Streitgespräch: Aktuelle Rechtsprechung zur Gleichbehandlung

Berechtigter Kampf gegen Diskriminierung oder anmaßender Markteingriff?

Es diskutierten Bernhard Franke, Professor Dr. Joachim Jahn und Professor Dr. Matthias Jacobs (Moderation)

Professor Dr. Matthias Jacobs (MJ): Ich werde Ihnen zunächst die beiden Entscheidungen, die der eigentliche Anlass für diese Diskussion waren, kurz vorstellen und vorher vielleicht drei, vier Sätze zum AGG sagen. Bei dem einen oder anderen von Ihnen ist das vielleicht nicht mehr so in Erinnerung und manche haben es noch nicht gehört. Danach wollten Herr Franke und Herr Jahn mit Eingangsstatements beginnen, dann werden wir hier vorne ein kleines Streitgespräch führen und dann aber relativ schnell zu Ihnen hin öffnen, so dass Sie sich mit Fragen und Diskussionsbeiträgen beteiligen können.

Der Hintergrund unseres Diskussionsthemas ist das AGG, das auf europäischen Richtlinien beruht, die Anfang 2000 und in den folgenden Jahren erlassen worden sind. Nach dem AGG darf der Arbeitgeber einen Bewerber oder einen Arbeitnehmer nicht wegen bestimmter Merkmale diskriminieren; faktisch geht es vor allem die Einstellung. Diese Merkmale finden Sie in § 1 AGG: Alter, Geschlecht, Behinderung, ethnische Herkunft und Ähnliches. Wenn der Arbeitgeber dennoch daran anknüpft, gibt es Rechtfertigungsmöglichkeiten in §§ 8, 9 und 10 AGG. Bei einer Amme beispielswiese darf man voraussetzen, dass sie weiblichen Geschlechts ist; das ist meines Wissens das unproblematischste Beispiel, das es gibt. Je nachdem, ob dann eine gerechtfertigte oder ungerechtfertigte Benachteiligung vorliegt – da kommen wir jetzt zum Praxisbezug – gibt es Ansprüche des diskriminierten Bewerbers oder Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, und zwar entweder auf Ersatz des materiellen Schadens nach § 15 I AGG oder – das ist praktisch wichtiger – auf Ersatz des immateriellen Schadens, einer Art „Schmerzensgeld“. Faktisch – so sehe ich das, das wird Herr Franke vielleicht bestätigen können – geht es meistens um die Einstellungsdiskriminierung und überwiegend um den Anspruch aus § 15 II AGG. Und dann gibt es noch eine Besonderheit: Wenn Sie sich einmal vorstellen, Sie werden bei einer Bewerbung abgelehnt, dann haben Sie natürlich Schwierigkeiten nachzuweisen, dass der Arbeitgeber Sie wegen eines Diskriminierungsmerkmals benachteiligt hat. Hier sieht das Gesetz in § 22 AGG eine Beweislastumkehr vor. Wenn Sie Tatsachen vorbringen, aus denen man schließen kann, dass Sie benachteiligt worden sind, findet eine Beweislastumkehr statt und der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er Sie nicht benachteiligt hat.

Das ist der rechtliche Hintergrund in wenigen Worten – und jetzt zu den beiden Fällen, zum Teil kennen Sie sie vielleicht: Beide sind vom April, der eine vom 19., vom 23. der andere. Der eine ist ein EuGH-Fall, „Galina Meister“. Da ging es um eine russischstämmige etwa fünfzigjährige Frau mit dem Namen Galina Meister, die sich als Software-Ingenieurin bzw. -programmiererin beworben hat. Sie hat auf die ausgeschriebene Stelle von der Qualifikation genau gepasst und ist trotzdem ohne Begründung abgelehnt worden. Kurz darauf hat Sie gesehen, dass die Stelle wieder ausgeschrieben wurde.

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Sie hat sich wieder beworben und wurde wieder nicht eingeladen, ist wieder abgelehnt worden. Daraufhin hat Sie nach § 15 II AGG die Entschädigung eingeklagt und ist dann irgendwann beim BAG gelandet. Das BAG hat die Sache mit folgender Frage dem EuGH vorgelegt: „Gibt es, abgeleitet aus der Richtlinie, einen Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers gegen den Arbeitgeber, wen er denn eingestellt habe?“ Hintergrund: So kann man als Bewerber vielleicht herausfinden, ob jemand eingestellt wurde, der besser qualifiziert ist, oder ob in Wahrheit eine Diskriminierung vorliegt. Der EuGH hat entschieden, dass es diesen Auskunftsanspruch nicht gibt. Aber – und das ist jetzt das Brisante an der Entscheidung – er hat gesagt, dass es ein Indiz dafür sein kann, dass der Arbeitgeber diskriminiert hat, wenn der Arbeitgeber überhaupt keine Auskünfte gibt. Und jetzt greift die Beweislastumkehr, jetzt muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Er hat eigentlich gar nichts getan und trotzdem hat man jetzt diese Darlegungs- und Beweislastumkehr. Das ist also die erste Konstellation, Galina Meister.

Im zweiten Fall, vom BGH, bislang nur als Pressemitteilung, seit gestern auch im Volltext, ging es um einen GmbH-Geschäftsführer, der Geschäftsführer eines Klinikums in Köln war. Dort hatte er einen befristeten Vertrag, der nicht verlängert wurde. Und er hat dann auf Entschädigung und auch auf Ersatz des materiellen Schadens geklagt, weil er die Vertragsverlängerung nicht bekommen hat. Hintergrund war, dass sich der Vorsitzende des Aufsichtsrats, der das entschieden hatte, in der Öffentlichkeit mit folgenden Äußerungen hervorgetan hatte: Der Kläger sei wegen seines Alters nicht weiterbeschäftigt worden, man habe wegen des Umbruchs auf dem Gesundheitsmarkt einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen langfristig in den Wind stellen könne. Hier gab es also ein ganz eindeutiges Indiz, dass die Nicht-Beschäftigung am Alter hängt. Hier waren ein paar andere Fragen spannend: Ist ein GmbH-Geschäftsführer ein Arbeitnehmer? An sich nicht, es gibt im AGG aber eine Ausnahmevorschrift, die sagt, dass das AGG für den Zugang zu Arbeit auch für Selbstständige und für Organmitglieder gilt.

Das ist also der rechtliche Hintergrund. Beide Entscheidungen sind auf Unternehmensseite eher mit Unruhe aufgenommen worden, würde ich sagen, und vor diesem Hintergrund bitte ich Sie jetzt beide – gehen wir vielleicht alphabetisch vor, Herr Franke – ein kurzes Eingangsstatement abzugeben.

Bernhard Franke (F): Ich möchte ein paar einleitende Bemerkungen machen zum Verhältnis von Diskriminierungsschutz und Privatautonomie, um dann zu den Urteilen zu kommen. Ich glaube man muss einfach sehen, dass das AGG ein sehr umstrittenes, ein sehr kontroverses Gesetz war. Und der Vorwurf, dass das AGG die Privatautonomie einschränkt, begleitete eigentlich die gesamte Gesetzgebungsdiskussion. Es hat, das muss man auch sehen – das ist schon ziemlich einmalig – insgesamt drei Legislaturperioden, zwei Regierungskonstellationen und drei fehlgeschlagene Versuche gebraucht, um dieses Gesetz in das Bundesgesetzblatt zu bringen. Und in diesem Gesetzgebungsverfahren wurde durchaus mit harten Bandagen gekämpft.. Es gab Äußerungen, dass dieses Gesetz die „jakobinische Tugendrepublik“ installiere, dass „Deutschland wieder totalitär“ würde oder, dass es „der Anfang vom Ende der Privatautonomie“ sei; um nur drei Aufsatztitel von durchaus renommierten Rechtswissenschaftlern zu nennen. Ich habe es nicht nachgeschaut, aber ich glaube die FAZ hat sich da durchaus auch beteiligt. …

Professor Dr. Joachim Jahn (J): Ich bekenne mich schuldig, dass ich ähnliche Formulierungen verwendet habe, wie auch Herr Professor Picker zum Beispiel…

F: Genau. Das vielleicht zum Hintergrund, dass es ein sehr kontroverses Gesetzgebungsverfahren war, bis das Gesetz dann am 18. August 2006 in Kraft getreten ist.

Ich habe zur Vorbereitung ein bisschen recherchiert und habe den Eindruck gewonnen – ohne dass das einen Anspruch auf Vollständigkeit hat – dass sich in der Rechtswissenschaft das Verhältnis doch etwas entspannt hat. Jedenfalls wird, glaube ich, die Keule der Verletzung der Privatautonomie nicht mehr in vergleichbarer Weise geschwungen, wie sie im Gesetzgebungsverfahren eine Rolle gespielt hat, sondern man ist, glaube ich, zu einem deutlich entspannteren Verhältnis zu diesem Gesetz gekommen. Man sieht beispielsweise die Privatautonomie weniger in einem formalen Sinne, dass man das Recht hat, keine Verträge abschließen zu müssen, sondern so, dass es umgekehrt auch für bestimmte Bevölkerungsgruppen, für bestimmte Menschen ein Recht geben muss, Verträge schließen zu können. Und das ist ja auch ein Hintergrund des AGG, das auf europäischen Richtlinien beruht: Es will auch einen Marktzugang für bestimmte Gruppen erleichtern – und zwar zu Arbeitsmärkten, wie zu Güter- und Dienstleistungsmärkten. Das ist das eine, was man nach meiner wirklich sehr oberflächlichen und keinesfalls wissenschaftlichen Recherche sagen kann.

Das zweite ist, dass sich auch der Gedanke durchgesetzt hat, dass Diskriminierungsschutz auch Menschenrechtsschutz ist, dass Diskriminierungen Menschenrechtsverletzungen sein können und dass Diskriminierungen Persönlichkeitsrechte verletzen, z. B. die Menschenwürde. Letztlich ganz prägnant hat das Looschelders in einem Aufsatz in der JZ (2012, 104, 107) formuliert: dass die Vertragsfreiheit kein Recht zur Persönlichkeitsrechtsverletzung gibt. Also kurz gesagt: Aus meiner Sicht hat sich jedenfalls die theoretische Diskussion entspannt. Nichtsdestotrotz finde ich, dass es eine sehr wichtige Veranstaltung ist, sich heute Abend noch einmal zu vergegenwärtigen, „Besteht dieses Spannungsverhältnis?“, und darüber zu sprechen, also praktisch „back to the roots“ zu gehen. Zur Entspannung vielleicht beigetragen hat auch, dass ausgeblieben ist, was man immer prognostiziert und befürchtet hatte: dass das AGG zu einer Prozesslawine führt. Es gibt natürlich Fälle, die vor Gericht landen, und es gibt eine durchaus beachtliche Arbeitsrechtsrechtsprechung, aber beispielsweise im Zivilrecht, wo der Vorwurf am vehementesten erhoben wurde, kann man eigentlich sagen, dass dort das AGG keine Rolle spielt. Es gibt nur ganz wenige Entscheidungen von Zivilgerichten zum zivilrechtlichen Benachteiligungsverbot.

MJ: Vielen Dank. Herr Franke hat ja schon einige Stichworte geliefert, bei denen ich gemerkt habe, dass Sie etwas dazu sagen wollen.

J: Ich will mal so sagen: Den ein oder anderen Punkt hatte ich auch auf meinem Stichwortzettel. Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung. Ich war schon viermal bei dem Auswahlverfahren für die ersten Jahrgänge dieser Hochschule. Dort darf man ja immer nur zuhören, hier kann ich nun auch selbst etwas sagen. Das ist schon von Vorneherein ein

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Genuss. Wo Sie mir vielleicht einen Impuls angesehen haben, ist zunächst beim folgenden Punkt. Sie sagen, es sei in der Wissenschaft stiller geworden. Professor Picker usw. sind auch schon emeritiert; die nachwachsenden Generationen sind dann vielleicht die, die es schon anders sehen. Aber vor allem ist es in der Rechtspolitik nun einmal so, dass man nicht immer gegen Dinge anrennen kann, die einmal da sind. Und es war in der deutschen Politik damals schon so, dass kaum eine Partei inhaltlich diskutiert hat, sondern dass man argumentierte, das seien EU-Richtlinien aus Brüssel, die leider umgesetzt werden müssten. Das „leider“ hat vielleicht nicht jeder gesagt, aber es hieß jedenfalls: Wir müssen es sowieso umsetzen. Dann gab es noch einige Restbereiche, z.B. im Arbeitsrecht, bei denen schon damals von Thüsing und Co. prognostiziert wurde, dass der EuGH sie hinwegfegen werde; das hat er dann ja auch teilweise gemacht. Also schon damals war der deutsche Gesetzgeber nicht mehr frei. Die Diskussion konzentrierte sich vielmehr auf die Frage, ob die Bundesregierung in Brüssel den Kopf genickt hatte und dann so tat, als habe sie keine Schuld daran – salopp gesagt.

In der Tat habe ich damals solche Sachen wie „jakobinischer Tugendterror“ geschrieben – aber da habe ich eher plagiiert bei Professor Picker. Das wäre so gar nicht auf meinem Mist gewachsen. Aber ich fand die Formulierung ganz schön, denke es immer noch, würde es aber nicht mehr so sagen. Denn es hat keinen Sinn, Tag für Tag wieder die alten Schlachten zu schlagen. Es ist ja leider auch so, dass man als Gegner des Antidiskriminierungsrechts in der Situation ist, schon am Anfang sagen zu müssen, dass man auch niemanden diskriminieren wolle – ich kann Sie nur bitten, mir das zu glauben. Ich habe aber eben ein anderes Gesellschaftsbild als das, welches bei Ihnen durchklang, also Antidiskriminierungsrecht als Ausdruck der Menschenrechte anzusehen und Ähnliches. Ich würde Ihnen hoch abstrakt zwar Recht geben, sehe aber in der Breite kein Problem. Ich wohne in Berlin-Kreuzberg, wenn dort – sie haben zwar am Anfang nur auf das Arbeits- und Dienstvertragsrecht abgestellt, aber im Grunde auch gesagt, es gelte im gesamten Zivilrecht mit Ausnahme von Kleinvermietern – wenn in Kreuzberg also jemand sagen würde, er vermiete einem Türken keine Wohnung, verkaufe ihm keine Brötchen, der wäre ja bekloppt. Der würde seine Brötchen, seine Wohnung ja gar nicht mehr loswerden. Ich will damit sagen: Ich sehe in der Breite gar nicht das wirkliche Problem. Und weil ich das nicht sehe, finde ich eben wirklich, dass das Antidiskriminierungsrecht ein ärgerlicher Eingriff in die Vertragsfreiheit ist, der die Bürger bevormundet. Denn ich möchte als Arbeitgeber nicht jemanden anstellen, den ich nicht haben möchte – aus welchen Gründen auch immer; möchte auch nicht mit jemandem zusammenarbeiten, der nur eingestellt worden ist, weil es dieses Gleichbehandlungsgebot oder diese Gleichbehandlungsdoktrin gibt. Und wenn man genauer hinschaut – ich habe Sie kürzlich im Deutschlandfunk morgens gehört, da gab es Anrufer, die alle persönliche Schicksale geschildert haben nach dem Motto: jemand ist 80 Jahre alt und kriegt keinen Kredit mehr oder der Kredit ist zumindest teurer usw. – das sind alles Fälle, die – wenn man genauer hinschaut – einfach nicht gleich sind. Dass ein 80-Jähriger ein gewisses Ausfallrisiko hat, wenn man ihm einen hohen Betrag als Darlehen gibt, das ist keine Gemeinheit, sondern das ist einfach richtig. Ich würde auch sagen: es gibt kein Menschenrecht auf Kreditgewährung, denke allerdings, das sei einer der vielen Fälle, die kein Problem sind, weil der Markt das ja löst. Wenn die Bank sagt, man habe ein höheres Ausfallrisiko, also verlange sie einen höheren Zins – wer bei der Schufa ein schlechteres Rating bekommt, muss auch einen höheren Zins bezahlen –, würde ich das nicht als Diskriminierung sehen. Ich weiß nicht, ob Sie es als Diskriminierung sehen würden, aber da gab es jedenfalls andere, die es schon als Diskriminierung gesehen haben. Und das ist, was mich auch sehr häufig am Antidiskriminierungsrecht stört: Es werden Sachen unter Art. 3 GG subsumiert, die bei näherem Hinsehen eben doch keine vergleichbare Fallgruppe sind. Und wir wissen ja alle, dass bei Art. 3 GG die Frage nach der Vergleichbarkeit auch schon eine wertende Entscheidung ist. Es ist ja auch alles gar nicht so ganz einfach.

Vielleicht noch zwei, drei kurze Hinweise, dann bin ich mit meinem Eingangsstatement auch durch. Historisch ist es glaube ich so, dass wir das ganze Antidiskriminierungsrecht der Tatsache zu verdanken haben, dass es im anglo-amerikanischen Recht wenig Kündigungsschutz gibt. Die brauchen das natürlich. Kündigungsschutz, würde ich auch sagen, soll es geben. Den möchte ich als Arbeitnehmer ja auch gerne haben. Was man in Großbritannien oder den USA eben mit den Antidiskriminierungsregeln aufgefangen hat, haben wir mit dem KSchG immer schon gehabt. Nur jetzt haben wir on top auch noch das AGG. Und das ist deswegen auch schon eine Sache, die ich einfach nicht passend finde.

Stichwort Großunternehmen. Ich habe für das Fachblatt für Unternehmensjuristen, das ist das Verbandsorgan des neuen Bundesverbandes der Unternehmensjuristen, einen kleinen Beitrag über die EuGH-Entscheidung, die Sie referiert haben, geschrieben. Dazu habe ich mit drei Personalchefs telefoniert. Ich fand es total interessant, wie diese Leute dies einschätzten – sie waren gar nicht so empört über das Urteil wie ich. Sie haben gesagt: Da ändert sich nichts, da können wir ganz gut mit leben. Aufregung verbreitet haben eher die Fachanwälte…

MJ: Die wollen natürlich auch was verdienen.

J: …die haben ja durch die Bank das Urteil kritisiert nach dem Motto: Arbeitgeber, Ihr könnt nicht mehr wie bisher unseren Rat befolgen, lieber gar keine Auskünfte zu geben, das wird jetzt auch schon heikel. Aber das ist natürlich auch eine Akquise-Maßnahme, Ängste zu schüren, wie wir es jetzt auch bei der Compliance kennen. Die Personalchefs waren aus meiner Sicht also sehr entspannt. Es ist aber auch so, wenn man länger mit ihnen spricht, dass sie sagen: Wir trauen uns durch das AGG nicht – auch schon vor dem Urteil –, überhaupt irgendetwas zu sagen, wenn jemand, den wir nicht genommen haben, anruft und fragt, warum es nicht geklappt hat. Weil sie Angst haben, das könnte ja auch ein AGG-Hopper sein, wie man diese Berufskläger nennt. Auch wenn es nicht viele von denen gibt: Man kann und darf da keine offenen Flanken liefern. Und ich finde das einfach idiotisch. Man schneidet den Leuten die Chance ab, fair und ohne Heuchelei Rat für ihre nächsten Bewerbungsverfahren zu bekommen. Das sind alles Sachen, die mich stören.

Vielleicht noch kurz den einen Aspekt, weil Sie sagten, die erwartete Klagewelle sei ausgeblieben. Das wird immer gesagt. Es gab mal eine Untersuchung – wahrscheinlich von Thüsing, vielleicht war es aber auch Preis –, irgendein Ar-

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beitsrechtsprofessor hat eine Juris-Auswertung gemacht und kam zu dem Ergebnis, so schrecklich viele Fundstellen habe man unter „AGG“ tatsächlich nicht gefunden. Aus der Praxis höre man aber auch von einer Menge an Fällen, in denen sich die Leute verglichen, sich aber nicht vergleichen wollten und sich ohne AGG nicht verglichen hätten. Dies kommt zu dem bürokratischen Aufwand, der Heuchelei und der Unmöglichkeit, den Leuten Ratschläge zu erteilen, noch dazu.

Letzter Punkt, dann höre ich auf: Ich bin ja nun Wirtschaftsredakteur bei einer eher konservativen Zeitung, aber mein Glaube an den Markt ist wirklich nicht übermächtig. Seit Lehman Brothers kann man, glaube ich, auch nicht so verblendet sein, zu sagen, der Markt werde alles richten. Aber wenn man sich nun die konkreten Problemlagen der Diskriminierung anguckt, wo es sie gibt oder geben mag, da denke ich schon, dass es eben der Markt richtet. Wenn mir ein Bäcker kein Brötchen verkaufen wollte, hätte ich auch keine Lust, bei ihm ein Brötchen zu kaufen. Dann suche ich mir doch lieber einen Bäcker aus, der mich freundlich behandelt. Umgekehrt: Vor zwei Wochen war in München der Deutsche Anwaltstag. Meine Kollegin, Frau Budras, hatte in einem Hotel gebucht, das der Deutsche Anwaltsverein, der Veranstalter, in seiner Liste hatte, „Deutsche Eiche“ hieß das Ding. Einige von Ihnen wissen vielleicht, worauf es hinausläuft – wir wussten es vorher nicht. Es ist ein anerkanntes Schwulen-Hotel, die mit ihrem Dark Room werben und mit ihrer Sauna. Sie ist dort nicht diskriminiert worden und hat dort auch niemanden diskriminiert. Aber auch das ist ein Beispiel, dass der Markt dort, wo es verknöcherte Menschen noch gibt, die nun wirklich unsinnige Vorurteile haben, tatsächlich eine Alternative bietet. Daher mein Petitum: Wir brauchen den Staat dort nicht.

MJ: Eigentlich hatte ich eine Frage an Sie, Herr Franke. Sie, Herr Jahn, haben mir aber jetzt ein Stichwort geliefert. Wenn es der Markt richtet, wie würden Sie es dann sehen, wenn sich irgendwo eine ausländische, schwerbehinderte, homosexuelle Frau bewirbt und einfach keinen Job bekommt? Würden Sie dann sagen, das Ergebnis sei dann eben der Markt: Sie bekomme keinen Job? Und umgekehrt eine Frage an Sie, Herr Franke: Sie haben gesagt, das AGG diene auch der Marktzugangserleichterung. Das wäre die umgekehrte Frage: Hilft das AGG der Frau wirklich, in den Job hineinzukommen? Denn den Einstellungsanspruch gibt es ja gerade nicht; es gibt eine Entschädigung, aber letztlich ist das alles.

J: Also erstens: Mir kommt ein solcher Fall immer etwas konstruiert vor. Klar, als Jurist muss man vom worst case ausgehen. Ich denke nur, dass die Praxis bei diesen Fällen nicht ganz so groß ist. Ich denke auch, dass der Frau nicht unbedingt geholfen wäre, wenn sie sich mit Erfolg eingeklagt hätte – obwohl Sie ja gerade auch zu Recht gesagt haben, dass sie diesen Anspruch gar nicht hätte. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass so jemand durchaus nicht einmal Nischen, sondern ganze Branchen oder Bereiche in dieser Gesellschaft findet, wo er gerade willkommen ist.

MJ: Stichwort „Marktzugangserleichterung“?

F: Die Richtlinien nehmen ja in ihren Erwägungsgründen direkt darauf Bezug: Sie sagen, dass Diskriminierungsverbote den Zugang von bestimmten Gruppen zu Arbeits- und Gütermärkten erleichtern sollen. Und natürlich ist ganz klar: Im Arbeitsrecht besteht kein Anspruch auf den Arbeitsplatz, sondern eben auf finanzielle Kompensation, wenn man abgelehnt wird. Aber ich denke, dass dort das Gesetz sicherlich eine gewisse Präventivwirkung entfaltet. Dadurch, dass Diskriminierungsverbote bestehen, können sie präventive Effekte haben, sodass Arbeitgeber nicht wegen der genannten Gründe diskriminieren und den Marktzugang vereiteln.

MJ: Oder es kann eben den Effekt haben, dass die Motive besser verschleiert werden.

F: Auch das ist möglich.

MJ: Sie sind da offenbar eher optimistisch und denken, dass die gesellschaftliche Entwicklung dadurch langfristig positiv im Sinne des AGG oder der Richtlinien beeinflusst wird?

F: Man muss ja auch sehen, dass Diskriminierungsverbote nichts ganz Neues sind. Das AGG weitet sie zwar auf alle in den europäischen Gleichbehandlungsrichtlinien genannten Merkmale aus, aber das Verbot der Geschlechterdiskriminierung haben wir bereits seit 1980. Wenn man etwa den Stellenanzeigen-Markt vergleicht, stellt man fest, dass früher in manchen Berufen noch sehr häufig Ausschreibungen nicht geschlechtsneutral geschaltet waren. Da hat man eben die Sekretärin oder den Schreiner ganz geschlechtsspezifisch gesucht. Das ist heute, jedenfalls bei den großen Tageszeitungen, völlig verschwunden, da findet man kaum noch eine solche Stellenanzeige. Und wenn, dann sind es eben Fälle wie der des OLG Karlsruhe, in dem der Geschäftsführer gesucht wurde und dann die abgelehnte Anwältin, die sich beworben hatte, eine Entschädigung bekommen hat. Ich denke, Ähnliches kann man bei dem Merkmal Alter beobachten: Das junge dynamische Team, das Zuwachs sucht oder ganz spezifische Altersgrenzen oder Alterskorridore, zwischen 20 und 35 beispielsweise: So etwas findet man nur noch selten in Stellenanzeigen.

J: Wobei gerade das natürlich auch wieder die Vielschichtigkeit zeigt. Ich habe aus einer der letzten NJW-Ausgaben – Nr. 17/2012 – ein Beispiel mitgebracht, Überschrift: „Herausforderung Stellenausschreibung“.

„In Zeiten des AGG stellt es mittlerweile eine echte Herausforderung dar, eine Stellenanzeige diskriminierungsfrei abzufassen. Dies auch deshalb, weil die abgelehnten Bewerber immer findiger werden, um eine vermeintlich neutrale und unverfänglich formulierte Stellenanzeige als ganz offensichtlich diskriminierend zu entlarven. Als besonders kreativ zeigte sich insoweit ein abgelehnter Bewerber in einem Fall, den das LAG Berlin-Brandenburg als Berufungsinstanz zu entscheiden hatte. Der 41-jährige Kläger hatte sich auf die Stellenausschreibung eines Unternehmens beworben, das einen ‚Junior Personalreferent Recruiting (m/w)‘ suchte. Das Anforderungsprofil wurde vom Kläger erfüllt. Trotzdem erhielt er eine Absage. Angesichts seiner fachlichen Qualifikation hatte er dafür nur eine Erklärung: Er war seinem potenziellen Arbeitgeber zu alt. Tatsächlich hatte der nämlich einen Mitbewerber eingestellt, der zwar mit dem Kläger vergleichbar qualifiziert aber zehn Jahre jünger war. Der Kläger forderte deshalb vom beklagten Unternehmen die Maximalentschädigung gemäß § 15 AGG in Höhe von 9.900 Euro. Seine vermeintliche Altersdiskriminierung machte er dabei an dem in der Stellenausschreibung verwandten englischen Begriff ,Junior‘ fest, der seiner Ansicht nach mit ,jung‘ zu übersetzen sei.“

Es nimmt aber ein gutes Ende: Das LAG hat erkannt, dass es sich um eine Begrifflichkeit handelt, die sich nicht auf das

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Lebens- oder Berufsalter bezieht, sondern auf die Hierarchiestufe. Da kann man sagen, es sei ja alles gut ausgegangen: Wenn so jemand eine sinnlose Klage einreicht, verliert er ja auch. Aber es zeigt eben, wie spitzfindig es oft ist, und welche Mühen man damit auch als unliebsame Nebeneffekte produziert. Ich gebe Ihnen aber Recht – da sehe ich auch eine Parallele zum Strafrecht – das AGG hat sicherlich auch einen Präventiveffekt. Einen Teil von unerwünschten Diskriminierungen wird man dadurch, wenn ich ihn auch nicht für so groß halte, sicherlich ein bisschen abschrecken können, denn allein die Entschädigungspflicht ist ja schon auch eine Waffe.

MJ: Nächstes Stichwort: Strafrecht. Herr Franke, ist das nicht eine Art Gesinnungszivilrecht, wo letztlich Strafen verhängt werden für ein politisch nicht erwünschtes Verhalten, wo man sagen muss: Das ist im Zivilrecht nicht an der richtigen Stelle angehängt? Denn bei uns hat ja das Schadensersatzrecht eigentlich gerade keinen pönalen Charakter, so dass die Geldstrafe hier ein Fremdkörper ist. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass es aus dem US-amerikanischen Recht kommt. Wie sehen Sie das?

F: Ja, vielleicht hängt es auch mit US-amerikanischem Recht zusammen, aber auch mit den Richtlinien selbst, die ja Sanktionen vorgeben, die angemessen, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Es kommt also im Grunde genommen über die europäische Schiene.

MJ: Gut, aber rechtspolitisch gefragt: Ist der Fehler dann nicht schon in Europa gemacht worden, hätte man das eigentlich gar nicht zivilrechtlich ausgestalten sollen?

F: Die Umsetzung ist ja in den Mitgliedstaaten durchaus unterschiedlich. Es haben nicht alle Mitgliedstaaten das Modell gewählt, das Deutschland gewählt hat, also die Ansiedlung im Zivilrecht. Es gibt durchaus Mitgliedstaaten, die das im Bereich von – wir würden vielleicht sagen – Ordnungswidrigkeiten oder auch Strafvorschriften ansiedeln, oder auch eine Kombination aus zivil- und öffentlich-rechtlicher Umsetzung gewählt haben. Deutschland hat den Weg über die schon bestehenden Diskriminierungsverbote im Zivilrecht gewählt. Das ist im Grunde ein individuell-reaktives Modell. Der Einzelne ist eben auf sich gestellt, einen Anspruch geltend zu machen, wenn er sich diskriminiert fühlt, mit allen Risiken, die das beinhaltet. Wie wir in dem Fall des Junior Consultant gesehen haben, hat das ja gewisse Risiken.

MJ: Haben Sie da denn mal Vergleiche anstellen können, wie das in den anderen Mitgliedstaaten funktioniert? Haben diese vielleicht andere Umsetzungsmodelle gewählt – und wie ist dort die Entwicklung seit 2004 verlaufen?

F: Wir haben ein bisschen auf Frankreich geschaut. Dort hat man, glaube ich, ein Modell, das mit Ordnungswidrigkeiten arbeitet. Es gab beispielsweise einen Fall, in dem das Moulin Rouge im Back-Door-Bereich nur Arbeitskräfte mit einer bestimmten ethnischen Herkunft und im wegen der Trinkgelder viel attraktiveren Service-Bereich Franzosen ohne eine solche ethnische Herkunft beschäftigt hat. Ich glaube, da hat die französische Antidiskriminierungsstelle ein Bußgeld gegen das Moulin Rouge verhängt. Wir haben im Übrigen eine Rechtsexpertise bei Frau Professor Benecke in Auftrag gegeben, die die Umsetzung des europäischen Antidiskriminierungsrechts in den verschiedenen Mitgliedstaaten vergleicht. Diese können Sie über unsere Internetseite abrufen.

MJ: Wollen Sie dazu etwas sagen, Herr Jahn?

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J: Was ich noch erschwerend an dieser Antidiskriminierungsproblematik finde, ist, dass dieser Materie immanent ist, dass sie gewissermaßen „wuchert“. Sie ist jetzt im Dienstvertragsrecht angekommen und ich habe auch viel mit Aktienrecht zu tun, da haben wir jetzt die ersten Aufsätze in der NZG, die proklamieren, dass man vielleicht bei der Besetzung des Vorstands auch mal auf dieses Thema achten müsse. Also zum einen erstreckt sie sich in immer mehr Rechtsmaterien – automatisch, eigendynamisch – und zum anderen wird sie uns in alle Ewigkeiten beschäftigen, weil die Rechtsfragen, die man noch so finden kann, ja auch schier unendlich sind.

Neulich tauchte durch einen Fall folgende Frage auf: Kann es eigentlich eine Diskriminierung sein, wenn die benachteiligte Person gar nicht selbst eines der Merkmale aufweist, sondern z.B. Mutter eines behinderten Kindes ist? Die Diskriminierungstatbestände wuchern so schrecklich aus. Das Ganze wird noch verstärkt durch den EuGH. Damit sind wir bei einem der beiden Ausgangsfälle. Das Urteil in der Sache Galina Meister fand ich nicht ganz fair, weil sich der europäische Richtliniengeber in einer Novelle der Antidiskriminierungsrichtlinie dazu bekannt hat, dass er keine volle Beweislastumkehr will. Dabei ist der europäische Gesetzgeber ja durchaus geneigt, Dinge ein bisschen radikaler zu machen als die volkstümlichen Politiker in Deutschland, die dort der Basis noch ein bisschen näher sind. Der EuGH hat gesagt: „Dass es keine Beweislastumkehr gibt, steht in der Richtlinie drin, daran kommen wir nicht vorbei“ (zwischen den Zeilen lese ich: das ist eigentlich ein bisschen schade). Und dann hat er doch eine Beweislastumkehr durch die Hintertür vorgenommen. Selbst die Süddeutsche Zeitung, die in diesen Dingen immer Gegenpart der Frankfurter Allgemeinen ist, schrieb, das sei die Beweislastumkehr durch die Hintertür.

Ein weiteres Beispiel ist die EuGH-Entscheidung im Fall Mangold, die in der deutschen Arbeitsrechtswissenschaft eine Revolution ausgelöst hat. Der frühere Bundespräsident und Bundesverfassungsgerichtspräsident Roman Herzog hat daraufhin einen Aufruf geschrieben „Stoppt den Europäischen Gerichtshof“, der in der FAZ erschien1 und mit dem er hinterher ein bisschen durch verschiedene Gazetten tingelte. Im Fall Mangold hat der EuGH nun wirklich in völlig freier Rechtschöpfung gesagt: „Es gibt da eine Richtlinie, die noch nicht in Kraft ist. Das stört uns ein bisschen. Dann sagen wir jetzt einfach, die Gleichbehandlung im Arbeitsrecht ist ein allgemeines Gebot oder ein allgemeines Merkmal der Verfassungsordnung der Mitgliedstaaten.“ Das Gebot hat der EuGH wirklich völlig hineininterpretiert und sich auch hier wieder erklärtermaßen hinweggesetzt über das, was der europäische Gesetzgeber gewollt hat.

MJ: Ein solches Verbot der Altersdiskriminierung gibt es meines Wissens nur in Finnland in der Verfassung. Herr Jahn, Sie sind nun schon auf die Entscheidung Galina Meister zu sprechen gekommen. In der Frankfurter Allgemeinen haben Sie einen Kommentar dazu geschrieben, die Überschrift war „Hinterlistige Richter“2 . Sie sprechen dort


1 Herzog/ Gerken, Stoppt den Europäischen Gerichtshof, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. September 2008.

2 Jahn, Hinterlistige Richter, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. April 2012.

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von einem „Trick, um die EU-Vorschriften gegen Diskri-minierung zu verschärfen“. Die Richter des EuGH würden das sicherlich anders sehen. Die würden sagen: „Wir legen die Richtlinie aus.“ Die Beweislastumkehr ist darin angelegt. Der Witz an der Entscheidung ist, dass die Beweislastumkehr dadurch stattfindet, dass der Arbeitgeber im Grunde gar nichts tut, nämlich keine Auskunft gibt. Vermutlich meinten Sie das in Ihrem Kommentar?

J: Was ich meinte, ist: Der europäische Gesetzgeber hat gesagt, dass er an einem Schweigerecht für den Arbeitgeber festhält. Der EuGH hat es nun doch geschafft, den Sprung darüber hinweg zu vollführen und zu sagen, dass der Arbeitgeber eben doch kein richtiges Schweigerecht haben soll. Sie sagten, Sie können sich vorstellen, was der EuGH dazu gesagt hätte. Ich weiß, was der frühere Generalanwalt am EuGH Carl Otto Lenz dazu gesagt hat, der hat nämlich einen Leserbrief geschrieben, der bei uns auch veröffentlicht wurde. In dem Leserbrief stand, hinterlistig sei nur der Kommentar von Joachim Jahn.

MJ: Gut, das war von ihm nicht anders zu erwarten. Das leitet direkt über zu Ihnen, Herr Franke, Sie wollen vielleicht direkt etwas zu der EuGH-Entscheidung sagen. Mich würde aber auch interessieren, ob der Fall Galina Meister auch schon bei Ihnen in der Beratungspraxis relevant wurde.

F: Nachfragen zu diesem Fall sind noch nicht vorgekommen. Zu der EuGH-Entscheidung selbst: Ich sehe diese weitaus weniger dramatisch. Der EuGH hat sicher schon Entscheidungen getroffen, die von einem gewissen Aktivismus getragen waren. Coleman, vielleicht auch die Feryn-Entscheidung, oder Mangold. Die Entscheidung in der Sache Galina Meister ist hingegen nach meiner Einschätzung relativ harmlos. Der EuGH verneint ganz klar einen Auskunftsanspruch, er weist darauf hin, dass der aus dem europäischen Recht nicht herzuleiten ist. Worüber wir hier diskutieren, ist eigentlich die letzte Randnummer der EuGH-Entscheidung. Dort äußert der Gerichtshof etwas kryptisch, unter gewissen Umständen könne die totale Verweigerung des Zugangs zu Informationen im Zusammenhang mit anderen Indizien vielleicht eine Erweiterung des Indizvortrags bewirken. Das ist eigentlich das Einzige, worüber man bei dieser Entscheidung sprechen kann. Für die Betroffenen ist diese Entscheidung – und das sehe ich jetzt aus der Perspektive unserer Beratungspraxis – nicht ausgesprochen hilfreich. Jetzt bleibt es den Tatgerichten überlassen, welche Bedeutung für den Indizvortrag sie dem Umstand zumessen, dass ein Arbeitgeber eine Auskunft verweigert oder nur teilweise Auskunft gibt. Größere Rechtsklarheit ist weder für die Betroffenen noch für die Arbeitgeber entstanden.

J: Das denke ich auch. Ich will mich an diesem Urteil auch nicht übermäßig festbeißen. Dramatisch ist es nicht, da gebe ich Ihnen völlig Recht. Wie ich vorhin geschildert habe, sagten mir drei Personalchefs zu meiner eigenen Verblüffung, eigentlich sei das Urteil gar nicht so wild. Die Entscheidung finde ich darum nicht dramatisch, sondern eher ärgerlich, weil ich eben denke, auch hier ist der EuGH mal wieder einen Schritt weiter gegangen, als der Gesetzgeber gewollt hat. Denn man kann auch nicht sagen, dass er keinen Auskunftsanspruch gewährt hätte. Ich halte das für ein venire contra factum proprium: Der EuGH hat zwar am Anfang erst mal gesagt, es gibt keinen Auskunftsanspruch, der Gesetzgeber hat ihn ja nicht gewollt. Und dann kommt das große Aber. In all den Urteilsbesprechungen, die ich gelesen habe, wurden immer Formulierungen benutzt wie „dann kommt der logische Bruch“ oder „es ist kryptisch“. Das Vorgehen des EuGH ist janusköpfig. Deshalb kann man das Gericht leider auch nicht beim Wort nehmen, wenn es in den ersten vier Fünfteln der Entscheidung sagt, es gibt keinen Auskunftsanspruch. Denn am Ende tritt er es in die Tonne und sagt, es könnte ihn aber doch geben. Allerdings gebe ich Ihnen vollständig darin Recht, dass jetzt eine völlige Rechtsunsicherheit besteht, weil nun keiner weiß, wann es den Auskunftsanspruch gibt, wie krass der Fall dafür eigentlich sein muss. Vor ein paar Tagen erging eine BAG-Entscheidung, in der es um eine türkischstämmige Beschäftigte eines Sozialversicherungsträgers ging. Streitig war, ob sie wegen ihrer ethnischen Herkunft keine Vertragsverlängerung bekommen hatte, oder ob es daran lag, dass sie eine Minderleisterin war, wie die Arbeitsrechtler sagen. Das ist auch ein Riesenproblem in der Praxis: Leute, bei denen man eigentlich guten Grund hat, sie nicht einzustellen oder sie zu kündigen, verstecken sich gern dahinter, dass sie zufällig irgendein Diskriminierungsmerkmal aufweisen. Bei Frau Meister war es so, dass sie gleich drei Merkmale aufwies: Erstens war sie eine Frau – und als Frau gilt man dann im Zweifel immer als diskriminiert. Zweitens war sie russischer Herkunft. Drittens war sie 45 Jahre, wobei ich finde, dass man mit fast derselben Logik hätte man sagen können, sie sei diskriminiert worden, weil sie zu jung war. Aber 45 ist in der heutigen Arbeitswelt doch eher ein bisschen älter als ein bisschen jünger. Da kamen also gleich drei Merkmale zusammen. Warum sie in Wirklichkeit nicht eingestellt worden ist, wissen wir bis heute alle nicht, weil der Arbeitgeber das gemacht hat, was bis heute alle wirtschaftsnahen Arbeitsrechtler geraten haben, nämlich: Bloß keine Auskunft geben, sonst liefert ihr den Leuten erst recht Munition. Es mag ja sein, dass sie wegen eines dieser Merkmale oder wegen aller drei nicht eingestellt worden ist. Vielleicht lag es auch an Folgendem: Das war eine Firma, die stellte unter anderem Software zum Mitschneiden von Drohanrufen her – lustiger Fall eigentlich, wenn man vom Menschlichen einmal absieht. Frau Meister hatte in Russland ihr Diplom erworben. Das war zwar durch irgendeine Anerkennungsregel in Deutschland anerkannt, vielleicht hatte der Arbeitgeber aber einfach das Gefühl, dass Frau Meisters kryptographische Kenntnisse nicht reichen. Man kennt den Grund schlichtweg nicht.

F: Ein wenig wird die Frage in der neuen NZA aufgehellt.3 Danach hat wohl auch das Zeugnis von Frau Meister eine Rolle gespielt. Sie hatte offenbar ein Arbeitszeugnis, was man als „befriedigend“ einstufen kann. Zudem waren es wohl in der Tat die Deutschkenntnisse – das Bewerbungsschreiben wird dort zitiert, das grammatisch nicht so ganz in Ordnung war. Also hätte man eigentlich auch genug Gründe gehabt, um sie aus objektiven Gründen ablehnen zu können.

MJ: Sie sehen, dass wir die ganze Zeit schon über den EuGH diskutieren und nicht über den BGH. Das hängt damit zusammen, dass die Entscheidung vielleicht ein bisschen wichtiger war. Ich will trotzdem ganz kurz etwas zum BGH-Fall sagen, der einen GmbH-Geschäftsführer betraf und auch in der Presse für viel Aufsehen gesorgt hat. Ich finde, wenn


3 Christian Picker, NZA 2012, 641 (645).

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man ins Gesetz reinguckt, liegt es eigentlich auf der Hand, dass die Entschädigung gezahlt werden musste. Der BGH hat alles ziemlich korrekt subsumiert. Ein Punkt ist mir dabei aufgefallen. Das ist aber kein spezifisch AGG-rechtlicher Gesichtspunkt, deshalb will ich ihn auch nicht vertiefen, sondern nur kurz erwähnen. Der BGH hat nämlich offen gelassen, ob ein GmbH-Fremdgeschäftsführer vielleicht Arbeitnehmer im Sinne des europäischen Rechts sein könnte. Dann bräuchten wir gar nicht den Zugang zum AGG über § 6 Abs. 3 AGG, sondern würden das AGG komplett anwenden. Es gibt eine EuGH-Entscheidung zur Mutterschutzrichtlinie, die Rechtssache Danosa, die schon zwei Jahre alt ist. Der Fall betraf eine lettische Fremdgeschäftsführerin, die der EuGH als Arbeitnehmerin im Sinne der Mutterschutzrichtlinie angesehen hat. Wenn wir das irgendwann mal beim AGG bekommen, dann haben Sie natürlich auch in der Wirtschaftsredaktion wieder viel zu schreiben. Dann gelten da komplett neue Spielregeln und ich bin mal sehr gespannt, wie das irgendwann weitergeht. Der BGH hat es ausdrücklich offen gelassen.

Bevor ich die Diskussion eröffne und das Publikum mit in die Diskussion einbeziehe, habe ich an beide Diskutanten die Frage – das gehört wenigstens im weiteren Sinne in den Komplex AGG – was halten sie eigentlich von gesetzlichen Quoten? Ich habe jetzt gerade gelesen, in der FAZ übrigens, dass offenbar schon das Gutachten von Herrn Habersack vom Deutschen Juristentag vorliegt. Er rät davon ab, im Gesellschaftsrecht Quoten ins Gesetz zu schreiben. Wenn man so in die Vorstände und Aufsichtsräte in Deutschland guckt, muss man allerdings sagen, dass wir da eine ganz niedrige Frauenquote haben und zwar seit langer Zeit – und trotz aller Beteuerungen tut sich da eigentlich nichts. Wäre es da jetzt nicht doch an der Zeit, dass der Gesetzgeber an dieser Stelle einmal sagt: Komm, da machen wir jetzt eine gesetzliche Regelung, andere Länder haben das auch getan und gute Erfahrungen damit gemacht? Herr Jahn?

J: Also wenn es nach mir ginge: Nein! Wenn es nach Frau Reding und Frau von der Leyen geht: Ja! Das Habersack-Gutachten sagt – ich hatte ja darüber geschrieben –, dass das ein Fremdkörper im deutschen Aktienrecht ist und zudem ein rein gesellschaftspolitisches Anliegen. Es wird zwar immer ein bisschen so getan, als ginge es auch um Corporate Governance und Effizienzsteigerung. Es gibt ja auch Studien, die zum Ergebnis gekommen sind, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil auch produktiver seien oder der Aktienkurs schneller steige. Da sagt Habersack eben, dass das nur Ablenkung ist, denn in Wirklichkeit geht es um ein gesellschaftspolitisches Anliegen. Das hat nichts mit dem Aktienrecht zu tun. Das sehe ich auch so; es handelt sich natürlich schon ein bisschen um eine spezielle Frage. Man versucht als Journalist ja objektiv zu schreiben und auch wirklich jeden zu zitieren, auch Frau Lüders haben wir schon ausführlich zitiert. Aber man zitiert natürlich manche Statements besonders gerne. Da ging es mir neulich so, mit Klaus Peter Müller, dem Vorsitzenden der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, hauptberuflich Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank, und auch ein elder statesman der Wirtschaft. Müller macht ja jedes Jahr eine große Konferenz in Berlin und ist dann immer sehr staatstragend. Jetzt neulich war er in Berlin auf einer Kanzleiparty bei Noerr, in deren Umfeld er dann doch mehr vom Leder gezogen hat, als er das sonst tut. Ich möchte es gern beschreiben – ich habe es mir ausdrücklich per E-Mail bestätigen lassen, das ist jetzt wirklich kein Vertrauensbruch und ich teile da wirklich zutiefst seine Philosophie. Der Gesetzgeber soll nicht ran, er muss auch nicht ran. Es ist eine Sache der Frauenförderung erst einmal auf den unteren Ebenen – und man muss etwas tun für die Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Müller sagt zum Beispiel, dass die meisten Eltern, die ihre Kinder in den Betriebskindergarten der Commerzbank in Frankfurt schickten, trotzdem nur Teilzeitarbeit machen wollten. Das hat er geschlechtsneutral formuliert, ich denke aber doch, dass es eher die Frauen als die Männer waren. Aber Müller hat auch gesagt, dass wir eben nicht nur eine bessere Kinderbetreuung brauchen. An der mangelt es ja wirklich noch, das erlebe ich ständig in meinem Umfeld. Aber wir brauchen auch mehr Möglichkeiten, im Arbeitsleben die Zeit flexibler zu gestalten. Das wird sicherlich nicht auf jedem Vorstandsposten möglich sein, aber in vielen anderen Bereichen eben doch. Ich denke, eine „Multi-Faktoren-Strategie“ ist das, was man anstreben sollte, und da gibt es auch Länder, die das viel besser können. Nehmen wir Frankreich, da kommen die Frauen ja wirklich sehr viel häufiger nach 9 Monaten zurück ins Arbeitsleben und dies geht dort auch, weil die objektiven Umstände so sind. Das wäre für mich der Weg und eben nicht die Quote. Das letzte ist – das hat Herr Müller mal auf einer richtig öffentlichen Veranstaltung schön gesagt – Sie können nicht einen lebenden Aufsichtsrat erschlagen, um Platz für ein paar Frauen frei zu machen. Dies wäre aber notwendig, wenn man jetzt einfach eine Quote einführte, egal, ob sie bei 20% oder bei 40% liegt. Auf der Kanzleiparty sagte er auch, dass es schier unrealistisch sei, genug Frauen zu finden, die genug Erfahrung haben, weil man einfach nicht von der drittunteren Ebene des Vorstands auf die Vorstandsebene springen könne. Es sei also erstens schlichtweg vom Ausbildungsprocedere her nicht möglich und es könne zweitens auch nicht sein, dass dann zum Beispiel fünf Jahre lang kein einziger frei werdender Posten mehr mit einem Mann besetzt werde. Das sind alles auch meine Argumente, ich hab sie gar nicht erfunden, aber ich finde, da sagt Herr Müller das Richtige.

MJ: Herr Franke, Sie haben bestimmt einen anderen Standpunkt, oder?

F: Ich habe einen anderen Standpunkt, ja. Sie haben ja meine Chefin schon zitiert, die sich auch in die Quotendiskussion eingeschaltet hat. Ich glaube man muss einfach sehen, dass die Wirtschaft immer gern auf Freiwilligkeit und nachrückende Frauen, die qualifiziert sind, verweist, und im Grunde genommen Regelungen jeglicher Art doch von vornherein ablehnt. Ich denke, dass diese freiwilligen Vereinbarungen und Absichtserklärungen relativ wenig gebracht haben. Frau Reding hat einmal dargelegt, dass es – wenn wir so weiter machen – erst in mehreren Jahrzehnten zu einem angemessenen Anteil von Frauen in Aufsichtsräten kommen wird. Deshalb denke ich, dass Quoten durchaus eine Option sind, um den Entwicklungsprozess zu beschleunigen. Wenn, dann müsste man es natürlich so machen wie in Norwegen, wo an diese Quotierung auch Sanktionen geknüpft sind. Wenn man nur Quoten vorgibt und bei Verletzung der Quoten passiert nichts, dann fallen sie nicht besonders ins Gewicht und werden sehr unwirksam bleiben. Man sieht es ja beispielsweise am öffentlichen Dienst des Bundes und in

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einzelnen Ländern, wo wir schon Frauenquoten haben, diese aber Regelungen darstellen, die wohl nicht sehr wirksam sind.

MJ: Stichwort Frauenquote: Hier sitzen ja auch einige Damen, es wäre ja auch interessant zu wissen, was Sie dazu sagen. Aber Sie haben jetzt natürlich auch unabhängig von der Frauenquote die Gelegenheit, in die Diskussion einzugreifen und Fragen zu stellen.

Zuschauer: Ich würde vielleicht am Anfang mal die Gelegenheit zu einer empirischen Frage ergreifen. Herr Jahn, Sie hatten ja am Anfang gesagt, ganz eingangs, Sie sähen das Problem nicht beim AGG. Ich sehe es auch nicht, aber wir beide sind ja auch eher in einer privilegierten Ausgangsposition. Mich würde einmal interessieren, Herr Franke, ob Sie da empirische Erkenntnisse haben, wie es in anderen Bevölkerungsgruppen aussieht. Also ist das immer nur die homosexuelle, schwarze Rentnerin – oder sind das auch große Bevölkerungsgruppen, also alltägliche Situationen, die von der Diskriminierung betroffen sind?

F: Also die behinderte, homosexuelle Frau mit Migrationshintergrund ist eigentlich so eine Figur, die gern ein bisschen aufgebaut wurde, um vor diesem Gesetz Angst zu machen. Man muss ganz klar sagen, dass natürlich doch bestimmte Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Es gibt Untersuchungen, dass beispielsweise allein der ausländisch klingende Name bei Bewerbungen um Praktikumsplätze oder um Lehrstellen zu einer wesentlich geringeren Einladungsquote geführt hat als der deutsch klingende Name. Das muss man sehen, es ist ein reales Problem. Das finde ich auch manchmal etwas zynisch an der Diskussion, dass man immer diese sehr exotischen Fallbeispiele konstruiert und diese dann in die Diskussion wirft, obwohl reale Menschen dahinterstehen, die wirklich Probleme beim Zugang zum Arbeitsmarkt haben, beispielsweise ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ab 45 Jahren. Wir haben es in unserer Beratungspraxis auch bei Frauen gesehen. Wir hatten einmal den Fall, wo eine Frau gesagt hat, sie hätte sich permanent beworben, hätte jedoch immer Absagen bekommen und sei nie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Dann hat sie bei ihren nächsten Bewerbungen ihre drei Kinder weggelassen und hat sich als verheiratet, aber kinderlos dargestellt und schwupps kamen die Einladungen zu Vorstellungsgesprächen. Ich würde daher doch sehr eindringlich davor warnen, dass man das immer so mit einer gewissen Exotik vermischt und dann verkennt, dass in der Tat bestimmte Gruppen schon Diskriminierungsprobleme haben.

Zuschauerin: Ich finde den Einwand auch total richtig, dass es vielleicht nur begrenzt sinnvoll ist, in Vorständen jetzt einfach eine Quote zu fordern, wenn tatsächlich in den ganzen sechs Eben darunter nicht so viel an Frau herumläuft, bzw. nur in Ebene eins und zwei. Aber die Frage, die sich hier ja wirklich stellt – ich habe mich einmal mit dem Vorstand von Hapag Lloyd darüber unterhalten, der sagte, er verstehe das schon – solange oben im Vorstand keine Frau sitzt, zieht ja auch keine Frau nach? Und das ist auch gar nichts Böses, sondern das ist einfach drin und das haben wir ja auch gesehen in den letzten 40 Jahren, in denen es sich nicht verändert hat. Ist es nicht vielmehr so, dass eine Frau im Vorstand sich dann auch darum kümmert, Frauen auf den Etagen weiter unten aufzubauen?

Zuschauer: Herr Jahn, was halten sie von einer Quote, die sich sukzessive erhöhen würde, sodass nicht alle Positionen auf einmal besetzt werden müssen?

J: Also da würde ich sagen, das finde ich nicht ganz so schlimm. Ich finde es aber eben nicht erstrebenswert. Also ich bin ja auch nicht so holzköpfig, dass ich mir denke, die Welt wäre schon so in Ordnung, wie sie ist. Es gibt eine Reihe von renommierten Frauen, die früher auch einmal gesagt haben, sie dächten, Quoten seien blöd und sie hätten alle erst von einem gewissen Berufsalter an gemerkt, dass an dieser Sache doch was dran sei. Das gibt mir ja schon zu denken und ich will nicht ausschließen, dass es das irgendwo gibt – das wird’s wahrscheinlich irgendwo geben. Ich kann nur sagen, meine Lebenserfahrung aus drei Redaktionen ist, dass ich wirklich nie, nie mitbekomme habe, dass irgendeine Frau schlechter behandelt worden wäre, sondern eher eben anders herum, weil man sich auch wirklich mal freut, wenn eine Frau Aktivitäten an den Tag legt, die sonst oft eher bei den Männern zu beobachten sind.

Zuschauerin: Hatten Sie auch schon mal eine Chefin?

J: Ich habe gerade eine Chefin, ja…

Zuschauerin: Und das klappt so?

J: Zwischen ihr und mir? Oder generell?

Zuschauerin: Ich meine… Sie haben in drei Redaktionen gearbeitet – in der ganzen Welt. Aber wie viele Chefs hatten Sie?

J: Prozentual sind Frauen auf der Chefebene in der Minderheit. Es gab neulich einmal bei SPIEGEL oder SPIEGEL ONLINE eine Auswertung, wie viele Kommentare in FAZ und so weiter von Frauen geschrieben sind. Das sind wenige und das will ich auch nicht in Abrede stellen.

Zuschauerin: Die Frage ist: Warum? Es ist ja nicht so, dass das nicht funktionieren würde!

J: Also ich bin mit meiner Chefin zufrieden. Es ist einfach nur so, dass es andere Verhaltensmuster gibt. Das mag kulturell geprägt sein. Es wird ja z.B. oft gesagt, Frauen trauen sich weniger zu, das sagen Frauen ja auch übereinander. Deswegen versuchen Frauen sich dann gegenseitig zu fördern. Aber es gibt eben auch Frauen, die – und das ist dann wiederum nicht die Schuld der bösen Männerwelt – sagen: Ich will dieses Rattenrennen auf den Chefebenen nicht mitmachen. Ich setze andere Prioritäten, ich will nicht den ganzen Tag die Ellbogen ausfahren. Ich will einfach um halb fünf auch meine Ruhe haben. Das finde ich völlig legitim. Nur deswegen – denn ich denke da stecken letztendlich ganz viele Gründe dahinter, dass der Frauenanteil kleiner ist als der Männeranteil auf der Chefebene – schwebt mir keine 50:50-Lösung vor. Ich denke es hat eben viele Gründe, dass Frauen unterrepräsentiert sind.

Zuschauer: Wenn ich in meinen Familienkreis schaue – ich komme aus einer Großfamilie – war es in den 70er-Jahren eher untypisch, dass eine Frau studiert hat. Das hat sich erst später entwickelt. Dies betrifft aber genau die Generation, die jetzt in dem Alter ist, um in Vorstandspositionen zu gelangen. Für mich persönlich passt es dann auch, dass langsam auf den unteren Führungsetagen auch in relativ großen Prozentzahlen Frauen repräsentiert sind. Und dass es länger braucht, bis sich die Frauen hocharbeiten, wenn die Führungsetagen ausschließlich aus Männern bestehen. Daraus

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könnte ich doch aber dann den Schluss ziehen, dass sich dieses Problem relativ schnell löst, so in 10 bis 20 Jahren, und dass der Zeitpunkt für eine Quote jetzt aber noch zu früh wäre und man eigentlich erst damit anfangen sollte, wenn man feststellt: Der Effekt, den wir erwarten und auch momentan beobachten, hat sich nicht eingestellt.

MJ: Also sie wollen der jüngeren Generation, die anders aufgewachsen ist, die Chance geben, das natürlich hinzubekommen. Und die Quote erst, wenn das nicht klappt. Allerdings befinden wir uns mittlerweile schon 60 Jahre nach dem Krieg – da könnte man auch sagen: Wie lange sollen wir noch warten?

Zuschauer: Gut, aber das Verhalten, dass Frauen studieren, war nach dem Krieg nicht sofort da.

MJ: Wenn man mal bei den 68ern einen Schnitt macht, das ist ja auch schon ein Weilchen her, oder? Das sind immerhin 44 Jahre?

Zuschauer: Gut, natürlich gab es da eine Bewegung. Aber das Rollenbild, das wir heute von einer Frau haben, das ist relativ modern.

J: Ganz kurzer Einwurf: War es wirklich schon 68 so, dass mehr Frauen als Männer Jura studiert haben und die Frauen ein besseres Examen hatten? Ich denke, das hat sich wirklich erst vor noch nicht allzu langer Zeit geändert. Aber es hat sich geändert. Ich würde sagen, meine jüngeren Kolleginnen sind durch die Bank fitter als meine jungen Kollegen – da hat sich sogar schon etwas umgekehrt. Die sind taff, selbstverständlich gut drauf, haben das bessere Examen gemacht, den besseren Abschluss. Ich finde, da hat sich wahnsinnig viel geändert.

MJ: Ich muss da jetzt mal Law School-intern eine Bemerkung machen: Am Lehrstuhl rechnen wir bei Klausuren immer intern den Schnitt auf Männer und Frauen aus. Und es ist tatsächlich so, dass die Frauen im Schnitt immer um 0,8 bis 1,0 Punkte besser sind. Das tut mir Leid für die anderen, aber es ist so!

Zuschauerin: Es ist ja nicht Ziel der Debatte, herauszufinden, wer den besseren Abschluss hat. Das bringt den Frauen ja auch nichts. Ich will überhaupt nicht besser sein bei den Abschlüssen. Ich will einfach mit dem gleichen Abschluss die gleichen Chancen haben. Es hilft überhaupt nichts, wenn Ihre jüngeren Kollegen eine super Ausbildung oder sogar ein besseres Examen haben, aber dann auf Karrierestufe zwei herausfliegen. Ich werde mich bei keiner Kanzlei bewerben, bei der es nicht eine einzige Partnerin gibt. Vorgaben für die Führungsebene zu machen, regt durchaus qualifizierte Frauen an – es ist keine schöne Stellung, sich erst nach oben durchboxen zu müssen. Die bisher vorgetragenen Argumente haben an der Attraktivität einer Quote noch nichts geändert.

Zuschauer: Vielleicht direkt dazu Herr Jahn: Sie haben gesagt, es seien vielleicht auch kulturelle Überlegungen, dass die Frauen nicht so etabliert seien in Führungspositionen, dass vielleicht auch das Bild vorherrscht, dass sie einfach nicht wollen und lieber Kinder großziehen möchten. Aber es ist doch common sense, dass dieses Bild nicht mehr zutrifft. Wäre es dann nicht sinnvoll, dies auch auf politischer Ebene darzustellen? Der momentane, „naturbelassene“ Zustand ist eigentlich kein sonderlich haltenswerter Zustand!

J: Erstens ist es einfach nicht die Aufgabe des Staates, sich einzumischen. Und zweitens, wenn die Frauen die Initiative ergreifen – und es ist ja Konsens, dass sie das tun – dann denke ich, kriegen sie es auch gut hin. Wenn ich auf meine zwar begrenzte, aber immerhin auf drei Firmen beruhende Berufserfahrung blicke, habe ich nie das Gefühl gehabt, dass Frauen gehindert werden, weil sie Frauen sind – eher sogar anders herum. Deswegen sehe ich auch keinen Grund, aus dem der Staat sich einmischen müsste.

F: Ich würde sagen, aus Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG, der normiert, dass der Staat die Gleichstellung von Männern und Frauen als Staatsziel fördert, könnte man zumindest die Verpflichtung auf Frauenförderung – vielleicht nicht direkt auf Quoten – durch den Staat, und nicht nur in seinem Bereich, sondern in der gesamten Gesellschaft, herleiten. Also von daher würde ich das in Frage stellen, wenn Sie sagen, der Staat brauche sich da nicht einzumischen.

J: Rechtspositivistisch ist das richtig! Ich habe das jetzt mehr rechtspolitisch gemeint. Vom Verfassungsrecht her gebe ich Ihnen Recht und ich wundere mich auch, dass selbst von Juristen immer noch als Einwand gegen Frauenquoten gebracht wird, dadurch würden die Männer benachteiligt. Ich habe den Eindruck, da ist an vielen vorbeigegangen, dass durch eine kleinere Grundgesetzreform – ich erinnere mich auch noch durchaus, die war ja 1994 sehr umstritten, genau dieser Satz eingefügt worden ist. Und seitdem muss man eben auch sagen, dass viele verfassungsrechtliche Einwände, die jetzt noch von Gegnern der Quote gebracht werden, überholt sind. Damals ist eine verfassungspolitische Entscheidung getroffen worden. Das fanden nicht alle richtig, aber so steht es jetzt im Grundgesetz. Also: Verfassungsrechtlich gebe ich Ihnen Recht, Herr Franke, aber rechtspolitisch sehe ich es eben anders.

Zuschauerin: Noch kurz zur Frauenquote im politischen Alltag: Wir hatten eine Veranstaltung mit Herrn Ramsauer, der dann mit der Jungen Union ein Foto gemacht hat. Der hat als erstes instinktiv durchgezählt: Er müsse seinen Frauen zu Hause doch mitteilen, wie viele Mädels bei der Jungen Union am Stand stehen. Es scheint also immer noch so zu sein, dass es etwas Außergewöhnliches ist, wenn man sich als Frau politisch engagiert. Vielleicht ist es gerade auch bei der Jungen Union etwas Besonderes: Wir haben eine Umfrage unter unseren „Mitgliederinnen“ gemacht, die eindeutig gegen die Quote ausgefallen ist. Dahinter stehe ich nach wie vor, auch wenn man natürlich von den hohen Vorstandsdamen, die schon länger dabei sind, immer anderes hört: Die berichten, sie wären alle in unserem Alter genauso gewesen wie wir. Ich kann mich davon bisher noch nicht überzeugen, aber für mich ist das Zwangselement eigentlich das entscheidende. Ich habe den Reflex, zu denken: Man kann die Unternehmen nicht dazu zwingen, Positionen mit Frauen zu besetzen. Unternehmen bringen auch eine Leistung, sie bieten uns Arbeitsplätze an und tragen damit zum volkswirtschaftlichen Wohl bei. Und wenn ich den Frauenanteil in Führungspositionen auf freiwilliger Basis auch nur etwas erhöhen kann, dann brauche ich nicht unbedingt den Zwang.

MJ: Das führt ein bisschen im Grunde wieder auf die Kernfrage der Privatautonomie zurück. Wenn ich als Vorstand einen Mann einstelle – oder nur Männer – ist das letztlich auch Ausdruck der Privatautonomie. Da stellt sich eben die Frage: Wo ziehe ich die Grenze?

Zuschauerin: Mein Punkt knüpft an dieser Stelle an: Der Aspekt der Männerbenachteiligung. Verfassungsrechtlich

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stimmt das ja, dass eine Frau unter bestimmten Voraussetzungen bevorzugt behandelt werden kann. Aber wenn man mit einbezieht, dass der Bereich Gleichstellung europarechtlich überformt ist, das Europarecht Anwendungsvorrang genießt und der EuGH den Gleichheitssatz nicht so definiert, dass eine Bevorzugung der Frau stattfinden kann, ist Männerbenachteiligung doch ein aktuelles Argument. Auf der anderen Seite: Die heilige Kuh der Privatautonomie. (An Herrn Jahn) Vielleicht können Sie mir das ja ein bisschen besser erklären. Meistens wird das Zitat Berlin zugeschrieben: „Die Freiheit der Wölfe ist der Tod der Lämmer.“ Mich wundert, dass Gleichheit immer in ein Kontrastverhältnis zur Freiheit gestellt oder als Angriff gewertet wird. Das ist für mich ein ganz komisches Verständnis vom gesellschaftlichen Zusammenleben, aber ich würde gerne auch die Gegenseite hören.

Zuschauer: (An Herrn Franke) Sie hatten ja vorhin gesagt, dass der Staat den Marktzugang auch schaffen muss, also dass Privatautonomie auch eine gewisse Pflicht des Staates birgt. Wie begründen Sie es als Volljurist, dass der Staat die Pflicht hat, ein Grundrecht zu fördern und gleichzeitig in ein anderes einzugreifen. Führt das nicht eigentlich zu einem Zirkelschluss?

J: Also ich antworte erst einmal persönlich: Mit zunehmendem Alter fällt es mir immer schwerer, flammende Leitartikel zu schreiben. Die Dinge sind natürlich extrem vielschichtig. In meiner Studentenzeit war ich bei den Grünen aktiv, auf unterster Stadtteilebene, ohne irgendwelche Mandate anzustreben. Da habe ich meine erste Erfahrung mit der Frauenquote gemacht. Das war einer der Gründe, weshalb ich bei den Grünen ausgetreten bin. Nicht, weil ich irgendwelche Posten nicht bekommen hätte – ich wollte ja auch gar keine haben! Ich fand es einfach nur entwürdigend – und ich sage ganz ehrlich: sogar sexistisch – wie damit umgegangen wurde, dass wohlwollende Männer jene Frauen, die zum ersten Mal auf irgendeiner Mitgliederversammlung auftauchten, bekniet haben, sie mögen sich für irgendeine Delegiertenwahl zur Verfügung stellen, weil man eine Frauenquote erfüllen müsse, was die Grünen ja schon damals in ihrer Satzung hatten. Das waren Erfahrungen aus meiner unmittelbaren praktischen Lebenswelt, von denen ich gedacht habe: Das kann nicht die Lösung sein.

Was ich ansonsten mit „vielschichtig“ meine ist Folgendes: Natürlich kann man sich keine Gesellschaft wünschen, in der die totale Privatautonomie herrscht. Das wäre wirklich eine wölfische Gesellschaft. Auch in der alten Diskussion um das BGB gibt es diese berühmte Formulierung mit dem „Tropfen sozialen Öls“ von Otto von Gierke. Die Privatautonomie in Reinkultur kann man sich nicht wünschen. Es geht in den Diskussionen, die in der politischen Landschaft geführt werden, eigentlich immer nur um kleine Austarierungen in die eine oder andere Richtung. Da geht es mir so, dass ich manches zum Verbraucherschutz als Bevormundung empfinde. Ich habe heute zum Beispiel eine längere Meldung für unseren Finanzteil in der morgigen Ausgabe geschrieben: Die Anlegerschutzvereinigung DSW hat – was mir sehr gefallen hat – in einer Pressekonferenz gefordert, dass Anlegerschutz kein Verbraucherschutz sein solle. Verbraucherschutz soll vor irrationalen Entscheidungen bewahren; der Anleger soll nicht vom Staat bevormundet oder entmündigt werden, weil der Anleger auch die Freiheit haben muss, sein Geld unsinnig anzulegen. Vielleicht stellt er ja sogar fest, damit eine hohe Rendite erwirtschaftet zu haben.

Ich will damit nur sagen, dass mir – und sogar der DSW – zum Beispiel der Verbraucherschutz, der die Privatautonomie auch einschränkt, in manchen Punkten bereits zu weit geht. So geht es mir auch mit allem, was mit Gleichbehandlungsgeboten zu tun hat. Darin sehe ich schon einen Gegenpol zur Privatautonomie. Mir ist aber klar, dass man weder das Eine noch das Andere in Reinkultur haben kann – da sehe ich die Dinge heutzutage auch unaufgeregter als früher. Insofern kann ich Ihnen auch nichts erklären, was Sie nicht ohnehin wüssten. Es ist eher eine andere Gewichtung, die ich aufgrund persönlicher Erfahrung für mich vornehme.

F: Ich kann dazu eigentlich nur ergänzen, dass es auch vor Inkrafttreten des AGG die Privatautonomie nie idealiter gab. Es gab immer Einschränkungen über die zivilrechtlichen Generalklauseln…

J: Und Kontrahierungszwang!

F: Genau, auch Kontrahierungszwänge. Es ist ja gerade ein Fall mit der Post anhängig beim BGH, wo es darum geht, ob die Post Massendrucksachen der NPD verschicken muss.

J: Heute verhandelt, verkündet im September.

F: Vielleicht wird daher die Privatautonomie, so wie Sie das erwähnt haben, tatsächlich bisweilen als heilige Kuh hochstilisiert, als Grundsatz, der völlig uneingeschränkt Geltung beansprucht. So etwas gibt es im Recht eigentlich nie, immer existieren Ausnahmen und Einschränkungen. Das interessante ist, dass wir gerade darüber diskutieren, inwieweit der Diskriminierungsschutz die Privatautonomie behindert. Man kann die Frage natürlich auch umgekehrt stellen: Inwieweit wird der Diskriminierungsschutz durch die Privatautonomie behindert? Das ist dann eine andere Diskussion, aber auch diesen Blickwinkel kann man wählen. Hier stehen sich einfach zwei schützenswerte Institute gegenüber: Auf der einen Seite steht die Privatautonomie, die über Art. 2 I GG verfassungsrechtlich geschützt ist, auf der anderen Seite der Diskriminierungsschutz, vermittelt über Art. 3 III GG, die europäischen Richtlinien und internationale Menschenrechtsabkommen. Zwischen diesen Instituten muss natürlich abgewogen werden.

J: Also wenn man so will ist ja die ganze Rechtsordnung eine Einschränkung der Privatautonomie, zumindest an vielen Stellen.

Zuschauer: Ich glaube, wir sind uns eigentlich relativ einig, dass Privatautonomie wichtig ist, dass das Zivilrecht davon lebt und wir sind uns einig, dass es nicht sein kann, dass wirklich gute Leute keinen Job bekommen, nur weil sie einen ausländischen Namen tragen oder drei Kinder haben. Da ist es sicherlich gerechtfertigt, durch Antidiskriminierungsvorschriften die Privatautonomie einzuschränken und die Diskussion lief auch die ganze Zeit auf dieser Ebene. Ich hatte aber das Gefühl, dass der BGH mit seinem Urteil zu dem Klinikchef auf eine andere Ebene gegangen ist: Denn ich möchte dem Klinikchef nicht unterstellen, dass er der Arme und Schwache ist, den die Rechtsordnung schützen muss. Dieser Klinikchef war tatsächlich nur schlichtweg zu alt und jemand hat eine unternehmerische Entscheidung getroffen, dieses Alter nicht haben zu wollen. Vorher war er sehr gefragt und auch jetzt wird er noch materiell abgesichert sein. Haben wir nicht, wenn wir von diesem bloßen

Streitgespräch, Aktuelle Rechtsprechung zur Gleichbehandlung (BLJ 2012, 77)87

Marktzugangsschutz wegkommen, eine neue Qualität erreicht, bei der man sich neu fragen muss: Ist hier die Privatautonomie nicht wesentlich wichtiger? Ist das nicht ein viel zu tugendbehafteter Ansatz, in dieser Situation trotzdem regulierend einzugreifen?

MJ: Das ist sicherlich richtig. Graduell ist das im Vergleich zu den Arbeitnehmern eine Personengruppe, die weniger schutzbedürftig ist. Erstens weiß sie eher, was sie tut, und zweitens ist sie meistens finanziell viel besser abgesichert. Ich möchte trotzdem noch einige Fragen sammeln.

Zuschauerin: Ich hätte noch eine Frage, die wieder in die Richtung Zwang geht: Führt denn die heutige Praxis den Diskriminierungsschutz im Verhältnis zur Privatautonomie nicht zum Teil ad absurdum? Ihre Chefin, Herr Franke, hat sich ja sehr für diskriminierungsfreie Bewerbungen eingesetzt. Dazu hätte ich von beiden gerne ein Statement. Wie sehen Sie das, wenn ein Arbeitgeber am Ende Bewerbungsunterlagen vorgelegt bekommt, auf denen man von der Person eigentlich nichts mehr erkennt?

MJ: Kein Name, kein Bild…

Zuschauer: Also, ich überlege jetzt auch im Sinne des AGG – und wüsste ganz gerne: Wie läuft es denn eigentlich? Ich finde es relativ bezeichnend, dass es Sie vorhin als einen Erfolg mitgeteilt haben, dass die Stellenanzeigen heute so auffällig umformuliert sind. Das haben wir ja dem AGG nur partiell zu verdanken, nämlich vor allem den Leuten, die nichts anderes zu tun haben, als auf jede Kleinigkeit zu springen. Also eine der Krankheiten des AGG, das AGG-Hopping, verkauften sie uns hier als einen Erfolg, weil solche Stellenanzeigen heute bereinigt sind. Das wollten wir aber gar nicht. Wir wollten, dass die Diskriminierung tatsächlich aufhört und vielleicht können Sie mich da ein bisschen erleuchten, wie gut das AGG da funktioniert.

MJ: Wollen Sie direkt etwas dazu sagen?

F: Gerne. Zur ersten Frage: Bei dem Klinikchef ist angeklungen, das sei ja eigentlich niemand, der zu dem Klientel gehöre, was diskriminiert wird. Man muss natürlich sagen: Das spielt im Antidiskriminierungsrecht keine Rolle, er ist wegen seines Alters diskriminiert worden. Das unterscheidet auch den Fall vom Meister-Fall. Sowohl der BGH als auch die Instanzgerichte haben festgestellt, dass das Alter die entscheidende Rolle gespielt hat und an dieser Stelle kommt glaube ich der Punkt ins Spiel, dass Diskriminierungen auch Verletzungen des Persönlichkeitsrechts darstellen können. Eine solche Verletzung ist in diesem Fall letztlich geschehen. Daher kommt es nicht auf eine besondere Schutzwürdigkeit an, sondern es reicht aus, wenn der Tatbestand erfüllt ist, dass der Klinikchef hier wegen seines Alters diskriminiert wurde. Zu den anonymisierten Lebensläufen kann man sagen: Vielleicht werden sie im Zuge der Meister-Entscheidung aufgegriffen, weil sie zumindest eine diskriminierungsfreie Vorauswahl garantieren. Es ist auch nicht richtig, dass anonyme Lebensläufe nun alles verbergen, sondern die Intention oder die Grundphilosophie der anonymisierten Lebensläufe ist ja, eine Personalentscheidung nur aufgrund der Qualifikation – und zwar nur im Hinblick auf die Einladung zum Vorstellungsgespräch – sicherzustellen. Sobald die getroffen ist, wird ja aufgedeckt und der Arbeitgeber sieht dann, wen er einlädt, also dann hat er die Person vor sich. Diese anonymisierten Lebensläufe sind ein bisschen ein Produkt aus den Erfahrungen, die mit den eingangs zitierten Untersuchungen gemacht wurden, dass Menschen mit beispielsweise einem ausländisch klingenden Namen oder auch Frauen größere Schwierigkeiten haben, überhaupt eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu bekommen. Und anonymisierte Lebensläufe könnten jetzt im Zuge der Meister-Entscheidung vielleicht von einzelnen Arbeitgebern aufgegriffen werden, um von vornherein Diskriminierungsvorwürfen im Rahmen der Vorauswahl entgegenzutreten. Im Übrigen ist es ein Modellprojekt von uns und wir haben immer dessen Freiwilligkeit betont und dass wir keine gesetzliche Regelung anstreben. Und zu der letzten Frage: Wenn ich die richtig in Erinnerung habe, ging es um AGG-Hopping?

Zuschauer: Es ging eigentlich darum, dass ich wissen wollte, ob das AGG das, was es soll, tatsächlich erreicht. Ich hatte nur das AGG-Hopping angegriffen, weil sie gesagt hatten: „Das AGG funktioniert gut, schauen Sie auf die Stellenanzeigen, die sind heute alle anders.“ Und ich wüsste gerne, ob sich außer den Stellenanzeigen noch etwas anderes geändert hat.

F: Also, da muss man sagen: Das Gesetz ist relativ jung – gerade einmal sechs Jahre alt. Es steht eine Evaluation noch aus. Man müsste dieses Gesetz wirklich evaluieren, um zu sehen, welche Auswirkungen es auch beispielsweise in bestehenden Arbeitsverhältnissen hat. Wo sich auch etwas getan hat, was man auch sieht, ist im Bereich Altersgrenzen. Ein Großteil der Fälle, die die Gerichte – unter anderem auch den EuGH – beschäftigt haben, sind Altersgrenzen im Arbeitsrecht. Das Arbeitsrecht ist sehr durchsetzt mit Altersgrenzen. Und ganz spektakulär war ja die BAG-Entscheidung vom März dieses Jahres, wo die Urlaubsansprüche, die im Öffentlichen Dienst nach Alter gestaffelt waren, plötzlich gekippt wurden. Weil das BAG eben nicht nachvollziehen konnte, dass man bis zum 30. Lebensjahr nur 26 Tage Urlaub hatte und ab dem 30. Lebensjahr 29 Tage.

MJ: Früher hatten wir ja sogar noch die Vergütung im BAT, die gestaffelt war.

F: Ja, genau, die war auch nach Alter gestaffelt. Also ich glaube, es gibt Bereiche, wo sich aufgrund des AGG etwas tut. Es ist natürlich auch eine Frage, was die Medien aufgreifen. Ich glaube, Fälle wie Altersdiskriminierung werden sehr gerne aufgegriffen. Fälle wegen ethnischer Diskriminierung – es gibt ja auch eine Rechtsprechung beispielsweise zu mittelbaren Diskriminierungen wegen Sprachanforderungen, da gibt es auch eine ganze Reihe von Entscheidungen – die sind glaube ich nicht so medienwirksam. Also kurz gesagt: Ich kann noch nicht abschließend und vollumfänglich beurteilen, was sich letztlich nach sechs Jahren AGG geändert hat. Wir können aber einzelne Tendenzen beobachten und einzelne Veränderungen feststellen.

J: Vielleicht sage ich da noch kurz was zu: Also mir hat natürlich sehr gut gefallen, was vorhin zu dem Kölner Klinikchef gesagt worden ist, denn so weit hatte ich ehrlich gesagt noch nie gedacht. In der Tat, das ist ja jetzt auch – was ich vorhin gesagt habe – ein Ausufern, und hier auf eine Bevölkerungsgruppe, die es nun wirklich nicht nötig hat, geschützt zu werden. Was mir auch sehr gut gefallen hat, war Ihr Hinweis, wie ich es vorhin versucht habe, mit diesem erfundenen Beispiel mit dem 80-Jährigen, dessen Kredit teurer ist, deut-

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lich zu machen. Ich finde, das ist gar keine Diskriminierung. Ich würde das gar nicht Diskriminierung nennen. Er ist eben anders behandelt worden, weil er älter ist. Der Mann war 61, da ist man kein Greis, sonnenklar, man ist aber doch vier Jahre entfernt von dem Punkt, zu dem man bis zu Beginn der jetzigen Rentenreform in Ruhezustand geht. Und die wollten nicht einem 61-Jährigen eine fünfjährige Vertragsverlängerung geben für eine riesige Klinik, die sie neu aufstellen wollten. Das finde ich keine Diskriminierung, das finde ich genau gesagt die richtige, sinnvolle unternehmerische Entscheidung, zu der man leider in diesem Land und der ganzen EU nicht mehr die Freiheit hat.

Und zu den anonymisierten Bewerbungsverfahren: Ich war jetzt nicht auf der Pressekonferenz, die Sie, Herr Franke, gemacht hatten, habe aber die Presseerklärung gelesen und habe vor allem auch die Artikel von Kollegen gelesen, die da sehr viel mehr drüber berichtet haben als wir. Ich bin sehr skeptisch dabei. Also ich verstehe natürlich die Idee, die dahinter steckt, und sicherlich wird es auch den ein oder anderen Fall geben, wo sie sich tatsächlich dann mal positiv ausgewirkt hat. Ich denke aber, in allererster Linie führt es zu einem fürchterlichen bürokratischen Aufwand. Erstens für die Unternehmen, aber auch für die Bewerber. Denn in der Regel kriegen Sie die Vorurteile, die jemand gegebenenfalls gegenüber der ethnisch-stämmigen Frau mit drei Kindern hat, auch nicht weg, wenn ihm nun diese Dame gegenüber sitzt. Mit anderen Worten: Sie haben eine Bewerberin in Mühen gestürzt, vielleicht auch in Hoffnungen gestürzt und stürzen sie hinterher in Enttäuschung und man kann ihr dann noch nicht einmal sagen, was los ist. Also für die Unternehmen ist das ein fürchterlicher Aufwand – und für die in der Regel dann doch abgelehnten Bewerber eben auch. Und das habe ich jetzt eben nur den Berichten meiner Kollegen in völlig unverdächtigen Zeitungen entnommen. Offenbar ist es doch so, dass Ihre Stelle gesagt hat: „Toll, es sind durch die Anonymisierung mehr Leute zu Bewerbungsgesprächen eingeladen worden.“ Ich habe aber nirgendwo gelesen, dass Ihre Stelle gesagt hat, es wären auch mehr Leute eingestellt worden. Und darauf muss es doch eigentlich ankommen. Im Gegenteil, ich las sogar in irgendeiner Zeitung– ich weiß nicht mehr, ob es im Handelsblatt oder in der Süddeutschen war – dass mehrere dieser Modellfirmen ‑ und ich habe auch damals mit Frau Lüders mal drüber gesprochen, in der Phase, als Unternehmen gesucht wurden und Behörden, die freiwillig mitarbeiten –, dass mehrere dieser Modellfirmen gesagt haben, „wir machen da nicht mehr mit“ nach Abschluss dieses Projekts, zum Beispiel – ich glaube, die Telekom war so ein Fall – auch mit der lustigen, aber sympathischen Begründung: „Das nimmt uns doch gerade die Möglichkeit, unsere Politik der gezielten Förderung von Minderheiten und Frauen durchzusetzen.“ Also, das ist auch noch einmal eine Schattenseite dieses Verfahrens. Aber richtig, nach dem Fall Meister, der ein oder andere Personalchef hat mir auch gesagt, das könnte nach dieser Entscheidung jetzt wieder in einem anderen Licht zu sehen sein, dieses Modell.

MJ: Ich sammle jetzt noch ein paar Schlussmeldungen und – mit Blick auf Fußball – machen wir dann Schluss.

Zuschauer: Also mein Eindruck war jetzt gerade in Bezug auf den Klinikchef eher, dass das AGG grundsätzlich hier eher so als zahnloser Tiger dasteht. Denn man könnte natürlich auch überspitzt sagen: Wer in der Öffentlichkeit solche Aussagen trifft, der ist selber schuld. Hätte der Aufsichtsratsvorsitzende die Aussage nicht getroffen und die Motivation wäre die gleiche gewesen, dann wäre das wahrscheinlich nicht passiert. Jetzt würden Sie auf die Beweislast verweisen, aber jetzt nur einmal so unterstellt. Wenn man den Gedanken mal weiter spinnt. Wenn der EuGH sagt, selbst abstrakte Sachen sollen sanktioniert werden, während unsere Rechtsordnung mehr oder weniger Probleme bei der Umsetzung hat, zumindest mit § 15 AGG, dann ist dieses Urteil ja sehr problematisch: Der Klinikchef bekommt Recht, hat theoretisch jetzt einen Weiterbeschäftigungsanspruch, wird dann mit einer Abfindung nach Hause geschickt, das Unternehmen wurde bestraft. Da könnte man sagen: Was wir hier nicht haben, wurde hier auf unkonventionelle Weise durchgesetzt, weil wir keine gesetzliche Regelung haben – und alles ist halb so schlimm. Deshalb finde ich die Frage von vorhin sehr berechtigt, inwiefern der de-facto-Schutz eigentlich existiert. Denn man hat immer wieder das Gefühl, dass sich die Leute vielleicht schon ungeschickt anstellen müssen, damit es der diskriminierten Seite etwas bringt.

Zuschauer: Ich hätte auch noch eine Anmerkung zu dem Klinikchef. Es geht ja beim AGG und generell in diesem Rechtsgebiet nicht nur darum, Schutz von Schwachen zu besorgen, sondern es geht auch darum, Marktversagen zu regulieren, weil es der Arbeitsmarkt offensichtlich aus vermeintlich unternehmerischem Kalkül nicht schafft, die Arbeitskraft von Frauen, älteren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmern mit türkischen Nachnamen auszuschöpfen, weil er diese aus irgendwelchen psychologischen Ankereffekten offenbar nicht annimmt in dem Maße, wie es gerechtfertigt wäre.

J: Also, ich bin mir ja gar nicht sicher, ob dies wirklich noch verbreitet so ist, kann es aber auch nicht wirklich beurteilen. Der Hinweis von Ihnen, da muss ich fast das AGG in Schutz nehmen, gilt natürlich für alle Normen. Wenn ich in Berlin über die Straße gehe, dann sehe ich permanent Leute, die sich an die elementarsten Regeln nicht halten. Das Recht als solches erreicht natürlich sowieso immer nur einen gewissen Teil der Leute und der Effekt der Verhaltenssteuerung ist wirklich auch sehr begrenzt. Das kann man eigentlich nicht speziell dem AGG in die Schuhe schieben. Als ich früher beim Handelsblatt und noch für das Arbeitsrecht selbst zuständig war, besuchte ich einmal eine arbeitsrechtliche Tagung, da sagte irgendeiner, ich weiß nicht mehr, wer es war: „Kündigungsschutz hin oder her, der ist natürlich schön – aber ich möchte mal den Metzgergesellen sehen, der einen Kündigungsschutzprozess gegen seinen Chef anstrengt. Der kann sich doch hinterher nur noch mit dem Rücken zur Wand an diesen Arbeitsplatz wagen, wegen der Gefahr, ein Schlachtermesser in den Rücken zu kriegen.“ Das hat mir sehr drastisch vor Augen geführt, dass die Wirkungskraft des Rechts auch im Arbeitsrecht doch sehr begrenzt ist.

Zuschauerin: Warum funktioniert das AGG eigentlich nicht bei Frauen in Führungspositionen? Wir sprechen ja von einer latenten Diskriminierung mit Blick auf den gläsernen Deckel – im Vorstand sitzende Männer, die auch nur Männer auf diese Ebene „hochziehen“. Jetzt gilt das AGG natürlich nicht in seiner vollen Bandbreite für diese Organfunktionen und Geschäftsführerfunktionen, aber eben doch in gewissen Teilen und eben gerade auch in dem wesentlichen Teil, der sich gegen Geschlechterdiskriminierung richtet. Also warum funktioniert das AGG in diesem essentiellen Teil nicht? Ist

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das vielleicht einfach ein Zeitaspekt? Der wurde ja eben schon thematisiert und durch eine Studie vom Bundesfamilienministerium mehr oder weniger belegt: Wenn man davon ausgeht, dass ein deutscher Aufsichtsrat ein Durchschnittsalter von 60 Jahren hat und vor dreißig bis vierzig Jahren einen Hochschulabschluss gemacht hat, vor dreißig bis vierzig Jahren 10% aller Hochschulabsolventen Frauen waren und heute 10% der Aufsichtsräte Frauen sind, zeigt das doch, dass da ein gewisser Zusammenhang besteht. Muss man dann vielleicht einfach abwarten, dass sich das ändert und der Anteil an Frauen steigt? Heute ist der Anteil der Frauen unter den Hochschulabsolventen schließlich deutlich höher.

MJ: Das ist ja eben schon einmal angesprochen worden. Für den Bereich der Geschäftsführer oder Organmitglieder haben wir jetzt erst die erste BGH-Entscheidung. Ich glaube, in diesem Bereich kommt das Thema jetzt erst in der Wahrnehmung an. Und vielleicht sieht das in zehn Jahren schon ganz anders aus…

[Schlusswort:

F: Ich möchte mich erst einmal noch für die Einladung bedanken, was ich am Anfang vergessen hatte. Aber jetzt kann ich Ihnen auch danken für die sehr lebhafte Diskussion. Ich denke, dass man von jeder Veranstaltung auch etwas mitnimmt und möchte Ihnen dafür danken.

J: Ja, dem ich schließe mich vollumfänglich an. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass ich alles losgeworden bin, was mir zu diesem Thema einfallen könnte und möchte es auch dabei belassen.

Schlusswort BLJ: Ich danke auch allen Teilnehmern und natürlich besonders unseren Diskutanten im Namen des Bucerius Law Journal und unseres Sponsors, Morgan Lewis LLP. Als kleine Danksagung möchten wir Ihnen zum Abschluss jeweils ein Exemplar unserer Bucerius Law School-Krawatte überreichen, die Sie hoffentlich noch nicht haben. Vielen Dank!]