Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act

Nicolai Hartmann*

A. Der EMCA im Spannungsfeld europäischen Gesellschaftsrechts

Das Europäische Gesellschaftsrecht ist seit langem geprägt von fortlaufenden Reformbestrebungen. Geregelt wurden in zahlreichen Richtlinien Spezialmaterien wie das Übernahme- oder das Fusionsrecht, wobei Regelungssubjekt fast ausschließlich die Aktiengesellschaft war.1 Das (Kapital-)Gesellschaftsrecht i.e.S., also Gründung, Organisations-2 und Kapitalverfassung sowie Auflösung einer Gesellschaft, blieb bisher allerdings weitgehend unangetastet bzw. wurde nur punktuell geregelt3 und variiert daher weiterhin zwischen den Mitgliedsstaaten.4 Auf der anderen Seite besteht eingedenk der Tatsache, dass grenzüberschreitender Handel stetig an Bedeutung gewinnt und einander ähnliches Recht Transaktionen innerhalb der EU begünstigen würde, der Wunsch nach vergleichbarem Gesellschaftsrecht, das über das derzeitige flickenteppichhafte Regelungsregime hinausgeht.5

Begründen lässt sich die gleichwohl währende gesetzgeberische Untätigkeit vor allem damit, dass in den entscheidenden Fragen entweder kein politischer Konsens erzielt werden konnte oder diese Fragen, gewissermaßen als „heißes Eisen“, gar von vornherein unberücksichtigt blieben.6 Wurde dennoch eine Regelung getroffen, bediente man sich auf EU-Ebene bisher überwiegend der klassischen Rechtssetzungsinstrumente: verbindlicher Richtlinien und Verordnungen (Art. 288 AEUV), der Schaffung supranationaler Rechtsformen wie z.B. der Societas Europaea, unverbindlicher Empfehlungen (Art. 288, 292 AEUV) und Kodizes.7 Neben den herkömmlichen Rechtssetzungsmaßnahmen auf EU-Ebene stehen vergleichbare auf nationaler Ebene, die ihrerseits allerdings wohl schwerlich oder allenfalls vereinzelt, etwa in verwandten Rechtsordnungen, zu einer Rechtsangleichung beitragen. Zur insoweit fortwährenden Rechtszersplitterung hinzu tritt die Rechtsprechung des EuGH, die es etwa durch die Entscheidungstrias zur Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) Centros, Überseering, Inspire Art8 Gründern faktisch erlaubte, innereuropäisch jede beliebige mitgliedsstaatliche Gesellschaftsform zu wählen, und damit eine Welle der Modernisierung nationaler Gesellschaftsrechte losgetreten hat: Um eine Abwanderung heimischer Unternehmen in andere Staaten zu verhindern, versuchten die Mitgliedsstaaten daraufhin nämlich ihr nationales Gesellschaftsrecht besonders attraktiv zu reformieren, um sich von den anderen Staaten abzugrenzen. Dieser Abgrenzungsprozess trug zur Unterscheidbarkeit der nationalen Rechtsordnungen und damit ebenfalls zur Rechtszersplitterung bei.

Wie gezeigt waren die bisherigen Regelungen auf der Ebene des Europäischen Gesellschaftsrechts inhaltlich nicht zufriedenstellend. Es stellt sich daher die Frage, ob nicht vielleicht ein alternativer Regelungsansatz die auftretenden Probleme überzeugend bewältigen könnte. Dieser Herausforderung hat sich eine Gruppe von europäischen Professoren auf Initiative von Paul Krüger Andersen und Theodor Baums im Jahre 2007 angenommen und damit begonnen, ein Modellgesetz betreffend das Europäische Kapitalgesellschaftsrecht zu erarbeiten.9 Das Projekt firmiert unter der Bezeichnung „European Model Company Act“ („EMCA“) und wurde im Jahre 2017 fertiggestellt und auf SSRN öffentlich zur Verfügung gestellt.10 Der EMCA richtet sich an die Gesetzgeber vornehmlich, aber nicht ausschließlich europäischer Länder und regt diese dazu an, seine Regelungen ganz oder teilweise in nationales Recht umzusetzen bzw. jedenfalls als Anregung für künftige Gesetzgebungsvorhaben zu sehen.11

In diesem Beitrag soll untersucht werden, ob der EMCA in seiner Form als Modellgesetz eine echte Alternative zur herkömmlichen Rechtssetzung im europäischen Gesellschaftsrecht darstellen kann. Konzentriert betrachtet wird


* Der Autor ist Student an der Bucerius Law School, Hamburg. Der Beitrag stellt einen überarbeiteten und ergänzten Teil seiner Examensseminararbeit dar.

1 Vgl. Kumpan/Pauschinger, EuZW-Sonderausgabe 2017, 3.

2 In Teilbereichen wurde die Organisationsverfassung von Aktiengesellschaften auf EU-Ebene kürzlich durch die „ARUG II“-Richtlinie geregelt, Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, Abl. EU Nr. L 132, S. 1.

3 Etwa durch die PubRL oder die KapRL (beide nunmehr: Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, Abl. EU Nr. L 169, S. 46), jüngst modifiziert durch die Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht, Abl. EU Nr. L 186, S. 60.

4 Meyer, Kerngesellschaftsrecht, 2018, S. 27-31; Teichmann, KSzW 2014, 77; J. Schmidt, GmbHR 2016, R 369; Hopt, ZIP 1998, 96, 97; Horn, NJW 2004, 893, 894; Grundmann, Europäisches Gesellschaftsrecht2, 2011, S. 11-12.

5 J. Schmidt, ZHR 181 (2017), 43, 44; Hopt, ZGR 1992, 265, 292; Teichmann, in: Gebauer/Teichmann (Hrsg.), Enzyklopädie Europarecht, Band 6, 2016, § 6 Rn. 15.

6 Vgl. zu nationalen Widerständen im europäischen Gesellschaftsrecht Hopt, EuZW 2013, 481.

7 Kahnert, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht, 2012, S. 24-26. Alternativ wurde auch die Zertifizierung nationalen Gesellschaftsrechts durch ein „Gütesiegel“ der EU-Kommission diskutiert, Möslein, ZHR 176 (2012), 470-512.

8 EuGH, Rs. C-212-97 (Centros), Slg. 1999, I-01459; EuGH, Rs. C-208/00 (Überseering), Slg. 2002, I-09919; EuGH, Rs. C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003, I-10155.

9 Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 564; J. Schmidt, ZHR 181 (2017), 43, 44.

10 Der EMCA ist abrufbar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2929348, zuletzt geöffnet am 13.09.2020. Alle zitierten sections, chapters, comments, general comments und die introduction sind solche des EMCA, andere werden entsprechend gekennzeichnet.

11 Introduction ss. 1, 3.1; Baums/Andersen, in: FS Wymeersch, 2009, S. 5, 11; Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 564; J. Schmidt, ZHR 181 (2017), 43, 45.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-10397

dabei insbesondere der von der Gruppe regelungstechnisch gewählte Ansatz des Modellgesetzes. Der Inhalt des EMCA wird nur erläutert, wenn dies für die Regelungstechnik bedeutsam erscheint. Zunächst werden Konzeption, Zielsetzung und Aufbau des EMCA sowie die Arbeitsweise der Gruppe dargestellt (B), dann erfolgt eine kurze Auflistung abstrakter Kriterien für den Erfolg von Modellgesetzen (C), damit die für den EMCA gewählte Regulierungsstrategie schließlich in ihrer Gänze kritisch gewürdigt werden kann (D).

B. Konzeption, Zielsetzung und Aufbau des EMCA sowie Arbeitsweise der Gruppe

I. Konzeption und Zielsetzung des EMCA und dessen praktische Relevanz

Die Idee des EMCA-Entwurfes war geleitet von dem oben dargestellten Missstand,12 orientierte sich aber auch am in den USA erprobten Model Business Corporation Act („MBCA“)13.14 Mit dem EMCA sollte ein Modellgesetz geschaffen werden, das es einerseits erlaubt, den großen Vorteil harmonisierter Rechtsordnungen zu nutzen: geringere Transaktions- und Beratungskosten durch entstehende Synergieeffekte.15 Das aber zugleich den gesetzgeberischen Prozess durch den Rückgriff auf ein informelles, leicht zu aktualisierendes Modellgesetz simplifiziert und flexibilisiert.16 Zudem soll der EMCA den nationalen Regierungen dahingehend Spielraum lassen, dass lokale Besonderheiten bei der Umsetzung einzelner Regelungen Berücksichtigung finden können, da der Entwurf auch nur teilweise eingeführt werden kann.17 Des Weiteren sollte auch Staaten, deren Justizministerien nicht über ausreichende Ressourcen für umfassende Rechtsreformen verfügen, ein Entwurf zur Orientierung an die Hand gegeben werden.18

Der Entwurf sollte losgelöst von politischen wie wirtschaftlichen Zwängen erarbeitet werden und möglichst alle europäischen Rechtsordnungen einbeziehen: Vertreten war daher eine variierende Anzahl von Professoren, veröffentlicht wurde der Entwurf von 28 Professoren19 aus 22 EU-Mitgliedsstaaten, die losgelöst von politischen Institutionen und auch nicht auf Initiative „ihres“ Nationalstaats, sondern vielmehr aus eigenem wissenschaftlichen Antrieb den EMCA erschufen.20 Erwähnenswert ist, dass die Europäische Kommission, wiewohl nicht formeller Träger, das Vorhaben begrüßt, über Vertreter an Diskussionen teilgenommen hat und so mit der Gruppe in Austausch stand.21 Trotz der Beteiligung der Kommission soll der EMCA eine Alternative zu herkömmlicher EU-Rechtssetzung darstellen.22 Auch wenn dies im EMCA nicht ausdrücklich genannt ist, ging es den Professoren ebenfalls darum, den wissenschaftlichen Diskurs über europäische Rechtsver- und -angleichung innerhalb der Gruppe, aber auch in der allgemeinen Rechtswissenschaft anzuregen.23 Der Entwurf ist mithin nicht ausschließlich an die zur Umsetzung fähigen Regierungen der EU-Staaten adressiert, sondern richtet sich an eine breite, interessierte Öffentlichkeit, die diesen kostenlos unter SSRN abrufen kann.24

Doch wie steht es um die praktische Relevanz des Entwurfs? Bereits angesprochen wurde die bisher nicht erfolgte, zu Teilen aber geforderte Rechtsangleichung des Kapitalgesellschaftsrechts.25 Verstärkend hinzu tritt die Rechtsprechung des EuGH in den vergangenen Jahren: Dieser begründete nämlich in der EU über den Hebel der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) mit seiner Entscheidungstrias zum Kollisionsrecht Centros, Überseering, Inspire Art26 eine Welle der Modernisierung nationaler Gesellschaftsrechte und setzte damit einen Trend zur Unterscheidbarkeit zwischen nationalen Rechtsordnungen (s.o.).27 Da er diese Rechtsprechung in jüngerer Zeit mit zwei Urteilen auch auf grenzüberschreitende Formwechsel28 und mit einem auf die nachträgliche Rechtsformwahl29 ausdehnte, bleibt diese rechtliche und politische Spannung weiterhin bestehen, die, soweit kein angeglichenes Recht besteht, Mitgliedsstaaten wohl zur Schaffung voneinander unterschiedlicher Regelungen tendieren lassen wird. Ob unter Einbeziehung dieser Rechtsprechung eine Rechtsangleichung zu favorisieren wäre, sei hier noch dahingestellt;30 eine Rechtsangleichung stellt jedenfalls eine zu berücksichtigende Alternative dar und ist damit praktisch relevant. Die praktische Relevanz des Entwurfs wird verstärkt durch die zwar kürzlich gescheiterten, aber grundsätzlich aktuellen Pläne der EU-Kommission, ergänzend zur aktienrechtlichen Societas Europaea (SE) eine GmbH-ähnliche Einpersonengesellschaft, die Societas Unius Personae (SUP), zu etablieren.31


12 S.o. A.

13 S. D.II.

14 Introduction s. 1; Sánchez-Calero/Fuentes, Anuario Español de Derecho Internacional Privado (AEDIPr) 2010, 745, 748. Aktuell gilt der MBCA (2016 Revision), dazu L. Schmidt, RIW 2016, 718.

15 Dadurch soll auch das Investieren europaweit vereinfacht werden, um anderen Rechtsordnungen (USA, China) Paroli bieten zu können; Krüger Andersen, in: Bernitz/Ringe (Hrsg.), Company Law and Economic Protection, 2010, S. 304; vgl. Meyer (Fn. 4), S. 30.

16 Introduction ss. 3.1, 3.2; Kalss, ECFR 2009, 324, 325-326; Baums, in: FS von Rosen, 2008, S. 525, 529-530.

17 Introduction s. 1; Baums (Fn. 16), S. 525, 530; J. Schmidt, ZHR 181 (2017), 43, 45.

18 Auch kann es für Beitrittskandidaten zur EU sinnvoll sein, ihr Recht an das der Mitgliedsstaaten anzupassen, Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 564; krit. Payne, in: Bernitz/Ringe (Hrsg.), Company Law and Economic Protectionism, 2010, S. 331.

19 Hinzu kamen 6 beratende, assoziierte Professoren, etwa aus den USA, introduction s. 2.

20 Introduction s. 2; Teichmann, KSzW 2014, 77, 81; Kahnert (Fn. 7), S. 247; zu Kritik D.I.

21 Introduction s. 2; Meyer (Fn. 4), S. 223.

22 Introduction, s. 1; Kalss, ECFR 2009, 324, 325.

23 Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 565; Krebs, in: Jung/Krebs/Stiegler (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in Europa, 2019, § 38 Rn. 15-16; andeutend introduction s. 6.2; vgl. Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften6, 2015, S. 39; krit. Meyer (Fn. 4), S. 219.

24 Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 565.

25 S.o. A.

26 Fn. 8.

27 Teichmann, KSzW 2014, 77, 78; Witt, ZGR 2009, 872, 872-873; Braun/Eidenmüller/Engert/Hornuf, ZHR 177 (2013), 131-148; Kahnert (Fn. 7), S. 207. Deutschland etwa führte die UG ein (§ 5a GmbHG).

28 EuGH, Rs. C-378/10 (Vale), ECLI:EU:C:2012:440; EuGH, Rs. C-210/06 (Cartesio), Slg. 2008, I-09641; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2013, 1, 2; Heinze, in: MüKoGmbHG3, 2018, § 4a Rn. 24.

29 EuGH, Rs. C-106/16 (Polbud), ECLI:EU:C:2017:804.

30 Dazu D.

31 COM (2014) 212 final; Wicke, ZIP 2014, 1414. Das Vorhaben, die sog. Societas Privata Europaea (SPE) zu etablieren, war zuvor gescheitert, Hommelhoff/Teichmann, GmbHR 2014, 177.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-10398

II. Aufbau des EMCA

Der EMCA erscheint mit 16 Kapiteln und 331 sections auf ca. 400 Seiten auf den ersten Blick recht lang. Zu berücksichtigen ist aber, dass er dem Einheitsmodell folgt und das gesamte Kapitalgesellschaftsrecht in einem Gesetz regelt und nicht zwischen AktG und GmbHG differenziert. Vor diesem Hintergrund ist der EMCA im Vergleich zum auch dem Einheitsmodell folgenden UK Companies Act 2006 mit dessen 1300 sections auf ca. 700 Seiten, aber auch zum deutschen AktG und GmbHG mit gemeinsam ca. 500 Paragraphen sogar recht kurz.32 Der EMCA beginnt mit einer introduction, innerhalb derer die Ziele und die Arbeitsweise der Gruppe erläutert werden. Es folgt der Hauptteil, der in 16 chapter aufgeteilt ist, die das gesamte Kapitalgesellschaftsrecht abdecken sollen. Jedes Kapitel wird mit general comments eingeleitet, die zunächst das maßgebliche europäische und nationale Recht darstellen (ss. 1, 2) und dann gesondert auf die Beweggründe der EMCA-Gruppe bezüglich des betreffenden Kapitels und etwaigen Abweichungen vom geltenden Recht eingehen (considerations, s. 3). An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass sich die EMCA-Gruppe dazu entschieden hat, den gesamten Entwurf möglichst, aber nicht um jeden Preis, im Einklang mit dem geltenden acquis communautaire zu gestalten.33 Auf die general comments folgen die einzelnen sections, die jeweils selbst wieder von comments begleitet sind, in denen etwa Anwendungsfälle der Norm dargestellt werden oder ein Vergleich zu ausgewählten nationalen Rechtsordnungen gezogen wird, was insgesamt die Umsetzung des EMCA in nationales Recht bzw. dessen Auslegung erleichtern soll.34

III. Arbeitsweise der Gruppe

Nach dem Aufbau des EMCA nun kurz zur Arbeitsweise bei dessen Erstellung: Die Professorengruppe teilte sich in Untergruppen auf, die jeweils einzelne Themengebiete erarbeiteten. Innerhalb der Gruppen wurde zunächst anhand von Länderberichten das Recht einzelner Staaten vorgestellt. Im Folgenden wurden die Rechte aller Mitgliedsstaaten miteinander verglichen und es wurde ein Konzept erarbeitet.35 Dabei wurde nicht nur nationales und derzeit gültiges europäisches Recht einbezogen, sondern ein besonderes Augenmerk lag auch auf der Nutzung ökonomischer wie rechtlicher Grundlagentheorien.36 Veröffentlicht wurde die finale Fassung des EMCA am 20.09.17 auf SSRN.37 Geplant ist, dass das Modellgesetz je nach Bedarf aktualisiert wird, was bisher trotz zweier weiterer Konferenzen38 nicht geschehen ist.

C. Abstrakte Erfolgskriterien für Modellgesetze

Nachdem es unter B. im Einzelnen um die Erstellung des EMCA ging, soll nun der Grundstein für die unter D. stattfindende kritische Betrachtung des Regelungsansatzes Modellgesetz gelegt werden, indem abstrakte Erfolgskriterien für Modellgesetze eruiert werden. Modellgesetze haben im Vergleich zu herkömmlichen Gesetzen die Besonderheit, dass sie nicht direkt an den Normanwender, sondern vorgelagert an den eigentlichen Rechtssetzer adressiert sind, im Falle des EMCA an die Gesetzgeber der europäischen Mitgliedsstaaten, und versuchen, diese von ihrer Eignung zu überzeugen, um zur Umsetzung zu gelangen. Aus Sicht des nationalen Gesetzgebers stellen Modellgesetze, anders als etwa zwingende EU-Vorgaben, einen bloßen Vorschlag dar, der umgesetzt werden kann, aber nicht muss. Sie sind also flexibel handhabbar. Des Weiteren sind sie weder auf die Notwendigkeit politischer Kompromisse angewiesen noch auf mitunter starr formalisierte Gesetzgebungsverfahren und können sich deshalb allein auf die Findung des „besten“ vereinheitlichten Rechts konzentrieren.39 Jedenfalls theoretisch handelt es sich bei Modellgesetzen damit grundsätzlich um einen überzeugenden Ansatz, um auf einem Gebiet zu vereinheitlichtem Recht zu gelangen.40

Was macht aber vor diesem Hintergrund auch praktisch erfolgreiche Modellgesetze aus, die innerhalb der EU zu einer angestrebten Rechtsvereinheitlichung beitragen können? Abstrakt lassen sich dafür folgende Kriterien auflisten:

I. Praktisches Bedürfnis für und formale Anforderungen an Modellgesetze

1. Vorgelagert muss die Frage gestellt werden, ob überhaupt ein praktisches Bedürfnis für den zu regelnden Rechtskomplex existiert. Andernfalls wäre vermutlich nur eine geringe Akzeptanz vorprogrammiert.41

2. Die Qualität eines Modellgesetzes hängt maßgeblich davon ab, aus welchen Personen sich die es erarbeitende Gruppierung zusammensetzt. Wünschenswert ist in einem transnationalen Zusammenschluss wie der EU zwar einerseits eine möglichst große Vielfalt an repräsentierten Rechtsordnungen, auf der anderen Seite darf sich diese aber nicht zulasten der Diskussionskultur und der Findung gemeinsamen rechtlichen Potentials auswirken. Sinnvoll kann daher sein, jeden Mitgliedsstaat personell zu repräsentieren, dann aber kleine Arbeitsgruppen zu bilden.42

Eine möglichst große Vielfalt ist auch hinsichtlich des eingebrachten Sachverstands vonnöten: Die den amerikanischen MBCA erarbeitende Gruppierung beispielsweise setzt sich daher nicht nur aus Professoren, sondern zu einem großen Teil auch aus Praktikern zusammen, was sinnvoll sein kann, um das jeweilige Recht aus verschiedenen Perspektiven zu


32 Zum Absatz: vgl. Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 13-14; Begründung für die Kürze: introduction s. 3.2.

33 Introduction s. 2; Krüger Andersen (Fn. 15), S. 324; a.A. Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 565; zu Kritik D.IV.

34 Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 565; vgl. Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 13-14.

35 Zum Absatz introduction, s. 3.3; Baums/Teichmann, AG 2018, 562, 565; Meyer (Fn. 4), S. 233-234.

36 Explizit benannt sind die principal/agent theory, die Theorie über den market for corporate control sowie der enlightened shareholder value, introduction s. 3.4; Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 10.

37 http://law.au.dk/en/research/projects/european-model-company-act-emca/news/, zuletzt geöffnet am 13.09.2020; falsche Datumsangabe: introduction, s. 6.2.

38 http://law.au.dk/en/research/projects/european-model-company-act-emca/meetings/, zuletzt geöffnet am 13.09.2020; zur Aktualisierung: introduction, s. 6; Krüger Andersen (Fn. 15), S. 311.

39 Schürnbrand, in: Möslein (Hrsg.), Regelsetzung im Privatrecht, 2019, S. 216, 221; zu Kritik der demokratischen Legitimität von Modellgesetzen s. aber D.III.

40 Zu diesem abstrakten Vorteil der Modellgesetze Schürnbrand (Fn. 39), S. 216.

41 Schürnbrand (Fn. 39), S. 224.

42 Vgl. Schürnbrand (Fn. 39), S. 225; Kahnert (Fn. 7), S. 244-245.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-10399

beleuchten.43 Da die EMCA-Gruppe explizit den Vergleich zum MBCA zieht, soll in diesem Kontext auch überprüft werden, inwieweit dieser Vergleich i.Ü. trägt.44

3. Um auf möglichst breite Akzeptanz stoßen zu können, ist entscheidend, dass die Integrität der Gruppe gewährleistet und das Erarbeitungsverfahren möglichst transparent gestaltet ist.45 Beginnend mit der Finanzierung des Verfahrens betrifft dies auch die schon erwähnte Zusammensetzung der Gruppe sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit im Allgemeinen. Als zweischneidiges Schwert kann sich hierbei entpuppen, staatliche Stellen wie etwa die EU-Kommission oder mitgliedsstaatliche Regierungen einzuschalten: Der eingebrachte Sachverstand und die naturgemäße Autorität dieser Institutionen kann sich sicher oftmals als hilfreich erweisen, die Verbindung zum politischen Alltag kann aber auch zu einer Lähmung des Prozesses oder zu einer Gefahr der Überrepräsentation nationaler Interessen führen.46

II. Materielle Anforderungen an Modellgesetze

1. Bevor näher auf die inhaltlichen Anforderungen für ein erfolgreiches Modellgesetz eingegangen werden kann, muss die Frage nach dessen grundsätzlicher demokratischer Legitimität gestellt werden. Zweifeln könnte man nämlich dann daran, wenn es als privat erstelltes Regelungskonstrukt bereits unmittelbar Rechtssubjekten gegenüber Wirkung entfalten würde. Wäre es insofern demokratischen Zweifeln ausgesetzt, kann es mangels öffentlicher Akzeptanz jedenfalls langfristig nur schwerlich Erfolge erzielen.47

2. Inhaltlich sicher die entscheidende Frage ist die Herangehensweise der Gruppe an den zu regelnden Rechtskomplex: Soll bestehendes Recht bloß zusammengefasst oder neues geschaffen werden? Soll es sich eher um eine Auflistung nationaler best practices handeln oder soll ein gänzlich neues Regelungskonzept erdacht werden? Wird an Bestehendes angeknüpft, kann dies aufgrund der Erprobtheit des Rechts dessen Akzeptanz erhöhen. Auf der anderen Seite kann aber unter Umständen auch nur neues Recht etwas schaffen, was überhaupt innovativ und übernahmewert erscheint. Was hierbei als erfolgsversprechender zu beurteilen ist, mag man im Vorhinein nur schwerlich beantworten: Da Modellgesetze ohnehin nur als Vorschlag für die Rechtssetzer gedacht sind, kann beides seinen Wert haben.48

3. Inhaltlich ebenfalls maßgeblich ist die Entscheidung hinsichtlich der Regelungstiefe des Gesetzes. Möglich ist, sich auf eine sehr allgemeine Regelung zu beschränken und die konkrete Ausformung den nationalen Gesetzgebern zu überlassen. Dies hat den Vorteil, dass ein Kompromiss viel eher möglich wäre und sich lokale Besonderheiten besser berücksichtigen ließen. Auf der anderen Seite trüben starke lokale Unterscheidungen den Mehrwert der Rechtsvereinheitlichung. Als Alternative ist daher auch möglich, recht detaillierte Regelungen zu entwerfen. Maßgebliches Kriterium für eine Entscheidung könnte sein, inwiefern zwischen den Nationen schon vergleichbares Recht oder zumindest eine ähnliche Rechtstradition existieren, die von vornherein Kompromisse erleichtern.49

III. Voraussetzungen für die Umsetzung von Modellgesetzen

1. Bereits konstatiert wurde zwar, dass Modellgesetze für Gesetzgeber grundsätzlich einen alternativen und flexiblen Regelungsansatz darstellen können.50 Nichtsdestotrotz können auch Modellgesetze nur erfolgreich bestehen, wenn sie Gesetzgebern ein Mehr zu herkömmlichen Gesetzgebungsinstrumenten bieten können und die Umsetzung grundsätzlich realistisch erscheint. Relevant ist deshalb, welchen Umsetzungs- und Anpassungshürden sich Modellgesetze stellen müssen und wie sie sich zum ökonomischen Phänomen des Wettbewerbs der Rechtsordnungen verhalten.51

2. Zuletzt muss jedenfalls in einem sich schnell wandelnden Rechtsgebiet wie dem Gesellschaftsrecht eine stetige Aktualisierung gewährleistet sein.52

D. Kritische Betrachtung des EMCA als Modellgesetz53

Die dem Impuls der EMCA-Gruppe zur Rechtssetzung vorgelagerte Frage, ob für ein Modellgesetz eine praktische Relevanz besteht, wurde bereits grundsätzlich bejaht.54 Des Weiteren wurde bereits beschrieben, wie sich die Art der Rechtssetzung und Herangehensweise der Gruppe gestaltete.55 Nun soll anhand der aufgelisteten Erfolgskriterien56 untersucht werden, ob sich der Ansatz der EMCA-Gruppe bewährt hat:

I. Die Gruppenzusammensetzung und das Arbeitsverfahren

An der Gruppenzusammensetzung lässt sich ihre Homogenität kritisieren: Anders als das amerikanische Vorbild MBCA besteht die EMCA-Gruppe nämlich ausschließlich aus Professoren; Praktiker sind nicht vertreten. Man könnte einwenden, und dies versucht auch die Gruppe selbst zu tun, dass Professoren in vielen europäischen Ländern üblicherweise auch als Rechtsanwälte tätig sind,57


43 Schürnbrand (Fn. 39), S. 217-218.

44 S. D.I., D.II.

45 Schürnbrand (Fn. 39), S. 225; Kahnert (Fn. 7), S. 245-251.

46 S. D.I.; vgl. zur Einschaltung staatlicher Stellen Schürnbrand (Fn. 39), S. 216, 220, 225; Kahnert (Fn. 7), S. 254-256.

47 S. D.III.; Kahnert (Fn. 7), S. 231-232.

48 S. D.IV.; Vgl. zur Regelungstechnik Schürnbrand (Fn. 39), S. 225.

49 S. D.V.; Vgl. zur Regelungstiefe Schürnbrand (Fn. 39), S. 218, 221, 224.

50 S.o. C.

51 S. D.VI., D.VII.; Huber, in: FS Everling, Band 1, 1995, S. 493, 505; Kahnert (Fn. 7), S. 263.

52 Schürnbrand (Fn. 39), S. 225. Dies ist trotz zweier weiterer Konferenzen bisher nicht geschehen (Fn. 38 und zugehöriger Text).

53 Die Kritik in der Literatur ist generell mit Vorsicht zu genießen, da der überwiegende Anteil der Veröffentlichenden der EMCA-Kommission entstammt, was diesen zwar nicht ihre grds. wissenschaftliche Objektivität absprechen mag, dennoch sollte man ihre naturgemäße Überzeugtheit vom Projekt berücksichtigen. Betroffene Prof.: Baums, Teichmann, Krüger Andersen.

54 S.o. A., B.I.

55 S.o. B.

56 S.o. C.

57 Introduction ss. 2, 3.3; Teichmann, KSzW 2014, 77, 81; Teichmann, in: FS Baums, Band 2, 2017, S. 1227, 1245.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-103100

allerdings ist dies nicht mit „echten“, jedes Land repräsentierenden Praktikern zu vergleichen.58 Kritisieren kann man auch, dass nur Vertreter aus 22 der 28 EU-Staaten teilgenommen haben.59 Dies schmälert nicht nur den rechtsvergleichenden Ideenzufluss, sondern auch die Akzeptanz des EMCA insbesondere in den nichtbeteiligten Staaten.60 Daran knüpfen zwei weitere Probleme an: Zum einen besteht trotz proklamierter politischer Unabhängigkeit61 immer die Gefahr, dass die entsendeten Vertreter eines Nationalstaats ihr Recht als Ausgangspunkt sehen, was Einfluss auf ihre Mitarbeit und ihr Abstimmungsverhalten haben kann. Zum anderen kann die Zusammensetzung der Unterarbeitsgruppe Einfluss auf die im endgültigen Entwurf repräsentierten Rechtsordnungen haben, was sich an den laut den (general) comments repräsentierten Rechtsordnungen zeigt.62 Entgegenhalten kann man dem ersten Argument, dass gerade die mit dem nationalen Recht Vertrauten die reformbedürftigen Regelungen „ihres“ Rechts kennen.63 Allerdings ist Anspruch des EMCA gerade nicht, einzelne Regelungen nationalen Rechts zu reformieren, sondern idealiter europaweit einheitliche Regelungen zu schaffen. Insgesamt besteht bei Gruppenzusammensetzung und Arbeitsverfahren daher noch Reformbedarf.

Nun ist noch ein kritischer Blick auf die Integrität der Gruppe zu werfen, die Forschern aufgrund ihres wissenschaftlichen Antriebs zwar grundsätzlich in höherem Maße als Praktikern zu unterstellen ist, aber weiterhin ein maßgeblicher Parameter für die Akzeptanz des EMCA darstellt. Der EMCA proklamiert politische wie wirtschaftliche Unabhängigkeit.64 Nichtsdestotrotz wird das Büro der Universität Aarhus, das den organisatorischen Rahmen für den EMCA bereitstellt, als staatliche Einrichtung mittelbar über den dänischen Staat finanziert. Zudem bleibt unklar, wie die jährlichen Treffen finanziert wurden, der Entwurf spricht nur von academic funding.65 Diese Einwände erscheinen derzeit zwar noch nicht durchschlagend, um die Integrität in Frage zu stellen, verhindert werden muss aber, dass der EMCA, etwa durch eine unüberlegte Praktikerbeteiligung, Ziel lobbyistischer Einflussnahme wird.

II. Vorbild MBCA?

Die EMCA-Gruppe möchte an die Popularität des in zwei Dritteln der USA genutzten MBCA anknüpfen und sieht den eigenen Entwurf als vergleichbar an.66 In formaler Hinsicht überzeugt dies nicht: Der MBCA wird auch von Praktikern entworfen, steht durch die Anknüpfung an die mitglieder- und finanzstarke American Bar Association auf organisatorisch sicheren Beinen und sorgt über das direkte Anschreiben interessierter Personen und Veröffentlichungen in der Zeitschrift Business Lawyer für eine stete Öffentlichkeitsbeteiligung.67 Der EMCA hingegen wird ausschließlich von Professoren erarbeitet, die Finanzierung der Gruppe ist nicht sichergestellt und eine Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte nur über zwei Konferenzen und bedingt aufsehenerregende Zeitschriftenartikel.68 Auch in inhaltlicher Hinsicht unterscheiden sich die Ausgangslagen: Zwar handelt es sich sowohl bei der EU als auch bei den USA im Grundsatz um föderale Systeme, allerdings blicken die europäischen Staaten auf überwiegend vollkommen unterschiedlich gewachsene Rechtstraditionen zurück, was die Rechtsvereinheitlichung massiv erschwert.69 Der Vergleich mit dem MBCA überzeugt daher allenfalls in Ansätzen.

III. Die demokratische Legitimität und der Geltungsbegriff des EMCA

Bei der Einführung des DCGK über § 161 AktG wurde massiv darum gestritten, ob dieser dem verfassungsrechtlichen Demokratieprinzip und dem Gesetzesvorbehalt genügen würde (Art. 20 Abs. 2, 3 GG). Dies wurde von Autoren in der Literatur mit dem Argument verneint, dass dem privat erstellten Kodex durch die Verweisregel in § 161 AktG und das öffentlich-rechtlich geprägte Erstellungs- und Veröffentlichungsverfahren faktische Gesetzeskraft in einem Bereich zukomme, der so wesentlich sei, dass er vom Gesetzgeber selbst hätte geregelt werden müssen. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist hierzu jedoch nicht ergangen und die Diskussion hat angesichts der rechtspolitisch überwiegend begrüßten Ergebnisse des Kodex‘ an Fahrt verloren.70

Interessant ist, ob der EMCA ähnlichen Zweifeln ausgesetzt ist. Er würde gegen Demokratieprinzip und Gesetzesvorbehalt verstoßen, wenn er als privates Konstrukt in rechtlich verbindlicher Weise Beziehungen von Grundrechtsberechtigten in wesentlichen Bereichen regeln würde und damit eine dem Gesetzgeber zustehende Entscheidung träfe.71 Als (bisher) nicht in einem verfassungsrechtlich vorgegebenem Rechtssetzungsverfahren geschaffen, ist der EMCA ein privates Konstrukt.72 Er müsste auch Grundrechtsberechtigten gegenüber derzeit rechtlich verbindlich, also aktuell präskriptiv73 sein. Eine positivistische Ansicht, die als Recht


58 Zum Absatz, z.T. krit.: Kahnert (Fn. 7), S. 244, 247; Meyer (Fn. 4), S. 221-222, 251-252; Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 4.

59 Nicht vertreten: Kroatien, Lettland, Malta, Rumänien, Slowenien, Zypern, introduction s. 2.

60 Vgl. Kahnert (Fn. 7), S. 244; Meyer (Fn. 4), S. 240; Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 3; Teichmann (Fn. 57), S. 1227, 1247.

61 I.Ü. erscheint der Anspruch, ohne politische Zwänge zu sein, angesichts der erfolglosen, bisherigen Reformbemühungen illusorisch, Meyer (Fn. 4), S. 244-245; a.A. Teichmann, KSzW 2014, 77, 83.

62 Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 4, 13, 61; vgl. comments s. 11.01 (DE); general comments ch. 13 s. 2 (DK).

63 Teichmann, KSzW 2014, 77, 81; zweifelnd Kahnert (Fn. 7), S. 247-248.

64 Introduction s. 2; Krüger Andersen (Fn. 15), S. 305; zu beidem Kahnert (Fn. 7), S. 247.

65 Introduction s. 2; zu beidem: Meyer (Fn. 4), S. 222-224.

66 Introduction ss. 1, 2, 6.1. Der MBCA gilt vollständig in 36 Staaten, L. Schmidt, RIW 2016, 718.

67 Teichmann (Fn. 57), S. 1227, 1234; Meyer (Fn. 4), S. 254-256; vgl. Gray/Arbor, RabelsZ 50 (1986), 111, 121.

68 Meyer (Fn. 4), S. 254-255; grds. a.A. Teichmann (Fn. 57), S. 1227, 1247; Kahnert (Fn. 7), S. 252.

69 Kötz, in: FS Zweigert, 1981, S. 481, 496; Reher, Gesellschaftsrecht in gemeinsamen Märkten, 1997, S. 101-102; Meyer (Fn. 4), S. 237-239, der der Gruppe ein falsches Verständnis vom MBCA attestiert und insoweit eine fehlende rechtsvergleichende Untersuchung bemängelt.

70 Zum Ganzen: Koch, in: Hüffer/Koch (Hrsg.), Kommentar zum AktG14, 2020, § 161 Rn. 4 m.w.N; für Verfassungswidrigkeit Mülbert/Wilhelm, ZHR 176 (2012), 286, 312-314; Hopt, in: FS Hoffmann-Becking, 2013, S. 563, 569-572; Hoffmann-Becking, in: FS Hüffer, 2010, S. 337, 341-342.

71 Zu diesem allg. Maßstab: Mertens, RabelsZ 56 (1992), 219, 239; Kahnert (Fn. 7), S. 231-232; a.A. Köndgen, AcP 206 (2006), 477, 522-523.

72 Es als paralegales Recht bezeichnend Mertens, AG 1982, 29; ders., RabelsZ 56 (1992), 219, 224.

73 Zur Terminologie: Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 584; ähnlich Ancel, Revue critique de droit international privé (RCDIP) 1997, 879, 881.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-103101

nur in einem staatlichen Verfahren gesetzte Normen ansah und nach der der EMCA nicht rechtlich verbindlich wäre, ist überholt.74 Gegen eine derzeitige rechtliche Verbindlichkeit scheint aber zu sprechen, dass der EMCA an die nationalen Gesetzgeber adressiert ist, also noch einer Inkorporierung in nationales Recht bedarf und damit nur als potentiell präskriptiv Rechtsunterworfenen gegenüber zu beschreiben wäre. Andererseits gehen die Autoren des EMCA davon aus, dass dieser auch schon vor seiner Inkorporierung unter Umständen nationale Gerichte beeinflussen, mithin auch Rechtsanwendern gegenüber bindend wirken könne.75

Um die rechtliche Bindung zu klären, ist nach dem Geltungsbegriff des EMCA zu fragen. Zu unterscheiden sind juristische, moralische und soziale Geltung.76 Inhaltlich Richtiges gilt moralisch. Allgemein Anerkanntes gilt sozial. Was der Richter anzuwenden hat, gilt juristisch.77 Juristisch Geltendes ist allgemein verbindlich.78 Die Schwierigkeit besteht darin festzulegen, ab wann moralisch oder sozial Geltendes auch juristisch gilt. Die EMCA-Gruppe erhebt den Anspruch, dass der EMCA inhaltlich richtig ist, also moralisch gilt.79 Dagegen, eine moralische Geltung als juristische Geltung ausreichen zu lassen, spricht aber, dass damit erhebliche Rechtsunsicherheit verknüpft wäre, da unklar ist, wer die inhaltliche Richtigkeit bestimmt und die Grenze zwischen gesellschaftlichen Sitten und rechtlich bindenden Normen zieht.80 Aus moralischer Geltung kann also keine juristische begründet werden. Damit aus sozialer Geltung eine juristische Geltung werden kann, müsste der EMCA überhaupt erst sozial gelten, also allgemein anerkannt sein.81 Zwar normiert dieser auch geltendes acquis communautaire, das man unter Umständen als allgemein anerkannt beschreiben könnte, allerdings ist Ziel des EMCA gerade, neue Regeln für uneinheitliche Rechtsordnungen zu finden, sodass man nicht sagen kann, dass er allgemein Anerkanntes normiert. Da mithin keine soziale Geltung besteht, kommt es auf die Frage, ob aus dieser eine juristische abgeleitet werden könnte, nicht mehr an.82 Weil der EMCA aufgrund fehlender juristischer Geltung derzeit nicht rechtlich verbindlich ist, kann er weder Demokratieprinzip noch Gesetzesvorbehalt widersprechen. Dessen ungeachtet mag es sinnvoll erscheinen, die Öffentlichkeit demokratisch-repräsentativ stärker in die Erstellung einzubinden, um die Akzeptanz des EMCA zu erhöhen.83

IV. Die Regelungstechnik des EMCA

Der EMCA möchte innovative Regelungen für die nationalen Gesetzgeber bereitstellen. Insoweit kann man kritisieren, dass er sich eher wie eine Zusammenfassung nationaler best practices und geltenden EU-Rechts liest.84 Andererseits kann es hinsichtlich einer Umsetzung sinnvoll sein, auf bestehenden und jedenfalls teilweise akzeptierten Regelungen aufzubauen.85 Als Zwischenfazit muss dennoch festgehalten werden, dass der EMCA nicht aus sich heraus innovativ ist, sondern Bestehendes nur innovativ zusammenführt. Der EMCA sollte zudem klarer festlegen, ob er sich ausschließlich an nationale oder nicht auch an den europäischen Gesetzgeber richtet, was beispielweise hinsichtlich der meisten grenzüberschreitenden Fragestellungen aufgrund des engeren Sachbezugs sinnvoller wäre (ch. 13 etwa).86 Unklar ist auch, warum teilweise in comments oder selbst sections darauf hingewiesen wird, dass nationales Recht von den Regelungen abweichen könne, da dies bei einem Modellgesetz ohnehin der Fall ist.87 Des Weiteren ist problematisch, dass sich der EMCA nur selten vom geltenden europäischen Recht löst und damit überwiegend Aspekte neureguliert, für die auf europäischer Ebene kein Konsens gefunden wurde, oder bei denen eine zentrale Regelung bisher nicht sinnvoll erschien, etwa bei der Corporate Governance. Warum sich diese bestehenden Probleme durch den EMCA auflösen sollten, ist zweifelhaft.88

V. Die Regelungstiefe des EMCA

Der EMCA erhebt den Anspruch, grundsätzlich von nationalen Gesetzgebern umgesetzt werden zu können, und versucht daher, alle Bereiche zu regeln, die er, einem funktionalen Ansatz folgend, als gesellschaftsrechtlich qualifiziert.89 Das bedeutet, dass nicht nur grobe Rahmenbedingungen, sondern auch Detailvorschriften, etwa zu Pflichten der Geschäftsführung oder Hauptversammlung geregelt werden. Dabei ist problematisch, dass die nationalen Gesellschaftsrechte jeweils interessenpluralistisch ausgestaltet und historisch unterschiedlich gewachsen sind. Daraus wiederum folgt, dass die jeweiligen nationalen Regelungen auf ihre heimischen ökonomischen und kulturellen Gegebenheiten angepasst sind, was sich vor allem daran ablesen lässt, welche gesellschaftsrechtlichen Gruppen wie behandelt werden.90 Diese Ausgangslage, die in den USA nicht besteht,91 macht es fast unmöglich, detaillierte, aber für alle Staaten passende Regelungen zu finden.


74 Köndgen, AcP 206 (2006), 477, 508-509; Bachmann, Private Ordnung. Grundlagen ziviler Regelsetzung, 2006, S. 181.

75 Introduction ss. 3.1, 3.3. Ob die von den Machern angestrebte Bindungswirkung allerdings tatsächlich eintreten würde, erscheint indes zweifelhaft.

76 Zur Terminologie, auch im Folgenden Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 611; Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, 2005, S. 139-142.

77 Juristische Geltung lässt sich grds. über eine verfassungsgemäße Rechtssetzung oder eine Anerkennung erreichen, Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 611; Kahnert (Fn. 7), S. 227; Raiser, Grundlagen der Rechtssoziologie6, 2013, S. 237-238.

78 Kahnert (Fn. 7), S. 226-227; Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 611; zum Recht: Dreier, NJW 1986, 890.

79 Grds. jedenfalls, introduction ss. 1, 3.1, 6.1; Krüger Andersen (Fn. 15), S. 304.

80 Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 617-620; Kahnert (Fn. 7), S. 229-230.

81 Soziales gilt jur., wenn es jahrelang angewendet wurde, Michaels,

RabelsZ 62 (1998), 580, 614.

82 Dies verneint Kahnert (Fn. 7), S. 231, da sich der EMCA ausschließlich an Gesetzgeber richte.

83 Köndgen, AcP 206 (2006), 477, 522; Kahnert (Fn. 7), S. 249-252; Meyer (Fn. 4), S. 252-254. Dazu schon D.I.

84 J. Schmidt, ZHR 181 (2017), 43, 45; krit. Kahnert (Fn. 7), S. 276; vgl. Meyer (Fn. 4), S. 230.

85 Röthel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.) Schriften zum Gemeinschaftsprivatrecht, 2009, S. 295, zur ähnlichen Diskussion um die MBauO 2002 Jäde, NVwZ 2003, 668, 671.

86 Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 69; Kahnert (Fn. 7), S. 267; zur EU-Gesetzgebung J. Schmidt, ZHR 181 (2017), 43, 86.

87 Bsp.: ss. 4.01 (1), 8.02 (3), 8.10 (3, 6); comments s. 3.08; Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 54.

88 Zu beidem: Kahnert (Fn. 7), S. 275-279; zur Corporate Governance: Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht7, 2015, Art. 50 AEUV Rn. 100.

89 Introduction ss. 1, 3.1; Teichmann, KSzW 2014, 77, 80; Kahnert (Fn. 7), S. 262.

90 Zu beidem: Payne (Fn. 18), S. 332; Meyer (Fn. 4), S. 247-250; z.T. a.A. Fleckner, in: FS Hopt, Band 1, 2010, S. 659, 664-671.

91 S.o. D.II.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-103102

Was wäre die Alternative? Die Alternative wäre, dass sich der EMCA darauf beschränkt, nur Grundsätzliches zu normieren, etwa die grundsätzliche Leitungsstruktur oder grundlegende Gründungsvorschriften. Gewonnen wäre damit allerdings nichts. Dies würde nämlich dazu führen, dass die nationalen Gesetzgeber bzw. Gerichte notwendigerweise dazu gezwungen wären, diese allgemeinen Vorschriften auf ihre Art weiter auszugestalten und zu konkretisieren. Mit anderen Worten: Echte Rechtsangleichung wäre damit nicht verbunden.92 Hinzu kommt, dass es zwar sinnvoll sein kann, Transaktionskosten durch Rechtsangleichung zu reduzieren,93 dieser ökonomische Bedarf ist allerdings derzeit nicht so drängend, dass er gerade die europäischen Staaten, die schon über gut entwickelte Gesellschaftsrechte verfügen, zu einem solch radikalen Schritt zwingen würde.94 Hinsichtlich der Diskussion um die passende Regelungstiefe eines Modellgesetzes lässt sich damit Folgendes festhalten: Ein auf das Grundsätzliche beschränktes Modellgesetz brächte nur bedingten rechtsangleichenden Mehrwert; ein darüber hinausgehendes ist zum Scheitern verurteilt, da es auf europäischer Ebene derzeit kein dogmatisch-gefestigtes Fundament vorfindet, das ihm erlauben würde, die nationalstaatlichen Einzelinteressen konsequent zu vereinen.95

VI. Umsetzungs- und Anpassungshürden

Als Umsetzungshürde sticht die Pfadabhängigkeit ins Auge, die es systemimmanent Gesetzgebern erschwert, andersartiges Recht in ihr bestehendes Rechtssystem einzugliedern, wenn sie sich einmal für einen Regelungspfad entschieden und ihr Recht auf diesem aufgebaut haben. Insofern wird Maßstab für das Modellgesetz sein, ob der durch die Rechtsreform generierte ökonomische Nutzen den damit verbundenen Aufwand übersteigt.96 Dies ist nur schwer zu prophezeien, Kriterien werden aber u.a. sein: die Anzahl der umsetzungswilligen Länder, wie gut entwickelt das nationale Gesellschaftsrecht schon ist, ob in die Rechtssprache des jeweiligen Landes angepasste EMCA-Fassungen erscheinen, inwieweit die EU zwischenzeitlich weiteres Gesellschaftsrecht angleicht etc.97 Umgesetzt werden wird der EMCA allenfalls von kürzlich beigetretenen EU-Mitgliedsstaaten, die sich am Gesellschaftsrecht eines anderen EU-Lands orientiert und mithin noch keine eigenen Pfade angelegt haben, sondern nur auf schon bestehenden gewandelt sind.98

VII. Der Wettbewerb der Rechtsordnungen

Der EMCA verspricht, eine Antwort auf die Frage gefunden zu haben, ob Harmonisierung oder ein Wettbewerb der Gesetzgeber der Ökonomie des Binnenmarkts und den einzelnen Volkswirtschaften zuträglicher wäre:99 Die Inkorporierung des EMCA als Modellgesetz soll Nationalstaaten von den Vorteilen einer Harmonisierung profitieren lassen. Auf der anderen Seite soll die Möglichkeit bestehen, lokale Besonderheiten zu berücksichtigen oder in Wettbewerb zu anderen Rechtsordnungen zu treten, indem die Nationalstaaten einzelne Teile des EMCA nicht übernehmen.100 Damit soll ein stetiges Wahlrecht zwischen Harmonisierung und Wettbewerb bestehen und nicht bloß eine Dichotomie. Der Einwand gegen diesen Vorschlag liegt auf der Hand: Von einer Harmonisierung kann nur profitiert werden, wenn vollständig oder jedenfalls überwiegend harmonisiert wird, für nationale Ausnahmen ist dabei nur bedingt Spielraum.101 Gänzlich überzeugt der Ansatz des EMCA daher nicht.

Etwas anderes ergibt sich aber, wenn man den EMCA als unterstützenden Teilnehmer im Wettbewerb der Rechtsordnungen sieht. Der EMCA ist als Modellgesetz nämlich an die staatlichen Rechtssetzer adressiert102 und erlaubt diesen, von den ökonomischen und rechtssoziologischen Vorteilen privater Rechtssetzung zu profitieren: Kosteneinsparungen durch Flexibilisierung und informellere Erarbeitungsverfahren, schnellere Anpassungsfähigkeit des Gesetzes, Qualitätssteigerung durch von politischen Ideologien gelöste Rechtssetzung etc.103 Er stellt damit eine Alternative zu klassischer Rechtssetzung dar und leistet einen Beitrag zum Wettbewerb der Gesetzgeber. Zudem kann der EMCA faktischen Wettbewerbsdruck ausüben, da Staaten ihr Recht am Maßstab des EMCA messen lassen müssen. Das gilt gerade, wenn der EMCA von einigen Staaten inkorporiert wird.104 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Ansatz des EMCA zwar kein Allheilmittel im Streit zwischen Harmonisierung und Wettbewerb ist, er durch seine freiwillig-flexible Struktur den Wettbewerb der Gesetzgeber allerdings positiv anzufachen vermag.

VIII. Fazit zur Umsetzung der Erfolgskriterien im EMCA

Hinsichtlich der Umsetzung der abstrakten Erfolgskriterien durch den EMCA lässt sich Folgendes festhalten: Bei einigen formalen Aspekten wie insbesondere der Gruppenzusammensetzung besteht zwar noch Reformbedarf, viel drängender ist aber das inhaltliche Problem, dass die europäischen Länder primär wegen einer fehlenden dogmatischen und rechtshistorischen Grundlage derzeit noch nicht weit genug scheinen, um ein so komplexes Werk zum Europäischen Kapitalgesellschaftsrecht wie den EMCA in toto umzusetzen. Die EMCA-Gruppe sollte daher ihren Regelungsansatz noch einmal überdenken: Strebt sie weiter


92 Zum ganzen Aspekt: Payne (Fn. 18), S. 332; Kahnert (Fn. 7), S. 271; vgl. Meyer (Fn. 4), S. 267-271.

93 S.o. A.

94 Payne (Fn. 18), S. 331; ökonomische Analyse des Gesetzeswettbewerbs bei Hornuf, Regulatory Competition in European Corporate and Capital Market Law, 2012, S. 7-15.

95 Vgl. Payne (Fn. 18), S. 332-333; Kahnert (Fn. 7), S. 272. Zur fehlenden Dogmatik: Meyer (Fn. 4), S. 247-250; eine systematisierende Darstellung bei Grundmann (Fn. 4), S. 1-5.

96 Zu beidem: Meyer (Fn. 4), S. 292-298, 338-339; Roe, 109 Harv. L. Rev. 641, 641-644 (1996); Huber (Fn. 51), S. 493, 505.

97 Etwa durch das bereits vom Parlament gebilligte company law package Luy, NJW 2019, 1905.

98 Teichmann (Fn. 57), S. 1227, 1243; krit. Krebs (Fn. 23), § 38 Rn. 83; Payne (Fn. 18), S. 331.

99 Zum Konflikt: Merkt, RabelsZ 1995, 545; Reher (Fn. 69), S. 132-135; Dreher, JZ 1999, 105-108.

100 Introduction s. 1; Meyer (Fn. 4), S. 230.

101 Kahnert (Fn. 7), S. 263.

102 Er steht daher nicht in einem echten Wettbewerb zu diesen, zur rechtl. Verbindlichkeit D.III.

103 Kahnert (Fn. 7), S. 240-243; Mertens, in: FS Bärmann, 1975, S. 651, 652; Schwartze, in: Eger/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, 2007, S. 155. Die Rechtsumsetzung wird aber nicht frei von politischen Diskussionen sein, Meyer (Fn. 4), S. 244-245.

104 Zum Absatz: Kahnert (Fn. 7), S. 264; Krüger Andersen (Fn. 15), S. 304-305.

Hartmann, Rechtssetzung im Europäischen Gesellschaftsrecht mit Modellgesetzen am Beispiel des European Model Company Act, BLJ 2/2020, 96-103103

eine vollständige Umsetzung der Regeln an, ist zunächst die Schaffung einer gemeineuropäischen Dogmatik vonnöten, wobei es sich indes um einen langwierigen Prozess handeln wird. Alternativ könnte man aber auch überlegen, den EMCA eher vollständig in eine Auflistung nationaler best practices umzuändern, von der die Mitgliedsstaaten eher rechtsvergleichend und als Anregung für nationale Gesetzgebungsprojekte profitieren könnten. Vielleicht könnte dies die Findung des „besten“ Rechts und damit eine Rechtsvereinheitlichung auf einem eher schleichenden Weg ermöglichen.

E. Gesamtfazit zum Projekt EMCA

Der EMCA ist mit dem Ziel angetreten, als Modellgesetz das gesamteuropäische Gesellschaftsrecht zu reformieren. Gestoßen ist er dabei auf Schwierigkeiten verschiedenster Art: keine vollends geglückte Gruppenzusammensetzung und Öffentlichkeitsbeteiligung, das Auslassen innovativer Konzepte, Umsetzungshürden, und sicher am bedeutendsten die Frage, was der EMCA den europäischen Staaten angesichts einer fehlenden Dogmatik und erheblicher Interessenunterschiede eigentlich zu bieten hat. Daher nun die Reflektion: Stellt der EMCA als Modellgesetz eine Alternative zur herkömmlichen Rechtssetzung dar oder war der ganze Prozess umsonst? Nein, war er nicht, denn Europa kann auf dreierlei Wege vom EMCA profitieren. Zunächst könnte er – sehr ambitioniert – den Grundstein für die Schaffung eines (Zivil-) und Unternehmensgesetzbuches105 und damit einer europäischen Dogmatik legen. Dann könnte er – etwas weniger ambitioniert – dafür sorgen, dass sich die europäischen Gesetzgeber bei zukünftigen Reformen an den von ihm gemachten Vorschlägen orientieren, was langfristig ein Zusammenwachsen der Gesellschaftsrechte im Wege nationaler Konvergenz zur Folge haben könnte.106 Voraussetzung dafür ist, dass der EMCA stetig aktualisiert wird und permanent inhaltlich überzeugt. Und schließlich leistet der EMCA – sehr realistisch – mit seinen inhaltlichen Vorschlägen einen lohnenden Beitrag zur rechtswissenschaftlichen Diskussion in Europa.


105 Zu einem Wirtschaftsgesetzbuch Lehmann, ZHR 2017, 9; krit. Hopt, ZGR 2013, 165, 186.

106 Baums (Fn. 16), S. 525, 530. Allerdings muss sichergestellt werden, dass sich dabei die Erkenntnisquellen der Rechtsordnungen nicht verengen; zu beidem Fleckner (Fn. 90), S. 659, 674-676.