Privatautonomie und Betriebsverfassung

Gibt es einen Anspruch auf Folgearbeitsvertrag für befristet beschäftigte Betriebsratsmitglieder?

von Philipp Castrup *

A. Einleitung

„Leider können wir Ihren Vertrag nicht verlängern.“ – Mit solchen Worten enden nicht selten Betriebsratskarrieren. Der Versandriese Amazon sah sich außer Stande, den Arbeitsvertrag dreier Betriebsratsmitglieder zu verlängern, obwohl neues Personal eingestellt wurde.1 Die schwedische Modemarke H&M ließ unter Protest den Arbeitsvertrag der Betriebsratsvorsitzenden auslaufen.2 Und nicht zuletzt müssen sich Gerichte immer häufiger mit Entfristungsklagen sich benachteiligt fühlender Mandatsträger beschäftigen.

Dass solche Fälle keine Seltenheit mehr bleiben, überrascht wenig: Zum einen ist die Anzahl befristet beschäftigter Arbeitnehmer über die Jahrzehnte gestiegen. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber aber davon abgesehen, einen besonderen „Befristungsschutz“ für Mandatsträger zu schaffen. Ebenso wie ihren unbefristeten Kollegen steht ihnen zwar ein spezieller Kündigungsschutz zu. Endet ihr Arbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung, greift dieser Kündigungsschutz jedoch nicht 3 und es liegt grundsätzlich in der Hand des Arbeitgebers, ob er den Vertrag verlängert oder nicht.

Kann der Arbeitgeber ihm lästige Betriebsratsmitglieder also einfach auf diesem Wege „entsorgen“? Stellt das deutsche Recht den befristeten Mandatsträger hier vollkommen schutzlos? Diesen Fragen widmet sich dieser Beitrag mit Blick auf einen möglichen „Anspruch auf Folgearbeitsvertrag“. Hierbei ist nach zwei Gesichtspunkten zu differenzieren: Zum einen, ob das Gesetz einen Kontrahierungszwang anordnet, wenn der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied durch eine konkrete Verweigerung eines Anschlussvertrages benachteiligt (B). Zum anderen, ob dem Betriebsratsmitglied bereits ein genereller „Anspruch auf Folgevertrag“ zusteht, der es präventiv vor einer Benachteiligung schützt (C).

B. Kontrahierungszwang bei konkreter Benachteiligung

Benachteiligt der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied durch eine konkrete Vertragsverweigerung, liegen als Anknüpfungspunkte der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (I) und das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG (II) nahe.

I. Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz

1. Anwendungsbereich

Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz darf der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die sich gruppenmäßig in einer vergleichbaren Lage befinden, nicht willkürlich schlechter stellen. Gewährt er nach einem generalisierenden Prinzip einer Gruppe von Arbeitnehmern eine bestimmte Leistung, darf er sie einzelnen Arbeitnehmern der Gruppe nicht ohne sachlichen Grund vorenthalten. Auch die Gruppen dürfen vom Arbeitgeber nicht sachfremd gebildet werden. 4

Nach diesen Grundsätzen ist schon der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes klein. In den seltensten Fällen wird der Arbeitgeber bei Vertragsverlängerungen nämlich nach einem generalisierenden Prinzip verfahren, sondern vielmehr für jeden Arbeitnehmer eine individuelle Entscheidung treffen.5 Ebenfalls setzt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz eine Rechtsbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber voraus.6 Nach dieser Maßgabe reduziert sich der Anwendungsbereich weiter auf die Fälle einer Vertragsverweigerung, die noch vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses stattfindet.7 Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz kann damit nur einen Bruchteil der interessierenden Fälle erfassen.

2. Anspruchsgrundlage für einen Kontrahierungszwang

a) Rechtsprechung des BAG

Innerhalb dieses engen Anwendungskorridors ist die Frage entscheidend, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz einen Kontrahierungszwang begründen kann. Das BAG lehnte dies in einer Entscheidung aus dem Jahr 2008, jedenfalls für die sachgrundlose Befristung, ab.8 Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die verfassungsrechtlich geschützte


* Der Autor ist Student an der Bucerius Law School, Hamburg.

1 Rundfunk Berlin-Brandenburg rbb, Ex-Betriebsräte scheitern mit Klage gegen Amazon, http://www.rbb-online.de/wirtschaft/beitrag/2015/06/Ex-Betriebsraete-scheitern-mit-Klage-gegen-Amazon.html (letzter Zugriff 21.05.2016).

2 Ver.di, Team Ayse, http://teamayse.blogsport.eu/2014/07/03/hm-kanns-nicht-lassen/ (letzter Zugriff 21.05.2016).

3 S. nur Kiel, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht16, 2016, § 15 KSchG Rn. 2.

4 Vgl. zum Ganzen BAG, NZA 2009, 1135 Rn. 10; BAG, AP Nr. 39 zu § 1 BetrAVG Auslegung Rn. 36 f. jeweils m. w. N.

5 Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kommentar zum Kündigungsrecht4, 2012, § 15 TzBfG Rn. 112; Horcher, RdA 2014, 93, 98; Pallasch, RdA 2015, 108, 111; vgl. auch BAG, NZA 2009, 27 Rn. 21.

6 Vgl. statt vieler Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt (Fn. 5), § 15 TzBfG Rn. 112 m. w. N.; a. A. nur LAG Berlin, BeckRS 2003, 16970 für Abfindungszahlungen an gekündigte Arbeitnehmer.

7 Zutreffend Strecker, RdA 2009, 381, 382 f.; zu eng hingegen Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt (Fn. 5),§ 15 TzBfG, Rn. 112.

8 BAG, NZA 2009, 27 Rn. 22 ff.; ebenso Becker, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Kommentar zum Arbeitsrecht3, 2013, Art. 3 GG Rn. 48; Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt (Fn. 5), § 15 TzBfG Rn. 112; Meinel, in: Meinel/Heyn/Herms, Kommentar zum TzBfG5, 2015, § 14 Rn. 36; Koch, in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch16, 2015, § 38 Rn. 76; Grobys/Steinau-Steinrück, NJW-Spezial 2009, 52; Strecker, RdA 2009, 381; Horcher, RdA 2014, 93, 98; Diller, FD-ArbR 2009, 273640; a. A. Bader, in: KR, Gemeinschaftskommentar11, 2016, § 17 TzBfG, Rn. 84; Däubler, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, Kommentar zum Kündigungsschutzrecht9, 2014, § 15 TzBfG Rn. 23 f; Pallasch, RdA 2015, 108, 111.

Castrup, Folgearbeitsvertrag10

Abschlussfreiheit des Arbeitgebers dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Falle der sachgrundlosen Befristung vorgehe. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck des § 14 II TzBfG. Der Arbeitgeber solle am Ende des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses gerade keine sachlichen Gründe brauchen, um sich vom Arbeitnehmer zu trennen. Fordere man sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung, würde dieses Erfordernis jedoch Einzug finden und den Regelungszweck sowie die Flexibilisierungsfunktion9 der Befristung untergraben.10

Einige Stimmen in der Literatur möchten diese Rechtsprechung auf die Sachgrundbefristung nach § 14 I TzBfG ausweiten.11 Die Wirksamkeit einer Sachgrundbefristung bestimme sich nur danach, ob ein sachlicher Grund zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorlag. Sei dies der Fall, seien im Beendigungszeitpunkt auch keine sachlichen Gründe erforderlich, sodass nichts anderes gelten könne als bei der sachgrundlosen Befristung.

b) Kein Kontrahierungszwang aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz

Diese Auffassungen überzeugen. Nach der vom BAG ausgeführten gesetzlichen Wertung sollen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit Ablauf der Befristung wie bei einem Neuvertragsschluss gegenüberstehen. Um einen solchen Neuvertragsschluss handelt es sich rechtstechnisch auch.12 Es überzeugt daher nicht, das Ermessen des Arbeitgebers an Sachgründe zu binden, die ihm der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch beim erstmaligen Vertragsschluss nicht abverlangt hätte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gerade der Kontrolle der Freiheit des Arbeitgebers diene, die ihm auch § 14 II TzBfG gewähre.13 Zweck des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es, die Freiheit des Arbeitgebers zu kontrollieren, die sich aus seiner einseitigen Ausgestaltungsmacht im Arbeitsverhältnis ergibt.14 Mit Verweigerung eines Anschlussvertrages übt der Arbeitgeber jedoch seine negative Abschlussfreiheit aus, die nicht erst durch das Arbeitsverhältnis begründet wurde.

Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz folgt somit kein Kontrahierungszwang. Hierfür kommt nur § 78 S. 2 BetrVG in Betracht.

II. Anspruch wegen Benachteiligung nach § 78 S. 2 BetrVG

Gem. § 78 S. 2 BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder nicht wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt werden. Eine solche Benachteiligung liegt vor, wenn das Betriebsratsmitglied auf Grund seiner Betriebsratstätigkeit objektiv schlechter gestellt wird als ein vergleichbarer Arbeitnehmer.15 Das Verbot gilt gegenüber jedermann,16 sodass eine Verletzung auch nach Auslaufen des Arbeitsvertrages in Betracht kommt. Wird dem Betriebsratsmitglied nur auf Grund seiner Betriebsratstätigkeit ein Folgevertrag verweigert, kann man diese Verweigerung damit unproblematisch unter den Benachteiligungsbegriff des § 78 S. 2 BetrVG subsumieren.17

Die entscheidende Frage ist demnach auch hier: Lässt sich aus § 78 S. 2 BetrVG rechtstechnisch ein Kontrahierungszwang begründen?

1. Rechtsdogmatische Herleitung eines Kontrahierungszwangs

a) Lösungsansatz des BAG: Schadensrechtlicher Anspruch

aa) Rechtsprechung des BAG

Der siebte Senat des BAG hat sich im Jahr 2014 mit dieser Frage beschäftigt und einen Kontrahierungszwang auf Grundlage des Deliktsrechts angenommen.18 Zum einen sei § 78 S. 2 BetrVG Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB. Zum anderen begründe § 78 S. 2 BetrVG ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Betriebsratsmitglied und Arbeitgeber. Verstoße der Arbeitgeber gegen § 78 S. 2 BetrVG, ergebe sich daher sowohl aus § 280 I BGB als auch aus § 823 II BGB ein Schadensersatzanspruch. Im Rahmen der Naturalrestitution sei der Anspruch auf Abschluss des verweigerten Vertrages gerichtet.

Das BAG folgt damit dem Ansatz des Berufungsgerichts,19 anderer Instanzgerichte20 und auch der Rechtsprechung des BGH im Wettbewerbsrecht.21 Die Konstruktion eines allgemeinen Kontrahierungszwangs über die Naturalrestitution wird von Teilen der Literatur jedoch auch grundlegend abgelehnt.22 Mit dieser Kritik soll sich im Folgenden auseinandergesetzt werden.


9 Vgl. BT-Drucks. 14/4374, S. 1.

10 Vgl. BAG, NZA 2009, 27 Rn. 22 ff.

11 Dazu wie im Folgenden Horcher, RdA 2014, 93, 98; Strecker, RdA 2009, 381, 384 f.; Grobys/Steinau-Steinrück,NJW-Spezial 2009, 52.

12 Stein, in: Wendeling-Schröder/Stein, Kommentar zum AGG, 2008, § 15 Rn. 97.

13 So aber Tillmanns, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath (Fn. 8), § 15 TzBfG Rn. 16.

14 BAG, AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Seniorität; vgl. auch Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Band I7, 1963, S. 422 f.; Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1958, S. 232, 234, 237.

15 Fitting, Kommentar zum BetrVG28, 2016, § 78 Rn. 17 m. w. N.

16 Kreutz, in: GK, Gemeinschaftskommentar zum BetrVG10, 2014, § 78 Rn. 19 m. w. N.

17 S. nur Fitting (Fn. 15), § 78 Rn. 19.

18 Dazu wie im Folgenden BAG, NJW 2014, 3677.

19 LAG Niedersachsen, BB 2012, 2760.

20 LAG München BeckRS 2014, 71921; LAG München, BeckRS 2014, 65373; LAG Berlin-Brandenburg, BeckRS 2011, 77573.

21 St. Rspr. seit RGZ 48, 127; BGHZ 107, 273, 279 – Lotterievertrieb; OLG Koblenz, NJW-RR 1991, 944; bejahend außerdem Ellenberger, in: Palandt, Kommentar zum BGB75, 2016, Einf. v § 145 Rn. 9; Grüneberg, ebendort, § 21 AGG Rn. 7; Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB7, 2016, § 249 Rn. 355; Mansel, in: Jauernig, Kommentar zum BGB16, 2015, Vorbem. § 145 Rn. 11; Wolf, in: Soergel, Kommentar zum BGB, Band II13, 1999, Vor § 145 Rn. 53; Medicus, Schuldrecht I21, 2015, S. 42 f.; Nipperdey, Kontrahierungszwang und der diktierte Vertrag, 1920, S. 57 ff.; Horcher, RdA 2014, 93; Rolfs, NJW 2007, 1489, 1494.

22 Ablehnend Bork, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Buch 1, Allgemeiner Teil, Buch VII, 2015, Vorbem. zu §§ 145-156, Rn. 20; Armbrüster, in: Erman, Kommentar zum BGB14, 2014, Vorbem. zu §§ 145 ff. Rn. 29; Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, S. 220 ff.; Pallasch, RdA 2015, 108; Armbrüster, NJW 2007, 1494, 1497; K. Schmidt, AcP 206 (2006), 169, 191; Kilian, AcP 180 (1980), 47, 82; Bydlinski, AcP 180 (1980), 1, 11.; kritisch auch Bezzenberger, AcP 196 (1996), 395, 428.

Castrup, Folgearbeitsvertrag11

bb) Kritik der Literatur

Nach Karsten Schmidt spreche „gegen diese gekünstelte Rechtskonstruktion […] nahezu alles“23 Die Einordnung sei schon abzulehnen, da ein Schadensersatzanspruch ein Verschulden erfordere, auf das es – gerade bei einer Benachteiligung – kaum ankommen könne. Naheliegender sei bereits deswegen ein quasinegatorischer Anspruch.24 Ebenfalls wird bemängelt, dass das Anliegen eines Schadensersatzanspruches in der Kompensation einer vergangenen Vermögenseinbuße liege. Ein Kontrahierungszwang sei jedoch vornehmlich auf die Zukunft gerichtet.25 AcP 180 (1980), 47, 82; Bydlinski, AcP 180 (1980), 1, 11. Hierzu wird ergänzt, es fehle bereits an einem „früheren Zustand“, der wiederhergestellt werden könne, da ein Vertrag gerade nicht geschlossen wurde.26 Mittelbare Schäden z. B. durch Gewinneinbußen, würde der Kontrahierungszwang zudem nicht beheben.27 All dies spreche gegen die Konstruktion.

Diese Einwände können jedoch zu einem Großteil nicht überzeugen. Den Kritikern ist zwar zuzugeben, dass ein Verschuldenserfordernis befremdlich erscheint. Selbst wenn dies einen quasinegatorischen Anspruch nahelegt, bedeutet es jedoch nicht, dass ein Schadensersatzanspruch ausscheidet, da er zu einem quasinegatorischen Anspruch in freier Konkurrenz stehen kann.28 Ähnliches gilt für den Einwand, ein Kontrahierungszwang beseitige keine mittelbaren Schäden. Die Naturalrestitution muss sich nicht im Kontrahierungszwang erschöpfen; ein mittelbarer Schaden kann neben einem Kontrahierungszwang durch Geld ersetzt werden. Auch ist ein Anspruch nicht abzulehnen, da ein früherer Zustand fehlt, der wiederhergestellt werden kann. Vergleichsperspektive der Naturalrestitution ist nicht der Zustand, der bestand, sondern der Zustand, der „bestehen würde“ (§ 249 I BGB), wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Es hat eine Gleichstellung zum gegenwärtigen hypothetischen Zustand zu erfolgen,29 der – wie auch § 252 BGB zeigt – nicht schon vor der Verletzungshandlung bestanden haben muss.

Tragfähig und überzeugend sind jedoch von Busche vorgebrachte Zweifel, der zutreffend darauf hinweist, dass selbst unter Befürwortern der Konstruktion die genaue rechtsdogmatische Begründung „im Dunkeln verborgen“ bleibt: 30 Das schädigende Ereignis liegt in der Verweigerung des Vertragsschlusses. Denkt man diese im Sinne der Differenzhypothese hinweg, ist das Ergebnis bloß ein vertragsloser Zustand. Es müsste zum Hinwegdenken der Verweigerung eine positive Handlungspflicht des Arbeitgebers kommen, einen neuen Vertrag zu schließen, die der Anspruch gerade herleiten soll. Die Differenzhypothese kommt somit nicht zum Ergebnis eines Vertragsschlusses.

Hieran ändert sich auch nichts, wenn man die Verweigerung des Vertrags als Unterlassen des Vertragsschlusses versteht.31 Liegt die schädigende Handlung in einem Unterlassen, ist der hypothetisch Zustand zu bestimmen, indem die pflichtgemäße Handlung hinzugedacht wird.32 Auch hier würde der Anspruch also voraussetzen, dass die Pflicht zum Vertragsschluss schon besteht. Unter Anwendung der Differenzhypothese käme eine hypothetische Betrachtung vielmehr nur dann zum Ergebnis eines Vertragsschlusses, wenn man sich die Berücksichtigung der Betriebsratstätigkeit durch den Arbeitgeber hinwegdenkt. Die Berücksichtigung ist jedoch nur ein innerer Vorgang, ein Motiv, das sich erst in der Verweigerung des Vertrages als schädigende Handlung manifestiert.

b) Alternative Ansätze

Der Begründungsansatz des BAG über einen Schadensersatzanspruch erweist sich somit als nicht tragfähig. Zu fragen ist daher, ob ein Kontrahierungszwang über alternative Begründungsansätze hergeleitet werden kann. Da § 78 S. 2 BetrVG Schutzgesetz i. S. d. § 823 II BGB ist,33 könnte man zum einen nach einer Lösung über quasinegatorische Ansprüche suchen (aa).34 Zum anderen könnte man überlegen, einen Kontrahierungszwang direkt aus § 78 S. 2 BetrVG als Anspruch auf Gleichbehandlung herzuleiten (bb).

aa) Abwehransprüche: Quasinegatorischer Rechtsschutz

(1)2mmKein Kontrahierungszwang durch Unterlassungsanspruch

Als quasinegatorischer Anspruch kommt ein Unterlassungsanspruch analog § 1004 I 2 BGB in Betracht. Wie sinngemäß zur Naturalrestitution ausgeführt wurde, folgt aus dem Unterlassen der Vertragsverweigerung jedoch noch kein Vertragsschluss, da es an dem positiven Moment einer Begründungspflicht fehlt.35 Zwar könnte man überlegen, die Verweigerung als Unterlassen des Vertragsschlusses zu definieren und argumentieren, das „Unterlassen eines Unterlassens“ führe zu einer Handlungspflicht.36 Jedoch erscheint ein solcher Anspruchsinhalt widersinnig.37 Einem Handeln kommt vielmehr eine stärkere Qualität zu als einem bloßen Unterlassen, die sich gerade in einem Beseitigungsanspruch findet.38


23 K. Schmidt, AcP 206 (2006), 169, 191.

24 Bork, in: Staudinger (Fn. 22), Vorbem. zu §§ 145-156 Rn. 20; vgl. auch Armbrüster, in: Erman (Fn. 22), Vorbem. zu §§ 145 ff. Rn. 29; K. Schmidt, AcP 206 (2006), 169, 191; kritisch auch Bydlinski, AcP 180 (1980), 1, 11.

25 Armbrüster, in: Erman (Fn. 22), Vorbem. zu § 145 ff. Rn. 29; Bork, in: Staudinger (Fn. 22), Vorbem. zu §§ 145-156 Rn. 20; Sprafke, Diskriminierungsschutz durch Kontrahierungszwang, 2013, S. 205; Armbrüster, NJW 2007, 1494, 1497; Bezzenberger, AcP 196 (1996), 395, 428 f.; \Kilian,

26 Pallasch, RdA 2015, 108, 112; auch Armbrüster, NJW 2007, 1494, 1497; ders. VersR 2006, 1297, 1303 f.

27 Busche (Fn. 22), S. 222; Sprafke (Fn. 25), S. 205.

28 Vgl. zum Konkurrenzverhältnis Fritzsche, in: Bamberger/Roth, Kommentar zum BGB3, 2012, § 1004 Rn. 115; Bassenge, in: Palandt (Fn. 21), § 1004 Rn. 3, 29.

29 Zur Differenzhypothese s. nur Schubert, in: Bamberger/Roth (Fn. 28), § 249 Rn. 12 m. w. N.

30 Hierzu wie im Folgenden Busche (Fn. 22), S. 221; zustimmend Sprafke (Fn. 25), S. 205.

31 Zutreffend kritisch zu dieser Einordnung Busche (Fn. 22), S. 232 f.; Sprafke (Fn. 25), S. 208.

32 BGH, NJW 2000, 734, 736; Oetker, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 249, Rn. 324; Schubert, in: Bamberger/Roth (Fn. 28), § 249 Rn. 50, 180; Keilmann, JA 2005, 700, 701.

33 S. nur Künzl, in: Ascheid/Preis/Schmidt (Fn. 5), § 78 BetrVG Rn. 18 \linebreak m. w. N.

34 Zu Schutzgesetzen als Grundlage für quasinegatorische Ansprüche s. bei § 8 BPersVG BAG, Nr. 5 zu § 8 BPersVG; allgemein BGH, NJW 2008, 3565 Rn. 12; Baldus, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 1004 Rn. 35; Bassenge, in: Palandt (Fn. 21), § 1004 Rn. 4.

35 Hierzu unter B.II.1.a)bb); ähnlich Busche (Fn. 22), S. 227 f.

36 So Bork, in: Staudinger (Fn. 22), Vorbem. zu §§ 145-156, Rn. 20.

37 Neuner, JZ 2003, 57, 61; vgl. auch Bydlinski, AcP 180 (1980), 1, 11 ff.

38 So auch Busche (Fn. 22), S. 229; im Ergebnis auch Sprafke (Fn. 25), S. 208; Bydlinski, AcP 180 (1980), 1; a. A. Armbrüster, in: Erman (Fn. 22), Vorbem. zu § 145 ff. Rn. 29; Bork, in: Staudinger (Fn. 22), Vorbem. zu §§ 145-156, Rn. 20; Kilian, AcP 180 (1980), 47, 82.

Castrup, Folgearbeitsvertrag12

(2)2mmKontrahierungszwang durch Anspruch auf Beseitigung

Ein Kontrahierungszwang mittels eines Beseitigungsanspruch kommt analog § 1004 I 1 BGB in Betracht. Der Beseitigungsanspruch ist auf das Abstellen einer von einer Störungsquelle ausgehenden Beeinträchtigung gerichtet.39 Der Arbeitgeber schuldet den actus contrarius zu seinem störenden Verhalten.40 Ist Störungsquelle die Vertragsverweigerung durch den Arbeitgeber, ist der actus contrarius hierzu der Vertragsschluss.41 Der Arbeitgeber wäre verpflichtet, mit dem Betriebsratsmitglied einen Folgevertrag abzuschließen.

Bydlinski hat gegen diese Konstruktion grundlegende Zweifel angebracht.42 Er betont, dass die Beeinträchtigung tatbestandliche Voraussetzung für den Anspruch auf die Beseitigungshandlung sei. Hieraus folge, dass Beeinträchtigung und Beseitigungshandlung verschieden sein müssten. Bei einem verweigerten Vertragsschluss läge die Beeinträchtigung aber nur im Fehlen des Vertrages, während der Anspruch auf Abschluss des Vertrags gerichtet sei. Anspruchsziel und Anspruchsvoraussetzung fielen daher widersinnig zusammen. Der Anspruch auf Vertragsschluss würde nur voraussetzen, dass der Vertrag nicht geschlossen worden sei.

Diese Einwendungen greifen aber wenigstens für § 78 S. 2 BetrVG nicht. Die Beeinträchtigung liegt nicht allein im Fehlen des Vertrages, sondern in dem darin geschaffenen benachteiligenden Zustand.43 In ihm sind das Fehlen des Vertrages und die verbotene Berücksichtigung der Betriebsratstätigkeit untrennbar verknüpft.44 Die Beeinträchtigung ist damit ein aliud zum Vertragsschluss. Der Anspruch setzt nicht bloß das Fehlen einer Vertragsverlängerung voraus, sondern ebenfalls, dass diese gerade auf Grund der Betriebsratstätigkeit verweigert wurde.

Ein Kontrahierungszwang lässt sich somit rechtsdogmatisch sauber über einen Beseitigungsanspruch herleiten.45

bb) Gleichbehandlungsanspruch aus § 78 S. 2 BetrVG

Zuletzt bleibt zu untersuchen, ob neben einem quasinegatorischen Beseitigungsanspruch schon ein Anspruch unmittelbar aus § 78 S. 2 BetrVG besteht. Die nahezu einhellige Auffassung geht jedenfalls für die berufliche Entwicklung davon aus, dass unmittelbar aus § 78 S. 2 BetrVG ein positiver Anspruch auf Gleichbehandlung folge.46 Das Betriebsratsmitglied habe einen Erfüllungsanspruch gegen den Arbeitgeber, ihm die gleiche berufliche Entwicklung „angedeihen zu lassen, wie es sie ohne das Betriebsratsamt genommen hätte“.47 Verweigert der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied die Weiterbeschäftigung nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit, müsste also bei konsequenter Anwendung der Auffassung ein Kontrahierungszwang schon aus § 78 S. 2 BetrVG selbst bestehen.48

Dieser Meinung ist jedoch nicht zu folgen. § 78 S. 2 BetrVG ordnet keine Rechtsfolgen an. Nach seinem Wortlaut handelt es sich um ein Verbotsgesetz,49 welches grundsätzlich keinen Anspruch vermittelt. Es handelt sich demnach um eine Rechtsfortbildung.50 Als Erweiterung auf Rechtsfolgenseite ist diese als teleologische Modifikation in Form einer extendierenden Korrektur einzuordnen. Sie setzt voraus, dass die Erweiterung der Rechtsfolgen erforderlich ist, um den mit der Norm beabsichtigten Zweck vollständig zu verwirklichen.51

Zweck des Benachteiligungsverbots ist es, durch die Absicherung des Betriebsratsmitglieds seine Unabhängigkeit sicherzustellen.52 Zutreffend mag es sein, dass es hierfür auch ihm vorenthaltene Vorteile beanspruchen können muss. Bejaht man nach der hier vertretenen Auffassung Ansprüche analog § 1004 I 1 BGB auf die Beseitigung aller benachteiligenden Zustände, kann das Betriebsratsmitglied verweigerte Vorteile jedoch bereits über Gewohnheitsrecht geltend machen.53 Die teleologische Modifikation des § 78 S. 2 BetrVG ist damit nicht erforderlich. Es fehlt an einer Regelungslücke.54

Darüber hinaus sprechen dogmatische Erwägungen gegen einen Gleichbehandlungsanspruch aus § 78 S. 2 BetrVG:

Da der Gesetzgeber mit dem 2. Halbsatz bloß klarstellen wollte, dass das Benachteiligungsverbot auch die berufliche Entwicklung erfasst,55 müsste man einen Gleichbehandlungsanspruch konsequenterweise für jede Art der Benachteiligung annehmen. Da sich das Benachteiligungsverbot gegen jedermann richtet,56 müsste auch der Gleichbehandlungsanspruch gegen jeden gerichtet sein. Ipso iure würde mit der Wahl in den Betriebsrat ein gesetzliches Schuldverhältnis mit jedem Rechtssubjekt begründet. Unabhängig von einer konkreten Benachteiligung hätte das Betriebsratsmitglied damit in


39 Vgl. Gursky, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Buch 3: Sachenrecht, Buch X16, 2012, § 1004 Rn. 135.

40 Baldus, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 1004 Rn. 225.

41 Thüsing, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 21 AGG Rn. 18; Busche (Fn. 22), S. 230; Thüsing/von Hoff, NJW 2007, 21, 22.

42 Hierzu wie im Folgenden Bydlinski, AcP 180 (1980), 1, 12 f.

43 Vgl. zum Anspruchsziel des Beseitigungsanspruchs bei § 21 AGG Thüsing, in:MüKoBGB (Fn. 21), § 21 AGG Rn. 15; Wendtland, in: Bamberger/Roth (Fn. 28), § 21 AGG Rn. 7; Mansel, in: Jauernig (Fn. 21), § 21 AGG Rn. 3.

44 Vgl. zu § 21 AGG Armbrüster, in: Erman (Fn. 22), § 21 AGG Rn. 2.

45 So auch Deinert, in: Däubler/Bertzbach³, Kommentar zum AGG, § 21 Rn. 75 ff.; Wendtland, in: Bamberger/Roth (Fn. 28), § 21 AGG Rn. 13 ff.; Thüsing, in: MüKoBGB (Fn. 21), 21 AGG Rn. 18; Grüneberg, in: Palandt (Fn. 21),§ 21 AGG Rn. 7; Busche (Fn. 22), S. 233 ff.; Sprafke (Fn. 25), S. 208 ff.; Wagner/Potsch, JZ 2006, 1085, 1098; Wendt/Schäfer JuS 2009, 206; Thüsing/von Hoff, NJW 2007, 21; Schwab, DNotZ 2006, 649, 667 a. A. Maier-Reimer, NJW 2006, 2577, 2582; Armbrüster, NJW 2007, 1494, 1498; ders., VersR 2006, 1298, 1303; Bachmann, ZBB 2006, 257, 265 f.

46 So BAG, AP Nr. 84 zu § 37 BetrVG 1972; Löwisch/Kaiser, Kommentar zum BetrVG6, 2010, § 78 Rn. 22; Fitting (Fn. 15), § 78 Rn. 15 m. w. N.; Stege/Weinsprach/Schiefer, Kommentar zum BetrVG9, 2002, § 78 Rn. 7; Pallasch, RdA 2015, 108, 112; ebenso zu § 46 III S. 6 BPersVG Treber, in: Richardi/Dörner/Weber, Kommentar zum Personalvertretungsrecht4, 2012, § 46 Rn. 81; kritisch nur Kreutz, in: GK (Fn. 16), § 78 Rn. 74.

47 BAG, AP Nr. 84 zu § 37 BetrVG 1972; BAG, NZA 1993, 909, 910.

48 So auch die Feststellung von Horcher, RdA 2014, 93, 100; hierfür auch Pallasch, RdA 2015, 108, 112.

49 Vgl. Kreutz, in: GK (Fn. 16), § 78 Rn. 21 m. w. N.

50 Kreutz, in: GK (Fn. 16), § 78 Rn. 74.

51 Vgl. Looschelders/Roth, Juristische Methodik im Prozeß der Rechtsanwendung, 1996, S. 268 ff.; vgl. auch Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz², 1983, S. 90 ff., jedoch unter dem Namen der teleologischen Extension.

52 Vgl. nur Fitting (Fn. 15), 78 Rn. 2.

53 Zur Qualität des quasinegatorischen Anspruchs als Gewohnheitsrecht s. nur Schulte-Nölke, in: Schulze, Kommentar zum BGB8, 2014, § 1004 Rn. 1.

54 Vgl. zum Vorrang des Gewohnheitsrechts Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft³, 1995, S. 191.

55 Vgl. BT-Drucks. VI/1786, S. 47.

56 Siehe nur Kreutz, in: GK (Fn. 16), § 78 Rn. 19 m. w. N.

Castrup, Folgearbeitsvertrag13

letzter Konsequenz einen allgemeinen Anspruch gegen jeden, so behandelt zu werden, wie es ohne die Betriebsratsmitgliedschaft behandelt werden würde. Für diesen Anspruch auf allgemeine Gleichbehandlung käme es nicht einmal auf das Drohen einer Benachteiligung wie bei § 1004 I 1 BGB an. Ein damit bestehender Anspruch gegen jedermann ist jedoch ein dem Zivilrecht fremdes Konzept.57 Die teleologische Modifikation des § 78 S. 2 BetrVG ist daher auch dogmatisch nicht tragfähig. Unmittelbar aus § 78 S. 2 BetrVG folgt kein Erfüllungsanspruch.

2. Ausschluss analog § 15 VI AGG

Wie die vorrangegangene Untersuchung gezeigt hat, kann einem Kontrahierungszwang damit nur über einen Beseitigungsanspruch ein dogmatisches Fundament gegossen werden. Eine rechtstechnisch tragfähige Konstruktion ist damit gegeben. Mit § 15 VI AGG hat jedoch eine Norm ihren Weg ins Gesetz gefunden, die für die Diskriminierung eines Arbeitnehmers im Rahmen des AGG einen Kontrahierungszwang ausdrücklich ausschließt. Wenn der Norm ein entsprechendes gesetzliches Leitbild entnommen werden kann, könnte § 15 VI AGG bei der Diskriminierung eines Betriebsratsmitglieds analog heranzuziehen sein.

a) Anwendbarkeit auf Folgearbeitsverträge

Umstritten ist jedoch bereits, ob § 15 VI AGG überhaupt auf die „Verlängerung“ eines Arbeitsvertrags angewandt werden kann. Der Wortlaut spricht lediglich von der „Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses“.

Kritiker wenden ein, die erstmalige Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sei nicht mit einer Vertragsverlängerung vergleichbar. Bei der Vertragsverlängerung fehle es an einer „Bewerbersituation“. Der Arbeitgeber habe sich bereits mit seiner ursprünglichen Einstellung für den Arbeitnehmer entschieden, dem dadurch Bestandsschutz zukomme.58 Art. 3 GG wiege in dieser Situation stärker für den Arbeitnehmer als die negative Abschlussfreiheit für den Arbeitgeber.59 Eine andere Annahme sei außerdem wertungswidersprüchlich. Hätte der Arbeitgeber sich rechtmäßig verhalten und das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, wäre eine anschließende Kündigung nichtig gewesen (§ 134 BGB \linebreak i. V. m. dem Diskriminierungsverbot).60

Die gegensätzliche herrschende Meinung kann demgegenüber überzeugen.61 Es trifft zu, dass auch befristete Arbeitsverhältnisse Bestandsschutz vermitteln. Der Bestandsschutz endet jedoch mit Ablauf der Befristung, da dem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nur auf Zeit eingeräumt wurde, § 15 I TzBfG.62 Es ist daher auch nicht wertungswidersprüchlich, dass erst nach Abschluss eines erneuten Arbeitsvertrages ein besonderer Beendigungsschutz nach § 134 BGB i. V. m. § 78 S. 2 BetrVG greift. Auch überzeugt das Abstellen auf eine „Bewerbersituation“ nicht. Der Arbeitgeber hatte sich mit dem ursprünglichen Vertragsschluss gerade nur für die Befristungsdauer an den Arbeitnehmer gebunden und damit seine negative Abschlussfreiheit auf Zeit beschränkt.63 Ein früherer Abschluss mit dem Arbeitnehmer „lindert“ somit nicht den Eingriff in die Vertragsfreiheit. Unter praktischen Gesichtspunkten kann sich der Arbeitnehmer in der Befristungszeit sogar als vollkommen untauglich erweisen und sich die Prognose der ersten Einstellung damit als falsch herausstellen. Die herrschende Meinung überzeugt auch damit, einen Vergleich zum beruflichen Aufstieg (§ 15 VI Var. 3 AGG) zu ziehen. Wenn bereits die inhaltliche Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses von § 15 VI AGG umfasst ist, muss dies erst recht für den Abschluss eines Folgearbeitsverhältnisses gelten.64

b) Analoge Anwendung bei Benachteiligung eines Betriebsratsmitglieds

Es bleibt damit zu untersuchen, ob die Norm auch analog für das Benachteiligungsverbot gem. § 78 S. 2 BetrVG gilt. Hierfür bräuchte es eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage.65

Das BAG verneint eine vergleichbare Interessenlage mit Blick auf die Schutzfunktion des § 78 S. 2 BetrVG.66 Im Gegensatz zum AGG, das nur die Person schützt, schütze § 78 S. 2 BetrVG auch die Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds und des Betriebsrats als Organ. Der Schutz umfasse insbesondere die personelle und sachliche Kontinuität der Betriebsratsarbeit. Auf Grund dieser kollektiv-gremienbezogenen Schutzfunktion sei die analoge Anwendung des § 15 VI AGG weder geboten noch gerechtfertigt.

Einziger ersichtlicher Kritiker dieser jungen Rechtsprechung ist Pallasch.67 Er hält den Verweis des BAG auf die Kontinuität der Betriebsratstätigkeit für nicht tragfähig. Scheide ein Betriebsratsmitglied auf Grund einer Befristung aus, rücke gem. § 25 I BetrVG ein Ersatzmitglied nach. Die Kontinuität der Betriebsratsarbeit sei damit gewahrt. Einer vermeintlichen Diskontinuität werde auch nicht zwangsläufig durch einen „Anspruch auf Folgearbeitsvertrag“ abgeholfen. Hätte nur eine befristete Vertragsverlängerung zur Debatte gestanden, hätte auch nur ein befristeter Vertrag verlangt werden können. Die Problematik der Diskontinuität hätte sich dann gleichermaßen gestellt. Mit seiner Argumentation vermenge das BAG schlicht kollektiv- und individualrechtliche Fragen.

Diese Einwände können indes nicht überzeugen. Zwar trifft es zu, dass nachrückende Ersatzmitglieder die sachliche Kontinuität der Betriebsratsarbeit gewährleisten. Die


57 Vgl. Funke, Die sogenannte actio quasinegatoria, S. 108 f.; Münzberg, JZ 1967, 689, 693.

58 Voigt, in: Schleusener/Suckow/Voigt, Kommentar zum AGG4, 2013, § 15 Rn. 87; Pallasch, RdA 2015, 108, 113.

59 Pallasch, RdA 2015, 108, 113.

60 Pallasch, RdA 2015, 108, 113.

61 Zur h. M. LAG Hamm, BeckRS 2010, 72245; Däubler, in: Däubler/Bertzbach (Fn. 45), § 15 Rn. 129; Thüsing, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 15 AGG Rn. 43; Meinel/Heyn/Herms, Kommentar zum AGG², 2010, § 15 Rn. 102; Horcher, RdA 2014, 93, 99; Stoffels, RdA 2009, 204, 214; Hannau, ZIP 2006, 2189, 2201.

62 Vgl. BAG, NZA 2002, 896, 899.

63 Vgl. zum Vertragsschluss als Selbstbeschränkung der negativen Abschlussfreiheit Hanau, in: FS K. Adomeit, 2008, S. 237, 238 f.

64 Stoffels, RdA 2009, 204, 214; Hannau, ZIP 2006, 2189, 2201.

65 Vgl. BAG, AP Nr. 10 zu § 17 TzBfG.

66 Dazu wie im Folgenden BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 31 ff.; ebenso LAG Berlin-Brandenburg, BeckRS 2011, 77573.

67 Dazu wie im Folgenden Pallasch, RdA 2015, 108, 113.

Castrup, Folgearbeitsvertrag14

personelle Kontinuität betrifft jedoch die gleichbleibende Zusammensetzung des Gremiums.68 Sie ändert sich auch bei nachrückenden Ersatzmitgliedern. Selbst befristete Verlängerungen können die personelle Kontinuität zumindest fördern, da sie die Zusammensetzung des Betriebsrates in derselben Personenkonstellation für eine längere Zeit aufrechterhalten.

Mit dem Abstellen auf die kollektivbezogene Schutzrichtung des § 78 S. 2 BetrVG findet auch keine unzulässige Vermengung individueller und kollektiver Fragen statt. Das Betriebsratsmitglied liegt zwangsläufig in einer Schnittmenge aus individual- und kollektivrechtlichen Schutzzwecken, da es nur bei ausreichendem Individualschutz seinen kollektiven Aufgaben hinreichend nachkommen kann. § 78 S. 2 BetrVG schützt das Betriebsratsmitglied gerade in seiner Funktion als Interessenvertreter der Arbeitnehmer. Wie auch das BAG zutreffend feststellt, rechtfertigt dieser kollektivrechtliche Bezug einen über das AGG hinausgehenden Schutz. § 15 VI AGG ist daher nicht auf eine Benachteiligung nach § 78 S. 2 BetrVG analog anzuwenden. Wird einem Betriebsratsmitglied ein Folgearbeitsvertrag nur auf Grund seiner Betriebsratstätigkeit verweigert, steht dem Betriebsratsmitglied im Ergebnis ein „Anspruch auf Folgearbeitsvertrag“ analog § 1004 I 1 BGB i. V. m. § 78 S. 2 BetrVG zu.

3. Durchsetzung des Anspruchs

Bei einer materiellen Betrachtung scheint dieses Ergebnis für das Betriebsratsmitglied auf den ersten Blick zufriedenstellend: Der Anspruch besteht. Unter prozessualen Gesichtspunkte müsste das Betriebsratsmitglied aber nach allgemeinen Grundsätzen voll darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber es nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht weiterbeschäftigt hat.69 Auch, wenn diese Vermutung in manchen Fällen naheliegen dürfte, wird dem Betriebsratsmitglied dieser Nachweis praktisch nie gelingen. Der Anspruch würde damit in den meisten Fällen ein Recht auf dem Papier bleiben.

a) Beweis des ersten Anscheins

In Teilen der Literatur wird vor diesem Hintergrund vertreten, dass bei einer objektiven Schlechterstellung des Betriebsratsmitglieds zu vergleichbaren Arbeitnehmern ein Anscheinsbeweis für die Kausalität der Betriebsratstätigkeit besteht.70 Zu Recht lehnt das BAG dies jedenfalls für die Nichtverlängerung eines Arbeitsvertrags ab.71 Für einen Beweis des ersten Anscheins müsste ein Erfahrungssatz bestehen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung eine Nichtverlängerung typischerweise auf die Betriebsratstätigkeit zurückzuführen ist.72 Neben der Betriebsratstätigkeit kommen jedoch regelmäßig auch andere Gründe in Betracht, wegen derer der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt. Durch einen Anscheinsbeweis würde man dem Arbeitgeber unterstellen, Betriebsratsmitglieder typischerweise benachteiligen zu wollen. Eine solche Typik gibt die Lebenserfahrung, gerade bei individuellen menschlichen Entscheidungen,73 aber nicht her.74 Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen Bedarf an der Berufsgruppe des Arbeitnehmers hat.75

b) Analoge Anwendung von § 22 AGG

Denkbar wäre ebenfalls eine analoge Anwendung des § 22 AGG. Auch diese wird jedoch zu Recht für Fälle außerhalb des AGG abgelehnt.76 Maßgeblicher Grund für den Entwurf des AGG war das dringende Umsetzungsbedürfnis europäischer Richtlinien.77 Auch mit § 22 AGG sollten unionsrechtliche Vorgaben umgesetzt werden.78 Dass der Gesetzgeber sich in Kenntnis weiterer Benachteiligungstatbestände79 ausdrücklich auf Merkmale nach § 1 AGG beschränkt hat, zeigt den gesetzgeberischen Willen, nur seiner unionsrechtlichen Umsetzungspflicht nachzukommen. Auch wenn die Gesetzesbegründung den Grundsatz des deutschen Prozessrechts betont, „Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast danach zu bestimmen, im Einflussbereich welcher Partei sich bestimmte Vorgänge ereignet haben“,80 lässt sich hieraus keine Regelungslücke ableiten, solange den Umständen durch andere prozessuale Hilfen Rechnung getragen werden kann.

c) Abgestufte Darlegungs- und Beweislast

Die prozessuale Hilfe, mit der die Rechtsprechung letztlich dem Betriebsratsmitglied beispringt, ist die abgestufte Darlegung- und Beweislast.81 Danach muss sich der Arbeitgeber konkret zum Vorbringen des Betriebsratsmitglieds erklären, indem er Behauptungen durch eine Gegendarstellung substantiiert bestreitet.82 Tut er dies nicht, gilt das Behauptete nach § 138 III ZPO als zugestanden und kann in der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO berücksichtigt werden.

Unterschiedlich wird in der Rechtsprechung dabei die Frage beurteilt, zu welchem Grad der Arbeitnehmer selbst vorzutragen hat, damit der Arbeitgeber substantiiert bestreiten


68 Zum Begriff der personellen Kontinuität vgl. Hergenröder, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 15 KSchG Rn. 1, 3.

69 Vgl. nur Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO4, 2013, § 286 Rn. 111.

70 Buschmann, in: Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, Kommentar zum BetrVG15, 2016, § 78 Rn. 37; Fitting (Fn. 15), § 78 Rn. 21; Preis, in: Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Kommentar zum Mitbestimmungsrecht4, 2011, § 78 BetrVG Rn. 12; a. A. Kreutz, in: GK (Fn. 16), § 78 Rn. 44; Löwisch/Kaiser (Fn. 46), § 78 Rn. 8; Worzalla, in: Hess/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose/Huke, Kommentar zum BetrVG9, 2014, § 78 Rn. 15.

71 BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 37.

72 Vgl. nur Prütting, in: MüKoZPO (Fn. 69), § 286 Rn. 48 ff., 58.

73 Zum Anscheinsbeweis bei menschlichem Verhalten vgl. Foerste, in: Musielak/Voit, Kommentar zur ZPO13, 2016, § 286 Rn. 30.

74 So auch BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 37; Lipp, Honorierung und Tätigkeitsschutz von Betriebsratsmitgliedern, 2008, S. 174.

75 Anders aber LAG Niedersachsen, BB 2012, 2760, 2761.

76 Vgl. BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 37 ff.; Lipp (Fn. 74), S. 176 ff.; Tillmanns, in: Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath (Fn. 8), § 15 TzBfG Rn. 18; Bauer/Krieger, Kommentar zum AGG4, 2015, § 22 Rn. 5.

77 BT-Ducks. 16/1780, S. 1.

78 Zu den umgesetzten Richtlinien vgl. BT-Drucks 16/1780, S. 47.

79 Z. B. § 78 S. 2 BetrVG, § 5 TzBfG, § 612a BGB.

80 BT-Drucks. 16/1780 S. 47.

81 BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 35 ff.; LAG München, BeckRS 2014, 65373; LAG Niedersachsen, BB 2012, 2760, 2762; unklar LAG München, BeckRS 2014, 7192.

82 Grundlegend hierzu Schwab, in: Schwab/Weth, Kommentar zum ArbGG4, 2015, § 58 Rn. 89 ff.; vgl. zur Gegendarstellung Wagner, in: MüKoZPO (Fn. 72), § 138 Rn. 20.

Castrup, Folgearbeitsvertrag15

muss. Das BAG hält es zumindest für erforderlich, dass das Betriebsratsmitglied Indizien für eine Benachteiligung vorträgt.83 Das LAG Niedersachen und das LAG München haben dem gegenüber schon die Behauptung der Benachteiligung für ausreichend befunden, damit der Arbeitgeber sich erklären musste.84

Den Vorzug verdient die engere Auffassung des BAG. Eigenart der Befristung ist es, dass die Nichtverlängerung eines Arbeitsvertrages grundsätzlich nicht rechtfertigungsbedürftig ist, der Arbeitgeber für diese Entscheidung also keine Gründe braucht.85 Würde man bereits die Behauptung der Benachteiligung ausreichen lassen, könnte der Arbeitgeber der Behauptung nur durch Darlegung solcher Gründe substantiiert entgegentreten, sodass prozessual gefordert werden würde, was materiell nicht erforderlich ist. Wie das BAG feststellt, sind jedoch an die Indizien keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Sogar die Verlängerung anderer Arbeitsverhältnisse kann erklärungsbedürftig sein.86 Die Unterschiede der Auffassungen dürften in der Praxis daher kaum spürbar sein; die prozessuale Unterstützung, die dem Betriebsratsmitglied zukommt, ist aber auch gleichsam gering.

C. Fortsetzungsanspruch als grundsätzlicher Bestandsschutz

Nachdem die Grundlagen eines Kontrahierungszwangs bei benachteiligender Vertragsverweigerung untersucht wurden, bleibt die Frage, ob einem Betriebsratsmitglied darüber hinaus ein grundsätzlicher „Anspruch auf Folgevertrag“ zusteht. Eine Sonderregelung zu dieser Frage enthält § 78a BetrVG für den Auszubildenden.

I. Sonderfall: Fortsetzungsanspruch des auszubildenden Mandatsträgers

Der Auszubildende ist ein Sonderfall des befristet Beschäftigten. Sein Beschäftigungsverhältnis endet nach § 21 BBiG mit Ablauf der Ausbildungszeit (§ 21 I 1 BBiG) oder zuvor mit Bestehen der Abschlussprüfung (§ 21 II BBiG). Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis,87 sodass sich die gleichen Probleme stellen wie bei seinen vertraglich befristeten Kollegen. Der Gesetzgeber hat für diesen Sonderfall jedoch erkannt, dass ein auszubildender Mandatsträger durch das freie Ermessen des Arbeitgebers in seiner Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.88 In fraktionsübergreifendem Konsens wurde das gerade erst neu kodifizierte Betriebsverfassungsgesetz daher um die Norm des § 78a BetrVG ergänzt.89 Gem. § 78a II 1 BetrVG kann ein Auszubildender mit Mandat seither die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis verlangen.

II. Ausweitung des § 78a BetrVG auf alle befristet beschäftigten Betriebsratsmitglieder

Anschließend an den grundsätzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch des Auszubildenden stellt sich die Frage, ob auch andere befristet beschäftigte Betriebsratsmitglieder diesen grundsätzlichen Fortsetzungsanspruch haben. Eine § 78a BetrVG vergleichbare Vorschrift lässt sich im BetrVG nicht finden. Denkbar ist daher nur die analoge Anwendung des § 78a BetrVG.

1. Analogie nach Maßgabe des nationalen Rechts

Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraus.90 Nach Auffassung des BAG fehlt es an beidem.91

Im Gegensatz zu Ausbildungsverhältnissen, bei denen die Befristung gesetzlich bestimmt ist, seien Arbeitsverhältnisse typischerweise nicht befristet. Ihre Befristung beruhe auf einer einzelvertraglichen Abrede. Arbeitnehmer bedürften daher nicht derselben kollektivrechtlichen Absicherung wie Auszubildende, sodass die Interessenlage nicht vergleichbar sei.92 Außerdem habe der Gesetzgeber mit § 78a BetrVG eine Schutzvorschrift nur für den Auszubildenden schaffen wollen. Von einer Schutzvorschrift für alle befristet Beschäftigten habe er abgesehen. Diese bewusste Entscheidung habe er seit Einführung der Norm 1974 nicht revidiert, sodass es auch an einer planwidrigen Regelungslücke fehle.93

Diese Auffassung des BAG überzeugt jedenfalls in ihrem Ergebnis.

Nicht überzeugend ist es, eine Analogie bereits abzulehnen, da das Arbeitsverhältnis nicht typischerweise befristet ist. Voraussetzung einer Analogie ist eine vergleichbare Interessenlage im konkreten Fall zum gesetzlich geregelten Fall.94 Wird ein befristet Beschäftigter mit einem Auszubildenden verglichen, setzt der konkrete Fall die Befristung voraus. Auf eine Typik kommt es dann nicht an. Die Interessenlage ist dennoch nicht in jeder Hinsicht gleich: Dadurch, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf einer vertraglichen Abrede beruht, hat sich der Arbeitnehmer mit der Befristung seines Vertrages einverstanden erklärt. Bei dieser Vereinbarung wurde er dem Schutz des TzBfGs unterstellt. Dies gilt nicht für den Auszubildenden, dem das Gesetz die Befristung aufzwingt. Im Vergleich zum Arbeitnehmer ist er daher schutzwürdiger.

Dem BAG ist auch beizupflichten, dass es an einer Planwidrigkeit fehlt. Sowohl aus der Gesetzesbegründung95 als auch aus der Parlamentsdebatte96 geht der Wille hervor, den


83 BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 39; so auch schon zur missbräuchlichen Befristung BAG, NZA 2014, 426 Rn. 26; BAG, NZA 2014, 840 Rn. 26.

84 LAG München, BeckRS 2014, 65373; LAG Niedersachsen, BB 2012, 2760, 2762; unklar LAG München, BeckRS 2014, 71921.

85 S. o. B.I.2.

86 Vgl. BAG, NJW 2014, 3677 Rn. 41.

87 Pepping, in: Wohlgemuth, Kommentar zum BBiG, 2011, § 21 Rn. 13.

88 BT-Drucks. 7/1170 S. 1; BT-Drucks. 7/1334 S. 1.

89 Zur Gesetzgebungshistorie s. Thüsing, in: Richardi, Kommentar zum BetrVG15, 2016, § 78a Rn. 1 f.

90 Vgl. BAG, AP Nr. 10 zu § 17 TzBfG.

91 BAG, NZA 2013, 515, 520 f.; s. auch LAG München, BeckRS 2014, 71921 Rn. 41; LAG München, BeckRS 2014, 65373; LAG Niedersachen, BB 2012, 2760, 2763; ArbG Berlin, BeckRS 2011, 77524.

92 BAG, NZA 2013, 515 Rn. 46; ebenso LAG München, BeckRS 2014, 71921.

93 BAG, NZA 2013, 515 Rn 45; ebenso LAG München, BeckRS 2014, 71921; ArbG Berlin, BeckRS 2011, 77524; Fitting (Fn. 15), § 78 Rn. 19; Oetker, in: GK (Fn. 16), § 78a Rn. 13; Ulrici/Uhlig, JurisPR-ArbR 11/2012 Anm. 1.

94 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie8, 2015, Rn. 889.

95 BT-Drucks. 7/1170 S. 3.

96 Plenarprotokoll vom 6. Dezember 1973, S. 4208 ff.

Castrup, Folgearbeitsvertrag16

Anwendungsbereich des § 78a BetrVG auf Auszubildende zu beschränken. Insbesondere werden in der Parlamentsdebatte Begleitmotive der Gesetzesinitiative wie die Förderung jugendlichen Engagements in der Betriebsverfassung97 und die Schaffung gleichen Bestandsschutzniveaus zwischen Auszubildenden und Arbeitnehmern in der Jugendvertretung deutlich.98 Auch ging der Gesetzgeber davon aus, dass Auszubildende regelmäßig übernommen würden, da der Arbeitgeber durch die Ausbildung in sie investiert habe. Die Nichtübernahme eines auszubildenden Interessenvertreters stelle demgegenüber eine besonders rechtfertigungsbedürftige Ausnahme dar.99

Nach den Maßgaben des nationalen Rechts fehlt es also an den Voraussetzungen einer Analogie.

2. Unionsrechtskonforme Rechtsfortbildung

Eine analoge Anwendung des § 78a BetrVG könnte jedoch geboten sein, wenn sie als unionsrechtskonforme Rechtsfortbildung zur Verwirklichung europäischer Vorgaben erforderlich ist. Dies ist zum einen möglich, wenn ansonsten das deutsche Recht hinter einem unionsrechtlich gebotenen Schutzniveau zurückbleibt (a) oder zum anderen, wenn die Privilegierung von Auszubildenden unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgeboten zuwiderläuft (b). Vorgaben für den Schutz von Betriebsratsmitgliedern ergeben sich aus der Richtlinie 2002/14/EG und der europäischen Grundrechtecharta als Teil des Primärrechts. Unionsrechtliche Benachteiligungsverbote bestehen durch das Äquivalenzgebot und das Verbot der Altersdiskriminierung.

a) Sicherung des unionsrechtlichen Schutzniveaus

aa) Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG

Mit der Richtlinie 2002/14/EG – besser bekannt als Konsultationsrichtlinie (im Folgenden: K-RL) – wurde der unionsrechtliche Rahmen der Arbeitnehmervertretung auf neue Beine gestellt. Kernanliegen war die Absicherung der Arbeitnehmer durch Konsultation der Arbeitnehmervertretungen, nachdem bei einer Massenentlassung beim Automobilhersteller Renault die Arbeitnehmervertretung fast straflos umgangen wurde.100 Mit Art. 7 K-RL enthält die Richtlinie auch eine Schutzvorschrift für Mandatsträger. Zu klären ist, ob der unter (B) herausgearbeitete Schutz hinter deren Anforderungen zurückbleibt.

(1)2mm Anforderungen an das Schutzniveau

Die Kritik am deutschen Schutzniveau setzt meist am Wortlaut des Art. 7 K-RL an. Hiernach sollen Arbeitnehmervertreter nicht nur „ausreichenden Schutz“ (engl.: „adequate protection“), sondern auch „ausreichende Sicherheiten“ (engl.: „adequate guarantees“) genießen. Der Ausdruck „Sicherheiten“ – vor allem jedoch die englische Fassung „guarantees“101 – lege nahe, dass die Vorschrift nicht nur die Abwehr von tatsächlich eintretenden Gefahren fordere, sondern auch eine von vornherein bestehende Absicherung vor nur möglichen Risiken. Es wird bezweifelt, dass eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast für eine solche Sicherheit ausreiche.102

Die Kritiker knüpfen auch daran an, dass nach Art. 7 K-RL die Sicherheiten den Betriebsratsmitgliedern ermöglichen müssen, „die ihnen übertragenen Aufgaben in angemessener Weise wahrzunehmen“. Eine angemessene Wahrnehmung der Aufgaben erfordere, dass das Betriebsratsmitglied sich nicht die Frage stellen müsse, ob sein Standpunkt den Abschluss eines Anschlussvertrages gefährde. Eine solche Sicherheit hätte das Betriebsratsmitglied aber nicht, wenn es bei Auslaufen seines Vertrages nur den Versuch unternehmen könnte, ein kaum nachweisbares Motiv des Arbeitgebers zu beweisen.103

(2)2mmKein Umsetzungsdefizit

Entgegen dieser Kritik ist es vorzugswürdig, mit der weit überwiegenden Auffassung das Schutzniveau der Richtlinie gewahrt zu sehen.104 Der Wortlaut von Art. 7 K-RL fordert zwar „Sicherheiten“, diese müssen jedoch nur „angemessen“ und nicht vollumfänglich sein. Der weite Wortlaut lässt das genaue Niveau der Sicherheiten offen. Um zu bestimmen, was „angemessen“ i. S. d. Richtlinie ist, müssen Telos und der historische Kontext der Richtliniensetzung beachtet werden:

Wie der EuGH in seiner Holst-Entscheidung feststellt, ist Telos der Richtlinie lediglich, einen Rahmen mit Mindestvorschriften zu schaffen, wie sich auch aus der Rechtsgrundlage des Art. 137 II EG a. F. ergibt.105 Hauptzweck ist dabei, die Konsultation von Arbeitnehmervertretern sicherzustellen (der Fall Renault).106 Der Schutz von Arbeitnehmervertretern ist hingegen nicht einmal in die Erwägungsgründe eingegangen. Der EuGH folgert vor diesem Hintergrund zu Recht ein weites Ermessen der Mitgliedsstaaten.107 Würde das Unionsrecht einen absoluten Schutz wie durch § 78a BetrVG fordern, wäre dieses Ermessen faktisch auf null reduziert. Bei der Bewertung des deutschen Schutzniveaus darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der Absicherung gegen eine benachteiligende Vertragsverweigerung nur um einen Teilaspekt handelt. Insgesamt gewährt das deutsche Recht ein hohes Niveau an Schutz und Sicherheiten (vgl. u. a. § 15 KSchG; §§ 103, 37 IV, V, 78 BetrVG). Unter all diesen Gesichtspunkten bleibt das deutsche Recht nicht hinter den Anforderungen des Art. 7 K-RL zurück.

bb) Schutzvorgaben der Europäischen Grundrechtecharta

Diesem Ergebnis steht auch nicht die Europäische Grundrechtecharta (GRC) entgegen, auf deren Art. 27, 28 und 30 sich vereinzelt Autoren berufen.108


97 Klein (CDU), in: Plenarprotokoll vom 6. Dezember 1973, S. 4209; Urbaniak (SPD), in: Plenarprotokoll vom 06. Dezember 1973, S. 4211.

98 Klein (CDU), in: Plenarprotokoll vom 6. Dezember 1973, S. 4209.

99 Boemke, jurisPR-ArbR 18/2012 Anm. 1, C III; Ulrici/Uhlig, jurisPR-ArbR 11/2012 Anm. 1, C 3.

100 Kohte, in: Düwell, Kommentar zum BetrVG4, 2014, RL 2002/14/EG Rn. 1, 4 f.

101 Oxford Dictionary: 1.1 Something that ensures a particular outcome.

102 Helm/Bell/Windirsch, AuR 2012, 293, 295; Bell/Ögüt/Schubert/Helm, AiB 2012, 636, 637; vgl. auch Huber/Schubert/Ögüt, AuR 2012, 429, 430 f.; Helm, AiB 2015, 63, 65.

103 Bell/Ögüt/Schubert/Helm, AiB 2012, 636, 638.

104 So im Ergebnis BAG, NZA 2012, 515, 520 Rn. 39 ff.; LAG München, BeckRS 2014, 65373; LAG Niedersachsen, BB 2012, 2760, 2762; LAG Berlin-Brandenburg, BeckRS 2011, 77573; ArbG Berlin, BeckRS 2011, 77524; Kreutz, in: GK (Fn. 16), § 78 Rn. 5; Thüsing, in: Richardi (Fn. 89), § 78 Rn. 2; Ulrici/Uhlig, jurisPR-ArbR 11/2012 Anm. 1; Lakies, ArbRAktuell 2011,447; Deeg, ArbRAktuell 2011, 103; Jacobs, EuZA 2010, 533; Reichold, NZA 2003, 289, 279 f.; Giesen, RdA 2000, 298.

105 Vgl. EuGH, NZA 2010, 286 Rn. 50 – Holst.

106 RL 2002/14/EG, Erwägungsgründe 7 ff.

107 Vgl. EuGH, NZA 2010, 286 Rn. 52 – Holst.

108 Vgl. ArbG München, BeckRS 2011, 68221; Hjort/Helm/Hummel, ArbRAktuell 2011, 397, 398 f.; Helm/Bell/Windirsch, AuR 2012, 293, 296; vgl. auch Bell/Ögüt/Schubert/Helm/Helm, AiB 2012, 636, 639 f.; kritisch auch Kohte, in: Düwell (Fn. 100), RL 2002/14/EG Rn. 42.

Castrup, Folgearbeitsvertrag17

Art. 27 GRC verlangt bereits nur die Gewährleistung der Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmervertretern, jedoch nicht einen besonderen Schutz.109 Gleiches gilt für Art. 28 GRC, der nur das Recht schützt, kollektive Maßnahmen zu ergreifen.110 Alle drei Normen stellen zudem eine Gewährleistung auf, bestimmen jedoch selbst nicht deren Inhalt.111 Sie verweisen insoweit auf das Unionsrecht und die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Auch der Entlassungsschutz nach Art. 30 GRC regelt selbst nicht das „ob“ oder „wie“ des Schutzes. Er überlässt die Konkretisierung der Union und den Mitgliedsstaaten, denen somit ein Ermessenspielraum zusteht, der das von Art. 7 K-RL eingeräumte Ermessen sogar noch überschreitet.112

Das deutsche Recht unterschreitet damit nicht das unionsrechtlich gebotene Schutzniveau.

b) Unionsrechtliche Benachteiligungsverbote

Eine unionsrechtskonforme Rechtsfortbildung könnte jedoch erforderlich sein, wenn die Privilegierung des Auszubildenden eine unionsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung ist. Sie könnte andere befristet beschäftigte Mandatsträger unzulässig benachteiligen und eine Anpassung nach oben erfordern.

aa) Äquivalenzgrundsatz

Kohte bezweifelt, dass die Besserstellung Auszubildender gegenüber befristet beschäftigten Arbeitnehmern mit dem unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz zu vereinbaren ist.113 Der unionsrechtliche Äquivalenzgrundsatz besagt, dass ein Sachverhalt mit Bezug zum Unionsrecht nicht ungünstiger behandelt werden darf als ein innerstaatlicher Sachverhalt.114 Für den Auszubildenden werde jedoch ein strikterer Maßstab für die Ablehnung der Vertragsfortsetzung und eine günstigere Gestaltung des Verfahrens normiert als für die übrigen nach Art. 7 K-RL geschützten Betriebsratsmitglieder.115

Diese Zweifel greifen aber nicht durch. Beim Äquivalenzgrundsatz handelt es sich um ein verfahrensrechtliches Verbot, die Durchsetzung unionrechtlicher Positionen ungünstiger zu gestalten als die Durchsetzung nationaler Rechtspositionen.116 Der strengere Maßstab für die Ablehnung der Vertragsfortsetzung ist jedoch ein materielles Recht. Er kann daher nicht nach einem verfahrensrechtlichen Grundsatz beanstandet werden. Die abweichende Verfahrensgestaltung des § 78a BetrVG, die den Arbeitgeber in die Klägerrolle verweist (vgl. § 78a IV BetrVG), mag zudem zwar günstiger im Vergleich zur Durchsetzung des aus § 78 S. 2 BetrVG hergeleiteten Anspruchs sein. Der Äquivalenzgrundsatz erfordert gleiche Bedingungen zur Rechtsdurchsetzung jedoch nur für ähnliche Rechte.117 § 78a BetrVG knüpft an andere Tatbestandsmerkmale an (Auszubildender statt Benachteiligung) und hat einen anderen Gegenstand (Gestaltungsrecht), sodass es an einer hinreichenden Ähnlichkeit fehlt.

Entscheidend ist jedoch, dass der Vergleich zwischen § 78a BetrVG und einem Anspruch aus § 78 S. 2 BetrVG bereits nicht die Voraussetzungen der Vergleichsperspektive des Äquivalenzgrundsatzes erfüllt. Auch § 78a BetrVG schützt mit den Auszubildenden einen Teil der nach Art. 7 K-RL zu schützenden Arbeitnehmervertreter. Sowohl § 78a BetrVG als auch § 78 BetrVG verwirklichen also den Schutz des Art. 7 K-RL, sodass es sich nicht um den Vergleich einer unionsrechtlichen mit einer rein nationalen Rechtsposition handelt. Der Äquivalenzgrundsatz greift hier nicht ein.

bb) Verbotene Altersdiskriminierung

Andere Stimmen in der Literatur sehen in § 78a BetrVG eine verbotene Altersdiskriminierung und damit einen Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG (im Folgenden G-RL). Typischerweise handele es sich bei Auszubildenden um eine sehr junge Altersgruppe, an der ältere Beschäftigte nur einen verschwindend geringen Anteil hätten. Die Altersstruktur befristet beschäftigter Arbeitnehmer sei demgegenüber deutlich stärker durchmischt. § 78a BetrVG sei demnach ein Fall mittelbarer Diskriminierung i. S. d. Art. 2 II lit. b G-RL. 118

Zum Teil wird diesen Bedenken mit dem Argument begegnet, § 78a BetrVG stelle den Auszubildenden nicht besser. Vielmehr mindere die Norm nur die Schlechterstellung der Auszubildenden gegenüber Arbeitnehmer, die sich daraus ergebe, dass ihre Beschäftigungsverhältnisse von Gesetzes wegen befristet sind.119 Für die Feststellung einer mittelbaren Diskriminierung müssen jedoch Vergleichsgruppen gebildet werden, die sich an dem Geltungsbereich der differenzierenden Norm orientieren.120 Da § 78a BetrVG bereits logisch nur für befristet beschäftigte Interessenvertreter gelten kann, müssen die Vergleichsgruppen zwischen Auszubildenden und befristet beschäftigten Arbeitnehmern mit Mandat gebildet werden. Zwischen diesen Vergleichsgruppen führt § 78a BetrVG zu einer Besserstellung.

Auch für eine Besserstellung ist jedoch durch die gesetzliche Anordnung der Befristung, die dem Auszubildendem eine besondere Schutzwürdigkeit verleiht,121 ein sachlicher Differenzierungsgrund i. S. d. Art. 2 II lit. b i) G-RL gegeben, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt. Daneben stellt Art. 6 I lit. a G-RL klar, dass zu den legitimen Zielen, die eine Benachteiligung rechtfertigen können, auch die Förderung der


109 Vgl. Rudolf, in: Meyer, Kommentar zur GRC4, 2014, Art. 27 Rn. 1 ff.

110 Vgl. Rudolf, in: Meyer (Fn. 109), Art. 28 Rn. 1 ff.

111 Hieran anknüpfend auch LAG Niedersachen, BB 2012, 2760, 2762; Lakies, ArbRAktuell, 2011, 447, 450.

112 Vgl. Krebber, in: Calliess/Ruffert, Kommentar zum EUV/AEUV4, 2011, Art. 30 GRC, Rn. 2.

113 Kohte, in: Düwell (Fn. 100), RL 2002/14/EG Rn. 42.

114 EuGH, Rs. 33/76, Slg 1976, 1989 Rn. 5 – Rewe; EuGH Rs. 45/76 Slg 1976 2043, Rn. 11, 18 – Comet.

115 Kohte, in: Düwell (Fn. 100), RL 2002/14/EG Rn. 42.

116 Vgl. von Bogdandy/Schill, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union58, 2016, Art. 4 EUV Rn. 84 m. w. N.

117 Vgl. EuGH, BeckRS 2013, 81290 Rn. 39.

118 Huber/Mücke/Helm, ArbRAktuell 2012, 422; ähnlich Helm/Bell/Windirsch, AuR 2012, 293, 295, jedoch in Bezug auf eine ungleiche Anwendung des Art. 7 K-RL.

119 Ulrici/Uhlig, jurisPR-ArbR 49/2012 Anm. 6.

120 EuGH, AP Nr. 13 zu § 23 KSchG 1969; vgl. auch Thüsing, in: MüKoBGB (Fn. 21), § 3 AGG Rn. 34; Bauer/Krieger (Fn. 76), § 3 Rn. 24.

121 S. o. C.II.1

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beruflichen Eingliederung und das Sicherstellen des Schutzes für Jugendliche gehört, die § 78a BetrVG jedenfalls mittelbar fördert. Durch § 78a BetrVG findet daher keine unzulässige Altersdiskriminierung statt.

D. Zusammenfassung

1. Einen grundsätzlichen Fortsetzungsanspruch hat nur der Auszubildende. § 78a BetrVG ist nicht analog anzuwenden. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Auch eine unionsrechtskonforme Rechtsfortbildung ist nicht geboten.

2. Befristet beschäftigte Betriebsratsmitglieder haben einen Anspruch auf Abschluss eines Folgevertrages, wenn ihnen die Vertragsverlängerung nur wegen ihrer Betriebsratstätigkeit verweigert wurde. Der Anspruch besteht gem. § 78 S. 2 BetrVG i. V. m. § 1004 I 1 BGB analog als quasinegatorischer Beseitigungsanspruch. § 15 VI AGG ist nicht analog anzuwenden.

3. Macht ein Betriebsratsmitglied geltend, der Arbeitgeber habe es nur wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht weiterbeschäftigt, trifft das Betriebsratsmitglied die Darlegungs- und Beweislast. Dem Betriebsratsmitglied kommt bei dem Nachweis nur eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast zu Gute.