Verbindliche Auskunft

Reichweite, Kosten, Rechtsschutz

Jan Krekeler*

A. Einführung

Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde sind die gesetzlich vorgesehenen Koorperationsformen, insbesondere auch die verbindliche Auskunft nach § 89 II AO, von „elementarer“ Bedeutung.1 Steuerliche Auswirkungen von Geschäftsmodellen und Investitionen sind häufig mehr als nur ein wirtschaftlicher Nebenaspekt.2 Rechts- und Planungssicherheit hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen besitzen daher für den Steuerpflichtigen eine „besondere wirtschaftliche Attraktivität“.3 Die durch die verbindliche Auskunft verwirklichte Selbstbindung der Verwaltung ist hierbei das „wichtigste Instrument zur Erreichung von Rechtssicherheit“.4

Es wird untersucht, ob die verbindliche Auskunft diesen Erwartungen gerecht wird5 oder ob sich gerade hinsichtlich der Reichweite, der Kosten und des Rechtsschutzes etwas anderes ergibt.

I. Entstehungsgeschichte

Der Vorschlag, die Verpflichtung zur Erteilung einer verbindlichen Auskunft als Teil des Steuerbereinigungsgesetzes 19866 im Gesetz zu implementieren, scheiterte damals am Widerstand der Länder.7 Daraufhin entschied sich die Finanzverwaltung, die verbindliche Auskunft im Verwaltungsweg einzuführen.8 Deren Bindungswirkung ergab sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.9

Mit dem Förderalismusreform-Begleitgesetz 2006 wurde die verbindliche Auskunft in § 89 II AO gesetzlich verankert.10 Die auf Grundlage des § 89 II 4 AO erlassene Steuerauskunftsverordnung regelt die Antragsvoraussetzungen und die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft.11 Außerdem ergänzte das BMF den Anwendungserlass zur Abgabenordnung um ausführliche Regelungen zur verbindlichen Auskunft.12

II. Rechtsnatur

Während die verbindliche Auskunft früher nicht als Verwaltungsakt angesehen wurde,13 ist diese nun unstreitig als Verwaltungsakt i.S.d. § 118 S. 1 AO zu qualifizieren.14 Auch der AEAO zu § 89 trifft insoweit eine klare Aussage.15

B. Antragsvoraussetzungen

I. Antrag

Die verbindliche Auskunft wird nur auf Antrag erteilt; es handelt sich um ein sogenanntes gebundenes Verfahren.16 Die einzelnen Antragsvoraussetzungen regelt die StAuskV i.V.m. dem AEAO.17

II. Antragsteller

Als Antragsteller kommen der Steuerpflichtige, im Falle von einheitlichen Feststellungen die Gesamtheit der Beteiligten und für noch nicht existierende Steuerpflichtige ein Dritter in Betracht (§ 1 I, II, III StAuskV).18

III. III.Antragsbefugnis

Zum Antrag befugt ist der Antragsteller, wenn er ein besonderes Interesse an einer verbindlichen Auskunft zu der steuerlichen Beurteilung eines noch nicht verwirklichten Sachverhalts hat (vgl. § 89 II 1 AO).


* Der Autor ist Student der Bucerius Law School, Hamburg.

1 Grashoff/Kleinmanns, Aktuelles Steuerrecht12, 2016, Rn. 528.

2 Vgl. Stemplewski, BB 2012, 2220, 2225; einschränkend zur wirtschaftlichen Bedeutung steuerlicher Auswirkungen: Rüsken, FS Haarmann, 2015, 809, 813.

3 Vgl. Stemplewski, BB 2012, 2220, 2224f.

4 Birk, FS P+P Pöllath + Partners, 2008, 161, 164.

5 Mit Zweifeln: Rüsken (Fn. 2), 809, 815.

6 Steuerbereinigungsgesetz 1986, Gesetz v. 19.12.1985, BGBl I, 2436.

7 Vgl. Misera/Baum, Ubg 2008, 221.

8 BMF, Schreiben v. 24.6,1987 – IV A 5 – S 0430 – 9/87, BStBl I, 477; Aktualisierung durch BMF, Schreiben v. 29.12.2003 – IV A 4 – S 0430 – 7/03, BStBl I, 742.

9 Vgl. Misera/Baum, Ubg 2008, 221.

10 Art. 18 I des FörderalismusreformBegleitG v. 5.9.2006, BGBl. I, 2098, 2106; Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht18, 2016, § 4 B II 3 Rn. 466; Misera/Baum, Ubg 2008, 221.

11 StAuskV, Gesetz v. 30.11.2007, BGBl I 2007, 2783; vgl. Birk/Desens/Tappe (Fn. 10), § 4 B II 3 Rn. 466; vgl. auch Wunsch, in: Koenig, Abgabenordnung §§ 1 bis 3683, 2014, § 89 Rn. 35.

12 BMF, Schreiben v. 11.12.2007 – IV A 4 – S 0062/07/0003, BStBl I, 894.

13 Damalige st. Rspr.: BFH, Urteil v. 13.11.1959 – VI 124/59 U, BFHE 70, 290 Rn. 7 (juris); BFH, Urteil v. 1.2.1973 – IV R 1/72, BFHE 108, 517 = BStBl II 1973, 533 Rn. 21 (juris); damals noch ablehnend Bruschke, DStZ 2007, 267, 271 und Seer, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung1, 2008, § 89 Rn. 24ff.; für die Rechtsnatur einer behördlichen Auskunft als Verwaltungsakt jedoch bereits BVerwG, Urteil v. 25.2.1969 – I C 65.67, BVerwGE 31, 301 Rn. 40 (juris); damals schon für die Rechtsnatur als Verwaltungsakt: Birk (Fn. 4), 161, 168.

14 BFH, Urteil v. 1.2.1973 – IV R 1/72, BFHE 108, 517 = BStBl II 1973, 533; BFH, Urteil v. 30.4.2009 – VI R 54/07, BFHE 225, 50 = BStBl II 2010, 996; BFH, Urteil v. 5.6.2014 – VI R 90/13, BFHE 246, 383 = BStBl II 2015, 48; Böwing-Schmalenbrock, HFR 2016, 421, 423f.; Demleitner, AO-StB 2010, 349; Grotthoff, BB 2009, 2123, 2125; mit Verweis auf den AEAO mittlerweile zustimmend: Seer, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung1, 2016, § 89 AO Rn. 24.

15 Kritisch zur Ermächtigung der Finanzverwaltung zur „konstitutiven Anordnung der Verwaltungsaktqualität“: Jochum, , DStZ 2013, 544, 551.

16 Roser, in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung1, 2016, § 89 Rn. 32.

17 Vgl. Birk/Desens/Tappe (Fn. 10), § 4 B II 3 Rn. 466.

18 Zur Antragstellung durch eine Schuldnergesellschaft: Farle, DStR 2012, 1590, 1592; zur Antragsmöglichkeit eines zukünftigen Erbens: Berg, ZEV 2012, 137, 139f.

Krekeler, Auskunft25

1. Sachverhalt

Probleme bereitet die Voraussetzung des „noch nicht verwirklichten Sachverhalts“. Es ist in vielen Fällen unklar, inwieweit die Vorbereitung des Sachverhalts oder die Verwirklichung von zeitlich oder logisch notwendigen Zwischenschritten bereits die Antragsbefugnis ausschließt. Insbesondere umsatz- und erbschaftsteuerliche Sachverhalte verlangen eine angepasste Betrachtung.19 Umsatzsteuerliche Klauseln werden in Vereinbarungen häufig von der Würdigung durch die Finanzbehörde abhängig gemacht und ermöglichen es erst, dem Vertragspartner die Steuer in Rechnung zu stellen. Diese Vereinbarungen sind, wenn sie mit solchen wesentlichen Konsequenzen verbunden sind, für die Antragsbefugnis unschädlich.20 Mit der gleichen Begründung sollen auch Auskünfte zur Umgestaltung eines bereits verwirklichten Sachverhalts möglich sein.21 Ebenso unschädlich ist die sonstige Vorbereitung von steuerlichen Sachverhalten, solange die Steuerfolge noch nicht ausgelöst ist oder sicher eintreten wird.22

2. Gegenstand

Die Auskunft kann nicht nur zu einer abstrakt-generellen Rechtsfrage eingeholt werden; auch die Subsumtion eines Sachverhalts ist umfasst.23 Dabei kann es sich um Einzelfragen oder auch um Fragen von allgemeiner Relevanz handeln. Selbst bei vermeintlich klarer Rechtslage kann aus Gründen der Rechts- und Planungssicherheit eine Auskunft eingeholt werden.24 Auch muss eine Auskunft entgegen dem AEAO zu § 89 zu § 42 AO und zu Steuersparmodellen möglich sein. Letztere sind teilweise vom Gesetzgeber willentlich und wissentlich durch eine entsprechende Gesetzgebung geschaffen worden und müssen daher Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein können.25

Der AEAO zu § 89 spricht der Finanzbehörde die Möglichkeit zu, eine Auskunft zu verweigern, wenn Erlasse, Entscheidungen oder Gesetze in absehbarer Zeit zu erwarten sind. Mit Blick auf die Regelungen zum Wegfall der Bindungswirkung und den schlechten Erfahrungen bei Auskünften zum Umwandlungssteuergesetz26 ist eine solche Einschränkung abzulehnen.27

3. Besonderes Interesse

Wann der Antragsteller ein „besonderes Interesse“ an der Auskunft vorweisen kann, richtet sich laut der Gesetzesbegründung28 nach den Ausführungen des früheren BMF-Schreibens29 zur verbindlichen Auskunft.30

Die für das besondere Interesse notwendigen erheblichen steuerlichen Belastungen müssen nicht unbedingt beim Antragsteller anfallen. Es genügt z.B. dass auch der Erblasser, in dessen Person keine steuerliche Belastung durch den Erbfall eintritt, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der steuerlichen Auswirkungen seiner Gestaltungsmaßnahmen hat.31

Das Gesetz kennt keine wertmäßige Unbeachtlichkeit der steuerlichen Folgen (vgl. auch § 89 V 3 AO).32

C. Reichweite

I. Auslegung

Die Auskunft ist nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auszulegen.33 Dies ergibt sich schon allein aus ihrem Charakter als Verwaltungsakt.34 Vom BFH wird eine enge Auslegung vertreten.35 Die Finanzbehörde ist insbesondere nicht verpflichtet, zu dem der Auskunft zu Grunde liegenden Sachverhalt ein Rechtsgutachten zu erstellen; selbst notwendigerweise mit zu beantwortende Rechtsfragen soll die Finanzbehörde offenlassen können.36 Die Annahme einer allein auf den Antragsgegenstand beschränkten Reichweite der Auskunft greift, so Demleitner, jedoch zu kurz.37 Die Bindungswirkung begründet sich zwar nicht mehr im Grundsatz von Treu und Glauben; die Auskunft bindet vielmehr aus sich heraus.38 Eine Ablehnung betreffend einen Restanwendungsbereich für den Grundsatz von Treu und Glauben durch den Gesetzgeber sei hieraus jedoch nicht abzulesen. Stattdessen müsse sich die Finanzbehörde auch bei Erteilung einer Auskunft weiterhin an diesem messen lassen.39 Ist die rechtliche Würdigung des Auskunftsgegenstands


19 Zur Problematik des „noch nicht verwirklichten Sachverhalts“ insbesondere in Fällen der Umsatzsteuer: Schneider, BB 2013, 2846, 2849; vgl. auch Tz. 3.5.3. der AEAO zu § 89 für Dauersachverhalte; zur Voraussetzung des „noch nicht verwirklichten Sachverhalts“ bei Erbfällen: Berg, ZEV 2012, 137, 138.

20 Vgl. Schneider, BB 2013, 2846, 2849.

21 Zur verbindlichen Auskunft bei Umwandlungsfällen: Bruschke, SteuK 2012, 179.

22 Vgl. Werder/Dannecker, BB 2011, 2903, 2906.

23 Für einen Überblick über mögliche Gegenstände einer verbindlichen Auskunft: Werder/Dannecker, BB 2011, 2903ff; zum Problem der Ermessensausübung als Gegenstand der verbindlichen Auskunft: Orth, DStR 2009, 1397, 1403.

24 Vgl. Werder/Dannecker, BB 2011, 2903, 2904; gegen die Antragsmöglichkeit allein bei „ganz eindeutiger“ Rechtslage: Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 927f.

25 Vgl. Werder/Dannecker, BB 2011, 2903, 2905; Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 926f. mit Verweis auf BFH, Urteil v. 12.7.2012 – I R 23/11, BFHE 238, 344.

26 Auskünfte wurden mit der Begründung nicht erteilt, dass ein Umwandlungssteuererlass in Vorbereitung sei. Diese Vorbereitungsphase dauerte 2011 bereits fünf Jahre an.

27 Werder/Dannecker, BB 2011, 2903, 2904f.; Seer, in: Tipke/Lang (Fn. 53), § 21 Rn. 16; Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 927f.

28 BT-Drs 16/814, 23.

29 BMF, Schreiben v. 29.12.2003 – IV A4-S0430-7/03, BStBl I 2003, 742.

30 Vgl. Birk/Desens/Tappe (Fn. 10), § 4 B II 3, Rn. 467ff.

31 Zum besonderen Interesse des Erblassers: Berg, ZEV 2012, 137, 138f.

32 Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 924; für eine ungeschriebene Bagatellgrenze: Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung1, 2016, § 89 AO Rn. 202.

33 BFH, Urteil v. 11.7.2006 – VIII R 10/05, BFHE 214, 18 = BStBl. II 2007, 96; Werder/Dannecker, BB 2015, 1687, 1690; Demleitner, AO-StB 2010, 349, 350.

34 Böwing-Schmalenbrock, HFR 421, 424; zum Charakter als Verwaltungsakt s. A. II.

35 BFH, Urteil v. 18.12.2014 – IV R 22/12, BFHE 248, 354 = BStBl II 2015, 606; Werder/Dannecker, BB 2015, 1687, 1690.

36 Werder/Dannecker, BB 2015, 1687, 1690; vgl. auch Horst, Die verbindliche Auskunft, 2010, 95.

37 Demleitner, AO-StB 2010, 349, 351f.

38 Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), § 89 AO Rn. 24.

39 Für den Grundsatz aus Treu und Glauben als Prinzip des Rechtsverkehrs auch im Steuerverfahren: BFH, Urteil v. 1.7.1975 – VII R 25/73, BFHE 117, 120; ebenfalls für einen Restanwendungsbereich des Grundsatzes von Treu und Glauben nach Einführung des § 89 II AO: Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 929 mit Verweis auf BMF, Schreiben v. 27.6.2008 – VI A 3 – S 0224/08/10005, AO-StB 2008, 270 und FG Rheinland-Pfalz v. 14.5.2014 – 2 K 2244/12, EFG 2014, 1455 – I R 45/14, Rn. 24-28.

Krekeler, Auskunft26

zwingend mit einer anderen rechtlichen Bewertung, z.B. für andere Steuerarten oder für andere Veranlagungszeiträume, verknüpft, so sei die Finanzbehörde auch insoweit gegenüber dem Antragsteller gebunden.

Die Annahme einer über den reinen Antragsgegenstand hinausgehende (inzidente) Bindungswirkung der Auskunft überzeugt. Um die mit der Auskunft bezweckte Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten, müssen auch zwingend vorausgesetzte, aber nicht abgefragte Auskunftsbestandteile von der Bindungswirkung umfasst sein.

II. Bindungswirkung

Damit die Auskunft Bindungswirkung entfalten kann, muss diese wirksam sein; ihre Rechtmäßigkeit wird aber nicht gefordert.40 Auch rechtswidrige Auskünfte binden die Finanzbehörde, solange sich die Rechtswidrigkeit zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkt (vgl. § 2 I 2 StAuskV).41 Des Weiteren wird nicht verlangt, dass die verbindliche Auskunft für die Entscheidung zur Sachverhaltsumsetzung final geworden ist.42 Das Interesse des Antragstellers an der Auskunft für die Umsetzung des Sachverhalts ist nur bedeutsam für die Relevanz des Antrags, nicht aber für dessen Wirksamkeit.43 Lediglich die Identität des zu Grunde gelegten und des später umgesetzten Sachverhalts ist Voraussetzung für die Bindungswirkung (vgl. § 2 I StAuskV).44

1. Unilaterale Wirkung der verbindlichen Auskunft

Die Bindungswirkung ist personengebunden. Sie kann grds. nur vom Antragsteller oder dessen Gesamtrechtsnachfolger geltend gemacht werden.45 So kann sich eine Mitunternehmerin auch dann nicht auf eine gegenüber der Gemeinschaft von Mitunternehmern erteilte Auskunft berufen, wenn die Weigerung der anderen Mitunternehmer gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstößt.46 Bei einer solchen gesonderten und einheitlichen Feststellung i.S.d. §§ 179f. AO ist die Mitunternehmerschaft Steuerpflichtige (vgl. § 33 I AO). Zu der Möglichkeit, die einzelnen Mitunternehmer in den Schutzbereich der gegenüber der Mitunternehmerschaft erteilten Auskunft einzubeziehen,47 trifft der BFH keine Aussage. Dies, so Pflaum, sei allein deswegen sachgerecht, weil die Auswirkungen der Auskunft bei den Mitunternehmern zum Tragen kommen. § 1 II StAuskV sieht vor, dass der Antrag auf eine verbindliche Auskunft, die nicht die intransparente Steuerpflicht der Mitunternehmerschaft betrifft, durch die Gemeinschaft von Mitunternehmern und gerade nicht durch die Mitunternehmerschaft selbst gestellt wird. Mit Blick auf diese klare Trennung wäre es nur konsequent, die Mitunternehmer ebenfalls in den Schutzbereich der Auskunft miteinzubeziehen. Bei Publikumsgesellschaften könnte sonst ein einzelner Gesellschafter die gemeinschaftlich beantragte Auskunft entwerten und damit allen Mitunternehmern die positive Wirkung der Auskunft vorenthalten.

Die Möglichkeit eines Sonderrechtsnachfolgers, eine verbindliche Auskunft über denselben Sachverhalt für sich einzuholen, bleibt unberührt.48

Die verbindliche Auskunft bindet nur einseitig.49 Der Steuerpflichtige ist an die Feststellung der Finanzbehörde nicht gebunden.50

2. Wegfall der Bindungswirkung

Die einmal eingetretene Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft kann jedoch wieder entfallen oder korrigiert werden. Den Widerruf und die Korrektur einer verbindlichen Auskunft regeln § 2 I und II StAuskV, die den §§ 206, 207 AO entsprechen,51 § 2 III StAuskV und die auf die verbindliche Auskunft anwendbaren §§ 129-131 AO.

Nach § 2 I StAuskV entfällt die Bindungswirkung, wenn der verwirklichte Sachverhalt sich nicht nur nicht wesentlich vom beantragten Sachverhalt unterscheidet oder die Auskunft zuungunsten des Steuerpflichtigen vom geltenden Recht abweicht. Zu bestimmen, ob eine verbindliche Auskunft im konkreten Fall zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrig ist, kann im Einzelfall Probleme bereiten.52 So können sich insbesondere hinsichtlich verschiedener Besteuerungsgrundlagen oder Besteuerungszeiträume positive und negative Auswirkungen vermischen. Anhand welcher Kriterien in solchen Fällen die Vorteil- oder Nachteilhaftigkeit bestimmt wird, ist bislang noch nicht Gegenstand der BFH-Rechtsprechung gewesen.

§ 2 II StAuskV sieht den Wegfall der Bindungswirkung für Fälle vor, in denen die Rechtsvorschriften, auf Grundlage derer die Auskunft erteilt wurde, aufgehoben oder geändert werden.53 Die Bindungswirkung entfällt ipso iure (stillschweigende clausula rebus sic stantibus); der Aufhebung der Auskunft kommt also nur deklaratorische Wirkung zu.54


40 BFH, Urteil v. 12.8.2015 – I R 45/14, BFHE 251, 119; Böwing-Schmalenbrock, HFR 2016, 421, 423; i.E. Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht22, 2015, § 21 Rn. 19; Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 929; anders nur für nichtige Auskünfte: Steinhauff, jurisPR-SteuerR 6/2016 Anm. 1.

41 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 265; Rüsken (Fn. 2), 809, 818f.; Pflaum, HFR 2016, 340, 346; vgl. zur fehlenden Bindungswirkung einer zu Ungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrigen Auskunft: Rätke, in: Klein, Abgabenordnung13, 2016, § 89 Rn. 31; Wunsch, in: Koenig (Fn. 13), § 89 Rn. 29.

42 BFH, Urteil v. 12.8.2015 – I R 45/14, BFHE 251, 119; Böwing-Schmalenbrock, HFR 2016, 421, 424; Demleitner, AO-StB 2010, 349, 350; Steinhauff, jurisPR-SteuerR 6/2016 Anm. 1.

43 Demleitner, AO-StB 2010, 349, 350.

44 Seer, in: Tipke/Lang (Fn. 53), § 21 Rn. 19; Grashoff/Kleinmanns (Fn. 1) Rn. 528; Birk (Fn. 4), 161, 168.

45 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 270ff.

46 BFH, Urteil v. 17.9.2015 – III R 49/13, BFHE 252, 17; Wiese/Lukas, DStR 2016, 1048.

47 Vgl. Pflaum, HFR 2016, 340, 346.

48 Vgl. Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 274.

49 Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), § 89 AO Rn. 25f., 29; anders: Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 246.

50 Rüsken (Fn. 2), 809, 816.

51 Seer, in: Tipke/Lang (Fn. 53), § 21 Rn. 19.

52 Pflaum, HFR 2016, 340, 346.

53 Hierzu zählen gem. § 31 II BVerfGG auch Entscheidungen des BVerfG, da diese Gesetzeskraft haben; Rätke, in: Klein (Fn. 41), § 89 Rn. 35.

54 Auch dazu, dass selbst ohne Hinweis an den Steuerpflichtigen kein Vertrauenstatbestand geschaffen wird: BFH v. 30.3.2011, XI R 30/09, BFHE 233, 18 = BStBl II 2011, 613 Rn. 47 (juris); Rüsken (Fn. 2), 809, 821.

Krekeler, Auskunft27

Insbesondere wird durch die Auskunft auch kein besonderer Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung eines neuen Gesetzes geschaffen.55 Die Bedeutsamkeit des rückwirkenden Gesetzes für den Wegfall der Bindungswirkung ergibt sich zwar nicht ohne Weiteres aus dem Wortlaut des § 2 II StAuskV oder der §§ 130, 131 AO; die Rückwirkungsanordnung bestimmt jedoch, dass das Gesetz so zu behandeln ist, als wenn es bei Erteilung der Auskunft bereits existiert hätte.56 Die Bindungswirkung entfällt, vorbehaltlich der Rückwirkungsfiktion, zum Zeitpunkt der Rechtsänderung.

Mit Wirkung für die Zukunft kann eine verbindliche Auskunft dann aufgehoben oder geändert werden, wenn sich herausstellt, dass sie unrichtig ist (§ 2 III StAuskV). Neben dem Erlass ohne Rechtsgrundlage oder unter Verstoß gegen materielle Rechtsnormen umfasst Absatz 3 insbesondere Rechtsprechungsänderungen. Gemäß AEAO zu § 89 wird hierbei die anfängliche Unrichtigkeit nur nachträglich erkannt und die bestehende Rechtslage klargestellt. Es handelt sich also nicht um eine Änderung der Rechtslage wie von § 2 II StAuskV vorausgesetzt. Gleiches gilt für abweichende Verwaltungsanweisungen.57 In diesen Fällen ist die Auskunft von Anfang an unrichtig. Bei der Aufhebung oder Änderung handelt die Finanzbehörde mit Ermessen (AEAO zu § 89).58

D. Kosten

Mit der gesetzlichen Implementierung wurde für die bisher gebührenfreie Auskunft eine Gebührenpflicht eingeführt (vgl. § 89 III-V AO).59

Die Gebühr erfuhr bei Einführung harsche Kritik.60 Die gesetzgeberische Entscheidung, eine Auskunftsgebühr zu erheben, wurde teils als „völlig verrückt“61 bzw. „schlichtweg unverschämt“62 bezeichnet. Begründet wurde die Einführung der Gebühr damit, dass der zusätzliche Arbeitsaufwand der Finanzbehörde ausgeglichen werden soll und dass dem Antragsteller ein Sondervorteil entstehe, der abgegolten werden müsse.63 Auch wenn dieser Sondervorteil außerhalb der Steuerfestsetzung und Steuererhebung gewährt wird, handelt es sich dabei weiterhin um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Finanzbehörde und begründet daher keine Pflicht zur Erteilung einer Rechnung zum Umsatzsteuerausweis.64

Bis zur Zahlung der Gebühr durch den Antragsteller kann die Finanzbehörde die Auskunft verweigern (vgl. § 89 III 4 AO).65 Sie wird nach pflichtgemäßem Ermessen den Fälligkeitszeitpunkt in Fällen unsicherer Zahlung vorverlegen können (Normalfall: 1 Monat nach Bekanntgabe, vgl. § 89 III 3 AO).66

I. Verfassungsmäßigkeit

Die Verfassungsmäßigkeit der Auskunftsgebühr wird immer noch bezweifelt.67 Der 1. Senat des BFH stellte aber fest, dass die Auskunftsgebühr sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach verfassungsgemäß ist.68 Die Erhebung der Gebühr ist durch die Abgeltung des Sonderaufwands und die Abschöpfung des individuellen Vorteils gerechtfertigt.69 Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für Verwaltungsgebühren, eine solche ist die Auskunftsgebühr, ergibt sich aus Art. 108 V GG als Annex.70

Auch wenn man die Verfassungsmäßigkeit der Auskunftsgebühr im Grundsatz anerkennt, so wird man diese nur schwerlich generell bejahen können. In bestimmten Konstellationen lässt sich die Notwendigkeit einer Korrektur nicht von der Hand weisen. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Auskunft abgelehnt oder abschlägig erteilt und in denen die Gebühr mehrfach erhoben wird.71 § 89 VII AO lässt einen Verzicht auf die Gebühr zu, wenn die Erhebung im konkreten Fall unbillig wäre. Inwieweit diese Regelung dazu führt, dass auch in diesen Fällen die Verfassungsmäßigkeit der Gebühr angenommen werden kann, ist an der konkreten Fragestellung zu messen.

Man wird davon auszugehen haben, dass vor allem mit Blick auf die Rechtfertigung der Gebühr als Kosten- und Vorteilsausgleich eine Bereichsausnahme für nicht wesentliche und nicht aufwändige Auskünfte vorgenommen werden muss.72 In diesen Fällen stünde die volle Gebühr in keinem Verhältnis zum Aufwand und zur Bedeutung des Vorteils und wäre daher unangemessen. Geboten könnte sein, in solchen Fällen von der Berechnung der Gebühr über den Gegenstandswert abzusehen und stattdessen auf den Zeitwert abzustellen.73


55 BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 11.5.2015 – 1 BvR 741/14, DStR 2015, 2237.

56 Rüsken (Fn. 2), 809, 822.

57 Zurecht kritisch, weil sich die Finanzverwaltung damit ihren Ablehnungsgrund selbst schaffen kann: Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 927f.

58 Rätke, in: Klein (Fn. 41), § 89 Rn. 38.

59 Art. 20 I des Jahressteuergesetzes 2007, Gesetz v. 13.12.2006, BGBl I, 2878., BStBl I 2007, 28; zur Erhöhung der Gebühr s. Steuervereinfachungsgesetz, Gesetz v. 1.11.2011, BStBl I 2011, 986.

60 Vgl. Birk, NJW 2007, 1325, 1327.

61 Steuerexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags Kühn lt. Spiegel-Online-Artikel „Neue Finanzamt-Gebühren: „Schlichtweg unverschämt“ v. 20.11.2006.

62 Vorsitzender des Bundesverbands Junger Unternehmer (BJU) Martin lt. Spiegel-Online-Artikel „Neue Finanzamt-Gebühren: „Schlichtweg unverschämt“ v. 20.11.2006.

63 Ausführlich zur Rechtfertigung der Gebühr: Birk, NJW 2007, 1325, 1327f.; s. zur Begründung auch BR-Drs 622/06, 34f.

64 FG München, Urteil v. 17.3.2010 – 3 K 3055/07, DStRE 2010, 1014; zustimmend: Birk (Fn. 4), 161, 168.

65 Niewerth, in: Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht1, 2016, § 89 AO Rn. 14.

66 Birk, NJW 2007, 1325, 1326.

67 Siehe für eine kurze Übersicht: Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 321 m.w.N.; ebenso m.w.N.: Wunsch, in: Koenig (Fn. 13), § 89 Rn. 36; vgl. zur Diskussion auch Spilker, StuW 2013, 19, 27.

68 BFH, Urteil v. 30.3.2011 – I R 61/10, BFHE 232, 406 = BStBl II 2011, 536 Rn. 6 (juris).

69 Birk, NJW 2007, 1325, 1327f; Stemplewski, BB 2012, 2220, 2222f.; Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 324; gegen die Rechtfertigung der Gebühr: Spilker, StuW 2013, 19, 25f.

70 FG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.5.2008 – 1 K 46/07, EFG 2008, 1342, 1343; BFH, Urteil v. 30.3.2011 – I R 61/10, BFHE 232, 406 = BStBl II 2011, 536 mit Verweis auf BVerwG, Urteil v. 3.3.1994 – 4 C 1/93, BVerwGE 95, 188 Rn. 7 (juris).

71 Seer, in: Tipke/Lang (Fn. 53), § 21 Rn. 18.

72 Drüen, DStR 2010, 2, 5f.

73 Vgl. für Fälle von unverhältnismäßig hohen Gegenstandswerten: Seer, in: Tipke/Lang (Fn. 53), § 21 Rn. 18; vgl. auch Birk (Fn. 4), 161, 175.

Krekeler, Auskunft28

II. Gebührenerhebung

Es stellt sich die Frage, wann die Gebühr durch die Finanzbehörde erhoben werden darf und ob Gebühren mehrfach erhoben werden dürfen.74

Dabei löst nicht die Erteilung der Auskunft die Gebührenpflicht aus, sondern die Bearbeitung des Antrags.75

1. Je Sachverhalt

Je Sachverhalt wird nur eine Gebühr erhoben, auch wenn dieser mehrere Steuerarten betrifft. Auch mehrere Fragen zum selben Sachverhalt lösen nicht mehrfach eine Gebühr aus.76 Unter einem Sachverhalt ist in Anlehnung an die Begriffe des § 88 I 1 AO und § 174 AO jeder einheitliche Lebenssachverhalt im Sinne eines Geschehenskomplexes zu verstehen, der sich aus einer Reihe an Einzeltatsachen zusammensetzt.77 Ob eine Einzeltatsache einem Gesamtsachverhalt zuzuordnen ist, bestimmt sich nach dem inneren Zusammenhang.78 Es werden also an einen „einheitlichen Lebensvorgang“ steuerliche Folgen geknüpft.79

2. Je Antragsteller

Je Antragsteller fällt grds. nur eine Gebühr an. Betrifft ein Sachverhalt mehrere Steuerpflichtige oder stellen Mehrere gemeinsam einen Antrag auf verbindliche Auskunft, will die Finanzverwaltung mehrere Gebühren erheben.80

Eine gesetzlich verankerte Ausnahme bildet der Antrag auf Erteilung einer Auskunft durch Gemeinschaften i.S.d. § 1 II StAuskV. Stellen alle Mit-unternehmer einer Mitunternehmerschaft gemeinsam einen Antrag auf eine verbindliche Auskunft, deren Antwort gegenüber der Gemeinschaft nur einheitlich und gesondert erteilt werden kann (vgl. § 179 AO), so erhebt die Finanzbehörde nur eine Gebühr.81

Gleiches sollte auch dann gelten, wenn es sich um eine gemeinsame Auskunft von Organträger und Organgesellschaft handelt.82 Die Auskunft kann beiden Gesellschaften gegenüber nur einheitlich erteilt werden, weil der Sachverhalt auf beiden Ebenen zwingend gleich zu behandeln ist. Durch die Organschaft wird die steuerliche Selbstständigkeit der beiden Gesellschaften aufgehoben.83 Außerdem entsteht der Aufwand für die Bearbeitung, auf den die Gebührenerhebung gestützt wird, in Fällen der Organschaft nur ein Mal; unabhängig davon, ob der Träger oder die Gesellschaft den Antrag stellt.84 Der BFH entschied jedoch jüngst, dass in Fällen der Organschaft sehr wohl eine doppelte Gebührenpflicht entsteht.85 Diese Entscheidung ist kritisch zu sehen.

Dannecker/Werder fordern, dass dann nur eine Gebühr erhoben werden darf, wenn im Falle eines gerichtlichen Verfahrens bei den Antragstellern eine Streitgenossenschaft nach § 59 FGO i.V.m. §§ 59ff. ZPO vorliegt.86 § 89 III AO sieht nur eine Gebühr je „Bearbeitung“ eines Antrags vor. Stellen Mehrere einen Antrag zum selben Sachverhalt, so wird i.d.R. nur ein Verwaltungsverfahren notwendig. Auch fallen die Gerichtskosten nach § 34 GKG, auf den sich auch § 89 V 1 AO bezieht, bei einer Streitgenossenschaft nur einmal an. Die Pflicht zur Zusammenrechnung der Gegenstandswerte (vgl. § 39 I GKG) bleibt unberührt. Dem ist beizutreten.

III. III.Gebührenhöhe

Die Höhe der Gebühr bestimmt sich grds. nach dem Gegenstandswert (vgl. § 89 IV 1 AO). § 34 GKG wird entsprechend angewendet.87 Der Begriff des Gegenstandswerts aus §§ 2, 23 RVG, an den sich § 89 IV 1 AO anlehnt88 , bezeichnet den Wert, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (vgl. § 2 I RVG). Gemeint ist der objektive Geldwert des Gegenstands.89 Das BMF hält die steuerlichen Auswirkungen des vom Antragsteller dargelegten Sachverhalts für ausschlaggebend.90 Dabei wird man die „effektive Steuerersparnis“, ansetzen und bei Dauersachverhalten auf die durchschnittlichen steuerlichen Auswirkungen abstellen müssen.91

Der BFH definiert den Gegenstandswert mittlerweile als die Differenz zwischen dem Steuerbetrag, der auf Grund der vom Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen würde, und dem Steuerbetrag, der sich bei einer von der Finanzbehörde vertretenen entgegengesetzten Rechtsauffassung ergeben würde.92

Der Gegenstandswert ist vom Antragsteller darzulegen; ihm steht dabei ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu.93 Mittelbare Folgen der zum Gegenstand der Auskunft gemachten Fragen sind dabei weder gebührenerhöhend noch gebührenmindernd zu berücksichtigen (AEAO Tz. 4.2.2).94 Es bietet sich an, zur Vereinfachung der Festsetzung die Grundsätze der Streitwertbestimmung in gerichtlichen Streitverfahren


74 Das Gesetz trifft hierzu keine Aussage: vgl. Dannecker/Werder, BB 2011, 2268.

75 v. Wedelstädt, DB 2006, 2715, 2716.

76 Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2269.

77 BFH, Urteil v. 14.1.2010 – IV R 46/07, BFH/NV 2010, 1073; BFH, Urteil v. 26.2.2002 – X R 59/98, BFHE 198, 20 = BStBl II 2002, 450.

78 Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2269.

79 Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2269.

80 Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2269; Belcke/Westermann, BB 2012, 2473, 2477.

81 Vgl. Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2269f.

82 Vgl. FG Köln, Urteil v. 28.10.2014 – 8 K 730/12, DStRE 2015, 1522; Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2270; dies., BB 2015, 1687, 1691f.; Belcke/Westermann, BB 2012, 2473, 2477f.

83 Belcke/Westermann, BB 2012, 2473, 2477.

84 Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2270.

85 BFH, Urteil v. 9.3.2016 – I R 66/14, BFHE 253, 199 = BStBl. II 2016, 706.

86 Dannecker/Werder, BB 2011, 2268, 2270.

87 Rätke, in: Klein (Fn. 41), § 89 Rn. 65.

88 Birk, NJW 2007, 1325, 1326.

89 Birk, NJW 2007, 1325, 1326.

90 BFH, Urteil v. 22.4.2015 – IV R 13/12, BFHE 250, 295 = BStBl II 2015, 989 Rn. 26 (juris); Birk, NJW 2007, 1325, 1326 mit Verweis auf BMF, Schreiben v. 8.12.2006 – IV A 4-S 0224-12/06, DB 2006, 2721.

91 Vgl. Birk, NJW 2007, 1325, 1326.

92 BFH, Urteil v. 22.4.2015 – IV R 13/12, BFHE 250, 295 = BStBl II 2015, 989 Rn. 27 (juris).

93 Stutzmann, HFR 2016, 185, 188; vgl. auch Birk (Fn. 4), 161, 170.

94 BFH, Urteil v. 22.4.2015 – IV R 13/12, BFHE 250, 295 = BStBl II 2015, 989; Rätke, in: Klein (Fn. 41), AO, § 89 Rn. 60.

Krekeler, Auskunft29

entsprechend heranzuziehen.95

Ist ein Gegenstandswert nicht ermittelbar oder offenbar unzutreffend, so wird eine Zeitgebühr erhoben (vgl. § 89 VI AO).96

IV. Wegfall der Gebühr

Die entstandene Gebührenpflicht kann entfallen, dies insbesondere bei Rücknahme des Antrags und Erlass wegen Unbilligkeit.97

1. Rücknahme

Nimmt der Antragsteller seinen Antrag vor Erteilung der Auskunft zurück, kann die Gebühr gemindert werden (vgl. § 89 VII 2 AO). Die Ermäßigung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.98 Die Finanzbehörde könnte in ihrem Ermessen gebunden sein, wenn sie beabsichtigt, eine Auskunft mit negativem Inhalt zu erteilen. In diesem Fall dürfte sie eine Hinweispflicht treffen, damit der Antragsteller seinen Antrag zurücknehmen kann. Um den ersparten Zeitaufwand ist die Gebühr dann zwingend zu kürzen (vgl. auch die Ermessensvorschrift des § 5 AO).99

2. Billigkeitserlass

Ein Erlass aus Billigkeitsgründen (vgl. § 89 VII 1 AO) kommt in Betracht, wenn die Gebührenerhebung im konkreten Fall zu Unbilligkeiten führen würde.100

Ein solcher Erlass scheidet aus, wenn der Gesetzgeber bewusst Härten in Kauf genommen hat.101 Auch die Entwertung einer Auskunft durch ein rückwirkendes Gesetz vermag auf Grund des fehlenden Vertrauensschutzes102 keinen Billigkeitserlass begründen.103

Lehnt die Finanzbehörde die Erteilung der Auskunft ab, hat die Finanzbehörde weder Aufwand gehabt, der ausgeglichen werden müsste, noch ist dem Steuerpflichtigen ein Vorteil in Form von Rechtssicherheit zugeflossen. Die Gebühr ist auf Null herabzusetzen.104

V. Sonderfall der indirekten Steuern

Keine Gebühr entsteht bei der Lohnsteuerauskunft nach § 42e EStG.105 Bei der Erhebung der Lohnsteuer unterstützt der Arbeitgeber den Staat als „Gehilfe“.106 Daher ist es grundgesetzlich geboten, Auskünfte über die Lohnsteuerpflicht gebührenfrei und verbindlich zu erteilen.107

Auch der Schuldner von Umsatzsteuern ist als Gehilfe des Steuergläubigers tätig, weil die Umsatzsteuer eine eigentlich vom Endverbraucher zu entrichtende Verbrauchssteuer darstellt.108 Die Erhebung der Umsatzsteuer zeigt deutliche Parallelen zur Lohnsteuer.109 Der Unterschied hinsichtlich der Qualifizierung des Unternehmers nicht als Haftungs- sondern als Steuerschuldner ist unbeachtlich, solange die Auskunft den Antragenden „gerade in der Wahrnehmung seiner Funktion der Steuererhebung für den Staat unterstützt“.110

Es erscheint europarechtlich und auch nach der Rechtsprechung des BFH angemessen, dem Umsatzsteuerschuldner und im Ergebnis jedem Schuldner von indirekten Steuern die bevorzugte Behandlung des Lohnsteuerauskunftssuchenden zukommen zu lassen.111

VI. Abzugsfähigkeit

Fallen Gebühren für eine Auskunft an, so können diese grds. als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden.112 Häufig steht die Auskunftsgebühr im Zusammenhang mit der steuerlichen Beratung anlässlich einer geplanten betrieblichen oder beruflichen Aktivität.113 Zudem handelt es sich um „Kosten für eine steuerliche Vorweginformation“.114 Die Qualifizierung der „Kosten i.S. des § 89“ als „steuerliche Nebenleistungen“ durch das JStG 2007 (vgl. § 3 IV AO) ändert hieran nichts.115 Anders ist die Abzugsfähigkeit nur dann zu beurteilen, wenn Gegenstand der Auskunft steuerfreie Einnahmen oder vermögensverwaltende und somit ebenfalls nicht steuerbare Tätigkeiten sind.116


95 Stutzmann, HFR 2016, 185, 188.

96 Rätke, in: Klein (Fn. 41), § 89 Rn. 61, 70; Niewerth, in: Lippross/Seibel (Fn. 79), § 89 AO Rn. 16; dies dürfte eine Ausnahme sein: so Birk (Fn. 4), 161, 171.

97 Vgl. Niewerth, in: Lippross/Seibel (Fn. 79), § 89 AO Rn. 17.

98 Birk, NJW 2007, 1325, 1327; Bruschke, DStZ 2007, 267, 268; Rätke, in: Klein (Fn. 41), § 89 Rn. 76.

99 Birk, NJW 2007, 1325, 1327; vgl. auch Lahme/Reiser, BB 2007, 1361, 1363.

100 Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 928.

101 Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 11.5.2015 – I BvR 741/14, DStR 2015, 2237.

102 Vgl. auch C. 2. b).

103 BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 11.5.2015 – I BvR 741/14, DStR 2015, 2237.

104 Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 928f.; für Ermäßigung bei Negativauskunft: Rätke, in: Klein (Fn. 41), 89 Rn. 75 mit Verweis auf BFH, Urteil v. 5.2.2014 – I R 34/12, BFH/NV 2014, 1014; für eine Berechnung nach dem Kostendeckungsprinzip: Horst (Fn. 48), 169.

105 Gegen eine analoge Anwendung der § 89 III-V AO: Lahme/Reiser, BB 1361.

106 V. Streit, DStR 2012, 1897, 1898.

107 Vgl. BFH, Urteil v. 13.11.1959, BFHE 70, 290 = BStBl III 1960, 108.

108 Siehe hierzu: EuGH, Urteil v. 21.2.2008, Slg. 2008 I-00771, C-271/06 – Netto Supermarkt GmbH & Co. OHG/Finanzamt Malchin; EuGH, Urteil v. 3.10.2006, Slg. 2006 I-9373, C-475/03 – Banca popolare di Cremona Soc. Coop. arl/Agenzia Entrate Ufficio Cremona, IStR 2006, 783 Rn. 28.

109 Schneider, BB 2013, 2845, 2849.

110 Vgl. BFH, Urteil v. 29.2.2012 – IX R 11/11, BFHE 237, 9 = BStBl II 2012, 651 Rn. 29.

111 Horst (Fn. 48), 172f. m.w.N.; vgl. zur Gebührenpflicht bei einer Umsatzsteuerauskunft: Schneider, BB 2013, 2845, 2849; zur Gleichbehandlung von indirekten Steuerschuldnern mit dem Lohnsteuerschuldner: v. Streit, DStR 2012, 1897, 1898f. und Thieme, DStR 2014, 1093, 1096.

112 Birk, NJW 2007, 1325, 1327; v. Wedelstädt, DB 2006, 2715, 2716; i.E. zustimmend Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 408ff.; für eine Abzugsfähigkeit bei betrieblicher Veranlassung: Bruschke, DStZ 2007, 267, 273 und Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), § 89 AO Rn. 76; gegen eine Abzugsfähigkeit: BMF, Schreiben v. 27.6.2008 – IV A 3-S 0224/08/10005, DStR 2008, 1833 und Kurzinformation ESt Nr. 15/2008, DB 2008, 958; ebenfalls ablehnend mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut der §§ 3 IV AO und 12 Nr. 3 Halbs. 2 EStG: Stemplewski, BB 2012, 2220, 2223f.

113 Birk, NJW 2007, 1325, 1327.

114 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 410.

115 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 409f.; Horst (Fn. 48), 200f.

116 Birk, NJW 2007, 1325, 1327.

Krekeler, Auskunft30

E. Rechtsschutz

Die Auskunft ist ein Verwaltungsakt.117 Rechtsschutz im Rahmen der verbindlichen Auskunft kann der Steuerpflichtige durch Einspruch (§ 347 AO) sowie Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (§ 40 I FGO) erlangen.118

Mit Rücksicht auf teilweise mehrere Jahre dauernde Verfahren ist die Einführung eines beschleunigten Verfahrens bei den Finanzgerichten zur Gewährleistung von zeitnahem und effektivem Rechtsschutz wünschenswert.119 Der Finanzbehörde kommt ansonsten, z.B. bei Umstrukturierungen, die erfahrungsgemäß kurz- oder mittelfristig geplant werden, ein faktisches Vetorecht zu.120

I. Klagebefugnis und Rechtsschutzinteresse

Spätestens seit dem Urteil des BFH vom 30.04.2009121 kann der Klage des Antragsbegünstigten fehlendes Rechtsschutzinteresse nicht mehr entgegengehalten werden.122 Auch begründet die verbindliche Auskunft ein subjektives Recht des Steuerpflichtigen i.S.d. der Klagebefugnis nach § 40 II FGO.123

II. Ablehnung

Die Ablehnung der Erteilung einer Auskunft stellt ebenfalls einen Verwaltungsakt dar.124 Allerdings ist die Erteilung einer Auskunft mit negativem Inhalt keine Ablehnung.125 Das Entscheidungsermessen der Finanzbehörde (vgl. § 2 I StAuskV), eine Auskunft zu erteilen, ist regelmäßig auf Null reduziert.126 Wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft erfüllt sind,127, kann dieser gegen die Ablehnung mit einem Einspruch oder einer Verpflichtungsklage vorgehen.128

III. III.Negativauskunft

Hat die Finanzbehörde sich entschlossen, antragsgemäß eine Auskunft zu erteilen, so muss diese nicht der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen folgen. Auch eine Negativauskunft ist möglich.129

Entgegen der Auffassung des FG München130 steht der Finanzbehörde jedoch kein Auswahlermessen zu.131 Die Bindung an Recht und Gesetz verlangt, die einzig richtige Beurteilung des Sachverhalts als verbindliche Auskunft zu erteilen.132

Erteilt die Finanzbehörde eine Negativauskunft, stellt sich die Frage, ob der Antragsteller hiergegen gerichtlich vorgehen kann und wie weit die gerichtliche Kontrolldichte reicht. Dem Steuerpflichtigen steht jedenfalls kein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft mit einem bestimmten Inhalt zu.133

Anders als das FG München134 nahm das FG Köln135 an, dass auch eine negative Auskunft der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Bereits vor dem Urteil des FG Köln hatte der BFH entschieden, dass die Finanzgerichte die verbindliche Auskunft nur eingeschränkt inhaltlich kontrollieren können.136 Die von der Finanzbehörde vertretene Auffassung müsse lediglich in sich schlüssig und nicht evident fehlerhaft sein.137 In der Literatur erfährt diese Rechtsprechung des BFH deutliche Kritik. Der BFH habe dem Steuerpflichtigen „Steine statt Brot“ gegeben;138 die „Versagung jedes Rechtsschutzes“139 und damit eine „Entwertung des Rechtsinstituts der verbindlichen Auskunft“140 sei die Folge.

Entgegen der Hoffnung von Farle141 legt der BFH an die Evidenzprüfung keine engen Kriterien an. Vielmehr wird der Prüfungsmaßstab den Besonderheiten der verbindlichen Auskunft nicht gerecht.142 Es reicht bereits, dass die Auffassung der Finanzbehörde in der Literatur diskutiert wird.143 Regelmäßig wird die Auskunft aber dann eingeholt, wenn die betreffende Rechtsfrage umstritten ist oder noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde. Eine verbindliche Auskunft, die in solchen Fällen der Evidenzprüfung des BFH nicht standhält, ist praktisch nicht denkbar.144 Der Finanzbehörde steht es also letztlich frei, sich im Zweifel für eine Negativauskunft zu Gunsten des Fiskus zu entscheiden.145 Hiergegen kann sich der Steuerpflichtige faktisch nicht wehren. Der durch die Finanzgerichtsbarkeit gewährte Rechtsschutz läuft bei der verbindlichen Auskunft daher leer.146 Die Klage des Antragstellers wird regelmäßig keine Aussicht auf Erfolg haben;147


117 Siehe A.II.

118 Vgl. Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 307.

119 Werder/Dannecker, BB 2011, 2903, 2906.

120 Vgl. Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 928.

121 BFH, Urteil v. 30.4.2009 – VI R 54/07, BFHE 225, 50 = BStBl II 2010, 996.

122 Grotthoff, BB 2009, 2123, 2127.

123 Vgl. Krumm, DStR 2011, 2429, 2435.

124 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 303.

125 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 304.

126 Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 237, 303

127 Anspruch nicht aber auf einen „bestimmten Antrag“: FG Köln, Urteil v. 4.3.2013 – 3 K 132/10, EFG 2013, 1542 (Revision als unbegründet zurückgewiesen: BFH, Urteil v. 14.7.2015 – VIII R 72/13 (NV)); ebenfalls für einen Anspruch auf Erteilung der verbindlichen Auskunft: Golombek, BB 2015, 1946, 1950; vgl. auch Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), §89 AO Rn. 60; i.E. dafür: Stemplewski, BB 2012, 2220, 2224; Krumm, DStR 2011, 2429, 2430; gegen einen solchen Anspruch: i.E.: Rüsken (Fn. 2), 809, 817.

128 Vgl. Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 304; Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), § 89 AO Rn. 60.

129 Siehe hierzu nur: Horst (Fn. 48), 94.

130 FG München, Urteil v. 8.2.2011 – 13 K 2769/10, DStRE 2012, 189.

131 Rüsken (Fn. 2), 809, 819; Krumm, DStR 2011, 2429, 2430f.

132 Rüsken (Fn. 2), 809, 819; Bergan/Martin, DStR 2012, 2164 sprechen insoweit sogar von einer „Normauslegungsprärogative“.

133 BFH, Urteil v. 29.2.2012 – IX R 11/11, BFHE 237, 9 = BStBl II 2012, 651; FG Köln, Urteil v. 4.3.2013 – 3 K 132/10, EFG 2013, 1542.

134 FG München, Urteil v. 8.2.2011 – 13 K 2769/10, DStRE 2012, 189.

135 FG Köln, Urteil v. 6.3.2012 – 13 K 3006/11, EFG 2012, 1421.

136 BFH, Urteil v. 29.2.2012 – IX R 11/11, BFHE 237, 9 = BStBl II 2012, 651.

137 St. Rspr.: BFH, Urteil v. 5.2.2014 – I R 34/12, DStR 2014, 1601; BFH, Urteil v. 14.7.2015 – VIII R 72/13 (NV); mit Hoffnung auf die Anrufung des Großen Senats: Thieme, DStR 2014, 1093.

138 Farle, DStR 2012, 1590, 1592.

139 Mayer/Betzinger, DStR 2014, 1573, 1574.

140 Plewka/Pott, NJW 2012, 2558.

141 Farle, DStR 2012, 1590, 1593.

142 Thieme, DStR 2014, 1093, 1095.

143 Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 924.

144 Plewka/Pott, NJW 2012, 2558f.

145 Vgl. Plewka/Pott, NJW 2012, 2558, 2559; Rüsken (Fn. 2), 809, 821; i.E. auch Frase, BB 2012, 1969, 1972.

146 Rüsken (Fn. 2), 809, 820.

147 Bergan/Martin, DStR 2012, 2164, 2166.

Krekeler, Auskunft31

der Rechtsweg bleibt ihm effektiv verschlossen.148 Hat der Steuerpflichtige im Einspruchsverfahren, auf das der Rechtsschutz i.d.R. beschränkt bleibt149 , keinen Erfolg, so ist er auf die Kooperationsbereitschaft der Finanzbehörde angewiesen.150

Auch wenn die Auskunft auf Grund der eingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Finanzgerichte die im Falle einer Negativauskunft erhobene Gebühr unter Umständen nicht wert ist151 , bleibt angesichts der eindeutigen Rechtsprechung der verschiedenen Senate des BFH nur die Möglichkeit, diese hinzunehmen.152 Die Rechtsprechung findet mittlerweile sogar ihren Ausdruck im AEAO zu § 89.153 Dort wird klargestellt, dass die verbindliche Auskunft nur die Beurteilung der Finanzbehörde der zur Prüfung vorgelegten hypothetischen Gestaltung enthält.

Es ist daher Aufgabe des Gesetzgebers, klarzustellen, dass die verbindliche Auskunft Teil des Besteuerungsverfahrens ist und daher wie die Steuerfestsetzung vollumfänglich der materiell-rechtlichen Überprüfung zugänglich ist.154

Eine vollständige Kontrolle durch die Finanzgerichtsbarkeit ist bei der Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG hingegen anerkannt.155 Ebenso wie die fehlende Gebührenpflicht wird der Anspruch auf eine inhaltlich richtige Auskunft mit der Stellung des Arbeitsgebers als Gehilfe des Staates begründet.156 Folgt man der hier vertretenen Ansicht157 , dass allen Schuldnern von indirekten Steuern die gleichen Vorteile zuzusprechen sind, wird man auch bei Auskünften zur Umsatzsteuer eine vollumfängliche gerichtliche Überprüfbarkeit annehmen müssen.158

IV. Widerruf einer Positivauskunft

Folgt die Finanzbehörde der Auffassung des Antragstellers, so besteht kein Bedarf für Rechtsschutz. Anders verhält sich dies jedoch, wenn die Finanzbehörde sich entscheidet, die erteilte Auskunft aufzuheben. In diesen Fällen kann der Antragsteller mit Einspruch oder Verpflichtungsklage gegen die Entscheidung vorgehen.159 Vielfach wird dem Antragsbegünstigten daran gelegen sein, einstweiligen Rechtsschutz (vgl. § 114 FGO) gegen die Aufhebung der Auskunft und damit ihrer Bindungswirkung begehren zu können. Zwar ist das Klageverfahren gegen die Steuerfestsetzung von Amts wegen bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Widerruf auszusetzen (vgl. § 74 FGO).160 Der Steuerpflichtige wird aber regelmäßig ein Interesse daran haben, die mit der Einholung der Auskunft beabsichtigte Rechtssicherheit auch im Falle ihres Widerrufs so früh wie möglich, bestenfalls vor der Steuerfestsetzung, (wieder) zu erlangen.

Der BFH entschied für Fälle der Lohnsteuerauskunft, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht statthaft ist.161 Bei dem Widerruf einer Auskunft handele es sich lediglich um die Negation der zuvor erteilten Auskunft. Eine solche sei nicht vollziehbar und die Aussetzung der Vollziehung daher logisch ausgeschlossen.162 Sehr wohl vollziehbar und damit auch dem einstweiligen Rechtsschutz zugänglich sind aber solche Verwaltungsakte, die darauf abzielen, die positive Regelung, die ein anderer Bescheid enthält, aufzuheben.163 Bei der verbindlichen Auskunft handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Regelungswirkung und nicht um eine bloße Willenserklärung.164 Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist daher entgegen der vom BFH vertretenen Auffassung auch bei Widerruf einer Auskunft statthaft.165

V. Weitere Rechtsschutzmöglichkeit

Schließlich bleibt noch festzuhalten, dass dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt ist, auch mit der Feststellungklage (vgl. § 41 FGO) Rechtsschutz zu erlangen. Die Feststellungsklage ist statthaft, wenn zweifelhaft bleibt, ob durch eine bestimmte Rechtsänderung die gegenüber dem Steuerpflichtigen erteilte Auskunft und deren Bindungswirkung ipso iure entfallen ist.166

F. Fazit

Der Steuerpflichtige kann mit Hilfe der verbindlichen Auskunft nur unter strengen Voraussetzungen die gewünschte Rechtssicherheit erlangen. Diese ist zudem sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht stark begrenzt. Die gesetzlich vorgesehenen Fälle des Wegfalls der Bindungswirkung sind sehr weit gefasst. Dem Antragsteller kommt ein Vertrauensschutz nur in den Grenzen des § 130 II AO zu. Trotzdem wird der steuerliche Berater gehalten sein, seinen Mandanten nach dem Gebot des sichersten Weges auf die Möglichkeit der Einholung einer verbindlichen Auskunft hinzuweisen. Bei der Entscheidung, ob eine verbindliche Auskunft eingeholt werden soll, stellt die Auskunftsgebühr einen bedeutenderen Faktor dar als wünschenswert ist. Zum einen kann die Höhe der Gebühr abschreckend wirken. Zum anderen neigt die Finanzverwaltung dazu, bei mehreren Antragstellern Gebühren mehrfach zu verlangen. Es ist daher


148 Rüsken (Fn. 2), 809, 820.

149 Bergan/Martin, DStR 2012, 2164, 2166.

150 Seer, in: Tipke/Lang (Fn. 53), § 89 AO Rn. 19.

151 Plewka/Pott, NJW 2012, 2558, 2559.

152 Joisten/Bergmann, FR 2014, 923, 924.

153 BMF, Schreiben v. 31.1.2014 – IV A 3 – S 0062/14/10002, BStBl I 2014, 290.

154 Werder/Dannecker, BB 2015, 1687, 1690; vgl. Golombek, BB 2015, 1946, 1952.

155 BFH, Urteil v. 30.4.2009 – VI R 54/07, BFHE 225, 50 = BStBl II 2010, 996 Rn. 23.

156 Vgl. Thieme, DStR 2014, 1093, 1096.

157 Siehe D.V.

158 Vgl. hierzu auch: v. Streit, DStR 2012, 1897, 1898f.

159 Vgl. Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler (Fn. 44), § 89 AO Rn. 308.

160 BFH, Urteil v. 16.5.2013 – V R 23/12, BFHE 241, 242 = BStBl II 2014, 325; zustimmend: Steinhauff, jurisPR-SteuerR 39/2013 Anm. 5; Rätke, in: Klein (Fn. 41), § 89 Rn. 40.

161 BFH, Urteil v. 15.1.2015 – VI B 103/14, BFHE 248, 482 = BStBl II 2015, 447.

162 Vgl. zur fehlenden Vollziehbarkeit auch AEAO zu § 361 Nr. 2.3.2., BStBl. I 2011, 2, 4.

163 BFH, Urteil v. 20.7.2009 – VII S 22/09, BFH/NV 2009, 1599 Rn. 3; BFH, Urteil v. 8.11.2004 – VII B 137/04, BFH/NV 2005, 492 Rn. 8; BFH, Urteil v. 14.4.1987 – GrS 2/85, BFHE 149, 493 = BStBl II 1987, 637, BB 1987, 1869.

164 Vgl. auch Werder/Dannecker, BB 2015, 1687, 1690.

165 Werder/Dannecker, BB 2015, 1687, 1690f.; Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), § 89 AO Rn. 62.

166 Seer, in: Tipke/Kruse (Fn. 18), § 89 AO Rn. 61.

Krekeler, Auskunft32

darauf zu achten, welcher Steuerpflichtige zu welcher steuerlichen Rechtsfrage eine Auskunft beantragt. Gelegentlich wird die Bindungswirkung mehreren Steuerpflichtigen zu Gute kommen können, ohne dass die Gebühr mehrfach anfällt. Wird die Erteilung der Auskunft abgelehnt oder diese mit negativem Inhalt erteilt, so schafft die Eigenschaft der Auskunft als Verwaltungsakt dem Steuerpflichtigen zwar Rechtsschutzmöglichkeiten. Die ständige Rechtsprechung des BFH zur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit einer Negativauskunft versperrt dem Steuerpflichtigen aber faktisch den Weg zu effektivem Rechtsschutz und entwertet die Auskunft als Institut der Rechtssicherheit deutlich. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Gesetzgeber sich entscheidet, die verbindliche Auskunft dem Steuerfestsetzungsverfahren zuzuordnen und damit dem gerichtlichen Rechtsschutz zugänglich zu machen. Bis dahin ist der Steuerpflichtige auf die Klage gegen den Steuerbescheid verwiesen. Dennoch ist die Bedeutung der verbindlichen Auskunft bei der steuerlichen Beratung nicht zu unterschätzen. Sie ist im komplexen und sich ständig weiter entwickelnden deutschen Steuerrecht hoch und wird durch eine gesetzgeberische Regelung zum erweiterten Rechtsschutz noch zunehmen.