte, dass der Kaiser „das Reich völkerrechtlich zu vertreten“ hat und „Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten“ eingeht. Art. 11 Abs. 3 RV sah vor, dass insoweit „die Verträge mit fremden Staaten sich auf solche Gegenstände beziehen, welche nach Artikel 4 in den Bereich der Reichsgesetzgebung gehören, […] zu ihrem Abschluß die Zustimmung des Bundesrathes und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichstages erforderlich“ sind.


5 Beispiele für gekündigte Verträge: (1) Internationaler Vertrag betreffend die polizeiliche Regelung der Fischerei in der Nordsee außerhalb der Küstengewässer, vom 6. Mai 1882 (RGBl. 1884 II S. 55), mit Zusatzabkommen, vom 3. Juni 1955 (BGBl. II 1957, S. 213), am 23. August 1969 gekündigt (BGBl. II 1977, S. 16); (2) Internationale Übereinkunft zur Bekämpfung der Verbreitung und des Vertriebs unzüchtiger Veröffentlichungen, vom 12. September 1923 (RGBl. 1925 II S. 287), am 25. Januar 1974 gekündigt (BGBl. II 1974, S. 912); (3) Übereinkommen Nr. 96 der Internationalen Arbeitsorganisation über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung, vom 1. Juli 1949 (BGBl. II 1954, S. 456), am 10. Juli 1992 gekündigt (BGBl. II 1994, S. 387); (4) Übereinkommen über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern, vom 6. Mai 1963 (BGBl. II 1969, S. 1954), am 21. Dezember 2001 gekündigt (BGBl. II 2002, S. 171); (5) Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Föderativen Republik Brasilien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, vom 27. Juni 1975 (BGBl. II 1975, S. 2246), am 7. April 2005 gekündigt (BGBl. II 2005, S. 599); (6) Übereinkommen über einen Verhaltenskodex für Linienkonferenzen, vom 6. April 1974 (BGBl. II 1983, S. 62, 64), am 26. September 2007 gekündigt (BGBl. II 2009, S. 712); (7) Übereinkommen Nr. 45 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beschäftigung von Frauen bei Untertagearbeiten in Bergwerken jeder Art, vom 21. Juni 1935 (BGBl. II 1954, S. 624, 625), am 25. April 2008 gekündigt (BGBl. II 2010, S. 634); (8) Abkommen zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige, vom 12. Juni 1902 (RGBl. 1904 S. 240) u. Protokoll über den Beitritt zu diesem Abkommen, vom 28. November 1923 (RGBl. 1924 II S. 363, 366), am 27. November 2008 gekündigt (BGBl. II 2009, S. 290). Diese Aufzählung ist keinesfalls abschließend und ließe sich noch um einige weitere Verträge ergänzen.

6 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, vom 16. April 1985 (BGBl 1989 II S. 866), am 21. Juli 2009 gekündigt. Das Abkommen ist nach seinem Art. 30 Abs. 2 am 31. Dezember 2010 außer Kraft getreten. Am 16. September 2011 konnte schließlich ein neues DBA mit der Türkei vereinbart werden, das rückwirkend seit dem 1. Januar 2011 angewendet wird.

7 Teilweise wurde die Kündigung wegen der „immensen wirtschaftspolitischen Bedeutung“ der DBA heftig kritisiert. In einem Newsletter der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft (Newsletter, 3. Quartal 2009. Steuerrecht aktuell, S. 2) heißt es zur Kündigung etwa: „Sollten die Verhandlungen nicht rechtzeitig abgeschlossen sein […] ergeben sich steuerliche Nachteile bei vielen grenzüberschreitenden Aktivitäten.

8 BVerfGE 68, 1, 83 ff.

9 BVerfGE 68, 1, 84.

10 Zur Anerkennung von Staaten vgl. nur Ehm, AVR 49 (2011), 64 (64 ff.).

11 So ausdrücklich BVerfGE 68, 1, 83 f. Hervorhebungen stammen vom Autor.

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Aus diesen Regelungen folgerte die deutliche Mehrheit der seinerzeitigen Stimmen, dass die gesetzgebenden Körperschaften an Vertragskündigungen nicht beteiligt werden müssen. Dem entsprach zugleich die Staatspraxis.13 Begründet wurde diese Position u.a. damit, dass Art. 11 Abs. 3 RV eine Ausnahmebestimmung zu Art. 11 Abs. 1 RV sei. Art. 11 Abs. 3 RV erfasse ausweislich des Wortlauts nur den Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Daher greife für die Kündigung von Verträgen Art. 11 Abs. 1 RV ein. Danach habe der Kaiser die ausschließliche Zuständigkeit in auswärtigen Angelegenheiten14 und die originäre Repräsentativgewalt15 . Zudem wurde argumentiert, dass eine Vertragskündigung niemals die Pflicht hervorrufen könne, auch die Vertragsgesetzgebung aufzuheben. Daher fehle es an der ratio des Zustimmungserfordernisses, das die gesetzgebenden Körperschaften in ihrer Handlungsfreiheit schützen solle.16

b) Weimarer Republik

Auch unter der WRV stellte sich die Frage, ob der Reichspräsident völkerrechtliche Verträge ohne Beteiligung des Reichstags kündigen konnte. Wie im Falle der RV sah es die einhellige Lehre, der die Staatspraxis folgte,17 als selbstverständlich an, dass das Recht zur Kündigung allein beim Reichspräsidenten lag. Dies führte man seinerzeit letztlich darauf zurück, dass in Anknüpfung an die RV davon ausgegangen wurde, dass die Exekutive Träger der auswärtigen Gewalt ist.

Dementsprechend wurde auch Art. 45 Abs. 3 WRV18 so verstanden, dass er dem Reichstag lediglich das Recht verleihe, am Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages mitzuwirken. Die Kündigung eines Staatsvertrages gehörte danach zu den Vertretungshandlungen des Reichspräsidenten nach Art. 45 Abs. 1 WRV19 und bedurfte folglich auch keiner Zustimmung durch den Reichstag.20

c) Die Bedeutung der historischen Verfassungsregelungen für den heutigen Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG

An die historischen Verfassungsregelungen der RV und der WRV lehnt sich nach h.M. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG an. So führt das BVerfG z.B. aus, dass „anknüpfend an Art. 45 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung und seine Handhabung, nach der einseitige Völkerrechtsgeschäfte, wie die Kündigung völkerrechtlicher Verträge, als der Zustimmung des Reichstags nicht bedürftig angesehen wurden, […] Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG […] das Erfordernis der gesetzlichen Zustimmung ausdrücklich auf bestimmte Arten völkerrechtlicher Verträge“ beschränke.21 Das GG enthalte also mit seinem Art. 59 Abs. 2 S. 1 eine Art. 45 Abs. 3 WRV entsprechende Bestimmung. Deshalb gelte auch unter dem GG die alte Staatspraxis.

III. Systematik und Gesetzeszweck

In systematischer Hinsicht unterstreicht das BVerfG, dass die auswärtige Gewalt22 grundsätzlich in den Händen der Exekutive liege.23 In BVerfGE 68, 1, 87. Eine Ausnahme zugunsten der Legislative sehe Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nur für den Abschluss bestimmter völkerrechtlicher Verträge vor. Diese fehle jedoch für einseitige völkerrechtliche Willenserklärungen wie die Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen. Insoweit bleibe es daher bei dem Grundsatz der alleinigen Regierungszuständigkeit. Schließlich sei Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG eine Durchbrechung des Gewaltenteilungssystems.24 Dies habe zur Folge, dass die Norm eng ausgelegt werden muss. Also scheide auch eine analoge Anwendung aus.25 Die Notwendigkeit einer engen Auslegung folge auch aus Art. 20 Abs. 2 GG. Denn der Grundsatz der parlamentarischen Verantwortung der Regierung setze einen Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung voraus.26 Ferner ziele die organisatorische und funktionelle Unterscheidung sowie Trennung der Gewalten darauf ab, dass Entscheidungen von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen.27

Das BVerfG tritt schließlich der Auffassung entgegen, dass die Organisation der grundgesetzlichen Demokratie auf einem umfassenden Parlamentsvorbehalt für alle weittragenden Entscheidungen beruhe. Auch die Exekutive sei vielmehr als „politische Gewalt“ ausgestaltet. Die Staatsgewalt in allen ihren Funktionen sei nach dem GG, wenn auch in unterschiedlicher Weise, demokratisch konstituiert sowie legitimiert und auf dieser Grundlage gewaltenteilig organisiert. Es sei daher keineswegs ein Defizit an Demokratie, wenn die Exekutive im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten auch ausschließliche Befugnisse zu weittragenden, möglicherweise existentiellen Entscheidungen besitzt.28 Daher seien mit dieser Kompetenzverteilung allfällig verbundene politische Risiken von Verfassungs wegen hinzunehmen.29

Gegen die Notwendigkeit der Erstreckung von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG auf die Kündigung von Verträgen wird weiter angeführt, dass der Gesetzgeber durch dieselbe seinen „vorvertraglichen Entscheidungsspielraum“ uneingeschränkt zurück gewinne. Ihm bleibe es je nach Vertragsmaterie unbenommen, die innerstaatliche Fortgeltung des Vertragsinhalts auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen. Ferner müsse die


13 Dies zeigt die Untersuchung von Bayer (Fn. 5), S. 194 ff.

14 Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. II, 1911, S. 166; Heilborn, AöR 12 (1897), 141 (178/197); Riess, Die Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften bei Staatsverträgen nach dem deutschen Staatsrechte, 1904, S. 86 ff.; Dambitsch, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 1910, S. 305 f.

15 So die Begründung von Dambitsch (Fn. 14), S. 305; Heilborn (Fn. 14), 197.

16 Verkürzte Wiedergabe der Argumentation von Riess (Fn. 14), S. 86 ff.

17 Vgl. Bayer (Fn. 5), S. 200 f.

18 Art. 45 Abs. 3 WRV lautete: „Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung des Reichstags.“

19 Art. 45 Abs. 1 WRV lautete: „Der Reichspräsident vertritt das Reich völkerrechtlich. Er schließt im Namen des Reichs Bündnisse und andere Verträge mit auswärtigen Mächten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.“

20 Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, 1932, S. 235 f.; Topf, AöR 59 (N.F. 20) (1931), 343 (348 ff.); Walz, Staatsrecht, 1931, S. 343.

21 So BVerfGE 68, 1, 84; 108, 34, 44.

22 Zum Begriff der auswärtigen Gewalt vgl. nur Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Hrsg.), Kommentar zum GG, Bd. V, 54. Lieferung Januar 2009, Art. 59, Rn. 1, 5.

23 up>[23]

24 BVerfGE 1, 372, 394.

25 BVerfGE 68, 1, 84, diese Auffassung ist im AWACS-, Adria- und Somalia-Urteil bestätigt worden, vgl. BVerfGE 90, 286, 358.

26 Vgl. BVerfGE 67, 100, 139.

27 BVerfGE 68, 1, 86.

28 Vgl. auch Rojahn, in: von Münch/Kunig (Fn. 5), Art. 59, Rn. 47, der davon spricht, dass das GG der Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt einen der parlamentarischen Mitwirkung entzogenen „außenpolitischen Handlungsspielraum“ eröffne, der mit den Mitteln der Verfassungsinterpretation nicht zu beseitigen sei.

29 BVerfGE 68, 1, 89.

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Bundesregierung mit der außerordentlichen Kündigung hochpolitischer Verträge auf eine krisenhafte Zuspitzung außenpolitischer Spannungen schnell und effektiv reagieren können.30

Das BVerfG weist schließlich darauf hin, dass dem Bundestag, der die Kündigung eines Vertrages missbillige, jedenfalls seine parlamentarischen Kontrollbefugnisse verblieben. So könne er gegebenenfalls einen neuen Bundeskanzler wählen und damit einen Sturz der bisherigen Regierung bewirken.31 Möglich sei es ihm auch, von seinen Haushaltskompetenzen Gebrauch zu machen. Eine Zustimmungskompetenz für Akte der hier in Rede stehenden Art erkenne ihm Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG jedoch nicht zu.32

C. Für ein neues Verständnis von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG

Im Folgenden wird dargelegt, warum der Bundestag auch bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge beteiligt werden sollte. Dazu werden wiederum Wortlaut, Historie, Systematik und Gesetzeszweck der Norm betrachtet.

I. Wortlaut

Der Wortlaut steckt die Grenzen der Auslegungstätigkeit ab. Eine gesetzeskonforme Wortlautauslegung ist also nur eine solche, die sich in den Grenzen des möglichen Wortsinns bewegt.33 Führt man sich den Wortlaut von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nochmals vor Augen, so scheint in der Tat zunächst einiges dafür zu sprechen, eine Zustimmung des Bundestags nur beim Vertragsabschluss zu fordern.

Andererseits spricht Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG schlicht von „Verträgen“ und unterscheidet gerade nicht zwischen Vertragsabschluss und Vertragsbeendigung. Insofern lässt sich argumentieren, dass der Bundestag in beiden Fällen zu beteiligen ist. Dafür spricht zudem der Gedanke, dass die Beschränkung der Bundestagsbeteiligung auf den Vertragsabschluss auch deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden können. Dies ist z.B. in einigen deutschen Landesverfassungen geschehen.34 So heißt es etwa in Art. 50 S. 2 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg: „Der Abschluss von Staatsverträgen bedarf der Zustimmung der Regierung und des Landtags.“

Es lässt sich also festhalten, dass der Wortlaut von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG nicht eindeutig allein Vertragsabschlüsse einem gesetzgeberischen Zustimmungserfordernis unterwirft.35 Also steht die sprachliche Fassung des Gesetzes der Position, dass auch Vertragskündigungen der Zustimmung des Bundestags bedürfen, zumindest nicht entgegen.36

II. Historie

Zudem vermag auch die historische Auslegung der h.M. nicht zu überzeugen. So ist etwa Art. 11 Abs. 3 RV bereits vom Wortlaut her nicht mit Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG zu vergleichen. Ferner kann man aus den umfassenden Befugnissen, über die der Kaiser in der RV verfügte, mitnichten auf die Kompetenzen der heutigen Bundesregierung schließen. Die historische Auslegung geht daher mit Blick auf die RV ins Leere.

Mit den zur WRV gezogenen Parallelen verhält es sich nicht anders. Richtig ist zwar, dass sich die Verfassungsbestimmungen des Art. 45 WRV und des Art. 59 GG stark gleichen. Folglich ist ein argumentatives Anknüpfen an diese Vorgängerbestimmung nicht von vorneherein von der Hand zu weisen und besitzt im Vergleich zu Art. 11 RV zumindest eine gewisse Berechtigung. Auch in diesem Fall vermag die historische Auslegung von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG jedoch nicht zu überzeugen. Denn auch insoweit gilt, dass sich im Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive die Gewichte im GG noch einmal zugunsten der Gesetzgebungsorgane – insbesondere des Bundestags – verschoben haben.

III. Systematik und Gesetzeszweck

In erster Linie sprechen aber systematische und teleologische Aspekte dafür, Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG so zu verstehen, dass eine Bundestagsbeteiligung auch bei Vertragskündigungen erforderlich ist, und zwar sowohl bei politischen als auch bei gesetzesinhaltlichen Verträgen.

1. Zur Bundestagsbeteiligung bei einseitigen völkerrechtlichen Akten

Der vom BVerfG aufgestellte Grundsatz, einseitige völkerrechtliche Erklärungen lägen im alleinigen Machtbereich der Bundesregierung,37 ist in dieser Absolutheit so nicht haltbar.

Art. 115a Abs. 5 S. 1 GG sieht die Beteiligung des Bundestags bei einseitigen völkerrechtlichen Erklärungen des Bundespräsidenten über das Bestehen des Verteidigungsfalles vor. Selbst wenn der Bundestag nicht mehr in der Lage ist zusammenzutreten (Art. 115a Abs. 2 GG), sieht Art. 115a Abs. 5 S. 2 GG immer noch die Beteiligung des Gemeinsamen Ausschusses (Art. 53a Abs. 1 GG) als „Notparlament“ vor. Das BVerfG sieht darin eine Ausnahmeregelung und zieht den Umkehrschluss, dass – soweit dies nicht explizit geregelt sei – der Bundestag bei einseitigen völkerrechtlichen Erklärungen bzw. Akten38 nicht beteiligt werden müsse.39

Dass das BVerfG ohne große Argumentation zu diesem Ergebnis gelangt, erstaunt. Schließlich wäre es genauso gut möglich gewesen, über einen Erst-Recht-Schluss zu einer Bundestagsbeteiligung zu gelangen. Diese Sichtweise ist zudem überzeugender. Wenn nämlich selbst in der Ausnahmesituation des Verteidigungsfalles, in dem es um den Bestand der Bundesrepublik geht und aufgrund dessen sogar der Bundestag nicht mehr zusammentreten kann, noch eine Mitwirkung der Legislative an einseitigen völkerrechtlichen Erklärungen vom GG vorgesehen ist, so muss dies erst recht für derartige Erklärungen in Friedenszeiten gelten. Schließlich liegt dann gerade kein äußeres Hindernis für ein Zusammentreten des Bundestags vor.

Gegen diese Argumentation lässt sich natürlich einwenden,


30 Vgl. nur Kokott, in: Hailbronner/Ress/Stein (Hrsg.), FS K. Doehring, 1989, S. 503, 512.

31 BVerfGE 1, 372, 394.

32 BVerfGE 68, 1, 89; 90, 286, 364.

33 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S. 322.

34 In Art. 43 S. 3 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg heißt es: „Sie [die Ratifikation der Staatsverträge] bedarf der Zustimmung der Bürgerschaft, sofern die Verträge Gegenstände der Gesetzgebung betreffen oder Aufwendungen erfordern, für die Haushaltsmittel nicht vorgesehen sind.“

35 So auch Kokott (Fn. 30), S. 503, 507.

36 Vgl. auch Dauster, JURA 1984, 95 (98).

37 BVerfGE 68, 1, 83 f.

38 Es ist passender, von „einseitigen völkerrechtlichen Akten“ zu sprechen. Denn insoweit kommen auch Verhaltensweisen in Betracht, die gerade nicht in einer aktiven Erklärung bestehen, sondern auch rein tatsächlicher Natur sein können. So z.B. Aufnahme und Abbruch diplomatischer Beziehungen, stillschweigende Billigung etc. Näher zum Begriff der einseitigen völkerrechtlichen Akte vgl. nur Kokott (Fn. 30), S. 503, 504 ff.

39 BVerfGE 68, 1, 83.

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dass beim Verteidigungsfall der Bundestag bzw. der Gemeinsame Ausschuss gerade deshalb beteiligt werden muss, weil es möglicherweise um die Existenz der Bundesrepublik geht. Eine so weitreichende Entscheidung könne nicht allein von der Bundesregierung getroffen werden und verlange daher nach einem Ausdruck der Volkssouveränität.40 Diesem Einwand ließe sich zudem noch hinzufügen, dass das sog. äußere Notstandsrecht ab Mitte des 19. Jahrhunderts langsam immer mehr parlamentarisiert wurde.41 Dies unterstreiche den Ausnahmecharakter der Regelung.

Gleichwohl erscheint es zutreffender, vorliegend zu Art. 115a Abs. 2, 5 GG keinen Umkehrschluss, sondern einen Erst-Recht-Schluss zu ziehen. Denn Art. 115a Abs. 2, 5 GG zeigt zum einen, dass dem GG Regelungen, die eine Beteiligung der Legislative im Bereich der auswärtigen Gewalt vorsehen, nicht fremd sind. Zum anderen entkräftet Art. 115a Abs. 2, 5 GG ein maßgebliches teleologisches Argument der Gegenansicht, wonach eine Bundestagsbeteiligung bei der Vertragskündigung einer schnellen und effektiven Arbeit der Bundesregierung im Wege stehe.42 Schließlich zeigt Art. 115a Abs. 2, 5 GG, dass selbst in Situationen, in denen größte Eile geboten ist, der Bundestag beteiligt werden kann. Also lässt sich kaum argumentieren, dass bei einer sehr plötzlichen Notwendigkeit, den NATO-Vertrag zu kündigen43 – nur um ein Beispiel zu nennen –, eine Bundestagsbeteiligung außer Betracht bleiben müsse. Die Notwendigkeit schnellen außenpolitischen Handelns führt also gerade nicht zu einer unvermeidlichen Kompetenzverlagerung auf die Exekutive.

Es ist damit zu fordern, dass der Grundsatz „einseitige völkerrechtliche Akte stehen im alleinigen Kompetenzbereich der Bundesregierung“ zumindest so weit aufzuweichen ist, dass er auch bei Vertragskündigungen eine Bundestagsbeteiligung vorsieht. Dies sollte zudem auch für andere einseitige Akte mit vergleichbarer Reichweite gelten. Denn dadurch würde der Bundesregierung die Möglichkeit genommen, durch die Rechtsformwahl ihrer Handlungen den Bundestag auszuschließen.44 Möchte man insoweit einen Grundsatz formulieren, so könnte etwa gefordert werden, einseitige völkerrechtliche Akte dann unter Zustimmungsvorbehalt des Bundestages zu stellen, wenn sie spürbar in den innerstaatlichen Bereich hineinwirken. Dies wird man zum Beispiel für den Abbruch von diplomatischen Beziehungen mit einem Staat im Regelfall nicht behaupten können, für die Fortschreibung eines Vertragsgehalts in elementaren Punkten aber durchaus.45

2. Die außenpolitische Beweglichkeit der Bundesregierung

Der Einwand der h.M., das Erfordernis einer Bundestagsbeteiligung bei Vertragskündigungen nehme der Bundesregierung die Möglichkeit, schnell zu handeln und damit ihre außenpolitische Beweglichkeit, überzeugt nicht nur aus den eben genannten Gründen nicht. Denn eine Kündigung führt in den aller meisten Fällen ohnehin nicht zu einer unmittelbaren Vertragsbeendigung. So sehen viele Verträge – wie etwa die EMRK – eine Kündigungsfrist vor.46 Ist keine Kündigungsfrist geregelt, können sich die betreffenden Staaten jedoch auch nicht jederzeit aus den Verpflichtungen lösen. In diesem Fall sind die Art. 65 bis 68 WVK anzuwenden. Danach ist eine Loslösung vom Vertrag im schnellsten Falle innerhalb von drei Monaten möglich.47 Angesicht dessen kann man nur konstatieren, dass eine Mitwirkung des Bundestags bei der Vertragskündigung den Prozess nicht großartig verlängert.

Sollte dennoch einmal ein besonders eilbedürftiger Fall auftreten, so könnte die Beteiligung der Legislative durch eine analoge Anwendung von Art. 115a Abs. 5 S. 2 GG sichergestellt werden. In einem Fall großer Eilbedürftigkeit wäre es außerdem denkbar, dass die Bundesregierung den betreffenden Vertrag vorläufig kündigt. Im Anschluss daran hätte die Bundesregierung dann allerdings in jedem Fall den Bundestag mit der beschlossenen Kündigung zu befassen. Die Kündigung wäre zurückzunehmen, falls der Bundestag dies verlangt.48

Diese Optionen zeigen, dass auch bei einer Beteiligung der gesetzgebenden Körperschaften Verträge schnell gekündigt werden können. Versucht man sich an dieser Stelle abschließend die Situationen vor Augen zu führen, in denen eine besonders rasche Vertragsbeendigung tatsächlich einmal relevant werden könnte, so bleibt hier wohl nur der Kriegsfall. Dieser führt jedoch ohnedies zur automatischen Beendigung von einer ganzen Reihe an Verträgen.49

3. Der Actus-contrarius-Gedanke

Des Weiteren spricht auch der sog. Actus-contrarius-Gedanke50 dafür, den Bundestag bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge zu beteiligen, und zwar dann, wenn man die Kündigung als actus contrarius zum Vertragsschluss begreift.

Die gesetzgebenden Körperschaften haben mit ihrer Zustimmung die politische Mitverantwortung für den Vertrag übernommen. Dies gilt auch für gesetzesinhaltliche Verträge. Gerade bei deren Kündigung ist eine parlamentarische Mitwirkung unbedingt zu fordern, insbesondere wenn der Aufhebungsakt Individualrechte betrifft.51 Bedürfte es nur für den Abschluss von Verträgen der Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften, so hätte es allein die Bundesregierung in den Händen, die Bundesrepublik wieder von ihren Bindungen zu lösen. Bei etlichen Verträgen verhält


40 Damit ist der Telos der Legislativbeteiligung angesprochen. In diesem Sinne schreibt Robbers, in: Sachs (Hrsg.), Kommentar zum GG, 2011, Art. 115a, Rn. 9: „Es ist Ausdruck der Volkssouveränität, dass diese Feststellung [des Verteidigungsfalles] in der Kompetenz des Parlaments liegt.“

41 Vgl. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Kommentar zum GG, 2008, Vorb. zu Art. 115a-115l, Rn. 2.

42 Siehe dazu Fn 30.

43 Dies könnte z.B. erwogen werden, um sich dem Bündnisfall nach Art. 5 NATO-Vertrag zu entziehen.

44 Vgl. Kokott (Fn. 30), S. 503, 506.

45 Damit wird ein Bezug zum Urteil des BVerfG zum neuen strategischen Konzept der NATO hergestellt, vgl. BVerfGE 104, 151, 151 ff.

46 Vgl. Art. 58 Abs. 1 EMRK.

47 Näher zum Verfahren vgl. nur Verdross/Simma (Fn. 4), S. 535 ff.; Schweisfurth, Völkerrecht, 2006, S. 188 f.

48 Hier wird eine Parallele zur Rechtsprechung des BVerfG gezogen, nach der von der Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundestags beschlossene Auslandseinsätze der Bundeswehr jedenfalls im Nachhinein durch das Parlament zu billigen sind, vgl. BVerfGE 90, 286, 388; 121, 135, 154; vgl. dazu auch Rojahn, in: von Münch/Kunig (Fn. 5), Art. 59, Rn. 47.

49 Schweisfurth (Fn. 47), S. 187 f.

50 Der actus-contrarius-Gedanke umschreibt den Lehrsatz, dass einander gegenteilige Rechtshandlungen dieselbe rechtliche Qualität teilen, vgl. Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 2007, S. 197.

51 So auch Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 140; ebenso Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 291.

Ehm Die Beteiligung des Bundestags bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge (BLJ 2012, 45)50

es sich aber mittlerweile so, dass eine Kündigung nicht weniger bedeutsam wäre als der Vertragsabschluss selbst. Bezüglich einer Kündigung der UN-Charta wird man sogar sagen müssen, dass diese sehr viel weiter reichende Folgen hätte, als der Abschluss dutzender anderer Verträge zusammen.52 Dadurch würde sich die Stellung der Bundesrepublik im internationalen System der Mächte erheblich verändern.53

Die Bedeutung der Bundestagsbeteiligung gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG allein darauf zu reduzieren, beim Vertragsabschluss mitwirken zu können, nicht aber an der Entscheidung über das Fortbestehen eines Vertrages teilhaben zu dürfen, widerspricht daher dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Dieser besteht vor allem darin, langfristige Bindungen nicht ohne Zustimmung des Bundestages eintreten zu lassen.54 Gerade vor diesem Hintergrund ist es schwer nachvollziehbar, warum diese Bindungen allein von der Bundesregierung wieder aufgehoben werden dürfen.

Zu bedenken ist ferner, dass sich völkerrechtliche Verträge mit der Kündigung nicht unbedingt sofort und ohne weitere Verpflichtungen erledigen. So können gewisse Verbindlichkeiten noch eine ganze Weile fortbestehen, bis der Vertrag endgültig abgewickelt ist. Dies kann etwa Beitragszahlungen zu internationalen Organisationen betreffen.

4. Weitere systematische und teleologische Argumente

Es überzeugt ferner nicht, dass allein die Regierung gesetzesinhaltliche Verträge kündigen könnte, wenn man bedenkt, dass sich deren Inhalt nur durch ein innerstaatliches Tätigwerden des Gesetzgebers regeln lässt. Die Kündigung besitzt daher den gleichen materiellen Inhalt wie der Vertragsabschluss und kann daher als „negative Gesetzgebung“ betrachtet werden.55

Zudem verliert das Argument, dass die auswärtige Gewalt primär in den Händen der Exekutive liege, immer mehr seine Berechtigung. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass diese gewissermaßen seit eh und je feststehende Grundannahme aus keiner Norm des GG direkt abgeleitet werden kann. Also muss Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG auch nicht zwingend als Ausnahme im Rahmen eines abstrakten Gewaltenteilungssystems verstanden werden.56 Zudem hat das BVerfG auch schon von den „Trägern der auswärtigen Gewalt57 gesprochen58 und dem „Bundestag als Gesetzgebungsorgan ein Mitentscheidungsrecht im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten“ zuerkannt.59 Damit nähert sich das Gericht – zumindest rein sprachlich betrachtet – einer „gemeinsamen Kompetenz“ für den Bereich der auswärtigen Gewalt immer mehr an.60

Gestützt wird diese Sicht durch die jüngere Rechtsprechung des BVerfG. Zu nennen sind hier insbesondere die Urteile zur Zustimmung der Bundesregierung zum neuen strategischen Konzept der NATO61 und zur Bundestagsbeteiligung am erweiterten ISAF-Mandat62 . Danach ist in der parlamentarischen Billigung eines völkerrechtlichen Vertrages gerade nicht nur ein einmaliger Akt zu sehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zustimmung die dauerhafte Verantwortung der Legislative für den Vertragsinhalt begründet.63 So erklärt sich unter anderem, warum der Bundestag an den grundlegenden Entscheidungen im Rahmen dieses Integrationsprogramms – wie z.B. der Entsendung von deutschen Soldaten – zu beteiligen ist. Dann ist im Wege eines Erst-Recht-Schlusses aber auch zu fordern, dass der Bundestag an der noch viel grundlegenderen Entscheidung, aus dem Integrationsprogramm durch Vertragskündigung auszusteigen, auch beteiligt wird. In seinem Urteil zur Reichweite des Parlamentsvorbehalts hinsichtlich der Luftraumüberwachung über dem Hoheitsgebiet der Türkei durch AWACS-Flugzeuge der NATO im Frühjahr 2003 hat das BVerfG dieses „Mitverantwortungs-Prinzip“ bestätigt.64

Zudem sollte auch die Wesentlichkeitstheorie im Rahmen des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG beachtet werden,65 nach der der Gesetzgeber „in grundlegenden normativen Bereichen […] alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen“ hat.66 Schließlich wird die Kündigung der allermeisten Verträge genau diese Bereiche betreffen.

Nicht zuletzt überzeugt auch das Argument der h.M. nicht, die Legislative gewinne durch die Vertragskündigung ihre einstige Entscheidungsfreiheit zurück, und es stehe ihr daher frei, Rechtsregeln, die bisher als Bestandteil eines völkerrechtlichen Vertrages galten, in ein Gesetz aufzunehmen.67 Denn die Rechtslage wird sich durch die vorangehende Vertragsauslegung und auch die Vertragsanwendung meist so stark verändert haben, dass die ursprüngliche Rechtsfreiheit – die im Einzelfall vor mehreren Jahrzehnten bestanden haben mag – kaum mehr herstellbar ist.68 Außerdem vernachlässigt diese Sichtweise bereits die Kontrollfunktion, die dem Parlament bei politischen Verträgen zukommt.69

IV. Zwischenergebnis

Eine ganze Reihe von Argumenten spricht dafür, Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG so zu verstehen, dass der Bundestag bei Vertragskündigungen zu beteiligen ist. Dies gilt sowohl für Verträge „welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln“ als auch für solche, die „sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen“.70

D. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG de constitutione ferenda: Vorschlag für eine Neuformulierung

I. Verfassungsvergleich

Der Blick in Verfassungen anderer Staaten zeigt, dass sich zur Frage des Abschlusses völkerrechtlicher Verträge in vie-


52 Ähnlich auch Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 140. Ebenso Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Kommentar zum GG, 2008, Art. 59, Rn. 40.

53 Vgl. dazu auch Pernice, in: Dreier (Fn. 52), Art. 59, Rn. 40.

54 Vgl. Kokott (Fn. 30), S. 503.

55 So völlig zu Recht Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 140.

56 Kokott (Fn. 30), S. 503, 509.

57 Vgl. dazu auch Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 6.

58 BVerfGE 40, 141, 178.

59 BVerfGE 118, 244, 258.

60 Vgl. Kokott (Fn. 30), S. 503, 509.

61 BVerfGE 104, 151, 151 ff.

62 BVerfGE 118, 244, 244 ff.

63 Vgl. BVerfGE 104, 151, 209; 118, 244 (258); Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 139.

64 Vgl. BVerfGE 118, 244, 257 f.

65 So auch Kokott (Fn. 30), S. 503, 528.

66 Vgl. nur BVerfGE 49, 89, 126; 61, 260, 275.

67 Vgl. etwa Rauschning, in: Bonner Kommentar, Kommentar zum GG, Bd. VIII, 143. Aktualisierung Dezember 2009, Art. 59, Rn. 127.

68 Überzeugend Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 140.

69 So völlig zu Recht Gurlit (Fn. 51), S. 291.

70 Insoweit wird einer immer weiter wachsenden Position gefolgt, vgl. nur Wolfrum, VVDStRL 16 (1997), 38 (50); Gurlit (Fn. 51), S. 291; Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 140.

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len Fällen Regelungen finden. Diese sind häufig sogar sehr detailliert ausgestaltet. Dabei ist im Regelfall eine parlamentarische Beteiligung vorgesehen.71

Bezüglich der Kündigung offenbart sich in zahlreichen Verfassungsordnungen ein Bild, das mit dem des GG vergleichbar ist. Die dem Parlament hinsichtlich des Abschlusses der Verträge zugestandene Beteiligung ist danach nicht ausdrücklich auf die Kündigung ausgedehnt. Dabei ist anhand des Einzelfalls zu schauen, ob sich die jeweilige Bestimmung – wie Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG – in der Weise interpretieren lässt, dass auch bei der Kündigung eine legislative Beteiligung stattzufinden hat.72 In Lehre und Praxis dieser Staaten ist jedoch im Regelfall anerkannt, dass die Exekutive zur Kündigung eines Vertrages berechtigt ist, ohne dazu der Zustimmung des Parlaments zu bedürfen.73

Ein Grund für die Häufigkeit einer derartigen Regelung und der auf sie aufbauenden Praxis mag u.a. darin begründet liegen, dass es in der internationalen Politik nur äußerst selten zur Kündigung von hochpolitischen Verträgen kommt.74 Oftmals sind allein politische Randthemen betroffen, weshalb kein direkter Anlass besteht, eine andere Regelung zu finden, die das Parlament mit einbezieht.

Gleichwohl sind doch einige Staaten auszumachen, welche die hier geforderte legislative Einbindung auch bei der Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen expressis verbis vorsehen. Das Zustimmungserfordernis ist allerdings sehr unterschiedlich ausgestaltet. So sieht die russische Verfassung nicht nur einen Beschluss der Staatsduma über die Kündigung völkerrechtlicher Verträge vor, sondern auch eine Verhandlung im Bundesrat.75 Die argentinische Verfassung hingegen verleiht in Art. 75 Abs. 22 S. 3 zunächst wichtigen internationalen Deklarationen und Verträgen Verfassungsrang und verlangt für deren Kündigung in Art. 75 Abs. 22 S. 4 konsequenterweise eine Zweidrittelmehrheit der Kongressmitglieder, der sich aus Senat und Abgeordnetenkammer zusammensetzt. Für die Kündigung sonstiger völkerrechtlicher Verträge verlangt Art. 75 Abs. 22 S. 5 die absolute Mehrheit in beiden Häusern.

Eine ausdrückliche legislative Beteiligung bei der Kündigung von Verträgen ist daneben in den Verfassungen folgender Mitgliedstaaten der EU vorgesehen: Bulgarien,76 Dänemark,77 Estland,78 Finnland,79 Litauen,80 Niederlande, Polen,81 Schweden,82 Slowakei83 und Spanien.84 Nur beispielhaft sei Art. 91 Abs. 1 S. 1 der Verfassung des Königreichs der Niederlande zitiert. Dort heißt es: „Ohne vorherige Zustimmung durch die Generalstaaten [Parlament] ist das Königreich nicht an Verträge gebunden und werden Verträge nicht gekündigt.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine große Zahl europäischer Staaten eine parlamentarische Beteiligung bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge in der Verfassung verankert hat. Bemerkenswert ist dabei, dass sich die Regelung in erster Linie in jüngeren Verfassungen findet.85 Damit hat in Europa insgesamt – zumindest in diesem Punkt – die Parlamentarisierung der auswärtigen Gewalt in den letzten Jahren zugenommen.

II. Neuformulierung

Obschon auch bei der derzeitigen Formulierung von Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG eine Beteiligung des Bundestags bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge nicht nur gefordert werden kann, sondern wie dargelegt auch gefordert werden sollte, wäre eine Änderung der Bestimmung zu begrüßen, um eine Beteiligung des Bundestags ausdrücklich festzuschreiben. Dies ist zudem vor allem deshalb zu fordern, weil es eine seit Jahrzehnten geübte Praxis gibt, die nur durch eine unzweifelhaft deutlich Regelung gebrochen werden kann und damit auch der Rechtsprechung des BVerfG die Grundlage entzogen würde.86 Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG könnte z.B. wie folgt geändert werden:

Der Abschluss und die Kündigung von Verträgen,87 welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.“88

Über diese Formulierung hinaus könnte für die Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen, welche die Grundlage einer supranationalen Organisation wie der EU bilden, wegen der überaus weit reichenden politischen Folgen eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat gefordert werden. Diese Forderung ist sogar zwingend, soweit der parlamentarische Zustimmungsbeschluss zu den Gemeinschaftsverträgen aufgrund von Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG selbst mit Zweidrittelmehrheit gefasst worden ist, da der actus contrarius in derselben Weise zu erfolgen hat wie der Ausgangsrechtsakt. Sofern man denn überhaupt die Möglichkeit einer Kündigung eröffnen möchte.89


71 Näher dazu vgl. Bayer (Fn. 5), S. 251 f.

72 Lediglich auf den Vertragsabschluss bezogene Regelungen finden sich z.B. in den Verfassungen folgender EU-Staaten: (1) Griechenland (Art. 28 Abs. 2 S. 2), (2) Irland (Art. 29 Abs. 6), (3) Italien (Art. 80), (4) Lettland (Art. 68 Abs. 1), (5) Österreich (Art. 50 Abs. 1), (6) Portugal (Art. 164 lit. i), (7) Ungarn (Art. 19 Abs. 3 lit. f) u. (8) Zypern (Art. 169 Abs. 2).

73 Näher dazu vgl. Bayer (Fn. 5), S. 217 ff; Diehl, Die Mitwirkung des Parlaments bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge, 1967, S. 115 ff. Vgl. auch Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht Bd. I/3, 2002, S. 729, wo es heißt: „Auch in den Staaten, nach deren Verfassung die Exekutive zum Abschluss internationaler Verträge der Mitwirkung des Parlaments oder anderer Organe bedarf, ist die Kündigung der Verträge oft in das Ermessen der Regierung gestellt; es bedarf dazu also – wenig folgerichtig – nicht der Zustimmung des Parlaments.“

74 Die einseitige Kündigung des ABM-Vertrages durch die Vereinigten Staaten im Jahr 2001, die teilweise erhebliche Irritationen nicht nur auf russischer Seite verursachte, stellt insoweit eher eine Ausnahme dar, vgl. dazu näher von Heinegg, FW 76 (2001), 417 (417 ff.).

75 Vgl. Art. 106 Abs. 1 lit. d.

76 Vgl. Art. 85 Abs. 1 Verfassung der Republik Bulgarien.

77 Vgl. § 19 Abs. 1 Verfassung des Königreichs Dänemark.

78 Vgl. § 65 Nr. 4 Grundgesetz der Republik Estland.

79 Vgl. § 94 Abs. 1 S. 1 u. 2 Grundgesetz Finnlands.

80 Vgl. Art. 67 Nr. 16 Verfassung der Republik Litauen.

81 Vgl. Art. 89 Abs. 1 Verfassung der Republik Polen.

82 Vgl. Kapitel 10 § 5 Verfassung des Königreiches Schweden.

83 Vgl. Art. 86 lit. c) Verfassung der Slowakischen Republik.

84 Vgl. 96 Abs. 2 Verfassung des Königreiches Spanien.

85 Die oben aufgeführten Verfassungen der europäischen Staaten sind vorwiegend aus jüngerer Zeit: Bulgarien (12. Juli 1991), Estland (28. Juni 1992), Finnland (11. Juni 1999), Litauen (25. Oktober 1992), Polen (2. April 1997), Schweden (1. Januar 1975), Slowakei (1. September 1992) und Spanien (29. Dezember 1978).

86 Vgl. nur das sog. Raketenstationierungsurteil vom 18. Dezember 1984.

87 Vgl. auch GVK, BTag-Drucks. 12/6000, S. 113.

88 Der heutige Art. 59 GG ist seit dem 23. Mai 1949 nicht geändert worden, vgl. Nettesheim, in: Maunz-Dürig (Fn. 22), Art. 59, Rn. 14.

89 Vgl. Walthemathe, Austritt aus der EU, 2000, der eine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund bejaht.

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E. Ergebnis

Eine Ausdehnung des Zustimmungserfordernisses auch auf die Kündigung völkerrechtlicher Verträge ist aus verschi edenen Überlegungen zu befürworten und entspricht daneben den Verfassungen zahlreicher anderer Staaten. Dieser Schritt ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil sich eine immer größere „ Tendenz zur verstärkten Parlamentarisierung der Willensbildung im auswärtigen Bereich90 feststellen lässt. Zudem braucht keinesfalls befürchtet zu werden, dass die Legislative durch eine Mitwirkung bei Ve rtragskündigungen gleichsam dammbruchartig in den ure igensten Exekutivbereich der Bundesregierung einfällt. Die Bundesrepublik würde sich dadurch allein – um wieder in den etwas modifizierten Worten von Udo Di Fabio zu sprechen – etwas mehr von einer Exekutiv- zu einer Legislativdemokratie wandeln.


90 Insoweit wird auf die Rechtsprechung des BVerfG Bezug genommen, nach der eine Beteiligung des Bundestags bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge abzulehnen ist, vgl. BVerfGE 68, 1, 84; 90, 286, 357; vgl. auch Gurlit (Fn. 51), S. 291.