von Victoria Kurczinski*
A. Einführung
Seit über einem Jahrzehnt bedient sich der internationale Waren- und Dienstleistungsverkehr in kontinuierlich zunehmendem Maße des Kommunikationsmediums Internet, weshalb sich auch Marken- und Kennzeicheninhaber seither den Herausforderungen der Kennzeichenkollision und internetspezifischen Nutzungsformen ausgesetzt sehen. Trotz der Bekanntheit des Problemfeldes zeichnet sich keine zufriedenstellende Lösung in Form einer umfassenden Anpassung des staatlichen Marken- und Kennzeichenrechts ab. Vielmehr scheinen die nationalen Gesetzgeber mit der Flexibilität des Cyberspace nicht Schritt halten zu können. Vor diesem Hintergrund wird nach einer Einführung in das Markenrecht auf zwei internetspezifische Kennzeichennutzungen, Keyword Advertising und Domain Grabbing, eingegangen, um dann die Situation aus der Sicht des IZVR und IPR zu erläutern. Schließlich wird anhand der Theorie eines einheitlichen Cyberlaw und zwei selbstregulierten Abhilfemechanismen die Frage beantwortet, ob Selbstregulierung die passgerechtere Lösung darstellen könnte, um den virtuellen Raum des Internets für Marken- und Kennzeicheninhaber rechtlich klar zu strukturieren.
B. Grundprinzipien des Markenrechts
I. Funktionen und Territorialitätsprinzip
Marken und andere gewerbliche Kennzeichen erfüllen im geschäftlichen Verkehr spezifische Funktionen, die wertbildend für den jeweiligen Inhaber und nützlich für den Marktteilnehmer sind.1 Dementsprechend bezweckt das gewerbliche Kennzeichenrecht ihren Schutz und ihre Gewährleistung. Ausgehend von der Herkunftsfunktion geben gewerbliche Kennzeichen Aufschluss darüber, von wem das konkrete Produkt oder die Dienstleistung ausschließlich stammt.2 Des Weiteren macht das Kennzeichen bei entsprechenden Marktaktivitäten des Inhabers3 Aussagen über Qualität, bewirbt die Ware oder Dienstleistung und besitzt dann sowohl eine Kommunikations- als auch eine Investitionsfunktion.4 Zusätzlich ist das Markenrecht von dem grundlegenden Territorialitätsprinzip5 geprägt, nach dem sich der nationale Kennzeichenschutz auf das jeweilige Hoheitsgebiet begrenzt.6 Funktionsgewährleistung erfolgt nur innerhalb des Schutzgebietes. Die kollisionsrechtliche Ausprägung hierzu ist das Schutzlandprinzip (lex loci protectionis).7
II. Dreistufiger Aufbau des Markenschutzes
1. Nationaler Markenschutz in Deutschland
Auf der untersten Ebene steht der nationale Markenschutz, der sich in Deutschland vornehmlich nach dem MarkenG richtet. Im Bereich der Registermarke setzt es die europäische Markenrechts-RL um, sodass es innerhalb der obligatorischen Vorgaben der Richtlinie unionsweit vereinheitlichtes Recht darstellt.8 Nach dem MarkenG bedarf es bei Vorliegen der Schutzvoraussetzungen des § 3 MarkenG nicht zwingend einer Eintragung. Neben Registermarken sind auch Benutzungsmarken, notorisch bekannte Marken sowie andere Kennzeichen geschützt. Zentrale Anspruchsgrundlagen finden sich in §§ 14, 15 MarkenG, die entweder bei doppelter Zeichen- und Waren-bzw. Dienstleistungsidentität oder bei sogenannter Verwechslungsgefahr dem Kennzeicheninhaber Schadensersatz oder einen Unterlassungsanspruch zugestehen.
2. Supranationaler Markenschutz innerhalb der EU
Das Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip des freien Binnenmarktes und dem Territorialitätsprinzip des Markenschutzes, das nach Art. 36 S.1 AEUV zugunsten der nationalen Rechtsmonopole gelöst wurde9, resultierte neben einer Rechtsharmonisierung über Richtlinien in der Schaffung einer einheitlichen supranationalen Gemeinschaftsmarke, geregelt in der GMV.10 Nach dem Grundsatz der Koexistenz steht dieser Schutz neben nationalen Schutzregimen, Kollisionsfälle sind in der GMV mitgeregelt.11 Sie statuiert eine unionsweite Registermarke12, die aufgrund des grundsätzlichen Gleichlaufs zwischen der GMV und der Markenrechts-RL entsprechende Voraussetzungen bezüglich Inhalt, Umfang und Schranken aufweist.13
3. Die IR-Marke
Bei der IR-Marke, die auf dem Madrider Markenabkommen und dem dazugehörigen Protokoll basiert, handelt es sich nicht um eine Marke nach internationalem Recht, sondern nur um ein einheitliches Anmeldeverfahren.14 Neben der Angabe einer nationalen Basismarke, die in das Markenregister
* Die Autorin ist Studentin an der Bucerius Law School, Hamburg.
1 Campos Nave, Einführung in das Markenrecht³, 2011, Rn. 6ff. sowie Rn. 9ff.
2 Vgl. beispielsweise EuGH GRUR 2010, 1008, 1009; EuGH, Rs. C-59/08 – Copad/Dior, Slg. 2009, I-03421, Rn. 22; Hacker, in: Ströbele/Hacker (Hrsg.), Markengesetz, Kommentar11, 2015, Einl., Rn. 32ff; siehe auch ErwGr. 11 der Markenrechts-RL.
3 Hacker, in Ströbele/Hacker (Fn. 2), Einl., Rn. 42.
4 Vgl. EuGH, Rs. C-487/07 – L’Oréal/Bellure, Slg. 2009, I-05185, Rn. 58; bestätigt beispielsweise in EuGH, verb. Rs. C-236/08 bis C-238/08 – Google und Google France, Slg. 2010, I-02417, Rn. 77; s. auch Lange, Marken- und Kennzeichenrecht2, 2012, Rn. 18ff.
5 Vgl. unter anderem BGH GRUR 2007, 884, 886.
6 Müller, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, Kommentar3, 2015, 6.Teil, Vorbemerkung, III Rn. 10.
7 Drexl, in: MüKoBGB6, Band 11, IntImmGR, Rn. 7f.
8 Vgl. Hacker, in Ströbele/Hacker (Fn. 2), Einl., Rn. 17.
9 Hacker, in Ströbele/Hacker (Fn. 2), Einl., Rn. 7f.
10 Vgl. hierzu auch §§ 125 a ff. MarkenG.
11 Campos Nave (Fn. 1), Rn. 297.
12 Götting, Gewerblicher Rechtsschutz10, 2014, § 66 Rn. 6; Kirschmeck, in Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 3 Rn. 1.
13 Götting (Fn. 12), § 66 Rn. 12; Campos Nave (Fn. 1), Rn. 296.
14 Campos Nave (Fn. 1), Rn. 447; Fezer, in: Markenrecht, Kommentar4, 2009, Int MarkenR Rn. 4.
der WIPO eingetragen wird15, kann ein Bündel weiterer Abkommensstaaten angegeben werden, in denen dann durch die WIPO eine Registrierung erfolgt.16 Maßgeblich für die Schutzfähigkeit bleibt das jeweilige nationale Schutzregime. Ein international einheitliches Markenrecht existiert hingegen nicht.17 Internationale Abkommen wie insbesondere die PVü und TRIPS führen nur zu vereinzelten Harmonisierungen und Erleichterungen.18 Insofern ist das Markenrecht weltweit weiterhin vom Territorialitätsprinzip durchdrungen.
C. Problemstellung: Markenschutz im
Cyberspace
I. Ubiquität statt Territorialität
Das Internet stellt ein technisches, international einheitliches System dar, auf dessen Inhalte grundsätzlich jeder zugreifen kann. Unterschiedliche Sprachen sowie die Systematisierung von geographischen Top Level Domains (ccTLDs)19 führen nur faktisch zu einer gewissen Territorialisierung der Zugriffe auf Webinhalte.20 Beherrschende Prinzipien sind somit Ubiquität und Virtualität.21 Diese Grundkonzeption steht im direkten Konflikt mit dem Territorialitätsprinzip.22 Die Schutzbereiche, die in der realen Welt aufgrund des beschränkten geschäftlichen Verkehrs zumeist nebeneinander existieren konnten, kollidieren im Internet miteinander. Hieraus ergeben sich bei grenzüberschreitenden Kennzeichenverletzungen Funktionsschutzprobleme sowohl für das IZVR als auch das IPR. Zudem führt die virtuelle Darstellung zu internetspezifischen Nutzungsformen, die zusätzlich auf materieller Ebene einer Einordnung bedürfen. Exemplarisch hierfür soll das Keyword-Advertising und Domain Grabbing vor den anderen Problematiken betrachtet werden.
II. Internetspezifische Nutzungsformen
1. Keyword Advertising
a) Erscheinungsformen
Beim sogenannten Keyword Advertising, bei Google bekannt als Google-AdWords, werden Schlüsselwörter bei einem Suchmaschinenbetreiber gegen Entgelt gebucht, damit die Website des jeweiligen Unternehmens bei Eingabe des Wortes in der Suchmaschinenmaske als „sponsored link“ oder als „Anzeige“ auftaucht.23 Zu unterscheiden ist hiervon die Sonderform des Keyword Buying, bei dem über ein Schlüsselwort ein Platz in der regulären Trefferliste gekauft wird.24 Keyword Advertising stellt die weiterentwickelte Form des Meta Tagging dar. Meta Tags sind Schlüsselwörter im nicht sichtbaren Quelltext einer Website, die von Suchmaschinen, die diese Meta-Ebene noch bei ihrer Suche berücksichtigen,25 gefunden werden und diese Website aufgrund des Treffers dann auf einen höheren Listenplatz sortieren.26 Kennzeichenrechtlich relevant wird diese Praxis, wenn es sich bei den gebuchten Schlüsselwörtern um geschützte gewerbliche Kennzeichen eines fremden Unternehmens handelt.27 Das gebuchte Schlüsselwort kann in der Ergebnisanzeige sichtbar im Werbebanner der Website des Nichtinhabers auftauchen, möglich ist aber auch die Buchung als Keyword ohne explizites Aufführen des Kennzeichens.28 Für die erste Variante des sichtbaren Keyword Advertising ergeben sich keine Unterschiede zu einer kennzeichenrechtlichen Nutzung auf einer Website, sodass Ansprüche aus §§ 14, 15 MarkenG in Betracht kommen,29 problematisch erscheint aber die rechtliche Einordnung des unsichtbaren Keyword Advertising.
b) Einordnung des unsichtbaren Keyword Advertising
aa) Gleichstellung mit Meta-Tags
Ebenso wie Meta Tags sind die gebuchten Keywords für den jeweiligen Internetnutzer nur in Form seiner eigenen Eingabe in der Suchmaske, nicht jedoch im Suchergebnis sichtbar. Unsichtbares Keyword Advertising und Meta Tags verfolgen zudem das gleiche Ziel der erhöhten Kenntnisnahme durch den Internetnutzer und könnten rechtlich gleichgestellt werden.30 Für Meta Tags war die Tatbestandsmäßigkeit einer markenrechtlichen Verletzung längere Zeit mangels einer unmittelbaren Wahrnehmbarkeit umstritten.31 Insbesondere im Hinblick auf die neben der Herkunftsfunktion mitgeschützten Vertrauens-, Qualitäts- und Werbefunktionen wird inzwischen jedoch das ungeschriebene Erfordernis der markenmäßigen Benutzung hier weit verstanden32, sodass mittelbare Verwechslungsgefahr bejaht33 und somit ein Schadenersatzanspruch aus den §§ 14, 15 MarkenG zugesprochen wird.34
bb) Einschränkende Rechtsprechung
Der EuGH musste mehrmals über das Keyword Advertising entscheiden und schränkte die Voraussetzungen für das Vorliegen einer markenrechtlichen Verletzung ein.35 Zunächst muss auch die Herkunftsfunktion verletzt sein, eine Beeinträchtigung der anderen Funktionen einer Marke ist nicht ausreichend.36 Laut EuGH ist es möglich, dass Keyword Advertising eine solche Verletzung darstellt, wenn keine Kenntnis seitens des Verkehrs über die fehlende Verbindung zwischen Werbenden und Markeninhaber vorliegt, eine solche Verbindung aber suggeriert wird oder die Ausgestaltung der geschalteten Anzeige nicht oder nur schwer zu erkennen gibt,
15 Campos Nave (Fn. 1), Rn. 462.
16 Campos Nave (Fn. 1), Rn. 449f; Fezer (Fn. 14), Int MarkenR Rn. 4.
17 Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), 6.Teil, Vorbemerkung, III Rn.9.
18 Sosnitza, Deutsches und europäisches Markenrecht, 2010, § 1 Rn. 10; Fezer (Fn. 14), Int MarkenR Rn. 2f. und Rn. 17ff.
19 Siehe zum Begriff Ubber, Markenrecht im Internet, 2002, S. 37.
20 Siehe hierzu auch Heinze, EuZW 2011, S. 947, 948.
21 Vgl. Schack, MMR 2000, S. 135; Ubber (Fn. 19), S. 29.
22 Ubber (Fn. 19), S.29.
23 Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 Rn. 141.
24 Habermeier, in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr (Hrsg.), Handbuch des Vertriebsrechts3, 2010, § 42 Rn. 50; Hüsch, Keyword Advertising und Keyword Buying, 2006, S.142.
25 S. Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 Rn. 137.
26 Kaufmann, MMR 2005, S. 348; Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 Rn. 137.
27 Hüsch (Fn. 24), S. 139.
28 Hüsch (Fn. 24), S. 55.
29 Hüsch (Fn. 24), S. 153.
30 Vgl. beispielsweise OLG Dresden, K&R 2007, 269, 270; OLG München, MMR 2008, 334, 335; Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 Rn. 142.
31 Hacker, in Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 222; s. auch Rath, Das Recht der Internet-Suchmaschinen, S.162-173.
32 Rath (Fn. 31) , S.168-170.
33 Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 Rn. 138.
34 Vgl. insbesondere BGH GRUR 2007, 65,66.
35 Hacker, in: Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 230ff.
36 Vgl. EuGH, – Google und Google France, (Fn. 4), Rn. 82ff; Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 Rn. 145.
von welcher Partei die Waren oder Dienstleistungen stammen.37 Scheinbar öffnete der EuGH das Tor für unsichtbares Keyword Advertising, so bejahten Gerichtsentscheidungen aus Österreich38 und Frankreich39 im Anschluss Verletzungen der Herkunftsfunktion.40 Der BGH hingegen sieht den Verletzungstatbestand nur als erfüllt an, wenn die Anzeige in der Suchmaschine nicht als eine solche gekennzeichnet ist (somit wohl Keyword Buying) und diese einen expliziten Hinweis auf das fremde Kennzeichen enthält.41 Damit führt unsichtbares Keyword Advertising in Deutschland zu keinen markenrechtlichen Ansprüchen42, was unvereinbar mit dem EuGH sein könnte.43
2. Domain-Grabbing
a) Kennzeichenrechtliche Schutzfähigkeit der Domain
Bei einer Domain handelt es sich in erster Linie um eine einmal zu vergebende44 physikalische Netzadresse innerhalb des weltweiten administrativen Domain-Name-Systems (DNS) des Internets45 und nicht automatisch um ein gewerbliches Kennzeichen. Zum Erhalt einer solchen Adresse bedarf es des Abschlusses eines Registrierungsvertrages mit der zuständigen Registrierungsstelle (im Falle einer Anmeldung im Bereich der country code Top Level Domain [ccTLD] „.de“ wäre es die DENIC eG), wodurch lediglich ein relatives vertragliches Recht begründet wird. Erfüllt die Domain jedoch neben ihrer Adressfunktion einen kennzeichenrechtlichen Erwerbstatbestand des MarkenG, so kann sie hiernach kennzeichenrechtlich geschützt sein oder eingetragen werden.46 Zudem werden Waren und Dienstleistungen, die unter einem bestimmten Domainnamen im Internet vertrieben werden, durch diesen zumindest mittelbar bezüglich ihrer betrieblichen Herkunft nach gekennzeichnet.47
b) Definition des Domain-Grabbing
Die Doppelrolle einer Domain als einmalig vergabefähige Adresse nach dem Prioritätsprinzip48 im worldwide web sowie als mehrfach schutzfähiges Kennzeichen je nach Territorium49 führt zu einem Registrierungswettlauf, in den sich häufig Unberechtigte einschalten, um aus dem verschärften Wettbewerb Profit zu schlagen. Diese Registrierungspraxis, bei der es zumeist um Bündel vieler bekannter Domainnamen und das Ziel geht, entweder direkt Profit aus der bekannten Domain oder indirekt durch einen überteuerten Verkauf an den wahren Inhaber zu schlagen, wird als Domain-Grabbing oder auch als Cybersquatting bezeichnet.50
c) Rechtsdurchsetzung
aa) gTLDs und ausländische ccTLDs
Handelt es sich bei der kennzeichenverletzenden Domain um eine ausländische ccTLD oder eine generische Top Level Domain (gTLD) wie beispielsweise „.com“, ergeben sich prozessrechtliche und kollisionsrechtliche Probleme bei der Einklagung von Markenverletzungen vor deutschen Gerichten.51 Selbst wenn es zu einer Zuständigkeit deutscher Gerichte und der Anwendbarkeit deutschen Rechts kommt, wird aufgrund des Territorialitätsprinzips der Urteilstenor zumeist auf den deutschen Rechtsraum beschränkt52 und ist somit für den durch ausländische ccTLD oder gTLD abgedeckten Bereich nicht zufriedenstellend. Ein umfassendes Verbotsrecht ist auf diese Weise wohl nicht durchzusetzen.53
bb) Die ccTLD „.de“
Zwar ergeben sich für die Ansprüche im Rahmen der deutschen ccTLD „.de“ nicht die gleichen prozess- und kollisionsrechtlichen Abgrenzungsschwierigkeiten, jedoch ist auf materieller Ebene eine Rechtsdurchsetzung bei der Registrierung einer Domain durch einen Nichtinhaber problematisch. Die für einen Anspruch aus § 14 oder § 15 MarkenG erforderliche kennzeichenrechtliche Benutzung wird nicht bereits bei einer Registrierung bei der DENIC angenommen,54 sodass einschränkend eine Erstbegehungsgefahr und damit ein hinreichend konkretes Abzeichnen einer markenrechtlichen Verletzung dargelegt werden muss. In der Regel wird aber eine nicht rechtsverletzende Benutzung nicht ganz ausgeschlossen werden können, sodass der Anspruch nicht vorliegen wird.55 Zudem ergibt sich eine Störerhaftung der DENIC faktisch nur dann, wenn ihr ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel gegen den Domaininhaber vorgelegt wurde.56 Im Ergebnis ist eine Rechtsdurchsetzung markenrechtlicher Ansprüche erst ab einer kennzeichenrechtlichen Benutzung seitens des Nichtinhabers erfolgsversprechend.
III. Internationale Zuständigkeit der Gerichte
Auch bei der internationalen Zuständigkeit der Gerichte zeigen sich bei Markenrechtsverletzungen im Internet Einordnungsschwierigkeiten. Zunächst ergibt sich nach Art. 4 I Brüssel Ia-VO in Verbindung mit Artt. 62, 63 Brüssel Ia-VO für Klagen der allgemeine Gerichtsstand des Beklagtenwohnsitzes. Daneben kommen noch die alternativen deliktischen Wahlgerichtsstände des Handlungs- oder Erfolgsorts57 nach Art. 7 Nr.2 Brüssel Ia-VO in Betracht.
37 Vgl. EuGH – Google und Google France, (Fn. 4), Rn. 82ff.
38 Vgl. beispielsweise österrOGH öBl 2011, 29, 31f.
39 Vgl. beispielsweise Cour de Cassation GRUR Int 2011, 446, 447.
40 Hacker, in: Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 233.
41 Vgl. BGH GRUR 2013, 290, 293.
42 Vgl. für Zugeständnis von Ausnahmen BGH GRUR 2014, 182, 183.
43 S. auch Hacker, in: Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 235.
44 Buck-Heeb/Dieckmann Selbstregulierung im Privatrecht, 2010, S. 188.
45 Bettinger, Handbuch des Domainrechts, 2008, Teil 1 Rn. 4ff.
46 Vgl. BVerfG NJW 2005, 589; Bettinger, (Fn. 45), Teil 2 Rn. DE 108; Bröcher, Die Domain als Name und Kennzeichen, 2010, S. 25; Hacker, in: Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 219.
47 Hacker, in: Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 219.
48 Bettinger (Fn. 45), Teil 1 Rn. 114.
49 Bettinger, GRUR Int. 1997, 402.
50 Ubber (Fn. 19), S. 118; Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 4 UWG Rn. 284.
51 S. auch Renck, in: Kilian/Heussen (Hrsg.), Computerrechts-Handbuch26. EL, 2008, Rn. 15ff.
52 Renck, in: Kilian/Heussen (Fn. 51), Rn. 18.
53 Renck, in: Kilian/Heussen (Fn. 51), Rn. 18f.
54 Vgl. BGH GRUR 2008, 912, 913; GRUR 2009, 484, 489; GRUR 2009, 685, 689; Hacker, in: Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 218.
55 Vgl. OLG Karlsruhe Mitt 2002, 144; Hacker, in:Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 218.
56 Vgl. BGH GRUR 2001, 1038, 1040; Hacker, in:Ströbele/Hacker (Fn. 2), § 14 Rn. 404.
57 Vgl. EuGH, Rs. C-21/76 – Handelskwekerij Bier/Mines de Potasse d’Alsace, Slg. 1976, 01735.
1. Handlungsort
Als anknüpfungsfähiger Handlungsort wird im Rahmen des Art. 7 Nr.2 Brüssel Ia-VO der Ort des ursächlichen Geschehens angesehen.58 In Vermeidung einer Hinzuziehung des materiellrechtlichen Tatbestandes nach Bestimmung des anwendbaren Rechts (Qualifikation lege causae) bemisst sich dieser nach der faktischen Handlung.59 Trotz dieses Grundsatzes könnte man bei Internetfällen alternativ auf den Sitz desjenigen, der den entsprechenden Inhalt auf den Server hochlädt oder den Standort des Servers abstellen.60 Im Hinblick auf Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit muss beachtet werden, dass die schwierige Feststellung des Serverstandortes häufig von technischen Zufälligkeiten beeinflusst wird. Aus diesem Grunde hat sich auch der EuGH für die Anknüpfung über den Sitz des Werbenden und damit den Ort des Hochladens ausgesprochen.61 Dies hat zur Folge, dass der Gerichtsstand des Handlungsortes zumeist mit dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten zusammenfallen und Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO mangels Berufung eines „anderen“ Gerichtsstands nicht einschlägig ist.62
2. Erfolgsort
a) Verletzungserfolg im Schutzland
Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO umfasst als möglichen Anknüpfungspunkt zudem den Ort, an dem der Primärschaden eingetreten ist.63 Hierbei kommt es auf den Wirkungskreis der Verletzung an, der im Hinblick auf Internetkonstellationen Probleme aufwirft. Es könnte ausreichen, dass eine Website abrufbar ist, ebenso könnte man im Hinblick auf die Vielzahl der daraus weltweit resultierenden Gerichtsstände64 eine Einschränkung über einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug fordern65 oder eine Einordnung über die jeweilige ccTLD66 vornehmen. Laut EuGH kann es sich beim Erfolgsort nur um einen Ort innerhalb des jeweiligen Schutzlandes des Kennzeichens handeln.67 Im Hinblick auf Beweis- und Sachnähe zeigt sich, dass diese Übertragung des Schutzlandprinzips auf den deliktischen Gerichtsstand des Erfolgsortes begrüßenswert ist. Eine Einschränkung auf prozessrechtlicher Ebene, wie sie von einigen in der BGH-Rechtsprechung bezüglich des hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandbezugs gesehen wird,68 wäre letztlich eine Vorwegnahme einer materiell-rechtlichen Prüfung und brächte im Hinblick auf Vorhersehbarkeit und Sachnähe im Vergleich zum Schutzlandprinzip keinen Mehrwert, würde sie doch eine ausführliche Indiziensammlung und -prüfung mit sich ziehen. Das Abstellen auf die jeweilige ccTLD verkennt die mangelnde Möglichkeit der Vereinheitlichung des Prinzips im Hinblick auf gTLDs und die hohe Missbrauchsanfälligkeit des Merkmals.69
b) Kognitionsbefugnis
Gemäß der vom EuGH entwickelten Shevill-Doktrin70 kann der Kläger am Gerichtsstand des Erfolgsortes nur den im Staat des angerufenen Gerichts entstandenen Schaden geltend machen.71 Nach einer Aufweichung dieses Prinzips und der Anerkennung voller Kognitionsbefugnis im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzungen am neu eröffneten Gerichtsstand des Interessenmittelpunktes des Klägers72 war es strittig, ob diese Erweiterung nicht auch für gewerbliche Schutzrechte gelten müsse,73 jedoch hat der EuGH inzwischen dieser Übertragbarkeit widersprochen.74 Im Hinblick auf Sach- und Beweisnähe erscheint die Aufrechterhaltung der eingeschränkten Kognitionsbefugnis aufgrund der national geschützten Marken naheliegend.75
IV. Internationales Kennzeichenprivatrecht
Das auf gewerbliche Kennzeichenverletzungen anwendbare Recht bestimmt sich grundsätzlich nach Art. 8 I Rom II-VO. Hiernach ist das Recht desjenigen Staates anzuwenden, für den der Schutz im konkreten Fall beansprucht wird. Das so kodifizierte Schutzlandprinzip beherrscht national wie international das kollisionsrechtliche Immaterialgüterrecht.76 Ebenfalls von Art. 8 Rom II-VO erfasst sind Multistate-Benutzungshandlungen im Internet, was die sogenannte Mosaikbetrachtung zur Folge hat.77 Grundsätzlich anwendbar ist hiernach die jeweilige nationale Rechtsordnung, auf dessen Staatsgebiet eine Verletzungs- oder Benutzungshandlung beanstandet wird, was auch bei unteilbaren grenzüberschreitenden Handlungen gilt.78 Teilweise wird eine inhaltliche Einschränkung des Prinzips gefordert, wonach bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene der Ort der tatsächlichen Verletzungshandlung heranzuziehen sei.79 Der Wortlaut der Norm stellt jedoch nur auf das Recht des Staates ab, „für den Schutz beansprucht“ wird, zudem ergibt sich aus einem Vergleich mit Art. 8 II Rom II-VO, dass hierunter nicht zwingend der Verletzungsort zu verstehen ist.80 Letztlich handelt es sich bei Art. 8 Rom II-VO mehr als um eine bloße Konkretisierung der Erfolgsortregel
58 McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 165; krit. Kur, GRUR Int. 2014, S. 749, 752.
59 Vgl. EuGH, Rs. C-228/11 – Melzer/MF Global, CELEX-ID: 62011CJ0228, Rn. 35; McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 165.
60 McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 165.
61 Vgl. EuGH ZEuP 2014, S. 155, 159; McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 165.
62 McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 167.
63 McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 164; EuGH, – Handelskwekerij Bier/Mines de Potasse d’Alsace, (Fn. 57).
64 S. Lehmann/Stieper, JZ 2012, S. 1016, 1019.
65 Vgl. BGH GRUR 2012, 621.
66 So OGH 29.5.2011 – 4 Ob 110/01.
67 McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 167.
68 Vgl. BGH GRUR 2005, 431, 433.
69 McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 162.
70 Begriff nach McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 169.
71 Vgl. EuGH, Rs. C-68/93 – Shevill u.a./ Presse Alliance, Slg. 1995, I-00415.
72 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-509/09 und C-161/10 – eDate Advertising u.a., Slg. 2011, I-10269; Picht, GRUR Int. 2013, S. 19, 21.
73 Siehe zum Meinungsstreit Heinze, EuZW 2011, S. 947, 950; Spindler, AfP 2012, S. 114, 118.
74 Vgl. EuGH ZEuP 2014, 155, 157f.
75 So auch Lehmann/Stieper, JZ 2012, S. 1016, 1019.
76 Drexl, in: MüKoBGB (Fn. 7), Rn. 6; Unberath/Cziupka, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Kommentar, 2011, Art. 8 Rom II-VO Rn. 19.
77 Vgl. EuGH, – Shevill u.a./ Presse Alliance, (Fn. 71); McGuire, ZEuP 2014, S. 160, 162; Sack, WRP 2008, S. 1405, 1414; Thorn, in: Palandt74, 2015, Art. 8 Rom II-VO, Rn. 7.
78 Sack, WRP 2008, S. 1405, 1414; ders., WRP 2000, S. 269, 274.
79 Unberath/Cziupka, in: Rauscher (Fn. 76), Art. 8 Rom II-VO Rn. 20ff; für UrhR Weller, ZEuP 2008, S. 252, 279-282.
80 Sack, WRP 2008, S. 1405, 1410f; Unberath/Cziupka, in: Rauscher (Fn. 76), Art. 8 Rom II-VO Rn. 21.
nach Art. 4 Rom II-VO, sodass man die Problematik auf die Sachrechtsebene verlagern kann.81
D. Selbstregulierung: Rolle und realisierbare Form im Cyberspace
Die obigen Ausführungen verdeutlichen, dass das staatliche Recht, ob materiell, kollisions- oder prozessrechtlich, bei grenzüberschreitenden Kennzeichenverletzungen im Internet an Herausforderungen stößt. Aus diesem Grunde ist nun zu erörtern, ob vielmehr Selbstregulierung das adäquate rechtliche Mittel für diesen ubiquitären Raum sein könnte.
I. Definitionsansätze
Selbstregulierung einheitlich und gleichzeitig präzise zu formulieren scheitert an der Vielfalt der Erscheinungsformen und den diversen dogmatischen Diskussionsfeldern.82 Verkürzt kann der Begriff aber als die autonome oder heteronome Aufstellung, Anwendung und Durchsetzung von Regelordnungen, bei denen zumindest auch Private handelnde Akteure sind, verstanden werden.83 Heteronome oder regulierte Selbstregulierung lässt sich im Gegensatz zur autonomen Selbstregulierung (Privatautonomie84) auf einen staatlichen Geltungsbefehl zurückführen85 und stellt somit eine Zwischenstufe zu staatlichem Recht dar.86
II. Utopie: einheitliches Cyberlaw
Insbesondere zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde aufgrund der geringeren Bindung an Ort, Zeit und Körperlichkeit des neuen Mediums über die Notwendigkeit und Möglichkeit einer selbständigen globalen Rechtsordnung für das Internet diskutiert.87 Auch wenn für geschlossene Gruppen Selbstregulierung als ein erfolgsversprechendes Instrument angesehen wurde,88 so zeichnete sich mit der Zeit ab, dass für das offene Netz aufgrund der heterogenen Interessen reine Selbstregulierung nicht zufriedenstellend wäre.89 Die wirtschaftlich stärksten Interessen würden sich durchsetzen, Minderheits- und Individualinteressen wären nicht hinreichend repräsentiert.90 Selbst wenn es zu einem interessengerechten Regelkatalog käme, wäre eine allgemeine rechtliche Bindung mangels eines staatlichen Anwendungsbefehls problematisch, ist im Bereich der Selbstregulierung zur Bindung doch ein Vertrag notwendig.91 Letztlich werden im Internet auch staatliche Aufgaben wahrgenommen,92 sodass zunehmend regulatorischer Wettbewerb mit sich ergänzenden Kombinationen von staatlichem und selbstreguliertem Recht vorgeschlagen wurde.93
III. Selbstregulierungsansätze von Google
Google, ein Akteur im Internet mit Gatekeeper-Funktion,94 führte vor dem Hintergrund der AdWords-Problematik bei unsichtbarer Keyword Verwendung die Möglichkeit einer Markenbeschwerde ein, wodurch nun eine Verhinderung der Schaltung von Anzeigen zu den Marken des Markeninhabers erwirkt werden kann.95 Als selbstreguliertes Instrument kann diese Beschwerde aber als außerhalb des aus der gesetzlichen Marke fließenden Rechts gesehen werden, womit dann Eingriffe in die Rechtspositionen der Kunden von AdWords vorliegen können.96 So konnte sich vor dem OLG Köln erfolgreich auf unlautere Mitbewerberbehinderung nach § 4 Nr. 10 UWG berufen werden,97 was bisher jedoch die einzige Entscheidung in diese Richtung ist.98
IV. UDRP der ICANN
Die private Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) verwaltet das globale Internet-Adressierungssystem (Domain Name System [DNS]) und verfügt somit über eine Monopolstellung im Hinblick auf Erreichbarkeit im Internet.99 Trotz ihres privaten Charakters übt das US-Handelsministerium mit seiner Aufsichtsfunktion erheblichen Einfluss aus,100 sodass es sich um eine Form der regulierten Selbstregulierung handelt. Jede Domain muss über eine Vertragskette bei der ICANN angemeldet werden, was es der Organisation ermöglichte, eine Uniform Domain Name Resolution Policy (UDRP), die ein alternatives Streitbeilegungsverfahren für Marken- und Kennzeicheninhaber vorsieht,101 einzuführen. Die Etablierung der Policy erfolgt über die Verpflichtung der Registrierungsstellen für gTLDs gegenüber der ICANN,102 dass in die Registrierungsvereinbarungen mit den einzelnen Domainanmeldern die UDRP zu integrieren ist.103 Erfasst sind somit nur gTLDs, jedoch können die nationalen Vergabestellen der ccTLDs die UDRP freiwillig in ihrer Registrierungsordnung verbindlich machen.104 Das Streitschlichtungsverfahren eröffnet für den Rechtsinhaber eine Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit, mangels Freiwilligkeit der Vereinbarung der Policy handelt es sich bei den Schiedsstellen aber nicht um Schiedsgerichte im Sinne des § 1055 ZPO.105
81 Unberath/Cziupka, in: Rauscher (Fn. 76), Art. 8 Rom II-VO Rn. 21; Sack, WRP 2008, S. 1405, 1411-1414; Drexl, in: MüKoBGB (Fn. 7), Rn. 12; Thorn, in: Palandt (Fn. 77), Art. 8 Rom II-VO, Rn. 7.
82 S. auch Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 12 f.
83 Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 24.
84 Langhart, Rahmengesetz und Selbstregulierung, 1993, S. 88.
85 Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung, 2005, S. 81; Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 35; Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 812.
86 Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 36.
87 Roßnagel, MMR 2002, S. 67f; siehe auch Mayer, NJW 1996, S. 1782ff; Christiansen, MMR 2000, S. 123; Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 811f.
88 Siehe unter anderem Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 812; Christiansen, MMR 2000, 123, S. 125f.
89 Roßnagel, MMR 2002, S. 67, 69.
90 Christiansen, MMR 2000, S. 123, 126; Roßnagel, MMR 2002, S. 67, 69.
91 Christiansen, MMR 2000, S. 123, 125.
92 Roßnagel, MMR 2002, S. 67, 69.
93 Christiansen, MMR 2000, 123, 129.
94 Begriff nach Rath, (Fn. 31), S.25.
95 Müller, in: Spindler/Schuster (Fn. 6), § 14 MarkenG Rn. 151.
96 Vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2011, 98, 99.
97 Vgl. OLG Köln, GRUR-RR 2011, 98; krit. Hühner, GRUR-Prax 2012, S. 369.
98 Hühner, GRUR-Prax 2012, S. 369, 371.
99 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 809; Buck-Heeb/Dieckmann, (Fn. 44), S. 187.
100 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 811.
101 Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 193; Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 813.
102 Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 26.
103 Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 194; Ahlert, Weltweite Wahlen im Internet, 2003, S. 187.
104 Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 35f.
105 Buck-Heeb/Dieckmann (Fn. 44), S. 194.
1. Das Verfahren
Begehrt ein Rechtsinhaber ein Verfahren nach der UDRP, so richtet er sich an einen der fünf106 von der ICANN akkreditierten Dispute Resolution Provider, die die administrative Abwicklung des Verfahrens in ihren jeweiligen Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy ausdifferenziert haben.107 Nach formell ordnungsgemäßer Einreichung der Beschwerde und einer Beschwerdeerwiderung des Beschwerdegegners wird von dem jeweiligen Center ein Panel einberufen, dass sich aus Experten im internationalen Markenrecht zusammensetzt, die zumeist innerhalb von 14 Tagen über die Beschwer entscheiden zu haben.108 Geltend gemacht werden kann ein Übertragungs- bzw. Löschungsanspruch einer oder mehrerer Domains (vgl. § 3 UDRP-Rules),109 materiell wird nur der Verletzungstatbestand der bösgläubigen Domainregistrierung umfasst (vgl. § 4 lit.a UDRP).110
2. Vorteile
Konzipiert als Instrument zur schnellen Erledigung von eindeutigen Domainpirateriefällen111 und mit einer Dauer von maximal 45 Tagen,112 bringt das Verfahren nach der UDRP einen deutlichen Zeitvorteil für den Rechtsinhaber gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit mit sich. Obwohl immer der Beschwerdeführer für die Verfahrenskosten aufzukommen hat, sind diese im Vergleich zu staatlichen Gerichtskosten relativ gering.113 Zudem gibt es nach der Policy einen unmittelbar vollziehbaren114 Übertragungsanspruch bei bösgläubiger Registrierung der Domain, der beispielsweise dem deutschen Recht fremd ist.115 Durch die unmittelbare Vollziehbarkeit werden letztlich die staatlichen Gerichte entlastet.116
3. Probleme
Auf der anderen Seite kann es mangels einer UDRP-internen Berufungsmöglichkeit nicht zu einer Herausbildung von Fallrecht kommen,117 zudem ergehen widersprüchliche Entscheidungen unterschiedlicher Panels, sowohl im Vergleich unterschiedlicher Dispute Resolution Provider als auch innerhalb eines Dispute Resolution Providers.118 Die Freiwilligkeit der Unterwerfung im Bereich der ccTLDs ermöglicht es Registrierungsstellen wie beispielsweise der DENIC, Domaininhabern ein Verfahren nach der UDRP zu verwehren.119 Verhängnisvoll kann auch die in § 3 lit.b xiii UDRP-Rules vorgesehene Gerichtsstandwahl für den Beschwerdeführer werden.120 Neben Problemen der Anerkennung dieser Gerichtsstandwahl seitens der Gerichte und der Ablehnung der UDRP als anzuwendendes Recht wurde in einem Fall vor dem KG Berlin das Nichtbestehen eines Übertragungsanspruches im Rahmen einer negativen Feststellungsklage des Beschwerdegegners bejaht.121 Als weiterer Kritikpunkt wird die Möglichkeit der Treuhand-Registrierung122 angesehen, die für Beschwerdeführer Hürden bezüglich der Verfahrenssprache, des richtigen Beschwerdegegners sowie der Vorhersehbarkeit des Verfahrens aufstellt.123
4. Ausweitung der UDRP
Eine Ausweitung der UDRP ist zwar grundsätzlich denkbar, jedoch beschränkt sich die Aufgabe der ICANN auf die Verwaltung des DNS. Verletzungstatbestände bezüglich Website-Inhalten der UDRP zu unterwerfen, würde eine Kompetenzüberschreitung ihrerseits darstellen und auch an der praktischen Umsetzbarkeit mangels vergleichbarer Einsicht wie in das Domain-Register scheitern. Zudem ist fragwürdig, ob man die ICANN mit einer Inhaltskontrolle betrauen möchte. Die Organisation ist trotz ihres Aufbaus, in dem nationale Staaten nur im General Advisory Committee und nicht im höchsten Organ mitwirken dürfen,124 in weiten Teilen vom Einfluss der USA geprägt.
E. Fazit
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zeigt sich, inwieweit ein Zusammenspiel von staatlichen Regulierungsansprüchen und Selbstregulierung funktionieren und erweitert werden kann. Die vorherrschende Rolle nationalen und in Teilen europaweiten Rechts wird im ubiquitären Internet zwar nicht aufgehoben, aber geschmälert. So unterstreicht die Reaktion von Google die Vorzüge der flexiblen privatautonomen Regulierung, die fü Fälle des Keyword Advertising für Marken- und Kennzeicheninhaber eine Erleichterung in Bezug auf die Rechtsdurchsetzung darstellt. Die UDRP fungiert trotz des oben aufgeführten Optimierungspotentials als Vorzeigemodell für globale Selbstregulierung. Hieraus auf ein umfassendes Selbstregulierungspotential in Bezug auf andere Internet-Akteure zu schließen wäre aber ein Trugschluss. Die ICANN ist faktisch die einzige Organisation, die im Internet eine derartige Monopolstellung aufweist, sodass gesteigerte Selbstregulierung in Bezug auf das gesamte Internet nur über eine Kompetenzerweiterung der ICANN möglich wäre, was aus oben aufgeführten Gründen abzulehnen ist. Um für Marken- und Kennzeicheninhaber innerhalb des Internets hinreichenden Schutz und zufriedenstellende Rechtsverfolgung zu ermöglichen, kann neben einer Ausweitung der UDRP auf die deutsche ccTLD „.de“ eine Rechtsvereinheitlichung mit Hilfe der WIPO und damit einhergehenden völkerrechtlichen Abkommen vorangetrieben werden. Vor allem könnte angestrebt werden, aus der IR-Marke nach dem Vorbild der europäischen Gemeinschaftsmarke eine supranationale Marke zu entwickeln. Staaten werden aber in Bezug auf das Marken- und Kennzeichenrecht ihren Regulierungsanspruch nicht einfach deshalb aufgeben, weil es sich beim Internet um ein Medium mit bisher nicht vorhergesehenem Einfluss handelt. Ein solches Aufgeben wäre hinsichtlich der utopischen Vorstellungen eines einheitlichen Cyberlaw auch verfehlt.
106 Abrufbar unter https://www.icann.org/resources/pages/providers-6d-2012-02-25-en, letzter Abruf am 22.11.2015.
107 Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 65.
108 Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 77ff. und Rn. 87; s. auch § 15 UDRP-Rules.
109 nicht identisch mit der UDRP.
110 Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 194.
111 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 813; Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 194.
112 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 813.
113 Siehe hierzu die Kostenaufstellung in Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 160.
114 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 813.
115 Siehe hierzu Schmelz, GRUR-Prax 2012, S. 127.
116 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 813.
117 Siehe hierzu Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 162; Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 814.
118 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 814 (sowie dortige Fn. 56, 57).
119 Vgl. Bettinger (Fn. 45), Teil 3 Rn. 38.
120 Schmelz, GRUR-Prax 2012, S. 127, 129.
121 Schmelz, GRUR-Prax 2012, S. 127, 128.
122 Registrierung einer Domain im Namen eines Dritten, ohne dass dessen Identität offenbar wird, vgl. Körber/Mann, GRUR Int. 2014, S. 775, 777.
123 Körber/Mann, GRUR Int. 2014, S. 775, 776.
124 Voegeli-Wenzl, GRUR Int. 2007, S. 807, 811.