Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung

David K. Takacs*

A. Einleitung

300 Euro im Januar, 64.509 Euro im Februar. Kontinuität ist kein prägendes Merkmal leistungsbezogener Vergütung. Besonders Arbeitnehmer im Vertrieb sind es gewohnt, dass ihr Entgelt teilweise exorbitanten Schwankungen unterliegt. Während solche Vergütungsmodelle für leistungsstarke Arbeitnehmer regelmäßig viele Vorteile bieten, können sie für Arbeitgeber schwierig, mitunter sogar gefährlich werden. Wird nämlich ein solcher Arbeitnehmer in den Betriebsrat gewählt und freigestellt, muss ihm das Entgelt gezahlt werden, welches er ohne Betriebsratstätigkeit verdient hätte. Diese hypothetische Betrachtung bereitet dem Arbeitgeber bei schwankenden leistungsbezogenen Vergütungsformen regelmäßig Kopfzerbrechen. Schließlich gibt es keine gesetzgeberische Regelung zur konkreten Berechnung und auch die Rechtsprechung hält sich bisher bedeckt. Werden jedoch Fehler gemacht, sodass es zu einer Begünstigung oder Benachteiligung des Arbeitnehmers aufgrund der Betriebsratstätigkeit kommt, drohen dem Arbeitgeber sogar strafrechtliche Konsequenzen. Damit eine rechtskonforme Berechnung gelingt, sollen nachfolgend die Vorschläge zur Berechnung der Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Arbeit dargestellt und diskutiert werden.

Im Zentrum der Bearbeitung stehen die unterschiedlichen Berechnungsmethoden bei einzelnen leistungsbezogenen Vergütungsformen. Ausgehend von den Grundlagen der Betriebs\-ratsvergütung werden schwerpunktmäßig der Akkord und die Provision diskutiert. Als abschließende Problematik wird die nachträgliche Einführung einer leistungsbezogenen Vergütung skizziert. Auf eine ausführliche Darstellung der Diskussion um die Zielvereinbarungen wird aufgrund des Bestehens einer in der Literatur begrüßten Rechtsprechung verzichtet.1

B. Grundlagen der Betriebsratsvergütung

I. Betriebsratsamt als Ehrenamt

Ausgangspunkt für die Vergütung der Betriebsräte ist § 37 Abs. 1 BetrVG. Danach führen Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt aus. Sie sollen also durch die Übernahme der Tätigkeit weder Vorteile noch Nachteile erlangen.2 Hiermit wird die unabhängige und unparteiische Ausführung des Amtes gesichert und eine Entfremdung der Betriebsräte von der Stammbelegschaft verhindert.3 Das Betriebsratsamt ist also de lege lata kein Hauptberuf, weshalb auch einem Diätenmodell,4 nach welchem Betriebsräte für ihre Tätigkeit gesondert vergütet würden, durch den Gesetzgeber mit der Regelung in § 37 Abs. 1 BetrVG eine klare Absage erteilt wird.5 Dieser Grundsatz der Unentgeltlichkeit wird als tragende Säule der Betriebsratsvergütung von der Rechtsprechung strikt angewendet.6

II. Entgeltausfallprinzip als Bemessungsgrundlage der Vergütung

Selbstverständlich führt das Ehrenamtsprinzip nicht dazu, dass Betriebsräte während ihrer Tätigkeit überhaupt nicht vergütet werden. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Betriebsräte „ohne Minderung des Arbeitsentgelts“ von ihrer Tätigkeit zu befreien. Das Entgelt der Betriebsräte ermittelt sich also anhand des arbeitsvertraglich geschuldeten Entgelts, welches ihnen trotz Nichterbringung der geschuldeten Leistung zusteht, sog. Entgeltausfallprinzip.7 Nach diesem Prinzip wird auf die hypothetische Vergütung des Betriebsrats im relevanten Zeitraum abgestellt, die so berechnet werden muss, dass sie dem Entgeltsausfallprinzip am besten gerecht wird.8 Es handelt sich insbesondere um kein Referenzprinzip, nach welchem das Entgelt retrospektiv berechnet würde.9

III. Leistungsbezogene Vergütung als gesetzlich ungeregelter Sonderfall

Ausweislich der Gesetzesmaterialien zum BetrVG von 1952 ist das Entgeltausfallprinzip des § 37 Abs. 2 BetrVG von seiner historisch gesetzgeberischen Intention auf ein Arbeitsverhältnis zugeschnitten, welches ausschließlich auf der Vergütung eingesetzter Zeit durch den Arbeitnehmer basiert.10 Dieses Verständnis des Gesetzgebers hat sich auch mit den BetrVG Reformen 1972 und 2001 nicht verändert. So wurde mit der Reform 1972 nur eine terminologische Klarstellung bezweckt11 und der relevante zweite Absatz 2001 überhaupt nicht verändert.12 Das gesetzgeberische Verständnis aus 1952 liegt dem heutigen Gesetz demzufolge


* Der Autor ist Student an der Bucerius Law School, Hamburg. Der Beitrag stellt eine verkürzte Fassung seiner Seminararbeit dar.

1 LAG Berlin, NZA 1997, 224; BAG, NZA 2015, 1328; Roos, AiB 1997, 228, 229; Gaul, BB 1998, 101; Mayer, AiB 1999, 633, 635; Fitting, Betriebsverfassungsgesetz30, 2020, § 37 BetrVG Rn. 64; Wedde, in: Däubler/Klebe/Wedde, Betriebsverfassungsgesetz17 (DKW), 2020, § 37 Rn. 51.

2 Koch, in: Erfurter Kommentar20 (ErfK), 2020, § 37 BetrVG Rn. 1; Reichold, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar8 (HWK), 2018, § 37 BetrVG Rn. 1.

3 Winkler, Das Ehrenamt des Betriebsrats1, 2019, S. 41;

Jacobs, NZA 2019, 1606.

4 Näher: Fischer, NZA 2007, 484, 485.

5 Glock, in: Hess/Worzalla/Glock et al., Betriebsverfassungsrecht10 (HWGNRH), 2018, § 37 Rn. 15 ff.

6 BAG, NZA 1994, 278, 281.

7 Allgemeine Ansicht: BAG, NZA 2018, 538, 541; Denzer, Das Betriebsratsamt als Ehrenamt und seine entgeltrechtlichen Folgen1, 2020, S. 23-48; Joussen, RdA 2018, 193; Wolmerath, in: Düwell, Betriebsverfassungsgesetz5, 2018, § 37 BetrVG Rn. 13.

8 Thüsing, in: Richardi, Betriebsverfassungsgesetz16, 2018, § 37 BetrVG Rn. 34.

9 Dazu im BUrlG: BT-Drs. IV/785 S. 4; zur Abgrenzung: Denzer (Fn. 7), S. 25 f.

10 BT-Drs. I/3585 S. 7; Überblick über die historische Entwicklung der Vergütungsvorschriften in Schlamp, Die Vergütung von Betriebsräten1, 2018, S. 6-8.

11 BT-Drs. VI/2729 S. 23.

12 BT-Drs. 14/5741 S. 40 f.; unverändert übernommen vom Ausschuss für Arbeit und Soziales BT-Drs. 14/6352 S. 14.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153147

immer noch unverändert zugrunde.13

Dieses Verständnis ist ohne Weiteres praktikabel, solange man ein Arbeitsverhältnis hat, welches anhand der Komponenten Zeit und Stundenlohn vergütet wird. Die Regelung erfasst jedoch nicht Fälle, in denen Arbeitnehmer teilweise oder vollständig leistungsbezogene Entgelte erhalten. Aus der Systematik des Gesetzes, insbesondere dem Zusammenspiel der §§ 37, 78 S. 2, 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG wird jedoch deutlich, dass der Gesetzgeber eine Begünstigung oder Benachteiligung von Arbeitnehmern aufgrund ihrer Tätigkeit als Betriebsrat ausschließen wollte. Hinsichtlich leistungsbezogener Vergütung ist eine solche Regelung bisher jedoch nicht gelungen.14 Leistungsbezogen meint hierbei nicht die Vergütung des Betriebsratsamts selbst, sondern die Bezahlung im zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis, also beispielsweise die Zahlung von Akkordlohn, Provisionen und Boni.15

C. Berechnung bei einzelnen Formen leistungsbezogener Arbeit

Bei diesen Vergütungsformen ist ein Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und Arbeitserfolg nicht immer klar feststellbar. Nichtsdestotrotz sollen Arbeitnehmer durch § 37 Abs. 2 BetrVG geschützt werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat bisher keine Berechnungsgrundlage vorgelegt. Die einzige Vorgabe ist, dass zur Berechnung der hypothetischen Vergütung die Methode zu wählen ist, „die dem Lohnausfallprinzip am besten gerecht wird.“16 Dabei sind die „Besonderheiten des jeweiligen Vergütungsbestandteils zu beachten.“17 Daher bestehen in der Literatur unterschiedliche Ansätze zur möglichen Berechnung. Diese Ansätze werden im Folgenden für die jeweilige Vergütungsform dargestellt und diskutiert.

I. Akkord

1. Grundlagen

Die bekannteste Form der leistungsbezogenen Vergütung ist der Akkordlohn.18 Bezugspunkt der Vergütung nach Akkordlohn ist die geleistete Arbeitsmenge, wobei nach Stück- und Zeitakkord differenziert werden muss. Wird nur auf die produzierte Anzahl von Werkstücken abgestellt, liegt ein Stückakkord vor.19 Dagegen wird beim Zeitakkord im Ausgangspunkt eine Vorgabezeit pro Stückzahl vorgegeben. Diese wird dann mit einem Geldfaktor pro Stück und der produzierten Menge multipliziert, sodass sich der Akkordlohn ergibt.20 Sowohl bei dem Zeitakkord als auch dem Stückakkord hat der Arbeitnehmer einen wesentlichen Einfluss auf sein Entgelt anhand seiner Arbeitsgeschwindigkeit. Zwischen Gehaltshöhe und aufgewendeter Arbeitszeit besteht daher jedenfalls ein Zusammenhang.21

Ferner kann zwischen Einzel- und Gruppenakkord unterschieden werden. Beim Ersteren ergibt sich der Akkordlohn anhand des Ergebnisses des einzelnen Arbeitnehmers, bei Letzterem wird das Leistungsergebnis der Arbeitsgruppe unter ihren Mitgliedern aufgeteilt.22

2. Akkordlohnfortzahlung bei Betriebsratstätigkeit

Auch beim Akkord muss nach dem Entgeltausfallprinzip eine hypothetische Berechnung des Entgelts erfolgen. Diese kann deshalb Schwierigkeiten bereiten, weil nicht nur die zeitliche Komponente eine Rolle spielt, sondern auch die individuelle Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, welche gegebenenfalls Schwankungen unterliegt.23 Es werden unterschiedliche Ansätze zur Berechnung des Entgeltausfalls beim Akkordlohn vertreten.

Die überwiegende Auffassung in der Literatur stellt auf eine vergangenheitsorientierte Betrachtung ab und streitet sich vor allem über den richtigen Bezugszeitraum.24 Es wird dabei teilweise vertreten, auf den letzten Akkordlohn abzustellen,25 oder wie von der vorwiegenden Auffassung auf die bisherige durchschnittliche Arbeitsleistung.26 Auch wird vereinzelt nur auf vergleichbare Arbeitnehmer abgestellt.27 Das Bundesarbeitsgericht hat jedenfalls für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entschieden, dass beim Gruppenakkord auf die Gruppe selbst abzustellen ist.28 Ansonsten scheint die Rechtsprechung sich im Zweifel einen weiten Beurteilungsspielraum vorbehalten zu wollen und nimmt bei schwankenden Bezügen eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO vor.29

3. Stellungnahme

Eine solche Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO erscheint beim Akkordlohn als nicht notwendig, da die Bezüge nicht besonders stark schwanken und der Rechtssicherheit der Vergütung mit präziseren Berechnungen abgeholfen werden kann. Das Abstellen auf den Gruppenakkord erscheint dagegen in den meisten Fällen als zweckgerecht.

Ein pauschales Abstellen auf das letzte Akkordentgelt30 führt zu einem unbilligen statischen Akkordentgelt, welches die individuellen Schwankungen der menschlichen Leistung31 vollkommen außer Acht lässt. Diese Individualität der leistungsbezogenen Vergütung wird auch missachtet,


13 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 514.

14 Ebd.

15 Schlamp (Fn. 10), S. 153; Jacobs/Frieling, ZfA 2015, 241, 257.

16 BAG, NZA 2018, 528, 531.

17 BAG, NZA 2015, 1328, 1329.

18 Preis, in: ErfK (Fn. 2), § 611a Rn. 391.

19 Straube/Rasche, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch11, 2019, 2. A. II. Rn. 402.

20 Preis, in: ErfK (Fn. 2), § 611a Rn. 392.

21 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515.

22 Preis, in: ErfK (Fn. 2), § 611a Rn. 391.

23 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515; Thüsing, in: Richardi (Fn. 8), § 37 BetrVG Rn. 34.

24 Wedde, in: DKW (Fn. 1), § 37 Rn. 52; Koch, in: ErfK (Fn. 2), § 37 BetrVG Rn. 6; Glock, in: HWGNRH (Fn. 5), § 37 Rn. 57; Denzer (Fn. 7), S. 177-179.

25 Thüsing, in: Richardi (Fn. 8), § 37 Rn. 34.

26 Fitting (Fn. 1), § 37 BetrVG Rn. 65; Lipp, Honorierung und Tätigkeitsschutz von Betriebsratsmitgliedern1, 2008, S. 113; Gaul, BB 1998, 101; Weber, in: Wiese/Kreutz/Oetker et al., Betriebsverfassungsgesetz11 (GK-BetrVG), 2018, § 37 BetrVG Rn. 72.

27 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513.

28 BAG, AP EntgeltFG § 4 Nr. 64.

29 BAG, NZA 2015, 1328, 1329.

30 Thüsing, in: Richardi (Fn. 8), § 37 Rn. 34.

31 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515; Denzer (Fn. 7), S. 177;

Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 14.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153148

wenn man beim Einzelakkord ausschließlich zu einem Fremdvergleich wechseln würde. Die herrschende Auffassung im Schrifttum geht daher zurecht davon aus, dass der Akkordlohn im Grundsatz von einer vergangenheitsorientierten Betrachtung getragen sein muss. Der Rückgriff ist erforderlich, um natürlichen menschlichen Leistungsschwankungen zu begegnen.32 Allerdings darf man nicht bei diesem gebildeten Durchschnitt verharren, sondern muss diesen dynamisch weiterentwickeln, damit auch der zukunftsorientierte Charakter des Entgeltausfallprinzips zur Geltung kommt. Im Einzelnen bietet sich die folgende Berechnungsmethode für Akkordlöhne an:

Ausgehend von der Prämisse, dass für die Lohnfortzahlung eine Berechnungsmethode zu wählen ist, die dem Lohnausfallprinzip am besten gerecht wird,33 muss auf einer ersten Stufe nach dem Grad der Freistellung differenziert werden. Anschließend ist eine Unterscheidung zwischen Einzel- und Gruppenakkord notwendig.

Ist der Betriebsrat nur teilweise von der Arbeit freigestellt, erbringt er weiterhin arbeitsvertragliche Tätigkeiten, die nach Akkordlohn vergütet werden. Dementsprechend kann man hinsichtlich seiner individuellen Arbeitsleistung und seinem Effizienzgrad konkrete Feststellungen treffen. Diese sind für eine möglichst zutreffende Prognose der Vergütung ohne Betriebsratstätigkeit für die freigestellte Zeit zu skalieren. Die leistungsabhängige Komponente der erbrachten Arbeitsleistung wird also auch für die freigestellte Zeit herangezogen. Somit werden die individuellen Leistungsschwankungen bestmöglich erfasst und dem Maßstab des BAG wird Genüge getan.

Bei vollständig freigestellten Betriebsräten im Einzelakkord ist eine solche Betrachtung indes nicht möglich. Hier ist es nötig, eine hypothetische Entgeltentwicklung aus der aktuellen und vergangenen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu errechnen.34 Als relevanten Zeitraum kann man die unmittelbar vor der Betriebsratstätigkeit liegende Zeitspanne erachten, in der der Arbeitnehmer bereits eine gewisse Konstanz aufweist.35 Den Vorwurf, man wende sich hiermit dem Referenzprinzip zu,36 wird man nicht endgültig ausräumen können. Allerdings ist jeder hypothetischen Prognose immanent, dass sie einer fundierten Grundlage bedarf. Ohne Grundlage würde man geradezu raten, wie sich das Entgelt des Arbeitnehmers entwickelt. Stelle man dagegen nur auf die Entgelte anderer Arbeitnehmer ab,37 würde man vor allem die individuelle Leistungskomponente des Akkordlohns außer Acht lassen.38

Ausgehend von diesen Bedenken muss man jedoch – nur für die zukünftige Entgeltentwicklung – vergleichbare Arbeitnehmer berücksichtigen. Die bisherige durchschnittliche individuelle Leistung dient somit nur als Referenzwert. Verändert sich ab Aufnahme der Betriebsratstätigkeit die Leistungsfähigkeit einer heranzuziehenden vergleichbaren Gruppe von Arbeitnehmern, muss man deren durchschnittliche Leistungsveränderung auf das Entgelt des Betriebsrats übertragen. Für die Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer gelten die Grundsätze des § 37 Abs. 4 BetrVG. Damit wird sowohl einer statischen Gehaltsentwicklung als auch einer willkürlichen Weiterzeichnung begegnet. Auch beruht die Entgeltentwicklung dann auf einem Referenzwert, welcher der individuellen Leistung des Arbeitnehmers entspricht.

Liegt jedoch anstatt eines Einzelakkords ein Gruppenakkord vor, erscheint es vorzugswürdig, dem Betriebsrat weiterhin das Entgelt zu zahlen, als wäre er Teil der betrachteten Arbeitsgruppe.39 In den meisten Fällen wird das die Entgeltentwicklung am zutreffendsten modellieren. Ist das aufgrund der Gruppengröße nicht praktikabel oder fällt aufgrund der Abwesenheit des Betriebsrats die Leistung der Gruppe merklich ab, ist das Entgelt anhand der dargestellten Berechnungsmethode zum Einzelakkord zu ermitteln.

II. Provisionen

1. Grundlagen

Bei Provisionen handelt es sich in der Regel um eine Vergütung, die sich prozentual am vermittelten (Vermittlungsprovision) oder abgeschlossenen (Abschlussprovision) Geschäft orientiert. Bemessungsgrundlage des Entgelts ist also nicht die erbrachte Arbeitsleistung, sondern der Arbeitserfolg.40 Ähnlich wie beim Gruppenakkord kann dabei auch das Ergebnis einer Verkäufergemeinschaft als Grundlage herangezogen werden.41 Entscheidender Unterschied zum bisher behandelten Akkordlohn ist, dass sich Provisionen nicht mehr ohne Weiteres auf eine Arbeitszeit zurückführen lassen können. Daher bereitet die Berechnung der Vergütung während der Betriebsratstätigkeit wesentlich mehr Probleme.42

Aufgrund der reinen Leistungsvergütung und der fehlenden Arbeitszeitkomponente hat sich die Provision als Entgeltbestandteil von der dem § 37 Abs. 2 BetrVG zugrunde liegenden Konzeption weit entfernt und scheint vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt worden zu sein. Das ist angesichts der gesetzlichen Normierung dieser Vergütungsart im Handelsvertreterrecht des HGB (§§ 65, 84 ff. HGB) und der Tatsache, dass Provisionen bereits seit dem Mittelalter bekannte Vergütungsbestandteile sind, erstaunlich.43

Daher werden auch für Provisionen verschiedene Ansätze vertreten, eine der gesetzlichen Normierung gerecht werdende Berechnung vorzunehmen.


32 Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 14.

33 BAG, NZA 2018, 528, 531; BAG, NZA 2015, 1328, 1329.

34 Auch Lipp (Fn. 26), S. 113; Denzer (Fn. 7), S. 177; Koch, in: ErfK (Fn. 2), BetrVG § 37 Rn. 6.

35 So auch Denzer (Fn. 7), S. 178.

36 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 516.

37 So tendenziell Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515.

38 Auch Thüsing, in: Richardi (Fn. 8), § 37 Rn. 34.

39 Ebenso Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 15.

40 Straube/Rasche, in: Tschöpe (Fn. 19), 2. A. II. Rn. 415.

41 BAG, NZA 1999, 306.

42 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515.

43 Schirmer, Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache auf geschichtlichen Grundlagen, Neudruck 1991, S. 151.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153149

2. Übertragung der Rechtsprechung zur Entgeltfortzahlung

Im Gegensatz zum Verbot der Entgeltminderung des § 37 Abs. 2 BetrVG hat der Gesetzgeber bei der Konzeption des Entgeltfortzahlungsgesetzes leistungsbezogene Vergütungen bereits berücksichtigt. Auch der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 EFZG) liegt ebenso wie § 37 Abs. 2 BetrVG das Entgeltfortzahlungsprinzip zugrunde.44 Dieses erfährt jedoch in § 4 Abs. 1a EFZG eine Modifikation in der Hinsicht, dass nach Satz 1 nur die regelmäßige Arbeitszeit exklusive Überstunden betrachtet wird.45 Auch für leistungsbezogene Vergütungsbestandteile trifft § 4 Abs. 1a S. 2 EFZG eine Regelung. Demnach ist bei der Entgeltfortzahlung der für den Arbeitnehmer in der „maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst“ zugrunde zu legen. Die Literatur sieht hiervon auch Provisionen umfasst.46 Letztendlich liegt in dieser Vergangenheitsbetrachtung ein partieller Wechsel zum Referenzprinzip,47 den der Gesetzgeber aber als notwendige Modifikation des Entgeltausfallprinzips erachtet, damit eine Entgeltfortzahlung sachgerecht berechnet werden kann.

Die hierzu ergangene Rechtsprechung zur Berechnung des Entgelts nach Entgeltfortzahlungsgesetz möchten Teile der Literatur für die Berechnung des geschuldeten Entgelts nach § 37 Abs. 2 BetrVG übernehmen.48

a) Rechtsprechung zu § 4 EFZG

Das BAG hat Provisionsansprüche nach der Vorgängerregelung des EFZG mehrfach für berechenbar erachtet. Dabei geht das BAG davon aus, dass eine Ursächlichkeit zwischen dem Arbeitsausfall und der konkret nicht erbrachten Arbeitszeit nicht nachweisbar ist, insbesondere, wenn sich die Provisionseinkünfte auf wenige Geschäfte im Jahr verteilen.49 Nichtsdestotrotz nimmt das BAG an, dass eine Berechnung möglich ist, indem „auf die Länge gesehen“ jedem Vertragsabschluss eine bestimmte Arbeitszeit zugeteilt wird. Daher sei auch davon auszugehen, dass Fehltage zu einer Kürzung der Provision führen.50

Dabei stellt das BAG nicht auf einen konkreten Entfall der Provision am entfallenen Arbeitstag ab, sondern auf die entgangene Arbeitszeit, welche durchschnittlich in einem Bezug zu erwirtschafteten Provisionen steht. Daher betrachtet das BAG die durchschnittlichen Provisionseinkünfte der Vergangenheit. Mittels Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO wird damit eine Durchschnittsvergütung im Referenzzeitraum berechnet. Der Referenzzeitraum für die Bildung des Durchschnitts hängt dabei maßgeblich von der Häufigkeit der Vertragsabschlüsse ab.51

Bei einem Versicherungsmakler, der nach einer Schweizer Statistik 82 Kundenbesuche bis zu einem Abschluss braucht, erachtete das BAG zwölf Monate als hinreichenden Referenzzeitraum.52 Ebenso zog das BAG zwölf Monate bei einem Automobilverkäufer heran, der etwa sechs Kundengespräche täglich führt und im Schnitt alle zwölf Gespräche einen Abschluss verzeichnet.53 Im Falle eines Verkäufers von EDV-Systemen, dessen Provisionsbeträge zwischen DM 300 und DM 64.509 schwanken und der nur zwei bis drei größere Abschlüsse pro Jahr abschließt, benannte das BAG keinen konkreten Bezugszeitraum, sondern verwies auf die Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO.54

Damit legt das BAG einen zweistufigen Berechnungsweg zugrunde. Zuerst wird anhand einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO ein ausreichender Referenzzeitraum und die in diesem Zeitraum durchschnittlich verdiente Provisionssumme bestimmt. Anschließend ist auf zweiter Stufe die in diesem Referenzzeitraum erbrachte durchschnittliche Arbeitszeit zu ermitteln.55 Das BAG verlangt hierbei zwingend eine Vergangenheitsbetrachtung, welche über einen längeren Zeitraum als drei Monate, im Ergebnis eher zwölf Monate, andauern soll, damit „unbillige Zufallsergebnisse“ vermieden werden.56 Letztlich fingiert das BAG damit eine Kausalität zwischen Arbeitszeit und Provisionsansprüchen nach dem errechneten Verhältnis.57

Auch in den Instanzgerichten hat sich eine Durchschnittsbetrachtung von zwölf Monaten für die Entgeltfortzahlung etabliert.58

b) Schwierigkeit der Übertragung dieser Grundsätze

Wesentlicher Unterschied zwischen dem Entgeltfortzahlungsgesetz und § 37 Abs. 2 BetrVG ist deren Schutzfunktion. Die Entgeltfortzahlung an Feiertagen dient der Kompensation des Arbeitsentgeltausfalls wegen der Nichterbringung der Arbeitsleistung an einem Feiertag.59 Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall dient sowohl der Sicherung des Lebensunterhalts des Arbeitnehmers als auch der Entlastung der Krankenkassen.60 Dagegen muss § 37 Abs. 2 BetrVG einem strengen Schutz des Entgelts nach oben und unten gerecht werden. Neben das Entgeltausfallprinzip tritt also noch die Regelung des § 78 S. 2 BetrVG. Wesentliches Ziel der Norm ist es, finanzielle Vor- und Nachteile durch die Übernahme des Betriebsratsamts zu vermeiden.61


44 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 514; Schliemann/Vogelsang, in: HWK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 3.

45 Schliemann/Vogelsang, in: HWK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 3.

46 Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 13; Schliemann/Vogelsang, in: HWK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 28; Schmitt/Küfner-Schmitt, in: Küfner-Schmitt/Schmitt, Entgeltfortzahlungsgesetz8, 2018, § 4 EFZG Rn. 106 f.

47 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515; a.A. Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 4 EFZG Rn. 14; Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB8 (MüKoBGB), 2020, § 4 EFZG Rn. 21.

48 Lipp (Fn. 26), S. 114 f.; mit Verweis aufs Urlaubs- und Krankheitsrecht Glock, in: HWGNRH (Fn. 5), § 37 Rn. 57; a.A. Denzer (Fn. 7), S. 182.

49 BAG, NZA 1986, 290, 291; BAG, AP FeiertagslohnzahlungsG § 1 Nr. 27.

50 BAG, NZA 1986, 290, 291.

51 Ebd.

52 BAG, AP FeiertagslohnzahlungsG § 1 Nr. 27.

53 BAG, AP FeiertagslohnzahlungsG Berlin § 1 Nr. 9.

54 BAG, NZA 1986, 290, 291; Zu den vorgenannten Fällen: Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515.

55 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515.

56 BAGE 100, 25, 33.

57 Vgl. Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 515.

58 Jüngst LAG Köln, 8.11.2018, Az.: 6 Sa 256/18.

59 Sievers, in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Nomos Kommentar. Gesamtes Arbeitsrecht1, 2016, § 2 EFZG Rn. 2.

60 BAGE 100, 130, 140; Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 3 EFZG Rn. 1.

61 So bereits unter B.I; BAG, NZA 2018, 528, 532; Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 516.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153150

Auch handelt es sich bei der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG jeweils um einen kurzen Ausfallzeitraum. Bei Feiertagen geht es um einen oder wenige Tage, bei Krankheitsausfall um maximal sechs Wochen.62 Dieser vergleichsweise kurze Zeitraum rechtfertigt eine Bezugnahme auf den erzielbaren Durchschnittsverdienst.63 Die ordentliche Amtszeit des Betriebsrats beträgt dagegen vier Jahre, § 21 S. 1 BetrVG, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass Betriebsratsmitglieder durch mehrfache Wiederwahl ihr Betriebsratsamt bis zum Renteneintritt bekleiden.64 Schreibt man nun die Provisionen eines Durchschnittsjahres über die gesamte Amtszeit eines Betriebsrats fort, hat man sich von der Berechnung der hypothetisch erzielten Provision entfernt. Man verkennt jegliche konjunkturelle oder persönliche Schwankung der Provisionshöhe und wendet sich damit dem Referenzprinzip zu.65

Ein Verstoß gegen das Begünstigungsprinzip lässt sich beispielhaft darstellen. Wird ein Vertriebsmitarbeiter der Handysparte der Siemens AG im Jahre 2000 in den Betriebsrat gewählt, berechnete sich seine Provision über seine gesamte Betriebsratsamtszeit aus den letzten zwölf sehr guten Geschäftsmonaten der Jahre 99/00. Unbeachtet bliebe jedoch, dass schon bereits vor Ablauf seiner ersten Amtszeit der Marktanteil seines Unternehmens drastisch eingebrochen ist und die Provisionen seiner Kollegen ebenfalls gefallen sind. Er wäre aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit finanziell deutlich bevorzugt. Bei umgekehrter Marktlage läge dagegen eine Benachteiligung vor. Daher ist eine Übertragung der Berechnungsmethode zum EFZG mit der strengen Anwendung des Entgeltausfallprinzips unvereinbar.

3. Berechnung anhand individueller Leistungen in der Vergangenheit

Auch der von der überwiegenden Auffassung präferierte Ansatz,66 auf die vergangene individuelle Leistung des Arbeitnehmers abzustellen, führt zu Unvereinbarkeiten mit dem Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot. Schlussendlich handelt es sich dabei um dieselbe Berechnungsmethode wie nach dem EFZG. Daher liegt auch in dieser Berechnung eine Abkehr vom Entgeltausfallprinzip und eine Hinwendung zum Referenzprinzip.67

4. Übertragung der Grundsätze zum Urlaubsentgelt

Auch die von Teilen der Literatur68 vertretene Berechnung in Anlehnung an das Urlaubsrecht überzeugt nicht. Das Bundesurlaubsgesetz gewährt jedem Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, § 1 BUrlG. Die Berechnung der Abgeltung des Urlaubs erfolgt ausweislich des § 11 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen. Urlaubsrecht liegt also das Referenzprinzip zugrunde,69 sodass eine Übertragung ausscheidet.

5. Schätzungsrecht nach § 287 Abs. 2 ZPO analog

Wie bereits dargestellt, nutzen die Arbeitsgerichte ihr Recht zur Schätzung regelmäßig.70 Insbesondere bei Schwierigkeiten in der Feststellung der Kausalität zwischen Arbeitszeit und Vergütungshöhe liegt darin ein passabler Weg, im Einzelfall zu billigen Ergebnissen zu gelangen. Als Indiz bei der Schätzung gilt auch die Leistung in der Vergangenheit.71 Teils wird erwogen, den Arbeitsgerichten einen sehr großzügigen Beurteilungsspielraum bei einer entsprechenden Schätzung zuzubilligen.72

In erster Linie muss jedoch eine Berechnungsmethode gefunden werden, anhand derer die Betriebsparteien bereits selbstständig eine vor allem rechtssichere Berechnung vornehmen können. Verweist man auf ein Schätzungsrecht des Gerichts, besteht, bis über den Einzelfall geurteilt wurde, Rechtsunsicherheit.

6. Berechnung anhand der Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer

Als letzte verbleibende Möglichkeit der Berechnung wird vertreten, nur auf die Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer abzustellen.73 Damit zieht man den Gedanken aus § 37 Abs. 4 BetrVG heran, der für die berufliche Entwicklung konzipiert wurde. Hintergrund der Regelung ist, dass man bei langjähriger, vollständiger Freistellung Nachteile für den Betriebsrat nur abwenden kann, wenn man die Entgeltentwicklung einer vergleichbaren Arbeitnehmergruppe auf ihn überträgt, ihm also einen Anspruch auf Erhöhung des Entgelts einräumt.74

Die Schwierigkeiten der hypothetischen Karriereentwicklung sind mit den rechtlichen Unsicherheiten bei der hypothetischen Provisionsentwicklung vergleichbar. Eine Berechnung nach vergleichbaren Arbeitnehmern würde sich somit an einer im Betriebsverfassungsrecht vorgesehenen Methode orientieren. Vor allem wäre man aber nicht dem Vorwurf ausgesetzt, sich dem Referenzprinzip zuzuwenden.75 Die konkrete Berechnungsmethode nach § 37 Abs. 4 BetrVG soll im Folgenden dargestellt werden.

a) Vergleichbare Entwicklung nach § 37 Abs. 4 BetrVG

Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Entgelt des Betriebsrats nicht niedriger bemessen werden als das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwick-


62 Sofern keine günstigere Regelung durch Tarifvertrag erfolgt Reinhard, in: ErfK (Fn. 2), § 3 EFZG Rn. 34.

63 Denzer (Fn. 7), S. 180 f.

64 Ebd.

65 Ebd.

66 Fitting (Fn. 1), § 37 BetrVG Rn. 65; Koch, in: ErfK (Fn. 2), § 37 BetrVG Rn. 6; Blattner, NZA 2018, 129, 130; wohl auch Reichhold, in: HWK (Fn. 2), § 37 BetrVG Rn. 15; mit Betonung der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO Thüsing, in: Richardi (Fn. 8), § 37 BetrVG Rn. 34; in der Tendenz auch Rieble, NZA 2008, 276.

67 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 516.

68 Glock, in: HWGNRH (Fn. 5), § 37 Rn. 57.

69 Schinz, in: HWK (Fn. 2), § 11 BUrlG Rn. 3 f.; Ehlers, Krank im Urlaub1, 2016, S. 76; Gallner, in: ErfK (Fn. 2), § 11 BUrlG Rn. 2a mit Verweis auf ein gemischtes System.

70 LAG Köln, 8.11.2018, Az.: 6 Sa 256/18; BAG, NZA 1986, 471, 472.

71 Vgl. BAG, NZA 2015, 1328, 1330.

72 Thüsing, in: Richardi (Fn. 8), § 37 Rn. 34.

73 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 517.

74 BAG, NZA 2019, 253, 257.

75 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 517.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153151

lung. Vergleichbar im Sinne des § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren.76 Eine berufliche Entwicklung ist üblich, wenn die vergleichbaren Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung diese genommen haben.77 Üblichkeiten entstehen durch gleichförmiges Verhalten und aufgestellte Regeln des Arbeitgebers, anhand derer Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten zu einem typischen Geschehensablauf führen, sodass zumindest in der überwiegenden Anzahl der Fälle mit einer jeweiligen Entwicklung zu rechnen ist.78

Gibt es keine vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb, ist nach überwiegender Auffassung auf den „am ehesten vergleichbaren Arbeitnehmer“ abzustellen.79 Andere stellen auf einen abstrakt-hypothetisch vergleichbaren Arbeitnehmer ab,80 ziehen hilfsweise sogar eine Parallele zur durchschnittlichen Entwicklung aller Angestellten, die ungeachtet ihrer Qualifikation eine ähnliche Tätigkeit ausüben.81

Die Zulässigkeit eines betriebsfremden Vergleichs ist umstritten und bisher nicht höchstrichterlich entschieden.82 Relevanz entfaltet die Frage, wenn vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb fehlen. Dem Wortlaut der Regelung, welcher auf die Betriebsüblichkeit abstellt, wird ein betriebsfremder Vergleich nicht gerecht. Zweifelsohne führt jedoch ein unternehmensweiter Vergleich im Einzelfall zu sachgerechteren Ergebnissen als die Heranziehung eines „am ehesten vergleichbaren Arbeitnehmers“ oder eines abstrakt-hypothetischen Arbeitnehmers. Bei beiden Figuren handelt es sich letztendlich um Fiktionen, sodass ein Vergleich mit einem tatsächlich vergleichbaren Arbeitnehmer aus demselben Unternehmen vorzugswürdig ist, bevor man auf sie zurückgreift.

b) Berechnung der Provision nach § 37 Abs. 4 BetrVG

Die Berechnung muss das Entgeltausfallprinzip beachten und finanzielle Vor- und Nachteile des Betriebsratsamts verhindern. Jacobs/Frieling schlagen folgende Berechnung vor:83

Mit Aufnahme der Betriebsratstätigkeit werden die Provisionen des vergleichbaren Arbeitnehmers als Kontrollwert herangezogen. Sinken nun die Provisionen des Betriebsratsmitglieds unter den Kontrollwert, ist ein Ausgleich für die niedrigere Zahl der Provisionsabschlüsse zu gewähren. Diese werden fingiert. Sinken die Provisionsabschlüsse nicht, etwa weil der Betriebsrat in seiner verbleibenden Arbeitszeit effizienter arbeitet, bleibt auch das Entgelt unverändert. Vorgeschlagen wird auch eine Differenzierung nach dem Grad der Freistellung, damit keine Besserstellung erfolgt. Demzufolge soll sich diese vergleichende Betrachtung nur auf den Teil der Arbeitszeit erstrecken, welche auf die Betriebsratstätigkeit entfällt. Entsprechend erfolgt erst bei einer vollständigen Freistellung eine Koppelung an das Entgelt des vergleichbaren Arbeitnehmers zu 100 %. Fehlt ein vergleichbarer Arbeitnehmer, soll an den durchschnittlichen Wert der Abschlüsse aller Arbeitnehmer vergleichbarer Tätigkeit angeknüpft werden, ohne Rücksicht auf persönliche und fachliche Qualifikation. Werden nur wenige provisionspflichtige Geschäfte abgeschlossen, soll halbjährlich eine Anpassung erfolgen, sodass keine Begünstigung oder Benachteiligung durch schwankende provisionspflichtige Abschlüsse vorliegt.

c) Bewertung der Berechnung nach § 37 Abs. 4 BetrVG

Der Ansatz, eine Berechnung über vergleichbare Arbeitnehmer vorzunehmen, hat genauso wie andere Berechnungsmethoden seine Stärken und Schwächen. Einerseits bewegt sich diese Lösung auf bekanntem Terrain. Man zieht eine gesetzgeberische Vorgabe zur Betriebsratsvergütung heran und ist somit nicht auf Berechnungsmethoden zu anderen Sachgebieten angewiesen. Auch kann sich dieser Ansatz dem Vorwurf einer Abkehr vom Entgeltausfallprinzip am besten erwehren.

Allerdings kann jedenfalls bei vollständiger Freistellung des Betriebsrats keinesfalls mehr von einer leistungsbezogenen Vergütung die Rede sein, bei der es auf die individuellen Leistungen des Arbeitnehmers ankommt. Vielmehr wird die Vergütung von der Leistung des Arbeitnehmers entkoppelt und von der Leistungsfähigkeit anderer Arbeitnehmer abhängig gemacht. Hiermit stößt dieser Ansatz insbesondere dann an seine Grenzen, wenn es keine vergleichbaren Arbeitnehmer gibt. Denn weder die Betrachtung eines am ehesten vergleichbaren Arbeitnehmers noch die eines abstrakt-hypothetischen Arbeitnehmers sind interessengerecht.

Der erstgenannte Fall geht bereits seinem Inhalt nach davon aus, dass man keinen vergleichbaren Arbeitnehmer abbildet.84 Er setzt den Betriebsrat einer unbilligen Entgeltentwicklung aus, die von der arbeitsvertraglich vereinbarten leistungsbezogenen Vergütung entkoppelt ist, und überzeugt daher nicht. Aber auch das Abstellen auf einen abstrakt-hypothetischen Arbeitnehmer ist eine willkürliche Vergleichsfigur. „Abstrakt-hypothetisch“ in Kombination mit einer der Objektivierung dienenden Vergleichsgruppe ist eine reine Leerformel, die nur einer Ausfüllung durch die Fantasie des jeweiligen Anwenders bedarf. Sie ist nebulös und daher ungeeignet, den strengen Anforderungen des Entgeltausfallprinzips gerecht zu werden. Daher führt auch eine Berechnung nach § 37 Abs. 4 BetrVG nicht zu sachgerechten Ergebnissen.


76 BAG, NZA 2020, 594, 596; BAG, NZA 2018, 1012, 1014; BAG, NZA 1993, 909, 910.

77 BAG, NZA 2020, 594, 596; BAG, NZA 2017, 935, 937.

78 BAG, NZA 2020, 594, 596.

79 LAG München, 27.10.2016, Az.: 3 Sa 318/16, Rn. 38; Fitting (Fn. 1), § 37 BetrVG Rn. 118; Reichhold, in: HWK (Fn. 2), § 37 BetrVG Rn. 25; nun auch Weber, in: GK-BetrVG (Fn. 26) § 37 BetrVG Rn. 132.

80 Glock, in: HWGNRH (Fn. 5), § 37 BetrVG Rn. 112; Happe, Die persönliche Rechtsstellung von Betriebsräten1, 2017, S. 48.

81 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 518.

82 Unzulässig: LAG Düsseldorf, 27.4.2018, Az.: 10 Sa 717/17; LAG Rheinland-Pfalz, 28.10.2013, Az.: 5 Sa 218/13; Glock, in: HWGNRH (Fn. 5), § 37 BetrVG Rn. 112; Zulässig: Jacobs/Frieling, ZfA 2015, 241, 249; Jacobs, NZA 2019, 1606, 1609; Bachner/Engesser Means, NZA 2020, 422, 426.

83 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 518.

84 Jacobs/Frieling, NZA 2015, 513, 518.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153152

7. Daher: Konkretisierende Regelungsabrede

Somit stellt die Berechnung der hypothetischen Entwicklung der Provisionszahlungen die Betriebsparteien vor eine kaum lösbare Frage. Die zuerst dargestellten Lösungsansätze führen zu einer Abkehr vom Entgeltfortzahlungsprinzip und zu einer Berechnung nach dem Referenzprinzip. Insbesondere bei langjähriger Freistellung führen sie unweigerlich zu Abweichungen von dem tatsächlich zu erwartenden Provisionsentgelt und sind daher nicht mit den Anforderungen an § 37 Abs. 2 BetrVG vereinbar.85

Die auf den ersten Blick naheliegende Anwendung des § 37 Abs. 4 BetrVG erweist sich jedoch als problematisch, sobald eine vollständige Freistellung erfolgt oder keine geeigneten Vergleichsarbeitnehmer vorhanden sind.

Es bedarf einer Lösung, welche die privatautonome Entscheidung der Arbeitsvertragsparteien schützt, eine Vergütung an den individuellen Leistungen des Arbeitnehmers auszurichten. Die Arbeitsgerichtsbarkeit billigt über ein Recht zur Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO bereits einen gewissen Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum zu.86

Innerhalb dieses Spielraums muss es auch den Betriebsparteien gestattet sein, Näheres zur genauen Berechnung der Betriebsratsvergütung bei Provisionsentgelten zu regeln. Das BAG gestattet konkretisierende Regelungsabreden zwischen den Betriebsparteien.87 Es wird betont, dass die §§ 37 Abs. 2, Abs. 4, 78 S. 2 BetrVG zwingendes Recht sind.88 Nichtsdestotrotz können Abreden innerhalb der Vorgaben der Normen getroffen werden. Die Betriebsparteien können sich beispielsweise über das Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer einigen.89 Es ist davon auszugehen, dass im Sinne der Rechtssicherheit auch eine Regelungsabrede zum Verfahren zur Berechnung des Provisionsentgelts zulässig wäre. Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass dem Betriebsrat unter Umständen diesbezüglich sogar ein zwingendes Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zukommt.90

Eine solche Regelungsabrede muss sich innerhalb der gesetzlichen Regelungen bewegen und zu einer nachvollziehbaren und transparenten Berechnung führen. Ziel muss es sein, eine möglichst realistische Prognose über die zu erwartende Entgeltentwicklung zu treffen. Hierfür können die Betriebsparteien bewertungsoffene Sachverhalte konkretisieren.91 Das gelingt unter Berücksichtigung der vergangenen Arbeitsleistung des Betriebsratsmitglieds, der Entwicklung des Geschäftsgebietes und der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer. Es wird also keine Abrede über das Entgelt des Betriebsrats getroffen, sondern eine Berechnungsmethode etabliert.92

Rechtsgrundlage für die Vergütung bleibt weiterhin der Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 37 Abs. 2 BetrVG. Die Regelungsabrede nimmt den Betriebsparteien jedoch nicht verifizierbare Feststellungen ab. Auch dient sie in einem Prozess jedenfalls als fundierte Grundlage für die Sachverhaltsaufklärung und dürfte einen Arbeitgeber steuerrechtlich und vor allem strafrechtlich entlasten,93 wenn die Regelungen plausibel sind und mit den Grundsätzen des Entgeltausfallprinzips vereinbar erscheinen.94

III. Nachträgliche Einführung leistungsbezogener Vergütung

Regelmäßig kommt es vor, dass Betriebsräte ihr Amt über Jahrzehnte teilweise bis zum Renteneintritt bekleiden. Es ist somit durchaus vorstellbar, dass während der Amtszeit des Betriebsrats eine leistungsbezogene Vergütungskomponente eingeführt wird.95

In einem solchen Fall wird es regelmäßig an der für eine hypothetische Betrachtung des Entgelts erforderlichen Grundlage fehlen. Sind Leistungen des Betriebsrats vor seiner Freistellung oder während seiner Teilfreistellung dokumentiert, können diese als Ausgangspunkt einer Betrachtung herangezogen werden.96

Fehlen solche Informationen, ist eine individuelle Betrachtung unmöglich. Daher ist im Rahmen des § 37 Abs. 2 BetrVG der Grundsatz des § 37 Abs. 4 BetrVG heranzuziehen und auf den Durchschnitt vergleichbarer Arbeitnehmer abzustellen. Hierbei handelt es sich um einen angemessenen Bemessungsfaktor, da die Vergütungssysteme regelmäßig auf der durchschnittlich erreichbaren Leistung aufbauen.97

D. Fazit

Mangels einer gesetzgeberischen Berechnungsmethode bleibt es den Betriebsparteien und den Gerichten überlassen, eine dem Entgeltausfallprinzip gerecht werdende Berechnungsmethode zu erarbeiten, die auch hinsichtlich des Begünstigungs- und Benachteiligungsverbots des § 78 S. 2 BetrVG standhält. Aufgrund der vorzunehmenden hypothetischen Betrachtung und der diesen Vergütungsformen immanenten Schwankungen ist eine perfekte Berechnung unmöglich. Allenfalls kann anhand einer Berücksichtigung verschiedener Faktoren eine dem jeweiligen Entgeltbestandteil gerecht werdende, plausible Schätzung erfolgen, die einer Fortführung der Arbeitstätigkeit des Betriebsratsmitglieds bestmöglich nahekommt.

Rechtssicherheit wird es nicht geben, solange höchstrichterliche Rechtsprechung aussteht und eine gesetzgeberische Klarstellung unterbleibt. Es verbleibt damit nur der Ansatz, eine möglichst plausible Berechnung zu entwickeln und die-


85 Vgl. Denzer (Fn. 7), S. 181 f.

86 Bereits unter C.II.5; LAG Köln, 8.11.2018, Az.: 6 Sa 256/18; BAG, NZA 1986, 471, 472.

87 BAG, NZA 2017, 935, 937.

88 BAGE 77, 195, 201; BAG, NZA 2017, 935, 937.

89 BAG, NZA 2017, 935, 937.

90 Bayreuther, NZA 2019, 430, 431; Kania/Schulte-Wissermann, NZA 2019, 78.

91 Bayreuther, NZA 2019, 430, 431; BAG, NZA 2017, 935, 937.

92 Vergleichbarer Vorschlag: Bayreuther, NZA 2019, 430, 432; zustimmend Müller, ArbRAktuell 2019, 575, 576.

93 Zur strafrechtlichen Relevanz der Betriebsratsvergütung: Strauß, NZA 2018, 1372; Benkert, NJW-Spezial 2018, 50; Bayreuther, NZA 2014, 235.

94 Bayreuther, NZA 2019, 430, 432.

95 Zur Einführung Mengel, Erfolgs- und leistungsorientierte Vergütung5, 2008, Rn. 94.

96 Natzel, NZA 2000, 77, 79; Denzer (Fn. 7), S. 189; a.A. Schlamp (Fn. 10), S. 170.

97 Lipp (Fn. 26), S. 117; Schlamp (Fn. 10), S. 172; Denzer (Fn. 7), S. 190.

Takacs, Betriebsratsvergütung bei leistungsbezogener Vergütung, BLJ 2/2020, 146-153153

se als konkretisierende Regelungsabrede festzuhalten. Legt man dabei die vergangene Leistung des Betriebsratsmitglieds zugrunde und berücksichtigt die Leistung vergleichbarer Arbeitnehmer sowie die Umstände des Einzelfalls, ist die daraus erwachsende Berechnung plausibel genug, um sich dem hypothetischen Entgelt zu nähern. Letztendlich scheint die Rechtsprechung ebenso eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, sodass eine nachvollziehbare und realitätsnahe Berechnungsvereinbarung nicht nur strafrechtliche und steuerrechtliche Vorwürfe zurückweist, sondern auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten sollte.